Halbe Darstellung und falsche Verbündete

Dienstag, 18. Oktober 2011

Ob in der Tagesschau oder bei Springer, im Spiegel oder bei heute: alle erklärten sie, dass es am vergangenen Samstag die Menschen weltweit nur deshalb auf die Straßen gezogen hat, weil eine unbändige Wut auf die Finanzwirtschaft in ihnen gärt. Vulgärer sprachen manche Qualitätsmedien von der Gier der Banken, die die Occupy-Bewegung formierte. Vornehmer ausgedrückt schob man die Rekapitalisierungsabsichten und - vorhaben als Protestmotiv vor. Doch das ist nur ein unzureichendes Erklärungsmuster.

Verknappung der Motive geht am inhaltlichen Kern vorbei

Die Leute okkupierten aus mehreren Gründen öffentliche Plätze. Die letzten Ereignisse rund um das Banksterwesen waren die Tropfen, den den Bottich überlaufen ließen. Aber der war schon reichlich angefüllt. Der Bottich war schon vormals übervoll an Wut über die Fratze, die der Kapitalismus, auch als freier Markt bekannt, zeigte. Es waren ja nicht Banken, die rationalisierten, Personal abbauten, für den Profit jede Verantwortung aufgaben, Standorte wechselten, Subventionen kassierten, ohne der Gesellschaft etwas dafür zurückzugeben, Arbeitsbedingungen sukzessive verschlechterten. Das alles wurde natürlich durch die Spekulativwirtschaft forciert - aber ausführende Organe waren die Konzerne, die zu allem Überfluss auch noch ihren Lobbyisten den Auftrag gaben, in den Hauptstädten für moderate Steuersätze zu sorgen. Das alles, so hat man jahrelang proklamiert, geschähe nur zu unser aller Wohl. Das schaffe nämlich Wachstum und damit einen Aufschwung und somit Arbeitsplätze und Wohlstand. Geführt hat das alles nur zur Entmenschlichung, zu fehlenden Zukunftsperspektiven, hat Arbeitnehmer aus Furcht noch flexibler und mobiler gemacht und Arbeitslose aus Perspektivenmangel illusionslos. Das alles mündete in eine Gesellschaft, die sich rein auf Kosten und Nutzen fokussiert hat. Und es hat eine ganze Branche aus dem Boden gestapft, die den unzufriedenen Menschen Optimismus und positives Denken vermitteln soll - genug fühlen sich durch dieser Optimistenterror verarscht.

Der Kern der Proteste war und wird sein, dass die Menschen eben nicht nur den Banken ans Schlafittchen wollen, sondern diesem Kapitalismus, wie er sich unter neoliberaler Ägide zeigt. Sozialismus ist nicht mal deren Ziel, darf man annehmen - man nenne das Ding wie man will, deretwegen auch Kapitalismus mit menschlichem Antlitz, wenn das überhaupt möglich ist. Sie wollen hauptsächlich nicht mehr die bloße Verfügungsmasse vermeintlich höherer Interessen sein, sondern freie Entfaltungsmöglichkeiten haben, freie Individuen sein, die ein Recht auf eine halbwegs freie Zukunftsgestaltung haben. Die Menschen schwappen nicht nur auf die Straßen, weil Banken asoziale Methoden anwenden, die gegen das Allgemeininteresse stoßen. Das ist ein Motiv - aber nicht das Motiv. Es war das i-Tüpfelchen, das nun endlich zum Protest führte. Es geht um generelle Rehumanisierung der Ökonomie - es geht gegen eine ökonomische Höllenfahrt, bei der menschliche Schicksale fatalistisch mit in den Schlund gerissen werden. Eine Höllenfahrt, die nicht nur Banken und Börsen bereiten, sondern Konzerne und deren Lobbyverbände - es geht gegen deren Menschenbild, nach dem der Mensch nützlicher Erfüllungsgehilfe des Produktionsablaufs zu sein hat, um einen kleinen Happen Würde erhaschen zu dürfen.

Verknappung der Motive erzeugt gefährliche Verbündete

Zudem wurde berichtet und von so genannten Fachleuten unterstrichen, dass nicht nur ordinäre Bürger Unmut entwickelten. Auch die Wirtschaft, die Vertreter großer Unternehmen, hätten mittlerweile einen dicken Hals wegen der Banken, die uns alle - arm wie reich, ganz unten wie ganz oben - ins Unglück katapultieren würden. Selbst Politiker, die jahrelang im Sinne dieser Unternehmen Gesetze verabschiedet haben, die uns als Solidargesellschaft zerstört haben, sprachen mehr oder minder verstohlen den Protestlern ihre Solidarität aus. Mindestens aber erklärten sie, sie könnten den Protest nachvollziehen. Bei einem Protest, der als nur gegen Banken gerichtet dargestellt wird, gesellt sich das Entrepreneuriat doch gerne dazu.

Diese überraschenden Befürworter der Proteste tun nun also so, als sei alles der Finanzwirtschaft in die Schuhe zu schieben, als seien sie jahrelang lediglich Getriebene der Banken gewesen. Es wird reichlich eng im Waschbecken, in dem Hände sich in kühlster Unschuld geschrubbt werden. Es sind gefährliche Befürworter, die Occupy! da erfährt. Wölfe, die flauschigstes Lammfell um ihren Korpus gerafft haben. Sollten sich diese Pharisäer an die Spitze der Bewegung setzen, so kanalisieren sie den Kernantrieb der Bewegung. Das, was die Unzufriedenen zum Protest treibt, es würde unter Leitung empörter Unternehmer nicht angetastet. Bankenkontrolle würden sie sicherlich forcieren - auch ganz zu ihren Gunsten, versteht sich. Aber die eingeforderte Fairness, die Humanisierung, die man der Wirtschaft abnötigen möchte, das alles ist dann kein Thema mehr. Denn mehr als die Banken sind es seit Jahren die Großkonzerne und ihre Subunternehmen und Unternehmenstöchter, die den mobilen, flexiblen, allzeit sklavischen Arbeitsmenschen ohne Zukunftssicherheit züchteten. Sie haben die völlige Anpassung des Menschen an die Wirtschaft propagiert. Das haben auch hohe Bankster - aber die waren es nicht alleine...



20 Kommentare:

R@Z€ 18. Oktober 2011 um 10:26  

In diesem Bericht fehlt leider eine „Kaste“, die ebenso Mitschuld am allgegenwärtigen Dilemma trägt, der man aber fälschlicherweise eine Teilhabe an den Protesten unterstellt:

Der Mittelschichtler

Und eben er ist es, der die „wir sind die 99-Prozent“-Rechnung der Bewegung ad absurdum führt!

Denn der demonstriert gar nicht mit! Es mögen unter den beispielsweise in Düsseldorf Demonstrierenden ca. 2.500 Protestlern vereinzelt einige wenige Mittelschichtler dabei gewesen sein, in der Masse waren es aber wie üblich Alternative, Studenten oder junge Leute, die noch gar nicht im Arbeitsleben stehen und dort auch keine Perspektive haben. Es waren ein paar Rentner, ein paar Geringverdiener und ansonsten die Altbekannten: Atomkraftgegner, Friedensaktivisten und die, die sich schon immer irgendwie gesellschaftlich engagiert haben.

Die wahre Mittelschicht demonstrierte am gleichen Tage etwas ganz anderes. Nämlich dass ihr bei schönem Wetter der Einkaufsbummel (und damit das Laufen des Systemrädchens) oder mit über 700.000 Besuchern der Japan-Spass-Tag weitaus wichtiger waren, als für Soziales und eine sinnvoll-ökologische Zukunft auf die Straße zu gehen.

Da hat der gemeine Coffee-to-Go’ler und das Heer mobiler Jack Wolfskin-Litfaßsäulen überhaupt gar kein Interesse dran. All jenen geht es immer noch so gut, dass sie bei Starbucks für einen Latte Macchiato gerne 4,00 EUR berappen, aber einen fair gehandelten Kaffee als zu teuer empfinden. Die Mittelschicht, die sich an Aldi-Wühltischen Schnäppchenschlachten mit 1-Euro-Jobbern und Hartzlern liefert, möchte nur, dass alles so bleibt wie es ist...

ernte23 18. Oktober 2011 um 13:11  

Dass überhaupt so viele gekommen sind, war schon ein Erfolg. Meine Erwartung war weit niedriger angesiedelt, und immerhin waren auch Leute dabei, die eben nicht aus der „Alternativszene” stammen.

Dass es einen „Vergnügungspöbel” gibt, der nur noch Unterhaltung kennt, ist natürlich ein riesen Problem, wird sich aber nicht von jetzt auf gleich ändern lassen.

In der Tag ging mir ein selbstmitleidiger Unternehmer gehörig auf den Geist, weil mir die Demokratiefrage wesentlich wichtiger ist, als mir Unternehmergejammer anzuhören.

Stephanus 18. Oktober 2011 um 13:57  

"Banksterwesen" und/oder 'Banksterunwesen'

Leistet das Bestimmungswort schon eine genaue, eben abwertend-geringschätzige Vorstellung von dem "-wesen", das als Grundwort die Hauptaussage leistet?

Wäre es für die semantsiche Übermittlung ein "weißer Schimmel", in beiden Wortbestandteilen die Pejoration auszudrücken?

Anonym 18. Oktober 2011 um 14:45  

Vorweg: wieder einmal ein hervorragender Text!
Also mein persönlicher Eindruck auf der Demo war, dass sich sehr viele unterschiedliche Schichten trafen. Allerdings hatten wir auch diese Diskussion, wer denn nun am meisten getroffen sei.
Meine samstägliche Meinung hat sich nicht geändert. Solange man in den Diskussionen sich noch gegenseitig aufhetzt, kann eine homogene Bewegung gegen die Entmenschlichung nicht stattfinden. Die Menschen die sich trafen, sprechen sich gegen die Gewalt der Ausbeutung und für die Würde jedes Einzelnen aus. Soweit ich weiß kennt die Würde keine sozialen Schichten. Es reicht eigentlich, dass die sich selbst geadelte Elite dazu übergegangen ist, dem Einzelnen die Menschenwürdigkeit abzusprechen und jeden in ein humanes Kapital verwandelt hat, den Menschen vergegenständlicht hat. Da braucht der Rest dieser Logik nicht noch zu folgen.

Anonym 18. Oktober 2011 um 18:26  

Ein hervorragender Text, wie immer, lieber Roberto J. de Lapuente.

Unsere Kanzlerin ließ ja in dieser Hinsicht verständnisvoll die protestantische Pfarrerstocher heraushängen.

"Ich habe Verständnis für die Proteste" - auf die Antwort von "Neues aus der Anstalt" darf gespannt gewartet werden.

Das "Verständnis" gewisser Kreise, namlich im christlichen Bereich, davon können alle Katharer ein Lies singen.

Ich oute mich übrigens auch als Katharer, und zwar in jeder Hinsicht, auch was den neoliberalen Kapitalismus angeht.

"Die Occupy Frankfurt" sollten sich hier ein Beispiel an anderen Katharern, wie z.B. Joseph Stiglitz und Jean Ziegler nehmen.....

Gruß
Bernie

PS: Wer Umberto Ecos "Namen der Rose" kennt, der weiß warum ich mich als Katharer sehe, und warum ich hoffe, dass auch im weltlich-religiösen Bereich des neoliberalen Kapitalismus die Zahl der Katharer wächst und wächst und wächst.... ;-)

Kaluptikus 18. Oktober 2011 um 20:45  

R@Z€ hats erfasst: kann man auch so sehen, die Mittelschicht geht nicht auf die Sraße, weil in Frankfurt kein Tiefbahnhof oder Endlager gebaut wird. Es sind diese konservativen Mittelschichtler und ihre Kinder, die regelmässig die "falschen" Parteien wählen denn die Unterschichtler gehen seit Jahren nicht mehr wählen. Solange die Mittelschicht sich noch als Teil der Elite versteht, ist da nichts zu holen, denn die vertrauen nur ihren "eigenen Leuten". Bei der nächsten Wahl haben sie die Möglichkeit, den Flop mit der FDP auszubügeln. Aber da seh ich schwarz!

Anonym 19. Oktober 2011 um 10:03  

Anton Reiser
Mal wieder ein sehr guter Text. Wir werden nicht nur von den Bankstern ausgeplündert, sondern auch vom STAAT (EU-Bürokratie in Brüssel incl. Politkommissare + EZB + "Viererbande": Barroso, Rehn, Trichet, van Rumpuy + Politkaste der Kartellparteien in Berlin) und den Konzernen (Lobbyismus, Subventionen). Das ist die "Troika" die das deutsche Volk ausplündert. Die EZB erhöht in bizarr-perverser Weise die Geldmenge, das heißt die Ersparnisse, Renten und Versicherungen werden per Inflation (versteckte Steuer) geplündert - und der deutsche Michel, der staatsgläubig ist wie und je, erwartet die Rettung von "Vater Staat" (Nietzsche: "Staat heißt das kälteste aller kalten Ungeheuer und kalt lügt es auch: Ich, der Staat bin das Volk.") gegen den "bösen Markt" - und verkennt dabei, dass er ja auch ein Teil des Marktes ist, als Konsument, als Riester-Renten-Besitzer, als Lebensversicherungs-Inhaber usw.
Alle milden Gaben des Staates sind nichts als Danäer-Geschenke. Ein "Wohlfahrts"staat ist nur mit Fiat-Money (Fiat="Es werde" - d.h. Geld aus dem Nichts erzeugen, ohne Deckung durch reale Güter) zu finanzieren. Irgendeine Generation muss diesen jahrzehntelange Wahnsinn bezahlen und diese Generation wird, wie es ausschaut, unsere Generation sein.
Nur mit einem echten, d.h. goldgedeckten Geld, können wir sicher vor den Staatsplünderern sein. Da Geld nichts anderes ist als ein Wertmesser (es ist egal, ob man in mm, cm oder m mißt), ist es egal wieviel Gold ein Staat besitzt. Man kann für jede beliebige Gütermenge die notwendige Geldmenge erzeugen. Aber das wird wohl Utopie bleiben. Nach dem Crash wird es ein neues Fiat-Money geben, auf das der deutsche Michel erneut, ohne dass er durchblickt, per Inflation ausgeplündert werden kann. Nur so kann ein moderner "Wohlfahrts"Staat funktionieren.
Außer wir wachen auf und hauen die Politkaste zum Teufel. Jahrhundertlang glaubten die Menschen, ohne König oder Kaiser kann man nicht leben. Wir glauben, ohne die Politschmarotzer kann man nicht leben. Das ist Unfug. Belgien war 500 Tage ohne Regierung. Ist in Belgien der Hunger ausgebrochen? Nein! Was wäre losgewesen, wenn 500 Tage die mittelständischen Unternehmen ausgefallen wären ... Chaos und Elend! Dieses Politpack ist völlig überflüssig. Es erweckt aber über die Medien den Eindruck, als wären sie 24 Std. am Tag für das Volkswohl unterwegs. Sie kurbeln die Wirtschaft an, sie bekämpfen die Arbeitslosigkeit ... und das schon seit Jahrzehnten. Leute wacht auf!

http://www.smartinvestor.de/news/hintergrund/index.hbs


http://www.amazon.de/Das-libert%C3%A4re-Manifest-Widerspruch-Wohlstand/dp/3939562084

http://de.agorism.info/dasneulibertaeremanifest.pdf

Anonym 19. Oktober 2011 um 10:07  

Anton Reiser

Der Kabarettist und Reserveoffizier Georg Schramm über diese Polit-Parasiten:
"Interessensverbände machen die Politik. Die ziehen die Fäden, an denen politische Hampelmänner hängen, die uns auf der Bühne der Berliner Puppenkiste Demokratie vorspielen dürfen. Diese Politfiguren dürfen dann in den öffentlich-rechtlichen Bedürfnisanstalten bei den Klofrauen Christiansen und Illner ihre Sprechblasen entleeren. Und wenn bei der intellektuellen Notdurft noch was nachtröpfelt, dann können sie sich bei Beckmann und Kerner an der emotionalen Pissrinne unter das Volk mischen."

Anonym 19. Oktober 2011 um 11:48  

"Es sind gefährliche Befürworter, die Occupy! da erfährt. Wölfe, die flauschigstes Lammfell um ihren Korpus gerafft haben."

was mich an malcolm x erinnert in "the ballot or the bullet" (Die wahlurne oder die Kugel.

Wir sollten uns alle von den zentralen Parteien enttäuscht fühlen, ob es nun schwarze Wölfe oder rote Füchse sind.

Beide sind für den Ist-Zustand maßgebend verantwortlich!

Parteienspenden zu folgen ist deren Programm und nicht die Versprechungen vor der Wahl.
Siehe Müntefehring und Merkel...

Anonym 19. Oktober 2011 um 12:43  

Guter Text, kann ich mich nur anschließen. Ich glaube und das habe ich auch schon an vielen Stellen zum Ausdruck gebracht, es wird ein langer Weg werden und wir müssen viel Überzeugungsarbeit leisten. Viele der ursprünglichen Mittelschicht sind heute schon nahe am Prekariat angekommen. Wir müssen ihnen klar machen das es nicht darum geht ein neues sozialistisches Gebilde nach den alten Vorbild zu schaffen,denn das ist sicherlich die größte Angst die sie haben. Wir müssen in guten Veranstaltungen viel Information rüberbringen, denn viele wissen nicht wie sie selbst als Mittelständler in diese Spirale hängen, die am Ende für die Meisten nur unten enden kann.

minimal 19. Oktober 2011 um 13:21  

Es ist weder Bestreben der Bewegung auf irgendwelchen Mittelschichtlern (Was ist das? Wo ist die Grenze?) noch auf Spontis oder sonstwem herumzuhacken. R@Z€ mag gerne diese Leute zu mobilisieren helfen, aber bitte nicht so. Gestehe er jedem ein, seinen/ihren Weg zu finden, um auf die Chance im Ganzen zu kommen. Gut Ding will Weile haben, die Aktionen gehen an diesem Freitag/Wochenende in die erste echte Runde :)

Aldo 19. Oktober 2011 um 15:10  

Hier ein kurzer Erfahrungsbericht von der Stimmung auf der Wiese am Reichstag am späten Nachmittag des 15. Oktober: eine neue Demokratiebewegung scheint sich auch in Deutschland zu formieren, die selbstorganisiert und ohne Hierarchien ist.
Am Morgen die Statements von Vertreterinnen aus Griechenland, Spanien und Island bei einem Hearing von attac. Am interessantesten fand ich die Ausführungen einer griechischen Journalistin. Sie begann ihr Statement mit der Schilderung einer Episode: ein kleines Mädchen einer durch die Krise obdachlos gewordenen Familie wurde gefragt, was es sich zu Weihnachten wünsche.
- Ein Glas Milch, die Antwort. Ein Glas Milch wohlgemerkt nicht in Haiti oder in Somalia, sondern in einem Mitgliedsland der europäischen Union!
Vielleicht auch nicht so bekannt, die Tatsache, dass das griechische Steeursystem unfähig ist, Steuereinnahmen von den Reichen zu kassieren. Die Steuereinnahmen der Reichen machen
nur 12 Millionen Euro aus, die Abgaben der ArbeitsimmigrantInnen dagegen belaufen sich auf 50 Millionen Euro. Das sagt schon einiges. Es dürfte auch mittlerweile bekannt sein,dass nicht Griechenland gerettet wird, sondern die Banken, genauer die Anteilseigenr also, die großen Versicherungen und Konzerne, und außerdem ist es eine große Lüge zu behaupten, dass die griechischen Lohnabhängigen faul sind, im Gegenteil die wöchentliche Arbeitszeit ist höher als inDeutschland.
Die Indignados in Spanien diskutieren ohne Ende, der spanische Journalist erzählte, dass in den Debatten über Politik und Ökonomie in einem Monat mehr gesprochen wurde als in den letzten 30 Jahren zuvor.Die Bewegung ist dezentral und kommt ohne eine Führungsschicht aus, Was bewunderswert ist, denn immer wenn Führergestalten auftauchen, so werden basisdemokratische Prinzipien eingeschränkt.
Ich habe die weiteren Ausführungen und die Teilnahme an Arbeitsgruppen in dem Hearing von attac mir erspart, denn wir brauchen nicht noch mehr Erkenntnisgewinn, sondern wir müssen handeln, unter die Leute gehen z. B. am Gelände zwischen Reichstag und Bundeskanzleramt. Hier gab es ein ständiges Kommen und Gehen, viele Menschen hatten Sprüche dabei meist selbstgemacht. ,Fahnen oder Losungen von poltischen Organisationen waren kaum zu sehen
Die meisten Menschen kamen spontan über Aufrufe von Netzwerken im Internet. Da habe ich auch zwei junge Leute aus dem Norden von Brandenburg getroffen, die mir dann noch ganz andere Dinge erzählt haben: Flugzeuge kreisen über uns und sprühen Substanzen, die Krebs, Müdigkeit und Depressionen verursachen sollen, die Erdbevölkerung soll auf 2 Milliarden dezimiert werden, Außerirdische seien unter uns. Ich lasse das einmal so stehen, anything goes, hat einmal der Philosoph Paul Feyerabend gesagt. Wir brauchen unter unseresgleichen keine Gedankenpolizei. Das machen andere.

Aldo 19. Oktober 2011 um 15:12  

Erfahrungsbericht 2
Ein Mitfünziger wedelte mit Wilhem Reichs "Massenpsychologie im Faschismus" herum, --Deutschland ist ein Land der Angst, rief er, bevor die Deutschen einen Bahnhof stürmen, kaufen sie erst einmal eine Bahnsteigkarte.  Ich kenne mich aus , so er weiter, ich bin vom Fach, Psychoanalytiker,  Deutsche lasst eure Körperpanzer fallen und empört euch gegen die Macht der Banken und der mit ihnen verbandelten Regierung , schrie  er in die  Menge, die gerade damit beschäftigt war, mit einem Sitzstreik Leute, die ein Zelt errichten  wollten,  vor den Übergriffe der Poliei zu schützen.
Dann traf ich einen jungen Mann, dessen Spruch,  die Mindestreserve abzuschaffen, mich interessierte. Er hat mir dann einen Vortrag über Wirtschaft gehalten und ich habe verstanden, dass erstens unser  Geld schon lange nicht mehr gedeckt ist durch Gold oder andere andere Reserven , was übrigens ein Grund für die Spekulatiosnblase ist und vor allem . dass bei der Kreditaufnahme 90 % des Betrages nicht durch die Bank abgesichert ist.  Dazu  ein Beispiel; nehmen wir einmal an.  jemand braucht einen Kredit von 10 000 €, dann geht er zur Bank im guten Glauben, die Summe, die  er leiht, nimmt die  Bank von einem anderern Kunden, der 10 000€  investiert hat. Denkste: die Bank hat nur 1000 €,  also die gesetzlich vorgeschriebene Mindestreserve, die restlichen 9000 generiert sie selbst aus dem Nichts. 
Merkt ihr was? Das ist ein virtuelles Kapital, das  überhaupt nichts mit der Realwirtschaft  zu tun hat.
Und so geht es schon seit Jahrzehnten im  Kapitalismus zu, nur mit dem  Unterschied dass wir in eine Phase des Turbo und Kasinokapitalismus  eingetreten sind, dessen Verwerfungen die immer größer werdenden Schere zwischen arm und reich, die Verarmung des Staates  mit den Folgen  von Kürzungen sozialer Leistungen  in Bildung, Gesundheit und Sozialfürsorge   wir inzwischen spüren.Aber damit nicht genug. uns steht noch der worst  case bevor, nämlich dann , wenn die Banken die Bürgschaften einfordern.  Dafür sind, die Deutschen  ja  bekanntlich gute Organisatoren. Es sollen schon Vordrucke    vorbereitet, sein,  die von jedem Erwachsenen  in Deutschland 5000 Euro  fordern.
Spätesten dann wird auch der bis jetzt  schläfrigen Masse  bewusst sein, was die Stunde geschlagen hat.
Die Szenarien,  die dann folgen. kann sich jeder und jede, selbst vorstellen.

aCAMPadaBerlin 19. Oktober 2011 um 18:13  

Darf ich auf folgendes hinweisen: http://the-babyshambler.com/2011/10/17/pamphlet15o/

antiferengi 19. Oktober 2011 um 18:50  

@R@AZE 18/10:26 @Kaluptikus 18/20:45
Rein formal, und ausgehend vom Jetztzeitempfinden der Benachteiligten, kann man euch durchaus recht geben. Nach dieser Oberschicht, gibt es wohl nichts was phlegmatischer und selbstherrlicher ist, als diese Mittelschicht.

Der Witz ist, dass diese Trennung in Schichten, von oben nach unten, gewollt war, - und wie ich sehe, auch ihren Zweck erfüllt hat. Nachdem dieses Schichtenmodell, durch Bertelsmann und Forsa, unter dem Vorwand pseudowissenschaftlich-soziologischer Kalkulationsmodelle medial dermaßen verbreitet war, dass es auch jeder übernommen hatte, - war etwas gegeben, was Orson Welles wahrscheinlich schlicht und einfach, als "Konditionierung" bezeichnet hätte. Und wie ihr an euch selber merkt, - hat sie funktioniert. Wie bereits gesagt, - vollstes Verständnis für die Argumentation. Aber ich bitte zu bedenken, dass bei mancher Revolution, so mancher Revolutionär, von den Revolutionären gehängt wurde, weil alle das Opfer von Konditionierung anhand von einfachen symbolischen Klassifizierungen waren. Ein Angriff von oben nach unten, geht genauso fließend vonstatten, wie ein Angriff von unten nach oben. Ans Eingemachte, traut sich in der Regel keiner so richtig.

Anonym 19. Oktober 2011 um 19:46  

Wenn die Bewegung die Medien übernommen hat, würde ich mich freuen (als konventioneller Konsumist) sie während der abendlichen Nachrichtenaufbereitung als Kommentator zu sehen.

Anonym 20. Oktober 2011 um 16:01  

Ich stehe dieser ganzen Occopy-Bewegung ziemlich kritisch gegenüber. Es ist eine kleinbürgerliche Bewegung, sie ist führungslos, Ziele sind verschwommen, sofern überhaupt ein Ziel geäußert wird, nirgendwo die Idee einer Alternative zum Bestehenden, und im übrigen, so wollte es mir scheinen, war ich am Reichstag unter die Traumtänzer geraten. Nee, Freunde, so wird es nichts. Merkel und Hundt reiben sich über unseren "Protest" die Hände. Wir sind noch lange nicht da, wo es ernst für die Bande wird.

ad sinistram 20. Oktober 2011 um 18:57  

Wenn eine Bewegung nicht mit einer Heilslehre rumläuft, dann ist sie suspekt. Der Deutsche will entweder staatliche Ordnung oder einen detailierten Plan, wie es weitergehen kann.

Anonym 20. Oktober 2011 um 20:02  

Die richtig beschriebene Wut wird sich nicht kanalisieren lassen von Teilen der Unternehmerschaft , dazu sind die Probleme zu grundsätzlich.
Über die Entmenschlichung der Wirtschaft hinaus geht es auch um die Entmenschlichung des Zusammenlebens , also Dinge wie Mobbing , Denunziation von Nachbarn und Kollegen und ähnliche Dinge- der Feind sitzt nicht nur im Wirtschaftswesen.

Anonym 24. Oktober 2011 um 01:03  

muzungumike, du proklamierst:
"Wir müssen ihnen klar machen das es nicht darum geht ein neues sozialistisches Gebilde nach den alten Vorbild zu schaffen"

...sondern worum geht es dann? Das alles Interessierende sprichst Du nicht aus.

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