Quantitätsjournalismus

Montag, 4. Februar 2013

Spiegel Online berichtet: So erweise sich etwa das Kindergeld als "wenig effektiv". Das Ehegattensplitting sei "ziemlich unwirksam". Und die beitragsfreie Mitversicherung vom Ehepartner in der gesetzliche Krankenversicherung nennen die Gutachter sogar "besonders unwirksam".
Stern.de meint hingegen: Das Kindergeld erweise sich demnach als "wenig effektiv" [...] Das Ehegattensplitting sei "ziemlich unwirksam", die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern in der gesetzlichen Krankenversicherung sogar "besonders unwirksam".
Und der Focus Online geht noch weiter: Das Kindergeld erweise sich demnach als „wenig effektiv“ [...] Das Ehegattensplitting sei „ziemlich unwirksam“, die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern in der gesetzlichen Krankenversicherung sogar „besonders unwirksam“.

Diese Ausdrucksvielfalt bestätigt: Man weiß eigentlich kaum etwas über den Inhalt dieser Regierungsstudie. Nicht über die Zusammensetzung des Gutachterkreises und vermutlich noch weniger vom "vernichtenden Zeugnis", das ebenfalls alle Medien exakt so wiederholen.

Warum glaubt man eigentlich, es sei in irgendeiner Weise berichtenwert, etwas zu einer Studie zu veröffentlichen, die noch gar nicht veröffentlicht ist und daher auch keinen Überblick über die wirklichen Resultate erlaubt? Was soll das heißen, wenn man sagt, das Kindergeld sei "wenig effektiv"? Im Bezug auf was? Auf verkaufte Strampler? Oder auf das Wetter im Rheingau? Inwiefern ist das Ehegattensplitting "ziemlich unwirksam"? Schlafen gesplittete Ehegatten seltener miteinander und minimieren damit die Fruchtbarkeitsziffer? Und die Mitversicherung beim Ehepartner, die "sogar besonders unwirksam" sei? Aber wenn man als Ehepartner zum Arzt geht, dann wird doch die Mitversicherung sogar sehr wirksam - wie kann sie da jetzt unwirksam genannt werden?

Man weiß also nichts, schreibt aber dazu und tyrannisiert nebenher noch Fernsehzuschauer und Radiohörer mit stündlichen oder halbstündlichen Meldungen, die sich übrigens exakt wie die Berichte von Spiegelsternfocus anhören. Und weil das noch nicht reicht, skandieren einige Politiker gleich lauthals "Prüfstand", auch wenn sie nicht mehr wissen, als alle anderen. Was dem pawlowschen Hund sein Glöckchen, ist dem Steinbrück und einigen Liberalen sein "wenig effektiv", "ziemlich unwirksam" und "sogar besonders unwirksam".

Und während man so gar nichts Genaues weiß, soll der beabsichtigte Prüfstand vielleicht all diese Familienleistungen verschlanken. Vielleicht ist das Kindergeld aber doch so "wenig effektiv", weil es so niedrig ist oder die Mitversicherung der Ehepartner so "besonders unwirksam", weil man erst verheiratet sein muss, um in den Genuss der Mitversicherung zu geraten. Man könnte halt alles hineinspekulieren, wenn man nur möchte und wenn man nicht weiß, wie sich zwischen Tür und Angel vermittelte Urteile herleiten.

Ein entschleunigter Journalismus, der auch mal sensationelle Zwischenrufe aus Gutachterkreise ignorierte, wenn sie denn wenig substanziell sind, könnte Klarheiten schaffen. Diese hier gezeigte Qualität journalistischer Arbeit aber schafft nur eine Quantität an Gegenteil dessen.



12 Kommentare:

flatter 4. Februar 2013 um 16:04  

Richtig; wie ich schon bei Chat Atkins schrub: Da liefern sich aber die Experten ein heißes Rennen. Es ist also ein Problem, wenn Mutti nicht arbeiten geht, weil sie dann nicht in die Sozialkassen einzahlt? Weil Arbeitsplätze (sozialversicherungspflichtig) entstehen, sobald jemand nur einen haben will? Oh my ...

Selbst aus dem bisschen, was da steht, kann man schon Zweifel ziehen und muss Fragen stellen. Dafür der Journalizist aber nicht bezahlt. Das muss der Leser nicht wissen.®

Lazarus09 4. Februar 2013 um 18:48  

Für mich sieht das eher aus als wäre das Ergebnis und die zu treffenden Maßnahmen die Agenda sozusagen( Sparen Streichungen und Kürzungen familienpolitischer Leistungen ) schon vorgegeben ... es geht nur darum ein Heer von absolut Ahnungslosen mit dem Prädikat "Experte" zu beauftragen "Begründungen" zu konstruieren und zu untermauern....

Da geht noch was , da ist noch Luft nach unten bei der Zerschlagung des Sozialstaates .. that's all about

Alex Illi 4. Februar 2013 um 19:13  

"Spiegelsternfokus" gefällt mir sehr gut. Passt zu CBSNBCFOXABC (USA), NESTLEDANONEUNILEVER, MONSANTOSYNGENTABAYERDOWCHEMICALS, CDUCSUFDPGRÜNELINKE usw. und der ganzen Scheinvielfalt und Schein-Wahlfreiheit.

maguscarolus 4. Februar 2013 um 19:55  

Der Neandertaler wäre wohl doch der bessere Mensch gewesen. Wir werden's leider nie wissen.

Wissen tun wir nur, was der homo sapiens "leistet".

Konsequenterweise ist der Weltuntergang in allen führenden Daseinslehren als integraler Bestandteil eingeplant. – Das stimmt versöhnlich.

Wolli 4. Februar 2013 um 20:18  

Hier geht es darum die faulen mitversicherten Ehepartner in die private Versicherung zu drängen.
Ist doch asozial wenn nur ein Eheteil arbeitet und der andere nur die sozialen Vorteile nutzt. Wer den Segen des Elterngeldes nicht will soll gefälligt's arbeiten gehen, oder hungern.
Familienpolitik im 21ten Jahrhundert.

Art Vanderley 4. Februar 2013 um 20:40  

Kampagnen , Herdentrieb , Hofberichterstattung...

Und alle wundern sich über das Zeitungssterben, "das konnte nun wirklich niemand vorhersehen".

Anonym 4. Februar 2013 um 20:47  

Hallo zusammen,

dies ist nur das Vorspiel, um dem Wahlvolk die nächsten Sozialkürzungen schmackhaft zu machen.

Eine "beitragsfreie Mitversicherung vom Ehepartner" gibt es in der GKV nicht. Man bezahlt nach Einkommen. Ob nur ein Elternteil arbeitet und 60.000 verdient, oder beide zusammen 60.000 verdienen. Es ist egal. Beide Familien bezahlen den gleichen Beitrag und bekommen die gleiche Leistung. (Nur in den Köpfen der Experten ist im ersten Fall der Ehepartner beitragsfrei mitversichert, während im zweiten Fall beide ihren Beitrag bringen.)
Asozial wird die GKV erst durch die Beitragsbemessungsgrenzen. Wenn der/die Alleinverdiener/in 200.000 verdient, dann bezahlt die Familie nur die Hälfte von dem, was zwei Berufstätige mit jeweils 100.000 zu zahlen haben.

Wahrscheinlich zielt alles wieder nur darauf ab, den "Armen" das Kinderkriegen bzw. Ficken auszutreiben.

Ich habe an Robertos Beitrag aus dem März 2010 denken müssen. Seht selbst http://ad-sinistram.blogspot.de/2010/03/zahmung-der-fickenden-unterschicht.html

Grüße
Klotzkopf

Dennis82 4. Februar 2013 um 21:28  

Die Abschaffung der Mitversicherung von Ehepartnern zielt auch auf die vermehrte Erhebung von deren tatsächliche Einkünfte missachtenden Kopfpauschalen bei den gesetzlichen Krankenversicherungen. Bei Jemandem, der ledig ist, keinen Job hat und keinen Anspruch ("Bedarfsgemeinschaften", Schonvermögen etc.) auf Sozialleistungen hat oder diese (aus guten Gründen) nicht beantragt, verlangen die Gesetzlichen Kassen auch permanent einen völlig willkürlichen Kopf-Beitrag aufgrund rein fiktiver, die tatsächlichen Verhältnisse völlig missachtender Einkommen...! Ähnlich bei kleinen Selbständigen, die deshalb permanent vor der Pleite stehen.

So häufen beispielsweise auch (Dank der ach so sozialen Versicherungs"pflicht" seit 2007: also Problem verboten, dadurch beseitigt, Augen wieder zu...!) die Ärmsten der Armen (Obdachlose) einen riesigen Schuldenberg an, allein durch ihre Existenz... Willkürliches Unrecht, bestätigt durch langjährige Rechtsprechung bis rauf zum Bundessozialgericht. Auch das BVerfG verwarf mehrfach anhängige Klagen handstreichartig durch Nichtannahmebeschlüsse. Es gebe schließlich ja Hartz IV... und einen jeden angemessen belastenden Sozialstaat - pah... guter Witz!

Im Ergebnis kann man erst einmal den Kassen Geld zuschustern und auf noch mehr Menschen Druck ausüben, sich ins Hartz-System drücken und bzw. oder kapitalistisch auspressen zu lassen!

Bei Privatversicherten Eheleuten war es bislang jedenfalls schon immer so, dass es keine Mitversicherung gab, sondern ein eigener Beitrag fällig wurde.

nömix 4. Februar 2013 um 22:45  

Copy, & passt.

Trojanerin 4. Februar 2013 um 22:53  

Schuldenberg allein durch ihre Existenz .............................................
In der Nachbarschaft sollte ein obdachloser Mensch einquartiert werden. Wie war die Reaktion der Nachbarn? Man hat sich zusammengeschlossen, um denjenigen wieder aus der Wohnung zu mobben. Man hat Erfolg gehabt.

Zum „Quantitätsjournalismus“ halte ich es mit Verzicht. Es gibt tolle Blogs und ich frage mich, wie lange die Mächtigen es noch zulassen werden, dass sich eine kritische Gegenöffentlichkeit hier informiert und austauscht.

Anonym 5. Februar 2013 um 19:02  

Danke.

Habe diesen Artikel einem Freund zugesandt, der immer noch dem Müllstrom traut.

Anonym 6. Februar 2013 um 02:58  

Solche überbezahlten Experten rieten auch zum sparen unter Hartz IV. Das ist also der Kundentod der Qualitätsmedien, die, die Gier der Experten neben der Hatz auf Hartz IV Menschen schürten. Billiger, bis zum Verzicht dieser Hatz und sinnlosen Medien.

Mainzer Mediendisput (MMD) 2009, S.24/26: ".. Ein paar Frauenmagazine aus einer Hand – das muss doch möglich sein. Bei G+J sind die Wirtschaftsmedien auch schon zentral in Hamburg kaserniert. .."
Copy/paste a´la Guttenberg/Biebel?
Ob beim Bullen oder Bär diese Antiqualitäts-Medien machen es sich für ihre Gier nicht schwer, um sich abzuschaffen.
Also – die Würde der alternativlosen Frau und Finanzanleger/Sparer – wird durch gleichgeschaltete Medien der G+J zur Einheitsfrau - Einheitskapital im Sinne der Verlage für die – Gier – Werbeträger kaserniert.
Rat und -informationssuchenden Anleger, der "FTD (ꝉ)"/ G+J – und sonstigen Qualitäts-kasernierten Wirtschaftszeitungen, wird es für ihre Anlagemöglichkeiten – sehr erfreut haben. Kasernierte Gewinnstrategien zur Enteignung im Namen der G+J Vorstände und dessen Teilhabern und der Medien und dessen Förderkreis (siehe div. MMD, von ARD - ZDF; nebst vielen anderen Unternehmen der Globalplayer!

Weiter: ".. Auch die WAZ-Gruppe hat kräftig gespart und drei ihrer NRW-Blätter zu einem „Content-Desk“ vereint. Insgesamt wurden 287 Stellen gestrichen. Zur feierlichen Einweihung der Sparmaßnahme kamen im Juni bei Bodo Hombach in Essen unter anderen Peter Maffay, Felix Magath und Hombachs neuer Kumpel Jürgen Rüttgers zu Besuch. Man hat rund um den „Content-Desk“ auch ganz sportlich Tischfussball gespielt. .."(1)
Also Rüttgers (CDU) feierte alternativlos bei Spiel und verm. Sekt der – Gier – 287 Entlassungen, während der Arbeitnehmerführer der CDU in NRW selber um dieser Zeit ca. 35 z.T. sehr gutbezahlte Nebenjobs inne hatte. Das ist ein Christ der CDU, der Gier, während Menschen entlassen und unter Verbrechen gegen die Menschlichkeit – enteignet; diskriminiert und von den Ämtern in NRW (BRD) mit Hilfe der Justiz und dessen Richtern die sich nicht an das GG und die Menschenrechte halten wieder bestohlen und selbst das perverse Existenzminimum und – Kindergeld – mit Wissen von Justizangestellten vorenthalten wird.
2013, ist auch die WN (ꝉ) der WAZ-Gruppe tot. Manager.
Mit Merkel und mit Kraft wird der Letzte zu Hartz IV gebracht, und selbst von der AOK enteignet. Da spart man wohl auch an der Rente!

– Jobsuche nach ausländischen Fachkräften! Zum überlisten wird zu diesem neuen Wirtschaftswunder der BRD den andern Ländern das Sparen diktiert.

Wie teuer sind alleine die Vorstände und dessen Qualitätsjurnalisten von ARD & ZDF, die sich selbstbedienend über diktierte Zwangsgebühren finanzieren und ausgerechnet in dem Land in welchem für gierige Bänker & Versicherungen durch Politiker und spendabel/bestechenden Lobbyisten ein Rettungspaket nach dem anderen geschnürt wird und Menschenrechtsverletzungen über Hartz IV vom behüteten Staatskonzernen wie VW & Deutsche Bank eingestielt wurden?
Würde jeder Bäcker; Bauer und Handwerker etc. auch so bezahlt werden können, wie unsere (unabhängigen) Medien bei ARD und ZDF durch Zwangsgebühren? Ja, Sie schaffen Werte die z.B. durch ARD & ZDF gebraucht werden. u.s.w.

Für J. mit dem Alternativlosen Bildungsauftrag:
MMD: „Nicht Ruhe und Unterwürfigkeit gegenüber der Obrigkeit ist die erste Bürgerpflicht, sondern Kritik und ständige demokratische Wachsamkeit.“ (Otto Brenner 1968).

Hartz IV kann man locker mit vom BVG verurteilte Verbrechen vergleichen,
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv006132.html – Gestapo, Rn. 96 - 125, b.z.w. 127 - 144
welches heute von vielen Richtern wieder geduldet wird!
Ist der deutsche Richterbund nicht ganz verkorkst so würden sich über 50% der Richter – alternativlos – gegen solche Zustände in der Justiz; der Verwaltung; der Regierungen und dessen spendablen Lobbyisten der Wirtschaft (wie um 1930) einen garaus machen!

(1)
http://www.mediendisput.de/downloads/doku_2009_vorschau_2010.pdf

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