Dioxin als Chance?

Dienstag, 18. Januar 2011

Der Dioxinskandal ist in das Eiapopeia vom Hühnerhof eingebrochen. Schmierfette, die man dem Geflügel ins Futter reicherte, haben die schöne alte Welt der Eierproduktion abschmieren lassen; die ganze Republik ist in Aufruhr, hat und will keine Eier mehr, fühlt sich von jener Sparte der Nahrungsmittelproduktion verschaukelt. Vorher, so destilliert man aus den Reaktionen von Presse und Verbrauchern, war alles in blendender Ordnung - aber jetzt, jetzt hat Dioxin die heile Welt zerdeppert und Bedenken verursacht.

Und die armen Legehennen, mit welchem Müll man sie da füttert - mit Schmiermittel: Skandal!, möchte man da rufen und ruft man ja durchaus auch. Das arme Vieh darf nicht mal anständig fressen, wenn es für uns schon Höchstleistungen vollbringt. In dem einen Jahr, in dem es sich eierlegend schier das Arschloch zerreißt, könnte es doch zumindest gesund ernährt werden. Gesund bedeutet hierbei: Kraftfutter, damit jeden Tag ein Ei flutscht, angereicherte Vitamine und Medikamente, damit das arme Tierchen in der Enge seines Daseins nicht erkrankt - und dann geht es, nach einjähriger Eierlegerei direkt in den Schlachthof, weil im zweiten Jahr der Hennenkörper so ausgemergelt und ausgelutscht ist, dass es nach ausgewogenem Abwägen von Kosten und Nutzen nurmehr heißen kann: rien ne va plus!

Vor dem Dioxin, da war Idyll - jedenfalls regte sich die breite Öffentlichkeit da nicht auf. Man konnte scheinbar ganz gut damit leben, dass der verstärkte Sojaanbau, der zur Tierfutterherstellung notwendig wurde, weite Teile des Regenwaldes roden ließ - im Dokumentarfilm "We Feed the World" heißt es ganz plakativ , dass unsere Hühner den Regenwald auffressen. Und die Zusatzstoffe, die über das Futter in das Huhn gerieten und sich letztlich auch im Ei niederschlugen, man ignorierte sie geschickt - Antibiotika hat als Sättigungsbeilage ja mittlerweile einen akzeptablen Ruf, könnte man meinen. Von den Schlachtorgien bei Legehennen, die einen unglaublichen Preisverfall beim Geflügelfleisch verursacht haben, ganz zu schweigen - immer billigeres Fleisch bewirkt einen immer brutaleren Wettbewerb, was wiederum eine stets gewissenlosere Kostensenkungsmanie auslöst. Gespart wird auch beim (Fach-)Personal, aber natürlich verstärkt beim Produkt, beim Tier; am Ende fressen diese dann Schmierfett oder Tiermehl oder weiß der Teufel was, weil der Verbraucher schließlich billig speisen möchte, artgerechtes Tierfutter aber teuer ist und zu höheren Endpreisen führt - Qualität ist bei diesem Spiel ohnehin eher zweitrangig.

Es ist schon absonderlich, mit welcher Hysterie nun der Dioxineier-Skandal zelebriert wird. Plötzlich scheint es so, als habe Dioxin den Sonnenschein aus der Branche vertrieben, als sei ein ansonsten funktionierendes, astreines und ethisches System vergiftet worden. Dabei ist bis dato noch nicht wissenschaftlich ausgearbeitet worden, ob etwaiges Dioxin in Lebensmitteln vielleicht die Wirkung von Antibiotika aufhebt, die der Verbraucher unwissentlich in sich schlingt. Womöglich ist das abermals auftretende Dioxin in Lebensmitteln sogar der Retter vor einer übergreifenden Pandemie, könnte man zynisch feststellen - möglich, dass sich dioxingeschwängerte Eier als gesundheitsschädlicher Weltgesundheitsbringer erweisen. Wenn Dioxin die latente Antibiotikaisierung der Bevölkerung verunmöglicht, dann erzielen Medikamente bei kranken Menschen vielleicht auch wieder ihre volle Wirkung und machen es möglichen Erregermutationen schwerer, die Menschheit zu dezimieren.

Dioxin als Chance ist freilich nur der provokative Einwand, den man erheben muß, wenn man die allgemeine Panikmache betrachtet, die nur stets dann an die Oberfläche schwappt, wenn Giftstoffe ins Essen geraten - dass die Lebensmittelindustrie aber grundlegend vergiftet ist, dass sie Tier und damit Mensch mit Medikamenten vollstopft, das Ökosystem umkippen läßt, den Welthunger forciert: damit hat sich die hysterische Gesellschaft schon lange abgefunden. Der kritische Verbraucher wird nur dann als Kontrollmechanismus von Politikern und Wirtschaftsverbänden gefordert, wenn er von Giftstoffen Wind bekommt. Dann heißt es: Verbraucher, wähle mit den Füßen! oder: Verweigere dich den schwarzen Schafen der Branche! Was aber, wenn die gesamte Branche ein einziges, ein gigantisches schwarzes Schaf ist?

Kritisch soll der Verbraucher eher nicht sein, wenn er versteckte Arzneistoffe vertilgt; er soll sich nicht darum kümmern, dass die Lebensmittelindustrie, die freilich auf kapitalistischer Grundlage, d.h. auf Profitmaximierung, funktioniert, Landstriche verwüstet, Hunger in der Dritten Welt fabriziert, einen Ethos begründet, der Wegwerfmentalität und Respektlosigkeit gegenüber Tier und Lebensmittel zu einer Tugend erklärt. Das ist Normalität, da soll der Verbraucher nicht kritisch sein, da soll er froh sein, in einer Welt zu leben, die Übersattheit produziert - all das, was die Lebensmittelindustrie an Hölle anrichtet, soll dann als Kollateralschaden durchgehen und verzeihlich sein.



24 Kommentare:

Anonym 18. Januar 2011 um 08:08  

Allerorten empört man sich und ruft "Skandal". Wie kann sowas nur passieren? In einer völlig am Profit orienterten Gesellschaft ist die Ausbeutung von Natur, Mensch und Tier eine Notwendigkeit und kein "Skandal". Mfg Stefan

Rainer 18. Januar 2011 um 08:47  

Es ist leider sicherlich richtig, dass die Scheiße erst wenn sie stinkt, zu stören beginnt; ansonsten kann sie ruhig serviert werden.
Aber wenn durch solche "Skandale" wenigsten ein paar Menschen wachgerüttelt werden und ihr Verhalten teilweise ändern, so ist in dieser traurigen Welt schon etwas gewonnen.

Inglorious Basterd 18. Januar 2011 um 08:50  

Dieser Wahnsinn ist Teil der tagtäglichen "Banalität des Bösen": Palmöl in den Tank, Maschinenöl ins Essen. Es fehlt nur noch das Argument irendwelcher diplomierter Vollidioten: Trotzdem werden wir immer älter!

Die Vorführung des Films "We feed the world" müßte zur Pflichtverantaltung im Unterricht jeder weiterführenden Schule werden.

persiana451 18. Januar 2011 um 09:55  

Interessant in dem Zusammenhang fand ich auch, dass das Dioxin im Zusammenhang mit der Herstellung von 'Biodiesel' entstanden ist. Ich dachte immer mit 'Biodiesel' sollte 'umweltfreundlich' sein - wie kann man einen Treibstoff als 'Bio' bezeichnen, wenn schon bei der Herstellung hochgiftige, nicht abbaubare Gifte entstehen...

Inglorious Basterd 18. Januar 2011 um 10:23  

persiana451: Es soll Leute geben, die glauben, dass man von Öko-Strom keinen tödlichen Schlag bekommen kann (weil: "nicht gesundheitsschädlich").

udo haupert 18. Januar 2011 um 10:28  

Alle Jahre wieder...
Wenn "wir" sowieso aussterben, dann ist das Ganze doch unwichtig?
Oder wir ziehen alle nach Afghanistan und führen dort durch Mehrheitsbeschluss die Demokratie ein...
Oder wir hängen uns dieses kleine Gedicht in die Küche:

Erst war das Fleisch des Schweines PSE
Dann hat das Huhn Penicillin genommen
Jetzt kriegen Rinder BSE
So bin ich auf den Hund gekommen

Anonym 18. Januar 2011 um 11:07  

Lieber Roberto J. de Lapuente,

wieder einmal ein toller Text, der das ausspricht was viele denken.

Übrigens, die Tierfutter-Industrie vergiftet schon länger unser Haus- und Nutzvieh, und nur beim Tierarzt bekommt man praktische Hinweise auf Bücher, die schon Jahre vor dem Dioxin-Skandal 2011 darauf hinweisen.

Dies hier z.B., welches ich über die Weihnachtsfeiertage lesen durfte:

"[...]Glaubt man der Werbung, ist für unsere Tiere das Beste gerade gut genug. Doch die Realität sieht anders aus: Mit Aromen, Geschmacksverstärkern, Farbstoffen und dem ganzen Arsenal der Kunstnahrungshexenküche wird ein „leckeres“ Menü für Waldi, Minka und Co. zubereitet. Neben Abfällen, Krallen und Klauen landen auch Klärschlamm, Bakterien und Pilze im Fressnapf unserer Lieblinge. Die Tiere leiden und werden krank. Und nicht nur sie, sondern durch den Verzehr von Nutztieren auch der Mensch. Schockierende Fakten, brillant recherchiert – Werbung und Wahrheit bei der Tierfutterproduktion.


"Ein brillant recherchiertes Buch über die Tierfutterindustrie."

Deutschlandradio Kultur (15.05.2007)[...]"

Quelle und mehr:

http://www.randomhouse.de/book/edition.jsp?edi=279509

Gruß
Bernie

Sol Roth 18. Januar 2011 um 12:06  

Im Jahre 1973 wurde ein "fantastischer" Film mit dem Titel "Jahr 2022 ... die überleben wollen" im TV - für jedermann zugänglich - gezeigt.

Aus Wikipedia:

Es ist das Jahr 2022: Die Stadt New York ist mit 40 Millionen Menschen hoffnungslos überbevölkert. Es mangelt an elementaren Ressourcen wie Wasser, Nahrung und Wohnraum. Lediglich einige Politiker und reiche Bürger können sich sauberes Wasser und natürliche Lebensmittel leisten (z. B. kostet ein Glas Erdbeermarmelade um die 150 Dollar) und leben in relativem Luxus. Inmitten dieses Chaos führen der Polizist Robert Thorn und sein älterer Kollege Sol Roth ein trostloses Dasein.

Der Polizeibeamte Thorn wird angewiesen, den Mord an einem wohlhabenden, einflussreichen Mann namens William R. Simonson zu untersuchen. Thorn entdeckt schnell, dass dieser in seinem Haus nicht einen Einbrecher überrascht hat, sondern Opfer eines gezielten Mordanschlags wurde. Sol bringt in Erfahrung, dass Simonson für Soylent arbeitete.

Dieses Unternehmen – der Name ist eine Kombination aus Soy (Soja) und Lent(il) (Linse) – kontrolliert die Lebensmittelversorgung der halben Welt und vertreibt die künstlich hergestellten Nahrungsmittel Soylent Red und Soylent Yellow. Das neueste Produkt ist das weitaus schmack- und nahrhaftere Soylent Green, angeblich ein Konzentrat aus Plankton, welches reißenden Absatz findet. Allerdings kommt es oft zu Lieferungsengpässen, sodass es am „Soylent-Green-Tag“, dem Dienstag, wiederholt zu Ausschreitungen der hungrigen Massen kommt, gegen die die Polizei mit Hilfe von die Protestierenden aufgreifenden Schaufelbaggern einschreitet.

Von Simonsons Geliebter Shirl, mit der Thorn eine Affäre beginnt, führen die Ermittlungen zu einem Priester, bei dem Simonson kurz vor seinem Tod gebeichtet hat. Dieser erscheint jedoch selbst katatonisch und macht nur Andeutungen über eine „grausame Wahrheit“. Kurz darauf wird der Priester ermordet aufgefunden. Auf Befehl des Gouverneurs wird Thorn informell angewiesen, die Ermittlungen einzustellen, doch Thorn weigert sich, dafür die Verantwortung zu übernehmen, und setzt die Nachforschungen fort. Bei einem Soylent-Green-Tag wird auf ihn ein Anschlag verübt, doch der Attentäter verfehlt ihn und kommt selbst um.

Sol studiert mittlerweile in der Bücherei mit der Hilfe Anderer ozeonographische Berichte. Die Berichte verweisen auf eine (weiterhin unausgesprochene) fürchterliche Wahrheit, für die aber noch der letzte Beweis fehlt. Sol will nach seinen Entdeckungen nicht mehr weiterleben und weist sich in eine Euthanasieklinik ein.
Als Thorn davon erfährt, eilt er auch zur Klinik. Er erfährt vom sterbenden Sol noch, dass die Ozeane (und damit das Plankton) tot seien, und folgt dann dem Abtransport der Leichensäcke bis zur Müllverwertungsanlage. Er dringt in die Maschinerie ein, in der die Leichen entsorgt werden, und entdeckt, dass diese am anderen Ende Soylent Green ausgibt. Dabei wird er bemerkt, kann jedoch schwer verletzt entkommen, entschlossen, die grausame Wahrheit „Soylent Green ist Menschenfleisch!“ ("Soylent Green is made of people!") zu den Menschen zu bringen.

Aber das war bzw. ist ja nur Science Fiction bzw. Märchenstunde.

pillo 18. Januar 2011 um 12:33  

An aufklärerischen Dokumentationen mangelt es eigentlich nicht. Sei es nun "We feed the world", "Food Inc." oder "Unser täglich Brot" - wer es wissen wollte, konnte sich schon längst ein Bild über die westliche LebensmittelINDUSTRIE und deren PRODUKTIONSmethoden machen.

Was nützt aber alle Aufklärung, wenn viele Menschen aufgrund ihrer finanziellen Situation de facto gezwungen sind - wider besseren Wissens - billige Lebensmittel zu kaufen. Im HartzIV-Regelsatz eines Erwachsenen sind knapp 130 €/Monat für Nahrungssmittel veranschlagt. Vielen Niedriglöhnern bleibt wohl kaum mehr zur Verfügung.

Das heißt doch, es wurde (und wird) mit Billigfraß für die immer größer werdende Masse der Armen kalkuliert, mit all den daraus resultierenden Konsequenzen für Mensch, Tier und Natur.

Wenn sich dann Verantwortliche aus Politik und Wirtschaft erschrocken bzw. erstaunt ob der diversen Lebensmittelskandale äußern, ist das einfach nur verlogen. Entweder es handelt sich bei ihnen um gute Schauspieler oder sie sind in Wahrheit unfaßbar einfältig und naiv. Beide Möglichkeiten (ich tendiere zu Variante eins) lassen auch für die Zukunft nichts Gutes erwarten.

In den 80ern haben wir noch über den Louis de Funes-Film "Brust oder Keule" gelacht. Heute bleibt wohl dem Einen oder Anderen - ob der Weitsichtigkeit der Macher - die Keule im Halse stecken.

Anonym 18. Januar 2011 um 13:03  

@pillo

Stimme völlig überein, aber einen Punkt hast du übersehen: Nicht nur die Armen werden mit vergifteter Nahrung abgespeist, wie du völlig richtig feststellst, nein auch deren Mieze oder Leo werden via Nahrungsmittelindustrie mit vergifteter Nahrung abgespeist. Der Skandal ist schon seit 2007 bekannt, und betrifft auch andere Haustiere, die via Futtermittelindustrie abgefüttert werden, und neuerdings - so ein Tierarzt im oben von mir erwähnten Buch - Krankheiten wie z.B. Diabetes oder Herzschwäche bzw. Verfettung aufweisen, die man eigentlich nur von Menschen kennt.

Gruß
Bernie

PS: Wer sich Leo oder Mieze leisten kann ist angesprochen, denn sogar dies wird Harzties verboten - vom Staat. Eine Haustierhaltung ist nicht erwünscht, und wer Hund oder Katze hat der muß billiges Tierfutter einkaufen wo kein Mensch ahnt was drin ist - Da wartet evtl. schon der nächste Tierfutterskandal auf die dt. Öffentlichkeit.

landbewohner 18. Januar 2011 um 13:03  

warum sollte eine gesellschaft, die wissentlich millionen menschen verhungern lässt, mit tieren pfleglich umgehen?
dieses system ist einfach durch und durch krank und verrottet.
und das sollte sich auch jeder klarmachen, der nur "umweltverträglich" und "biologisch" lebt und einkauft.
"ich bin klein, mein herz ist rein"
ist nun einmal nur was für kinder - ansonsten nennt man sowas verlogen.

ad sinistram 18. Januar 2011 um 13:03  

@ pillo:

D'accord. Sicher bleibt der Mehrheit im Westen kaum etwas anderes übrig mit Blick auf den Geldbeutel. Allerdings: wer sagt denn, dass eine artgerechte Tierhaltung, wenn die als einzige Methode erlaubt wäre, nicht auch billigere Endpreise erzielen könnte?

An Tricatel aus "Brust oder Keule" denke ich oft... nur diejenigen, die die Lebensmittelindustrie betreiben, sieht man ja in der Öffentlichkeit nie. Und wenn, dann ziehen sie sich Karohemd und Gummistiefel an und werben für ihr landwirtschaftliches Unternehmen, das in etwa so landwirtschaftlich ist, wie Westerwelle Sozialist.

Inglorious basterd 18. Januar 2011 um 14:01  

@Roberto: "Artgerechte Tierhaltung" ist ein Antagonismus, denn artgerecht ist nur die Freiheit, in der die ursprüngliche Wildform aller Haustierarten einmal existierte. Selbst die blödesten Lobbyistendödel sprechen heute von "tiergerechter Haltung".

Fazit: Als Dank für das Vertrauen, dass uns die ehemaligen Wildtiere entgegengebracht haben, tötet sie der Mensch - nach den Vorstellungen einiger, sich fortschrittlich dünkender Karnivoren natürlich nur "biologisch".

pillo 18. Januar 2011 um 15:46  

@Roberto
[...]Sicher bleibt der Mehrheit im Westen kaum etwas anderes übrig mit Blick auf den Geldbeutel.[...]

Und es wird alles dafür getan das sich die Anzahl der Menschen, für die sich die Frage "Bio oder konventionell?" schon rein finanziell garnicht stellt, immer größer wird.

So hilft z.B. die industrielle Lebensmittelproduktion (genauso wie die Ausbeutung der TextilarbeiterInnen in Asien) bei uns die HartzIV-Regelsätze nicht anheben zu müssen und immer mehr Menschen in den Niedriglohnsektor abdrängen zu können. Nur dadurch das der Westen die so genannte 3. Welt knechtet und auspreßt, die Natur ausbeutet und zerstört sowie die Tiere zur reinen Ware degradiert, ist sein "Geschäftsmodell" zumindest bei sich daheim momentan noch tragfähig.


[...]Allerdings: wer sagt denn, dass eine artgerechte Tierhaltung, wenn die als einzige Methode erlaubt wäre, nicht auch billigere Endpreise erzielen könnte?[...]

Sicher könnten die Preise für Fleisch- und Wurstwaren, Eier, Milch, usw. aus artgerechter Tierhaltung noch ein wenig sinken, wenn dies die einzig erlaubte Methode wäre und alle Hersteller darauf umstellen müßten. Dennoch, die momentanen Niedrigpreise, wie sie die konventionelle Massentierhaltung hervorbringt, wären ein für alle mal passé.

Ich versuche es einmal an dem Beispiel des spanischen Schinkens zu verdeutlichen. Eine Schinkenkeule vom iberischen Schwein wird nie auch nur annähernd zu dem Preis einer normalen Schinkenkeule zu haben sein. Warum? Weil es freilaufend gehalten wird (bzw. werden muß) und nur Eicheln frißt. Das verursacht natürlich ganz andere Kosten als ein im Stall gehaltenes und mit entsprechenden Futtermitteln gemästetes Schwein.
Die Qualität des "Jamón Ibérico" ist einzigartig, sein Preis allerdings auch.

[...]An Tricatel aus "Brust oder Keule" denke ich oft... [...]

Die Tricatels von heute kommen leider nicht so grobschlächtig und offen widerwärtig daher wie ihr "Vorbild" aus besagtem Film. Wie so viele Neoliberale haben sie es gelernt ihre Gier und ihre Menschenverachtung hinter 'guten Manieren', einem 'höflichen Auftreten' und einer 'freundlichen Kommunikation' zu verbergen.

Den extremen Unterschied zwischen dem durch Werbung und Verpackung suggerierten Bild und der industriellen Wirklichkeit unserer Lebensmittel zeigt der Film "Food Inc." sehr eindrücklich auf. Zwar am Beispiel der USA, aber das ganze dürfte weitgehend auf Europa übertragbar sein.

Anonym 18. Januar 2011 um 15:52  

@Roberto J. de Lapuente

Die Journalistin Tanja Busse schreibt in ihrem Buch "Ernährungsdiktatur" völlig ohne Ironie, dass ein Ende der Nahrungspanscherei nur dadurch entstehen könnte, wenn jeder selbst Vieh hält bzw. einen eigenen Garten betreibt - oder auch nur bei einem Landwirt des Vertrauens einkauft statt dem Discounter.

Die Lösung halte ich für naiv, da der Dioxin-Skandal ja zeigt, die Tierfutterindustrie ist kriminell, und wegen der schnellen Produktion von Nahrung auf billiges Tierfutter angewiesen - statt die Kuh z.B. wie einst, ökologisch korrekt, zu füttern wird diese mit Billigstfutter aus der Industrieproduktion abgefüttert - mehr dazu im von mir erwähnten "Schwarzbuch Tierfutter", dass schon 2007 auf Mißstände bei Nutz- und Haustieren hinwies - Der Dioxin-Skandal zeigt: Es ist nichts passiert seither, und nur die Spitze des Eisberges.

Wie schon erwähnt, ich glaube nicht einmal, dass Bio-Lebensmittel vor Pfusch geschützt sind, da der Autor vom "Schwarzbuch Tierfutter" darauf hinwies, dass sogar Bio-Bauern auf industrielle Futtermittel für ihr Vieh zurückgreifen, weil der Markt es so will.

Gruß
Bernie

Anonym 18. Januar 2011 um 16:19  

Und täglich grüßt das Murmel(massen)tier den Massenmenschen.

Völlige Ent-Artung hie wie dort ... und staatlich zertifiziert ... und danach noch staatlicher zertifizierter ... und danach wieder: "Ja, wenn ich/ wir das vorher gewusst hätte(n)!" ... und danach: ???

Ausgebildete, nein ausgeformte Humanresourcen und Humanmanager, die im Prämien- und Kreditkarten- und Werbungssystem aufgezüchtet wurden.

Anonym 18. Januar 2011 um 22:15  

Müllentsorgung sozial:

Weil skeptische Verbraucher Wurst und Eier in den Supermarktregalen liegen lassen, gibt es bei den "Tafeln", die Lebensmittel an Bedürftige verteilen, Spendenrekorde.

http://www.taz.de/1/nord/artikel/1/verschmaehte-eier-an-die-armen/

Manfred 18. Januar 2011 um 22:18  

1. "BIO" ist ein kapitalistisches Label. Gut gemeint, bis zu gewissen Grenzen wohl auch wahrhaftig, aber gleich um die nächste Ecke beginnt der Skandal, z.B. - was ich besonders idiotisch finde - wenn unfassbare Transportwege für das sog. Bio-Gut anfallen, ohne dass es eine Auswirkung auf die Einstufung hätte...

2. Die "Macht des Kunden" ist ein maßlos übertrieben beworbenes Konstrukt, da es immer nur zu wirken beginnen kann, sobald das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Da meist auch noch finanzielle Ungleichgewichte herrschen, KANN gar nicht jede/r mitmachen, wer will, weil so viele aufs Geld achten müssen. Solche Probleme sollten politisch gelöst werden! Das trifft übrigens umso mehr zu, je mehr Lebensbereiche von der neoliberal-kapitalistischen Ökonomisierung durchdrungen werden, da der Sachzwang alle Anbieter auf demselben Elend nivelliert.

3. Das Dioxin hat bestimmt Jonathan Safran Foer ins Futter gemischt, um die Werbetrommel für sein Buch zu rühren ;-)

4. Nee, Spaß beiseite! Die LINKE war's, um Werbung für den Kommunismus zu machen! ;-)

Anonym 18. Januar 2011 um 22:34  

Also in meiner Umgebung ist seit 35 Jahren meiner Existenz kein Oekosystem umgekippt.
Was aber tatsaechlich nachweislich das Grundwasser belastet, ist die Pille der Frau.

Anonym 19. Januar 2011 um 17:03  

Warum die ganze Aufregung und Empörung? Eine meiner wichtigsten persönlichen Erfahrungen im Leben ist, das Streben nach Macht und dem ganzen Rattenschwanz menschlicher Abgründe liegt knapp unterhalb der Maske des "zivilisierten" Menschen (mich selber eingeschlossen). Dies zu erkennen ist ein Schock und Ehrlichkeit in Bezug auf die eigenen Leichen im Keller ist da hilfreich.
Mfg Stefan

Anonym 19. Januar 2011 um 18:05  

@Stefan

Was hast Du für ein Menschenbild?

Und wieso überträgst Du Dein persönliches Menschenbild auf andere? Was gibt Dir das Anrecht über andere zu urteilen?

Ich hab z.B. keine Leichen im Keller - Wie auch? So ganz ohne Keller.

Amüsierte Grüßle
Bernie

Anonym 19. Januar 2011 um 21:19  

@Bernie

Stefan und Antonia sind wohl Eins im Geiste?

Anonym 21. Januar 2011 um 14:45  

Eine Gruppe Leidtragender hast du vergessen:
Die Beschäftigten der Mastmafia.

>>Dumpinglöhne und billige Arbeitskräfte aus Osteuropa seien in deutschen Mastbetrieben die Regel, berichtet die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). „Deutschland ist der Billigheimer in Europa“, so Bernd Maiweg von der Gewerkschaft gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.

„Ein Netto-Stundenlohn von fünf Euro in der Branche ist leider absolut realistisch“, beklagt der Gewerkschafter. Die Fleischindustrie in den Nachbarländern Belgien, Frankreich und Dänemark seien schon verärgert über die Deutschen, da sie den Markt kaputt machten. „In Deutschland kann man so billig schlachten, wie sonst kaum irgendwo.“

Auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ursula Weisser-Rolle, kritisiert: „Die gesamte Branche ist eine nahezu gewerkschafts- und betriebsratsfreie Zone. Die Arbeitnehmer sind der Ausbeutung meist schutzlos ausgeliefert. Niedriglöhne sind der Alltag.“
Zuvor war bekannt geworden, dass die niedersächsische Agrarministerin Astrid Grotelüschen (CDU) in die mögliche illegale Niedriglohn-Beschäftigung von osteuropäischen Arbeitnehmern familiär verwickelt ist. Die betroffenen Beschäftigten sollen vier bis fünf Euro in der Stunde verdient haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits<<
http://www.mindestlohn.de/meldung/billigloehne-in-mastbetrieben/

Nun ist die Grotelüschen zurückgetreten worden.

Wenn die jetzt noch im Amt wäre, dann wäre dass der Supergau der Mäster.

Anonym 22. Januar 2011 um 20:45  

Die Antwort auf diesen erneuten Skandal lautet Veganismus. Herrlich, wenn man mit gutem Gewissen einkaufen kann und sich nicht jedes mal Gedanken ueber solche Sachen machen muss.

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