De dicto

Mittwoch, 24. November 2010

"Die Bundeswehr ist ein Vorbild. Wo andere sich an das Vergangene klammern, geht sie voran.
[...]
Gammeldienst ist von gestern – die neue Bundeswehr nicht. "
- Ernst Elitz, BILD-Zeitung vom 23. November 2010 -
Zum Gesagten sei angemerkt: Erneut Elitz, der mit fast schon esoterischem Hang zur Verklärung aufwartet. Diesmal ist es die Bundeswehr, die er zum Vorbild kürt. Diese sei nämlich ausgesprochen progressiv, bildungsnah, fleißig und überdies, was heute wichtiger denn je ist, tapfer! Das ist der rhetorische Versuch, die Verteidigungsarmee charmant zu einer Angriffsarmee zu modellieren. Tapferkeit ist wieder Zahlungsmittel in der Bundesrepublik, zivile Militaristen wie Elitz bezahlen gerne mit dieser Währung.

Lasse man mal außer Acht, dass Elitz die Bundeswehr als traditionell fortschrittliches Unterfangen darstellt, sich aber am Ende seiner Predigt dazu hinreißen läßt, vom Gammeldienst zu schreiben, der nun endlich abgeschafft würde - Elitz kann nichts dafür, dass der leitende Redakteur solche Paradoxa nicht durchschaut und ausstreicht. Was aber herausblitzt ist doch, dass man drauf und dran ist, Deutschland am preußischen Wesen genesen lassen zu wollen. Nicht das Heer, welches bei Hochwasser Säcke schlichtet; dieses Heer ist nur ein Werbeclou, die schöne Seite der Medaille - man will das Angriffsheer hofieren, aufwerten, in die Köpfe der Bürger betonieren. Jene Armee, die einen latenten Reichsgedanken in sich trägt, die die Reichsmarken so großzügig absteckt, dass sie schon im Mittleren Osten verteidigt werden können - diese Armee wird gefeiert. Verteidigungsfall genannte Angriffslust: das ist die neue Bundeswehr.

Preußen zu zerschlagen, war eines der stillen Anliegen der Alliierten. Endlich sollte der militärische Drill, der Preußengehorsam vergehen; geblieben war eine Weile nur noch der Stechschritt, den die Nationale Volksarmee dem Preußischen entlehnt hatte. Jetzt soll aber wieder das Uniformierte, der Stolz auf wackere Krieger, das Heldenepos in der Gesellschaftsmitte landen. Das alles, während der Wehrdienst ausgesetzt wird, also auch das Prinzip des "Staatsbürger in Uniform" - der Zivilist, der nur schnell mal eine Uniform umwirft, er entspricht nicht dem preußischen Wurzeln; es sollen alle Zivilisten uniformiert sein, nicht was die Robe betrifft, sondern im Geiste - die Gesellschaft soll uniformis, soll also einförmig denken, fühlen, handeln. Reformbedarf hätte es in Sachen Bundeswehr fürwahr gegeben und gibt es sicherlich immer noch, ob das Aussetzen der Wehrpflicht nötig war, bleibt allerdings zweifelhaft. Der Wehrdienst, wie ihn die Bundesrepublik kannte und den Elitz Gammeldienst nennt, förderte diese Einförmigkeit nicht, machte aus dem jungen Mann nur ein temporäres Mitglied der militärischen Mechanik.

Leute wie Elitz loben nicht einfach die Bundeswehr, sie beschwören und bestürmen einen neuen Zeitgeist, eine neue militarisierte Gesellschaft, die uniform hinter den Kriegs- und Eroberungsgelüsten wirtschaftlicher Eliten steht.



3 Kommentare:

Anonym 24. November 2010 um 12:15  

Wer ist noch nicht sehen will:
"Das Vierte Reich ist im entstehen".

Anhänger des 04.08.1789

Anonym 24. November 2010 um 12:43  

@Roberto: "Leute wie Elitz loben nicht einfach die Bundeswehr, sie beschwören und bestürmen einen neuen Zeitgeist, eine neue militarisierte Gesellschaft, die uniform hinter den Kriegs- und Eroberungsgelüsten wirtschaftlicher Eliten steht. "

Und wollten die 1945 millitärisch geschlagenen deutschen Eliten seit 1949 mit Hilfe von NATO und "Westbindung" nicht wieder genau da hin?
So ganz "neu" ist dieser "Zeitgeist" keinesfalls, eher: wieder offen revitalisiert!

Ewige DEUTSCHE GRRÜßE von
Bakunin

Trojanerin 24. November 2010 um 23:50  

Mich graut es vor diesem neuen Zeitgeist. Um Kriegs- und Eroberungsgelüste der wirtschaftlichen Eliten zu befriedigen, ist dieser Zeitgeist jedoch genau richtig. Wie ist das mit der deutschen Öffentlichkeit? Ich mochte unseren ehemaligen Bundespräsidenten, Herrn Köhler wirklich nicht. Als er jedoch einmal, versehentlich wahrscheinlich oder auch nicht, die Wahrheit sagte indem er verlautete, dass es beim Krieg in Afghanistan um die Sicherung von Handelswegen, also wirtschaftliche Interessen geht, wurde er von den vereinigten Massenmedien aus dem Amt gemobbt.
Die meisten Kriege werden um Rohstoffe und/oder Handelswege geführt. Das war im mythischen trojanischen Krieg nicht anders als in den gegenwärtigen Kriegen im Irak und in Afghanistan.

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