Ungenutzte Potenziale

Montag, 24. Januar 2011

An der Alltagssprache läßt sich abzirkeln, wess Geistes Kind eine Gesellschaft ist. Sie ist der Gradmesser für den Zeitgeist, für die allseits akzeptierte Gesinnung, die vorherrscht und sich langsam ins Bewusstsein frisst. Zwar wird in der Psychologie schon seit langem um "ungenutzte Potenziale" schwadroniert, sie aber im Verbund mit Gedanken zum Sozialstaat zu koppeln, enthüllt den ökonomischen Zeitgeist, der nun auch sprachlich in dieser so menschlichen Wissenschaftsdisziplin angekommen ist.

Frank Ochmann, der wöchentlich über Hirnforschung und Psychologie berichtet, schrieb kürzlich, dass eine neue Studie die Debatte um Chancengerechtigkeit befeuere, "weil arme Kinder nicht ausreichend gefördert werden, bleibt ihr geistiges Potenzial oft ungenutzt." Dieser Satz firmiert unter einem Aufmacher, der "Hartz IV für Kinder" anspricht. Es geht also um den Sozialstaat, um diese auf dem Rückzug befindliche Institution, und um deren Auswirkungen auf das Bildungswesen. Dass Ochmann (der hier als Namen nur steht, weil er den Artikel verfasst hat - es könnte quasi der gesamte Stand der Psychologen hier genannt werden) auf einen fadenscheinigen Neologismus wie Chancengerechtigkeit baut: geschenkt! Dass er aber den Sozialstaatsgedanken mit ungenutzten oder zu nutzenden Potenzialen abhandelt, das ist zwar mittlerweile Usus, allerdings trotzdem oder gerade deshalb bedenklich.

Dem Sozialstaatsgedanken liegt eine Utopie zugrunde. Die Eltern des Grundgesetzes, die den Sozialstaat in ebendiesem fixierten, mögen zwar nicht unbedingt ausgewiesene Menschenfreunde gewesen sein, aber sie haben, auch aufgrund der unmittelbaren Erfahrung jener Nachkriegstage, deutlich erkannt, dass eine Gesellschaft, die sich ihrer Hilfebedürftigen nicht annimmt, schnell in Unfrieden landen wird. Zwar mag das Utopische im Wust von Sozialgesetzbüchern nicht immer erkennbar sein, aber die ursprüngliche Idee war, dass niemand einem erbarmungslosen Schicksal ausgeliefert sein soll. Der Sozialstaatsgedanke war zwar einerseits auf Vernunft gebaut, weil ein soziales Netz jedermann eines Tages dienlich sein kann und außerdem sozialen Frieden fördere; andererseits ist er eine Sache von Mitgefühl und Mitmenschlichkeit. Ochmann spricht sich für eine stärkere Förderung von Kindern aus der Unterschicht aus - immerhin ist das auch ein Ausdruck von Sozialstaatsstärkung. Allerdings spricht er sich nicht dafür aus, weil er möchte, dass diesen Kindern und deren Eltern, Familien aus unteren sozialen Schichten also, ein einigermaßen sorgenfreies und würdevolles Leben gewährleistet wird: er sieht stattdessen lediglich "ungenutzte Potenziale", die der malade Sozialstaat verstreichen lasse.

Was da in das "psychologische Feuilleton" hinüberglitt, es ist die Gemütslage dieser Gesellschaft. Wenn man sich überhaupt noch für einen aktiveren Sozialstaat ausspricht, dann nicht um kranken, weniger begabten oder arbeitsunfähigen Menschen hilfreich zur Seite zu stehen, sondern um Potenziale abzuschöpfen, die bis dahin ungenutzt waren - es ist die Sprache der Ökonomen, die herrisch in jede gesellschaftliche Fuge eindringt. Nützlichkeitsanalysen sind der Meterstab, mit der man die Gesellschaft vermisst: wieviel nutzt es, wieviel kostet es? Menschenwürde und sozialer Frieden sind, wenn überhaupt, nur zweitrangige Maßeinheiten. Der Sozialstaat ist in der lingua oeconomica keine emotionale Einrichtung: er ist ein Warenwert, der säuberlich auf Kosten und auf Nutzen geprüft werden sollte.

Das moderne Sozialstaatsprinzip wägt ab, will Potenziale verwerten, Vorteile nutzbar machen - es fragt: was nützt es uns, wenn wir Hilfebedürftige stützen? Es fragt aber nicht: ist es der Wahrung der Menschenwürde gemäß, Hilfebedürftigen unter die Arme zu greifen? Es geht um Mehrwerte, nicht im Ideale. Weil dem so ist, spricht sich kaum jemand für einen Sozialstaat aus, der finanzielle Mittel den Hilfebedürftigen selbst ausschüttet - man will einen, der die Nutzbarmachung von Potenzialen selbst in die Hand nimmt: Bildungsgutscheine anstatt höhere finanzielle Zuwendung! Es ist ein kalkulierender, kein barmherziger Sozialstaat, der heute allerorten beschworen wird...



26 Kommentare:

endless.good.news 24. Januar 2011 um 08:29  

Es wird also Zeit, dass sich die Biologen, Mediziner und Wirtschaftswissenschaftler zusammensetzen. Gemeinsam können sie Potentialgene entdecken. Nur jemand mit guten Potentialgenen wird gefördert. Alle anderen kriegen...

Margareth Gorges 24. Januar 2011 um 09:01  

Es geht doch noch viel weiter.
Immer und immer wieder werden Hartziv Bezieher in großen Lettern in den Mainstream Medien und auf den VerblödungsTVKanälen diffamiert, mit der Hetze: Die Hartzer vermehren sich zügellos, und damit muss Schluss sein weil sie ja keine Steuern zahlen. ...

Es ist in meinen Augen ein Unding, diese Ungleichbehandlung aufrechtzuerhalten mit der Argumentation: Jaaaa, die Eltern der Besserverdienenden zahlten aber auch mehr Steuern!
Heißt das denn im Umkehrschluß, Hartz IV Empfänger haben das Recht verloren, sich zu vermehren, weil es ja scheiß-teure neue Hartz IV Empfänger werden?
Was ist denn das?
Sind Hartz IV Kinder weniger wert als Kinder von Menschen in gehobeneren Stellungen?
Müssen wir nun auch unsere Kinder unter dem Aspekt der Effizienz zeugen?
Müssen wir in Zukunft den dicken Taschenrechner auspacken und den Rotstift, um eine marode Familien- und Bildungspolitikpolitik zu rechtfertigen?

Wir leben in Gesellschaften, die das ständige Wachstum zum Goldenen Kalb erhoben haben, um das sie nun wahnwitzig und selbstzerstörerisch herumtanzen. Niemand macht sich Gedanken, warum wir uns eine milliardenschwere Industrie leisten, die unsere Kinder vor der Flimmerkiste halten soll, sie generell verdummen lässt, dies auch noch mit milliardenschweren Werbemaßnahmen verwirklicht (man muss ja erst mal einen Bedarf schaffen, den es nicht gibt bzw. den niemand nachfragt!), die auch noch staatlich subventioniert werden, während ein kümmerlicher Betrag in die Familien und Bildungspolitik fließt.
Man stelle sich mal vor, wir würden all die Milliarden in sinnvolle Bildungsprojekte stecken! Aber – Mist! – Dann verdienen die Konzerne nix mehr, weil die Produkte erst mal nachgefragt werden müssten, bevor sie (in Übermaß) produziert werden. Will sagen: die Rendite stimmt nicht mehr! Und das kann ja nicht angehen!!!

Deshalb pflanzen wir allen Zweiflern das (falsch verstandene) Leistungsprinzip in Zusammenhang mit Effizienz und Wirtschaftlichkeit in die Köpfe und siehe da: wir beurteilen unsere Kinder mit zweierlei Maß!!

Anonym 24. Januar 2011 um 10:04  

Ach Gottchen, es geht doch "nur" um die Sicherung der Erwerbsarbeitsplätze der Wohlfahrtsindustrie und deren Nachschub an sozialisierten Billigkräften.

Die haben inzwischen richtig Angst!!!

Libero 24. Januar 2011 um 10:07  

Geht es nicht einfach nur darum, den sogenannten "sozialen Einrichtungen", die nun Kita-Plätze und Nachhilfeprogramme und vor allem Ganztagsbetreuung anbieten, noch mehr Daseinsberechtigung zu verschaffen bzw. ihnen noch mehr Geld in den nimmersatten Rachen zu stopfen? Damit die Regierung bzw. die dahinter stehende Wirtschaft möglichst früh den Eltern die Erziehung ihrer Kinder entreissen und ökonomisch gut verwertbares menschliches Potenzial schaffen kann? Wo kämen wir denn auch hin, wenn man jedem Menschen ein würdevolles Leben gestatten würde, zufriedene Menschen konsumieren weniger. Hilfsbedürftigkeit wird künstlich geschaffen, der Mensch ist lediglich ein Stück Nutzvieh.

Jutta Rydzewski 24. Januar 2011 um 10:26  

@Margareth Gorges

Hartz IV-er, liebe Frau Gorges, werden nicht nur vom Talkshowjournalismus und in den Verblödungskanälen diffamiert. Diese erbärmliche Hetze gehört bereits seit Jahren sozusagen zum "guten Ton". Ich erinnere an einen gewissen Parasitenfreund Clement, oder den zweimal zum SPD-Vorsitzenden ausgerufenen Franz Müntefering mit seiner "Botschaft": Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen. Den unerträglichen Sarrazyniker (einschließlich Gattin) möchte ich mir hinsichtlich von konkreten Beispielen ersparen.

Mit der "zügellosen" Vermehrung der Hartzer hat sich ein gewisser Prof.Dr.Dr. Heinsohn befasst. Dieser Heinsohn scheint ein besonderer Menschenfreund zu sein. Als die "Debatte" über des Sarrazynikers rassistischem Hetz-Geschmiere im vollen Gange war, sein eigener Kreisverband ihn aus der Partei herausschmeißen will, lädt die räumlich benachbarte Neuköllner SPD diesen Gunnar Heinsohn zu einer Klausurtagung in ein nobles Seehotel ein. Gerade Heinsohn, der mit seinem kranken Gedankentum teilweise sogar den Sarrazyniker "in den Schatten" stellt. Heinsohn vertritt u.a. die Auffassung, dass in Neukölln zu viele "Transferbabys" geboren werden, von "Niedrigleistern aus dem Ausland". In der "Welt" hatte dieser, seit einem viertel Jahrhundert in Bremen lehrende Professor (so etwas wird auf junge Menschen losgelassen), schon vor längerer Zeit verkündet: "Uns fehlt nicht das dritte oder vierte bildungsferne Kind der Hartz IV-Mutter, sondern das erste oder zweite der Karierrefrau". Außerdem will Heinsohn soziale Transfers auf maximal fünf Jahre begrenzen. Und jetzt kommt der fast schon typische SPD-Hammer. Eingeladen wurde Herr Heinsohn (so wächst zusammen, was eigentlich nicht zusammengehört) von dem medialen Aushängeschild der Neuköllner SPD, dem Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky. Buschkowski ist u.a. dafür bekannt, dass er der so genannten Unterschicht, nicht nur der ausländischen, sondern auch der deutschen, quasi kollektiv unterstellt, dass sie nicht selbst für ihre Kinder sorgen könne oder wolle. Pure Menschenverachtung, elitäres Rassedenken, sind als "deutsche Zustände" in der so genannten Mitte der Gesellschaft angekommen. Es ist fast schon tragisch, wenn ich z.B. an Willy Brandt denke, dass die so genannte SPD, in diesem Zusammenhang, mit ihren bekanntesten Führungs-Fratzen, an der Spitze dieser versammelten Menschenverachter marschiert.

Der Verderb der Sprache, ist der Verderb des Menschen

mfg
Jutta Rydzewski

Rain Man 24. Januar 2011 um 10:29  
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Rain Man 24. Januar 2011 um 10:29  
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Rain Man 24. Januar 2011 um 10:30  
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Margareth Gorges 24. Januar 2011 um 10:52  

Liebe Frau Jutta Rydzewski , absolut d´accord !!

>>Der schwarze Winkel -Vor siebzig Jahren initiierte das Nazi-Regime die Aktion »Arbeitsscheu Reich«. Der 21. April 1938 leitete den Höhepunkt der Verfolgung von »Asozialen« ein

======>Anmerkung :

Das erste was man von der neuen Arbeitsministerin Leyen zu lesen und hören bekam war: SANKTIONEN VERSCHÄRFEN GEGEN HARTZIV BEZIEHER ! Wir wähnen uns immer so weit entfernt von jenen Zeiten und propagieren bei jeder Gelegenheit die Unwiederholbarkeit der NS-Schandtaten. Aber Geschichte wiederholt sich nicht in seiner äußeren Form. Aber wie beginnt heutzutage Ausgrenzung? Heute haben wir die Aktion “Fördern und Fordern”, da schwingt dann schon mit, dass derjenige, der sich nicht fordern lässt, auch keine Förderung verdient. Gewiss wird heute nicht vom “Gemeinschaftsfremden” gesprochen, auch nicht von “Volksgemeinschaft”, aber ist der Titel der unsäglichen Broschüre des damaligen Wirtschaftsministers Clement “Vorrang für die Anständigen – Gegen Missbrauch, „Abzocke“ und Selbstbedienung im Sozialstaat” so weit entfernt von solcher Gesinnung?

So werden dann aus Opfern einer verfehlten Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik arbeitsscheue Asoziale gemacht. Wobei schon rein rechnerisch bei 3,5 Mio. Arbeitlosen geschönte Statistik – Exakt: 5 Mio. Arbeitslose und 1,5 Mio. offenen Stellen (sehr optimistische Zahlen) etliche beim Fördern und Fordern rausfallen. Diese übriggebliebenen 2 Mio. könnten laut Weltökonomen der Bildzeitung durch eine weitere Absenkung der Sozialhilfe und durch die Ausweitung des Niedriglohnsektors in Lohn und Brot kommen. Man muss also nur Druck auf diese Abzocker machen.

Die obszöne Agitation der Bildzeitung und anderen Gazetten unter Mitwirkung bekannter “Experten” die in jeder Talkshow Ihre Menschenverachtung gegen Hartz-IV-Empfänger als arbeitsscheue Schmarotzer ablassen, kommt der Selektion des Menschen in seinem Wert oder Unwert für den “Volkskörper” sehr nahe.<<

Jutta Rydzewski 24. Januar 2011 um 12:51  

@Margareth Gorges

Nein, liebe Frau Gorges, ganz gewiss sind die versammelten Sarrazinaten (Clement, Münte, Heinsohn, von Dohnanyi, Sloterdyks usw. usw) nicht weit weg vom braunen Gedankentum. Eher im Gegenteil, auch wenn auf gewisse Begriffe (Volksgemeinschaft) verzichtet wird, so sind die neuen Unworte nicht weniger perfide und verhetzend. Mittlerweile wird ja auch schon zwischen dem "anständigen" und dem "unanständigen" Armen unterschieden. Dabei sind die "Anständigen" unter den Bedürftigen sogar selbst die schlimmsten Ausgrenzer und Hassverbreiter, wofür jahrelange BILDung und subtil hetzerische Talkshows gesorgt haben. Der "Anständige" ist sich, und hat sich auch der Gnade bewusst zu sein, vom Staat unterstützt zu werden, und dafür auch gefälligst ständig artig zu bedanken (möglichst auf Knien), während der "unständige" Arme ein Abzocker, Parasit, Missbraucher usw. ist. Dass es sich bei den Unterstützungen um einen Rechtsanspruch handelt, kommt in der öffentlichen Diskussion so gut wie gar nicht vor. Es gibt aber auch Zeitgenossen, die sich ganz offen zum braunen Gedankengut bekennen, und trotzdem Dauergast in den unsäglichen öffentlichen-rechtlichen Talkshows sind. Am 09. November des Jahres 2003, bezeichnenderweise gerade an einem 09. November, schwärmte z.B. ein gewisser, Arnulf Baring, im Nachtstudio des ZDF:

"Der Hitler hat ja in einem Maße dieses Land in Bewegung gebracht, was man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann. Er hat in den 30er Jahren, was bis in die 40er, 50er - man kann sagen - in die 60er Jahre weitergewirkt hat, den Leuten einen Elan vermittelt, der vollkommen von uns gewichen ist."

Dieser braune Dreck ist aus den Deutschen offenbar nie ganz herauszubekommen. Daraus erklärt sich auch der Umstand, dass ca. 13 Prozent wieder einen Führer haben wollen. Dieses Land ist nur noch krank, und merkt es noch nicht einmal. Übrigens, ob Sie es glauben wollen oder nicht, dieser Baring war über 30 Jahre ... SPD-Mitglied.

mfg
Jutta Rydzewski

Margareth Gorges 24. Januar 2011 um 14:39  

@ Jutta Rydzewski,
so ist es ! Ich widerspreche ihnen in keinem Punkt, und aus diesen Gründen graust es mich auch davor, dass nun " Volksabstimmungen, Volksbegehren" , allen voran von der SPD gefordert wird.

Gnade uns Gott, Allah , Buddha oder wer auch immer davor !

landbewohner 24. Januar 2011 um 15:03  

jutta rydzewski

dieser baring hat vollkommen recht, wenn er sagt, daß der braune geist bis in die 60er gewirkt hat, danach allerdings war er nicht verschwunden, sondern er war nur etwas leiser geworden um dann nach einverleibung der ddr umso lauter zu ertönen.
und all diese clements vd leyens und sarazzins sowie ihre brüder und schwestern in politik, wissenschaft und journaille unterscheiden sich höchstens punktuell von ihren vorgängern und -bildern aus dem 1000jährigen reich.
was allerdings die heinsons von den soziologen und anhang unterscheidet: erstere sehen die "hartzlösung" im ausrotten. letztere brauchen diese um ihre stellung im erwerbsleben zu sichern, da sie ohne selbst zum "ausschuss" gewandelt würden.

Anonym 24. Januar 2011 um 15:25  

Hier sanktionieren Fallmanager bereits ungeborenes Leben.

Zitat aus dem folgenden Link :

"ja sehen sie also ist es ja noch garnicht sicher ob das kind auch überlebt und selbst wenn werden sie sobald ich den antrag bearbeitet habe eine erneute 100% sanktion verhängt bekommen”

http://www.elo-forum.net/allgemein/201101239927.html

Anonym 24. Januar 2011 um 15:53  

Genau. Der Schritt von "weil arme Kinder nicht ausreichend gefördert werden, bleibt ihr geistiges Potenzial oft ungenutzt." zu "Ist das ein Problem? Braucht die Gesellschaft dieses ungenutzte Potential? oder kann man diese Kinder links liegen lassen?" ist nämlich nur klein.

Der Schlüssel zum Verständnis ist nämlich genau dieser: Die moderne Gesellschaft ist *nicht* darauf angewiesen, ungenutztes Potential zu aktivieren! Sie war es in den 50ern, 60ern, 70ern, aber heute ist es nicht mehr nötig. Das Ungenutztlassen der Potentiale armer Kinder hat keine negativen Auswirkungen; man kann die Bevölkerung durch Tittytainment schön ruhigstellen, und Ingenieure gibt es genug.

Malte 24. Januar 2011 um 19:14  

Ich bin der Meinung, dass die Idee des Sozialstaats durchaus mit dem Ziel der Förderung von Potentialen jedes Einzelnen vereinbar ist. Die Frage ist doch eher welches Menschenbild dahinter steckt.

Wenn ich alle Menschen als wertvoll für die Gemeinschaft ansehe ist es folgerichtig jedem die Möglichkeit und geistige Anregung zu geben, damit er in der Lage ist seine Potentiale zu nutzen. Das nützt meist sowohl ihm selbst, als auch der Gemeinschaft in der er lebt. Und so etwas zu fördern sehe ich als wesentliche Aufgabe des Sozialstaats.

Pervertiert wird diese Idee, wenn man in Sarrazin-Manier anfängt wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Rechnungen aufzustellen und die "Unnützen" auszugrenzen bzw. in letzter Konsequenz auszusortieren. Denn das impliziert die ungeheure Anmaßung messen zu können, wer oder was wichtig für eine Gesellschaft ist. Dass der wirtschaftsliberale Zeitgeist in genau diese Richtung geht, ist mir nicht verborgen geblieben. Ich halte es aber für falsch, allen Denkansätzen diese Intention zu unterstellen.

Vielleicht bin ich zu gutgläubig, aber bei Ochmann habe ich den Eindruck, dass es ihm nicht (nur?) um eine Verwertungslogik geht.

Jutta Rydzewski 24. Januar 2011 um 23:06  

@landbewohner

"dieser baring hat vollkommen recht, wenn er sagt, daß der braune geist bis in die 60er gewirkt hat, danach allerdings war er nicht verschwunden,..."

Dass der braune Dreck offenbar nie ganz aus den Deutschen herauszubekommen ist, habe ich selbst so zum Ausdruck gebracht. Dass er, dieser braune Dreck, in den letzten Jahren sogar wieder besonders hoch schwappt und quellt, ist auch kein Geheimnis, zumal 13 Prozent gerne wieder einen Führer haben möchten. Ich wollte jedoch darauf hinweisen, dass eine Type wie dieser Baring, mit seiner offenkundigen Hitlerbewunderung, der mit Abstand häufigste Gast bei den öffentlich-rechtlichen Verblödungstalkshows
ist. Streng genommen zahlen also Sie und auch ich die Gage für diesen Hitlerverehrer.

mfg
Jutta Rydzewski

flavo 25. Januar 2011 um 11:53  

Die Mainstream_Psychologie wandert seit gut 70 Jahren erfolgreich auf Wegen abseits von Gedankenwegen, die irgendwie in Richtung des riesigen Gebirges kritische Wissenschaft, Emanzipation, Einbezug gesellschaftlicher Verhältnisse usw. führen. Man hat sich auf die statistisch-experimentelle Methode eingeschworen, man grast mit diesem Werkzeug die Weiten der Zeit ab, man sieht sich auf dem neutralen Leuchtturm, der sich allen gesellschaftlichen Winden und Wellenwettern beharrlich entgegenstellt. Vermeintlich natürlich. Man kann sich dem sprachlichen Weltbau freilich nicht entziehen und durch die Ritzen der harten Methode weht konstant die Welt des Zeitgeistes hinein und verschiebt die Entitäten und ihren Sinn und die sensuelle Erschließungsbahn des forschenden Subjekts. Man will das Objektive über die Zeiten hinweg. Manchmal kommt mri vor, die Psychologie ist in einem Wissenschaftstatus des späten 19. Jh. stehen geblieben. Wie die Wirtschaftswissenschaften hat sie auch den Konflikt in sich, Naturwissenschaft oder Geisteswissenschaft zu sein. Für erstere ist traditionell die Physik Vorbild. Was mich wundert, ist, dass man es auch nicht schafft, die Logik der Relationen aus der Physik zu übernehmen. Die Physik würde sich heute auf dem Stand von Newton befinden, wenn sie das in der Psychologie phantasierte Vorbild real wäre. Keine Quantenmechanik, keine Inversitäten, keine dialektischen Gleichzeitgkeit usw.
Das ganze ist abgeflacht. Heute drängen Studierende nach, die aus einer diffusen psychologischen Wellness-Kriminal-Betriebswelt heraus, irgendwelche "unbewusste" Trickmodelle kennenlernen wollen ("Was steckt dahinter?") und damit in den Sog derselben Welt zurücktkommen wollen als psychologische Leistungsassistenten. Es fehlt komplett an einem Nachdenken über die gesellschaftlichen Verhältnisse und Freiheit. Man holt sich eher die psychologischen Tools, mit denen das was ist, noch gefestigt und intensiviert werden kann. Es bietet ja kaum ein Curriculum noch eine Bildung in psychologischen Grundbegriffen an, im besten Fall als historischer Abriss, mit dem gezeigt werden soll, wie die Paradigmen bis zum gegenwärtig modernsten Stand sich halt entwickelt haben (als wäre das alles nur eine Verbesserungsgeschichte). Man nimmt die Sorgen des Zweifels. Es gibt nichts zu zweifeln, höchstens im Detail.

Anonym 25. Januar 2011 um 11:58  

Viele Gute Kommentare hier zu diesem Thema, denen ich sachlich, unter den heutigen Verhältnissen auch nicht widersprechen kann.Dennoch würde ich - den Blick mal in die Zukunft gerichtet, nach Alternativen Ausschau haltend -nicht per se das Aufspüren und Fördern von "ungenutzten Potentialen" verurteilen, wenn denn diese dann freigesetzten Potentiale deren Inhabern und der ganzen übrigen Gesellschaft ohne räuberische Abzwackung von Surplus-Profiten für nur Wenige zugute kämen.
Dazu benötigten wir aber eine andere Gesellschaft, ohne Kapital und kapitalistischen Lohnarbeit, eine Gesellschafter echter Freiheit und Gleichheit(allerdings auch ohne künstliche Gleichmacherei!).

In diesem Sinne mfG Bakunin

Anonym 25. Januar 2011 um 12:41  

Jutta Rydzewski hat gesagt...

"Dass der braune Dreck offenbar nie ganz aus den Deutschen herauszubekommen ist, habe ich selbst so zum Ausdruck gebracht."

Ein erschreckender, aber leider allzu wahrer Befund, wobei besonders zu beachten ist, dass sich dieses Gedankengut in allen seinen mannigfaltigen Facetten eben keinesfalls auf NPD, Reps oder ähnliche kleine Grüppchen und Sekten beschränkt sondern mächtig in fast allen "demokratischen" Parteien, vielen Ämtern und Behörden, und selbst Teilen der etablierten Gewerkschaften mächtig blubbert.
Ob frühzeitig selektierendes Schulssystem, extrem ungleicher Lohn für gleiche Arbeit, extrem ungleiche Renten für oft gleiche lebenslange Plackerei zuvor, öffentliche Begutachtung der "Brauchbarkeit" von Menschen, tendenziöse offiziöse Statistiken, wie viele "Prozente" "Türken", "Ausländer", "Muslime", "Kulturkreise", "Kevins" ..."Pircing-Mamas" "ÜBERDURCHSCCHNITTLICH"(!!!) ... "Transferbezieher" sind..., und so weiter und so fort... Immer werden Menschen, wird menschliches Leben, menschliche Lebenzeit, einmalige, unwiderrufliche Lebenszeit unterschiedlich "gewichtet", "beleuchtet", als unterschiedlich wertvoll oder eben(in Zeiten von realer Massenarbeitslosigkeit) "unnütz" angesehen - und durch viele gesellschaftliche Instrumente, Institutionen entssprechend dieser Ideologie dann verwaltet, eingeordnet, endgültig sanktioniert.
Und in welchem faschistischen, totalitären Staat, in welchen Klassengesellschaften - wo auch immer -überhaupt wurde je anders verfahren von den herrschenden Eliten mit dem ihnen zur Verfügung stehenden "Menschenmaterial"(sorry!)?
Die Sprache wurde mit der Zeit "sensibler", ein wenig "euphemistischer", doch am Inhalt allen diesen Treibens änderte sich nichts.
In so einer Gesellschaft ist dann eben das "Beste", in der "richtigen" Schicht, Klasse geboren zu sein, so dass man dann auch immer, ganz ohne eigenes besonderes Zutun, besondere Leistungen, schon immer zu den "Besten" zählt....
Und jede Wette, solche Leute wie Baring zögern keine Sekunde1, sich für ein Exemplar dieser "Besten" zu halten!

MfG Bakunin

Anonym 25. Januar 2011 um 13:07  

Nachtrag! Artike 24, Verfassung der DDR von 1968



(1) "Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht auf Arbeit. Er hat das Recht auf einen Arbeitsplatz und dessen freie Wahl entsprechend..." UND NUN: "Mann und Frau, Erwachsene und Jugendliche haben das Recht auf gleichen Lohn bei gleicher Arbeitsleistung."

Wenn unsere DGB/Gewerkschaftsbonzen wieder einmal extrem niedig entlohnte Leiharbeit als Rechtfertigung benutzen, um so Arbeitsplätze, soziale Sicherheiten von "NUR" "Stammarbeitern", zu rechtfertigen, "Arbeitsplätze1 zu sichern",("Standortsicherung") sie bei anderer Gelegenheiten aber heuchlerisch vor "braunen Gefahren", "Rechtsextremismus" warnen, so sollten sie vorher vie1lleicht doch mal einen Blick in die DDR -Verfassung von 1968, auf den Artikel 24 werfen!
Weshalb fliegen in diesem Lande nur immer Steine und Flaschen auf NPD und andere OFFENE Rechte, aber nie auf solche Leute aus Gewerkschaften und "demokratischen Parteien", die dem gleichen Ungeist huldigen, nur etwas vornehmer, "sozialpartnerschaftlicher"?

Fragende Grüße á tous von
Bakunin

Krischan 25. Januar 2011 um 13:29  

Die Reichen:

Hier alles abgrasen, dann mit Kapital ins nächste Land / Kontinent auswandern zwecks Profitmaximierung.

Die Mittleren:
Einige können weg, wenn es hier den Bach herunter geht.
Andere können oder wollen nicht weg, die bleiben dann, fressen, was es noch gibt und treten weiter kräftig nach unten.

Die Unteren:
Jetzt benachteiligt. Später benachteiligt.

Dass die Benachteiligung der Unterschicht nicht im Interesse der Mehrheit der deutschen Bevölkerung sein kann, die ja ein Interesse am wirtschaftlichen und generell zukünftigen Wohlergehen Deutschlands hat, versteht eben diese Mehrheit der deutschen Bevölkerung nicht.

Wer hier in 20 Jahren noch gut leben können will, muss jetzt für kostenlose Bildung ab Kindergarten stimmen. Und verbesserte Erwachsenenbildung.

Lauter 25. Januar 2011 um 16:47  

Zum Thema:

Der Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, der selbst nicht fähig ist, die Straßen seiner Stadt fegen zu lassen, hatte Berliner Künstler pünktlich zum Wahlkampf zu einer "Leistungsschau" aufgefordert. Diese quengeln nun in einem offenen Brief im Stadtmagazin Zitty zurück: "Mit dem Wort 'Leistungsschau' wird die neoliberale Rhetorik von Effizienz und Leistungsfähigkeit auch auf die Kunst angewendet und suggeriert eine Objektivier- und Messbarkeit der Qualität künstlerischer Produktion."

Anonym 25. Januar 2011 um 18:29  

Ein Artikel, der zum Nachdenken anregt und aufregt.
Was will man von der "Psychologie" erwarten? Sie basiert auf der Verhaltenstherapie, auch genannt "Rattenpsychologie".

Dass Sprache ehrlich macht und sie in einen Kontext bringt, kann ich nur bestätigen.
Auch mir ist aufgefallen, dass die Sprache härter und aggressiver wird all denen gegenüber, die Klaus Dörner als die "Randständigen" beschreibt.
Bedenklich ist auch der Drang nach Bestrafung, beschönigend wird nach "Sanktionen" gerufen. Deutschland ist ein Land geworden, dass nur noch sanktionieren kann, die "Randständigen" im Land und alle anderen EU-Länder ebenfalls. Deutschland ist ein Land geworden, dass über die Wirtschaft andere Länder "in die Knie" zwingt, d.h. besiegen will.
Sagte doch Frau Merkel auf dem "Welt" (die Zeitung)Wirtschaftsgipfel: Solidarität ist kein Garant für wirtschaftlichen Erfolg". Das sind die Vorgaben. Entsolidarisierung spielt den "Machthabern" in die Hände.
Nach meiner Meinung hat in Deutschland nie eine richtige Aufarbeitung der NS-Zeit stattgefunden, denn nicht umsonst konnte Sarrazin mit seinem Buch, dass ich als Nachläufer eines anderen "bösen" Buches sehe, nicht so einen Erfolg haben. Die Bilder fangen an, sich zu gleichen.
Dennoch bin ich guter Hoffnung, wenn ich hier die Kommentare lese und bedenke, 1 Mill. Bücher Sarrazin bei mehr als 80 Mill. Bundesbürgern ist es doch sehr wenig.
Womit ich auf keinen Fall sagen will, dass Ausruhen angesagt ist.

Jutta Rydzewski 25. Januar 2011 um 20:16  

@Anonym 18:29

Gutes Stichwort, der so genannte "Welt"-Wirtschaftsgipfel. Friede Springer lud zu diesem Anlass die ganze "Leistungsträger"-Bagage ein, und alle folgten mit großer Begeisterung: Merkel, Westerwelle, Brüderle, Schäuble, von der Leyen-haft, zu Guttenzwerg, dazu natürlich Ackermann, Cromme, Löscher, Grube, also Deutsche Bank, Deutsche Bahn, Post, City Group, Siemens, ThyssenKrupp, BASF, RWE usw. usw.. Und dann ließen die "Herrschaften", die das ganze Land fest im Griff haben, die Hosen herunter und legten fest, wie und wo es in Europa langzugehen hat. Merkel: "Unsere Aufgabe ist es dafür zu sorgen, dass sich Europa an den Stärkeren orientiert." Solidarität hat dabei keinen Platz, "weil kein Garant für wirtschaftlichen Erfolg". Da konnte Flummi-Guttenzwerg natürlich nicht zurückstehen: Deutschland müsse Führung zeigen "auch für den gesellschaftlichen und militärischen Bereich". Jawoll!!!Scheiß was auf das Grundgesetz, der Guttenzwerg "führt" uns in eine glorreiche militärische Zukunft, nach alter Väter Sitte. Und auch Schäuble haute auf die deutsche Pauke: "Was wir in Deutschland mit der Konsolidierung der Haushalte machen, ist die erste Voraussetzung zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit". Alles klar. Weiter runter mit den Löhnen, den Steuern, und natürlich weiter runter mit den Sozialleistungen. Auch Westerwelle haute in die deutsche Kerbe: "Die erfolgreiche Stabilitätskultur müsse europaweit verbindlich und institutionell festgeschrieben werden". Jawoll!! Alles DEUTSCHE muss europaweit festgezurrt werden. Nun dürfte doch endlich klar sein: WIR sind nicht nur wieder wer, WIR sind die Besten, die Stärksten, und alle anderen haben sich gefälligst an UNS auszurichten. Jawoll!!! Heute gehört UNS Europa und morgen die ganze Welt. Jawoll!! Ein Kotzgipfel der besonderen Güte.

mfg
Jutta Rydzewski

Wirtschaftspolitische Beschreibung / Krischan I 26. Januar 2011 um 10:33  

Die unschlagbar guten Nachdenkseiten.de haben einen Artikel, der erklärt, woher die Ideen unserer Neoliberalen denn so stammen. Man lese und staune, nicht nur darüber, wie alt diese Rezepte sind, sondern auch, wie falsch und trotzdem weiter forciert. Denn die Betrachtung des Menschen als vom Menschen auszubeutende Arbeitsressource hat ja auch wirtschaftspolitische Hintergründe, und zwei Beschreibungen dazu sind hier mal verlinkt unter den "____"


_________________

Graf Lambsdorff als Stichwortgeber – Das meiste, was heute als modern gilt, ist uralt.
[...]
Ein solches zukunftsorientiertes Gesamtkonzept der Politik muss sich auf folgende Bereiche konzentrieren:

1. Festlegung und Durchsetzung einer überzeugenden marktwirtschaftlichen Politik in allen Bereichen staatlichen Handelns mit einer klaren Absage an Bürokratisierung…
2. Festlegung und Durchsetzung eines mittelfristig angelegten …überzeugenden Konsolidierungskonzeptes für die öffentlichen Haushalte, das die Erhöhung der Gesamtabgabebelastung ausschließt …
3. Festlegung und Durchsetzung einer mittelfristig angelegten und möglichst gesetzlich abgesicherten Umstrukturierung der öffentlichen Ausgaben und Einnahmen von konsumtiver zu investiver Verwendung, um die private und öffentliche Investitionstätigkeit zu stärken und die wirtschaftliche Leistung wieder stärker zu belohnen.
4. Festlegung und Durchsetzung einer Anpassung der sozialen Sicherungssysteme an die veränderten Wachstumsmöglichkeiten und eine längerfristige Sicherung ihrer Finanzierung (ohne Erhöhung der Gesamtabgabenbelastung), um das Vertrauen in die dauerhafte Funktionsfähigkeit der sozialen Sicherung wieder herzustellen und zugleich der Eigeninitiative und der Selbstvorsorge wieder größeren Raum zu geben.“

S.5f.

Der Erfolg einer solchen Gesamtpolitik wird allerdings nicht zuletzt davon abhängen, ob die Lohnpolitik…die notwendige Verbesserung der Ertragsperspektiven sowie die relative Verbilligung des Faktors Arbeit zulässt. Sicherlich wird es bei einer solchen Politik zu Auseinandersetzungen mit den Gewerkschaften kommen, die sich auch negativ auf das Stimmungsbild auswirken können. Die Gewerkschaften selbst müssen jedoch vorrangig an einer Lösung der Beschäftigungsprobleme interessiert sein…“

S.6

Wer einer solchen Politik den – in der Sache unbegründeten – Vorwurf einer „sozialen Unausgewogenheit oder einer Politik „zu Lasten des kleinen Mannes“ macht, dem kann und muss entgegengehalten werden, dass nur eine solche Politik in der Lage ist, die wirtschaftliche Grundlage unseres bisherigen Wohlstandes zu sichern und die Wachstums- und Beschäftigungskrise allmählich und schrittweise zu überwinden. Die notwendigen Korrekturen müssen ...

http://www.nachdenkseiten.de/?p=346

____________________

Wirtschaftspolitische Beschreibung / Krischan II 26. Januar 2011 um 10:33  

Dieser Artikel ist verlinkt in einen anderen Artikel, nämlich hier:
http://www.nachdenkseiten.de/?p=8061


Drei zerstörerische Jahrzehnte liegen hinter uns. Es reicht.

Der Jahreswechsel war und ist eine Gelegenheit, ein bisschen zurück zu blicken. Gesellschaftspolitisch betrachtet waren die letzten drei Jahrzehnte ziemlich miserabel, nicht nur verlorene Jahrzehnte. Sie waren geprägt von Zerstörung. Sie ist nicht vom Himmel gefallen, sondern Teil einer ideologischen Erneuerung. Mein kleiner Rückblick soll zum Weiterdenken anstoßen. Albrecht Müller.

1. Die Sozialstaatlichkeit unseres Landes wurde de facto infrage gestellt. Die meinungsführenden Kräfte waren nicht mehr stolz auf ein enges soziales Netz und soziale Sicherheit. Soziale Unsicherheit wurde unausgesprochen zur ökonomischen Triebfeder. Die Parolen: Flexibilisierung, Deregulierung, Minijobs, unsichere Arbeitsverhältnisse.
2. Das Ende der Verantwortung für die Beschäftigung, stattdessen Harz IV etc.. Im “Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft“ vom 8. Juni 1967 war als Ziel ein hoher Beschäftigungsstand festgelegt worden.

3. Schon in den siebziger Jahren wurde der Rückzug des Staates aus der Beschäftigungs- und Konjunkturpolitik eingeleitet
Entstaatlichung. Dem Staat wurden durch eine entsprechende Steuerpolitik systematisch die notwendigen Mittel entzogen. Heute fehlt es an wichtigen öffentlichen Leistungen.

4. Privatisierung. Viele öffentliche Unternehmen wurden privatisiert – die Bundesdruckerei, die Telekom, die Deutsche Post AG, die Postbank, die Autobahnraststätten,

5. Ungerechte Verteilung der Einkommen und Vermögen. Die Einkommensverteilung und Vermögensverteilung in Deutschland war nie ideal. Sie war immer massiv verbesserungsbedürftig. Aber sie war besser als heute. Die Lohnquote, also der Anteil der Löhne am Volkseinkommen lag am Ende der Regierungszeit Brandts bei 71,4 %, 2007 bei 62,3 %.

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