Sit venia verbo

Montag, 5. September 2011

"Ich erinnere mich an eine Diskussion über die Hartz-Reformen in Frankfurt. Mit mir auf dem Podium eine junge SPD-Abgeordnete, die sich verzweifelt bemühte, den tieferen Sinn der Reformen zu erklären. In der Diskussion wurde dann vor allem um Zahlen gestritten: Wer bekommt wieviel weniger, wer wieviel mehr. Da meldete sich ein alter Sozialdemokrat zu Wort. Es gehe gar nicht um ein paar Euro mehr oder weniger, sagte er. Er haben nach dem Krieg hier in Frankfurt die Arbeiterwohlfahrt neubegründet. Sein Leben lang habe er sich für die Sozialdemokratie eingesetzt. Und warum? Weil sie aus Almosenempfängern Anspruchsberechtigte gemacht habe, weil erst sie den kleinen Leuten das Gefühl gegeben habe, Bürger dieses Staates zu sein. Er habe schon als Kind gelernt, mit wenig auszukommen, und wenn seine Rente gekürzt werden müsse, so würde er auch das ertragen. Was er aber nicht ertragen könne, sei, daß man Leistungsschwächere als Bürger zweiter Klasse, Rentner als lästige Kostgänger, Arbeitslose als Drückeberger und Arme als Sozialbetrüger behandle. Damit spreche man ihnen ihre Menschenwürde ab."
- Johano Strasser, "Als wir noch Götter waren im Mai" -

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