Den Worten ein Gewissen...

Montag, 19. Dezember 2011

Eine Rezension von Roberto De Lapuentes Buch "Auf die faule Haut"

Eine Rezension von Frank Benedikt. Erschienen am 14. Dezember 2011 im Binsenbrenner und am 15. Dezember 2011 beim Spiegelfechter.

Unbequem! Das ist der erste Gedanke, der dem Leser wohl unwillkürlich in den Sinn kommt, wenn er De Lapuentes Buch erstmalig zur Hand nimmt. So erging es jedenfalls dem Rezensenten, der das Büchlein (es sind ja nur 157 Seiten) zwei Mal – mit einem halben Jahr Abstand – gelesen hat. Und mit "unbequem" ist beileibe nicht nur gemeint, daß die darin enthaltenen Texte dies nun für bestimmte Gruppen dieser Gesellschaft wären. Wer nur das darin zu erkennen vermag, hat weit gefehlt, beschäftigt sich der Autor doch mit unserer ganzen Gesellschaft und ihrer Sprache – also auch mit uns, den Lesern.

In 19 "Skizzen und Essays" (so der Untertitel) setzt sich De Lapuente mit so unterschiedlichen Themen wie Entfremdung und Geworfenheit, den Problemen eines Migrantensohns, dem Antagonismus in der deutschen Kultur oder auch dem Konsumismus als dem "wahren Sieger" der konkurrierenden Systeme Kapitalismus und Kommunismus auseinander. Den eigentlichen Mittel- wie Höhepunkt des Buches bildet ein über 40 Seiten langes Essay zum Thema Sprache, das sich zwischen allgemeiner Linguistik, Sprachphilosophie und Sprachkritik bewegt. Dabei kritisiert der Autor auch deutlich zunehmende Verschleierung oder Beschönigung von Tatsachen und Sachzusammenhängen durch Worthülsen und inhaltsleere 'Neoliberal Speech'. Eine von ihm erwünschte Präzision des Ausdrucks, wie sie in früheren Zeiten noch möglich und üblich war, ist einer Art Orwellschem "Neusprech" gewichen, das ein differenziertes und kritisches Betrachten gesellschaftlicher Zustände kaum noch gestattet.
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7 Kommentare:

Achim Schmidt 19. Dezember 2011 um 18:20  

....aus einem schweizer buchhandel leider seit wochen bestellt und durch den verlag nicht lieferbar, warum auch immer. und amazon will ich nicht wirklich...

ad sinistram 19. Dezember 2011 um 19:26  

Sehr geehrter Herr Schmidt,

ich rate Ihnen, das Buch direkt beim Verlag zu bestellen. Link hierzu:

http://www.renneritz-verlag.de/artikeldetails/kategorie/belletristik/artikel/auf-die-faule-haut.html

Anonym 19. Dezember 2011 um 21:26  

Ich habe sie beide und ich mache es kurz. Mein persönlicher Favorit ist der Essay mit Helloween und dem Heiligen Martin.

Der Erstling kränkelt ein wenig an den sich wiederholenden Essays des selben Themas, ohne dass ein neuer Blickwinkel auftauchte. Ich meine damit vor allem die Geschichten vom Arbeitsamt. Außerdem liegt es Dir überhaupt nicht, in der dritten Person zu schreiben. irgendwie wirkt das gewollt, aber nicht gekonnt.

"Auf die faule Haut" ist dagegen eine mehr als deutliche Steigerung. Absolut lesenswert!

Hartmut 20. Dezember 2011 um 11:00  

Das Buch, Auf die faule Haut , besonders der Artikel Worte , hat mich begeistert. Es gehört zu meinen Favoriten. D.h., hierin lese ich immer mal wieder und entdecke immer wieder neue Gedankenverbindungen.

Der rote Faden ist das Ringen um Menschlichkeit. Die sprachliche und gedankliche Tiefe erfreuen mich.

Die kritische und präzise Darstellung unseres Zeitgeschehens
in pointierten Kurzgeschichten ist ein wahrer Lesegenuss. - Dafür ein großes Dankeschön.

Es ist über die Feiertage hinaus ein sehr lesenswertes Buch !

ad sinistram 20. Dezember 2011 um 11:05  

Ich bedanke mich herzlich.

Frank Benedikt 20. Dezember 2011 um 18:02  

Donnerwetter! Die Leser können ja ebenfalls pointierte Kritiken schreiben ... :-D

Cora 20. Dezember 2011 um 19:37  

Ich habe das Buch "Auf die faule Haut" direkt beim Verlag bestellt und heute erhalten. Obwohl ich noch nicht alles gelesen habe, sprechen mir die ersten Beiträge aus der Seele und sind darüber hinaus exzellent geschrieben. Dankbar bin ich u.a. auch für den Hinweis auf Pjotr Kropotkin (in: "Ein gern vergessenes Evolutionsprinzip"), der mir in der Diskussion um das derzeitig herrschende Menschenbild "Futter" bietet, wenn einmal wieder die (Geld)Gier als Grundbedürfnis des Menschen und Motor für den Fortschritt in der Gesellschaft verkauft werden soll. Danke auch für den Nachruf auf den Schriftsteller Saramago, dessen Roman "Die Stadt der Blinden" für mich eine unglaublich treffende (wenn auch schreckliche) Parabel auf die Brüchigkeit unserer sogenannten und nicht selten arrogant verteidigten (westlichen) Zivilisation ist - ein Glücksgriff, als ich auf diesen Roman stieß.
Aller guten Dinge sind drei: Danke für dieses anregende Büchlein!

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