Nomen non est omen

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Heute: "Corporate Behaviour"
"Noch grundsätzlicher als die Corporate Communication spiegelt das Corporate Behaviour die Identität einer Organisation wider. Wesentlich umfassender, wenn auch bisweilen subtiler, werden hier Werte, Normen und Intensionen repräsentiert."
- Dr. Sascha A. Lehmann auf foerderland.de vom 10. Juli 2008 -
Als corporate behaviour (CB) wird das Unternehmensverhalten bezeichnet. Ähnlich wie die corporate identity (CI), die corporate communication (CC) und das corporate design (CD) wirken diese gemeinsamen Merkmale eines Unternehmens intern sowie extern. Sie sollen die Unternehmensphilosophie, die Unternehmenskultur, die Unternehmensidentität sowie die Unternehmensziele unterstreichen. Das CB bezieht sich zum Einen auf die Mitarbeiter eines Unternehmens, von denen ein bestimmtes Verhalten gefordert wird sowie auf die Personalpolitik. Dieses Verhalten soll außerdem eine identititätsstiftende Wirkung in Bezug auf das jeweilige Unternehmen haben.

Das CB soll das Image und die Außenwirkung eines Unternehmens stärken. Alle Mitarbeiter sind angehalten durch ihr Verhalten dem Unternehmen ein "Gesicht" zu geben. CB soll die Glaubwürdigkeit, das Ansehen und letztlich auch die Motivation der Mitarbeiter steigern. Außerdem umfasst CB den Umgang mit Geschäftspartnern, Verhaltensrituale (Tagungen, Sitzungen, Weihnachtsfeiern etc.) sowie den allgemeinen Umgang mit Mitarbeitern.

Neben den üblichen Unternehmensforderungen nach Treue, Loyalität, Flexibilität und Mobilität, unterliegt auch das Verhalten und die Kommunikation den Unternehmenszielen. Mitarbeiter sollen sich mit dem Unternehmen identifizieren, Kleidung mit Firmenlogos tragen (z.B. Verkäufer) und eine bestimmte Sprache an den Tag legen. Die Kolonisierung der Lebenswelten findet somit in jedem größeren Unternehmen und Konzern statt. Individualität, Charakter und Persönlichkeit sind nur von Bedeutung und werden nur dann akzeptiert, sofern das Unternehmen davon profitiert. Ansonsten möge sich der Mitarbeiter-Mensch doch einfach anpassen, sich das Unternehmensgesicht aufsetzen.

Die Diskussion um demokratische oder autoritäre Führungsstile in Unternehmen, lenkt von der absolutistischen Wirkung von CB, CD, CI und CC auf Mitarbeiter ab.

Dies ist ein Gastbeitrag von Markus Vollack aka Epikur.

9 Kommentare:

Christian Klotz 7. Oktober 2010 um 09:20  

Zum Absolutismus der Identitätsstifter:

Das haben die von den Kirchen gelernt.
Da kriegst du den Arbeitsplatz mit Sicherheit nicht, wenn du nicht schon nachweislich zu ihrem Verein gehörst.

Rain Man 7. Oktober 2010 um 09:54  
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Bernhard 7. Oktober 2010 um 10:03  

Hallo Markus,

absolutistisch? - Oder nicht eher faschistoid? Das wäre meine Frage.

Beste Grüße
Bernhard

epikur 7. Oktober 2010 um 10:19  

Lieber Daniel Limberger,

Meine Neusprech bzw. NNEO-Sparte war schon immer als Denkanstoß gedacht. Vor allem über die Sprache der Herrschenden einmal nachzudenken.

Ursachen, Schlussfolgerungen und Interessen darzulegen, würde den Rahmen sprengen.

Anonym 7. Oktober 2010 um 10:34  

Eine C-Gehirnwäsche, der sich viele Beschäftigte freiwillig und (un)bewusst unterziehen.

Ich kannte mal einen Verkaufsmit-arbeiter, der sich zusammen mit Kollegen auf geheiß des Chefs im Rahmen einer Verkaufsveranstaltung eine Clownsnase auf die eigene Nase steckte. Dies sollte den Teamgeist fördern (und vermutlich den Chef von seiner Führungsinkompetenz ablenken - denn Teamgeist schafft/ lebt man/ frau anders).

Besagter Verkaufsmitarbeiter berichtete später stolz über sein Verhalten und das der Herden-Kollegen. Er merkte gar nicht, wie sehr er sich mit dieser C-Nase selber zum Affen gemacht hatte.

Eike Brünig 7. Oktober 2010 um 10:38  

Das kann ich leider sehr gut in dem Unternehmen beobachten, wo ich arbeite. Leider geht damit auch einher, dass überall wo Inhalte nötig wären, diese Plätze mit möglichst positiv klingenden Denglischen Phrasen besetzt werden (die natürlich ausdrucks- und intentionslos sind).
Von der Sprache her gesehen ist das Newspeak, allerdings eher in der Hinsicht, wie früher das Schild "Arbeit macht frei".

Anonym 7. Oktober 2010 um 13:29  

In meinem studentischen Umfeld (Soziologie und Publizistik, die meisten KollegInnen selbstverständlich „links“ und „kritisch“ etc.) war ich bei weitem der Einzige, der immer wieder darauf hinwies, dass die vermeintlich so geisttötenden und verdummenden Tätigkeiten in der Industrie grössere geistig-individuelle Freiheit zulassen als die üblichen, für sie gewohnten Studentenjobs, vorzugsweise bei „guten“ gemeinnützigen Betrieben wie Greenpeace, Green Cross usf., also tendenziell Tendenzbetrieben. Ein schnell ergoogelter Auszug aus einem Dokument zur Rechtslage in Tendenzbetrieben in der Schweiz:

http://www.vpb.admin.ch/deutsch/doc/65/65.95.html
„Anders ist die Rechtslage auch bei privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen, wenn das ausserdienstliche Verhalten zufolge einer gesteigerten Treuepflicht zu Recht Gegenstand des Interesses des Arbeitgebers ist, was bei einem Tendenzbetrieb regelmässig der Fall ist. Hier zeigen sich auch die Grenzen der Grundrechtsverwirklichung - namentlich im Hinblick auf die Meinungsäusserungsfreiheit - im privaten Arbeitsverhältnis besonders deutlich (Frank Vischer, Der Arbeitsvertrag, 2. Aufl., Basel 1994, S. 168 f.). Entsprechend sind die dargelegten Grundsätze zur Zeugnisrelevanz privaten Verhaltens weniger streng zu handhaben, soweit dieses mit den Zielen des Tendenzbetriebs grundlegend im Widerspruch steht (Janssen, a.a.O., S. 111 und S. 128 f.).“

Es liegt im Interesse des Kapitals, möglichst jede Erwerbstätigkeit juristisch als Tätigkeit in einem Tendenzbetrieb umzudefinieren. Den Prozess, der hier am Corporate Behaviour beschrieben wird, hat Detlef Hartmann in einem Vortrag mal als den „Angriff auf die Seele“ im Rahmen des aktuell geführten Klassenkampfes von oben bezeichnet. Und er hat gezeigt, dass dieser Angriff auch und gerade vom linksalternativen Milieu tätlich betrieben wird. Aufgrund ihrer Erwerbsbiografie in Tendenzbetrieben eignen sich diese Leute auch vorzüglich für diese Art von Klassenkampf.

Die übliche Reaktion auf (notwendig persönlicher) Kritik meinerseits in diesem Milieu ist sprachloses Entsetzen mit sofortiger Aufkündigung der Freundschaft bzw. Bekanntschaft. Der Preis, eine Haltung zu bewahren (Georg Schramm nannte das mal einen aussterbenden Begriff) ist unter den gegebenen Verhältnissen eine gewisse Einsamkeit – welche sich aber bei selbstbewusster Verweigerung der Teilnahme an den beliebten kindischen Corporate Teambuilding Events im Betrieb ganz ungemein gut anfühlt, wirklich!

flavo 9. Oktober 2010 um 19:20  

sprachlos

Anonym 11. Oktober 2010 um 00:07  

Jemand, der sich jüngst der Corporate Communication medienwirksam widersetzte, ist ja bekannt: Thilo Sarrazin.

@ Anonym 7. Oktober 2010 13:29
Man kann nicht "bei weitem" der Einzige sein. Entweder man ist der Einzige, oder man ist es nicht.

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