Ein Rassismus zum Geldverdienen

Samstag, 9. Oktober 2010

Warum? Die Leute kaufen es, fragen danach, gab mir die etwas angepisste Verkaufskraft zur Antwort. Ich hatte ihr mitgeteilt, dass ich die Auslage dieses Buches - dessen Titel ich hier nicht nenne und dessen schiefbärtigen Autor ich aus Rücksicht auf meine Nerven und den guten Geschmack namenlos belasse - unmittelbar auf dem Tresen der Kasse, für eine Brüskierung jedes halbgebildeten Kunden hielte. Die Leute kaufen es, fragen danach - das klang nach Selbstverständlichkeit, nach Haben Sie sich nicht so!, nach üblicher Verkaufspraxis eben. Geschäft ist Geschäft, meinte ich zynisch, und wenn es halt eines mit dem Rassismus ist. Aber wenn es die Leute doch so gerne kaufen!

Sicherlich, die Welt des Handels, dieser Kosmos der Ökonomie, ist ein Trampelpfad voller Kompromisse. Jeder geht mehr oder weniger auf solche Zugeständnisse und Kuhhandel ein. Wer fressen mag, ist dazu verdonnert, auch mal wegzusehen oder wegzuhören - wie man aber als Angestellter, und diese Verkaufskraft war ja lediglich angestellt, mit einer solchen Selbstverständlichkeit zum Kettenhund seines Herrn werden kann, das scheint eines der großen Rätsel unserer modernen Epoche zu sein. Dieses skurrile Buch, in dem eine biogenetische Wissenschaft verbreitet wird, die schon in den Kinderjahren Hitlers veraltet war, dort darzubringen, so ins Blickfeld der Kundschaft zu legen, dass diese überhaupt nicht daran vorbeikommt, sofern sie keinen Ladendiebstahl begehen will, bei dem die Kasse ja keinen bedeutungsvollen Aspekt einnimmt... dieses dort abgelegte Buch zu verteidigen, es wäre überhaupt nicht nötig gewesen. Was sagen Sie mir das!, hätte sie sagen können; Die da droben wollen das so!, wäre auch eine Option gewesen.

Die Leute kaufen es, fragen danach! Überhaupt, dieses Entschuldigen mit krämerischer Logik! Manchmal kann man nicht umhin, auch Dinge zu tun, zu verkaufen, hinter denen man nicht steht - dann tut man es für seinen vollen Bauch, für ein Dach über dem Kopf. Und bleiben wir mal auf dem Büchermarkt: triviale Geschichtsbücher eines Quizmoderators des Öffentlich-Rechtlichen zu verkaufen, Hardcover von denen sein Konterfei grinst, Seiten voll banaler Geschichtsinformation: das gefällt bestimmt nicht allen Buchhändlern - aber man kann damit leben! Man tut keinem weh, wenn man auch mit solchen Büchern niemanden wirklich Gutes tun mag. Das oben ungenannte Buch des namenlosen Messias, der tapfer ausspricht, was Millionen von Moslems gesellschaftlich in die Bredouille bringt: das ist kein Kompromiss mehr; das ist widerliche Gewinnsucht, die keine ethische Barrieren mehr kennt.

Man kann alles irgendwie ökonomisch entschuldigen. Die Leute kaufen es, fragen danach!, hätte man auch einwerfen können, als menschliches Knochenpulver aus kambodschanischen Arbeitslagern in manche Weltgegend geliefert wurde. Was regen Sie sich denn auf: wir haben doch Abnehmer, die gerne ihre Blumenerde damit düngen! Eine Spenderniere ohne Herkunftsbezeichnung: wieso fragen Sie danach? Wir haben Nachfrage, also schaffen wir Angebot! Abrasierte Haare von internierten Zwangsarbeitern: makaber fürwahr, aber wenn der Kunde welche haben will! Nicht lange fackeln, nicht fragen: anbieten, offerieren, verkaufen! Nur so kommt man zu was! Wenn man geschäftlich mit dem Verbrechen zu tun hat, scheint das Gewissen unangetastet zu bleiben - ein Geschäftsmann ist immerhin kein Mitglied einer Ethikkommission. Dieses Buch, es dort gut sichtbar auszubreiten: das ist ja bloß ein geschäftlicher Rassismus - und somit entschuldbar!

Ich höre es schon unken: spinnst Du? Das ungenannte Buch des namenlosen Verfassers ist doch ein Kavaliersdelikt! Freilich, ich gebe ja auch zu, dass es kein Knochenmehl, keine ausgeweideten Innereien oder dergleichen ist. Es blutet nicht - nicht unmittelbar; indirekt vielleicht schon, wenn man betrachtet, welchen Hass es erblühen ließ, wieviel Schaum es vor die Mäuler beförderte. Da liegt durchaus Blutgeruch in der Luft, während man sehnsuchtsvoll ins Holland des blondierten und pausbäckigen Erlösers, ins Holland des Geert Wilders gafft; ins gelobte Land des salonfähig gewordenen Anti-Islam. Wenn man selbst keine Kontur mehr hat, so wie das Christentum in diesen Gefilden, so benötigt man ein Feindbild, an dem man sich eine Kontur herbeirubbeln kann. Dennoch, es macht schon einen kleinen Unterschied, ob man Knochenmehl oder ein Buch verkauft - ich habe noch nicht mal was dagegen, dass es verkauft wird. Man muß Westerwelle nicht schätzen - und das tun wohl ohnehin die wenigsten! -, aber der Tenor seiner Eröffnungsrede zur Frankfurter Buchmesse war nicht verkehrt: auch solche Bücher muß man schreiben dürfen, hat er zaghaft angedeutet. Und das ist wahr! Man muß dürfen, aber man muß auch können: nämlich mit Kritik, Spott und Anfeindung leben - auch das ist Meinungsfreiheit. Niemand ist unberührbar, nur weil er seine Gedanken zu Papier bringt! Man kann es durchaus im Laden verkaufen. Aber muß es so penetrant sein? Direkt an der Kasse, jedem bezahlenden Kunden ins Auge springend? Weshalb liegt an dieser Stelle, wenn dort schon was liegen soll, nicht ein wirklich ergiebiges Buch?

Es liegt doch dort nicht, weil es gekauft, weil danach gefragt wird, wie man mir etwas schroff zur Antwort gab - es liegt dort, weil eine unglaubliche Werbekampagne veranlasst wurde! Und als letzte Ausläufer dieser Propaganda, sind nun die Ehrenplätzchen in Kaufhäusern für dieses Machwerk reserviert. Man rückt es für ein kaufwilliges Publikum nicht in Szene - man rückt es in Szene, damit Kunden kaufwillig werden. Ein Totalitarismus dieses ungenannten Buches mitsamt seinem namenlosen Autoren entsteht; überall soll man davon lesen, davon hören, darüber informiert werden. Kein Fleckchen öffentlichen Raumes ist davon ausgeschlossen; nirgends entkommt man dem Fieber! Daher kann es nicht irgendwo in einem Bücherregal liegen, es hat ganz vorne, an der Front zu liegen, dort wo jeder bezahlende Kunde seine Geldbörse öffnet - nimm mich auch noch mit, schreit der wenig ansprechende Titel mit seinem menschlich noch weniger ansprechenden Verfasser, dem eiligen Kunden ins eilige Antlitz.

Als ob das nicht traurig genug wäre, verteidigt die stumpfe Verkaufskraft, beharrlich zum Nachäffer seines Herrn erzogen, auch noch dieses Geschäft mit dem Rassismus. Die Leute kaufen es, fragen danach! Unternehmerworte aus dem Mund einer Angestellten. Ein wenig erinnert dies an einige Zeilen Sidonie-Gabrielle Colettes, die in ihrem Roman "Mitsou" über eine alte Dame schreibt, die in einem Theater das Faktotum des Revuestars Mitsou gibt. Die Greisin erhält von Mitsou Aufgaben erteilt, bevor diese den Raum verlässt. "Die alte Dame beginnt sich höchst seltsam zu betragen, das heißt, sie füllt in der Tat die Flaschen, schüttet sich dabei keinen Tropfen Parfum auf ihr Taschentuch oder in ein eigenes Fläschchen, unterläßt es - obwohl sie alleine ist - aufzuschnupfen, zu rülpsen oder in der Nase zu bohren, liest den offen auf dem Tisch liegenden Brief nicht, klaut keine Watte... Offenbar ist sie eines jener Originale, wie man sie erst seit dem Krieg [Anm.: hier ist vom Ersten Weltkrieg die Rede] antrifft." Hier wird einem der homo futurus gewahr; der Mensch wie er werden soll, wenn er es nicht schon ist. Menschen, die selbst dann an einer roten Ampel strammstehen, wenn weit und breit kein zur Gefahr werdender motorisierter Verkehr zu erspähen ist - der disziplinierte Mensch, der geschliffene und ausgehöhlte Mensch, der sich nicht frei bewegt, frei entfaltet, der nicht frei denkt, schon gar nicht frei spricht!

Erst dieser neue alte Typus, der, nicht wie Colette schreibt, erst seit dem Krieg anzutreffen ist, macht das Mordsgeschäft mit Knochenmehl und Innereien, aber auch das Geschäftchen mit in Tinte getunktem Rassismus möglich. Wenn unsere aufgeklärte Zeit überhaupt etwas vollbracht hat, dann dass die Menschen heute mit Verweis auf die Vernunft denselben Dreck betreiben, wie sie es immer schon dreckig taten. Der alte Menschenschlag wollte eigentlich aufstehen und es denen da oben mal ordentlich geben, nur war er meist zu feige, zu machtlos; der homo novus aber, der ist nicht mehr feige, er hätte vielleicht sogar ein wenig mehr Macht, nur solidarisiert der sich einfach mit der Untragbarkeit, denn so muß er nicht aufbegehren. Vielleicht hatte Colette aber sogar recht, vielleicht sind solche Menschen nur im Krieg anzutreffen: in einem Krieg wie diesem, in dem man bemüht ist, jeden Funken eigenen Verstandes zu tilgen, wenn er nicht profitabel gemacht werden kann. Freier Verstand ist ja nicht per se unerwünscht: er muß nur was einbringen, dann feiert man ihn fanatisch als nutzvollen Effekt, den der freie Markt verwursten müsse.

Hauptsache Geschäft - und wenn es eines mit dem Rassismus ist, erwiderte ich also. Mich über dieses Scheißelaborat, das zwischen zwei Buchdeckel geleimt wurde, ärgernd, war ich mir sicher: hier kaufe ich nicht mehr ein. Nur: wenn ich diese konsequente Haltung bewahre, werde ich ganz schnell nirgends mehr einkaufen können. Und das ist es, worüber ich mich noch mehr ärgere: wir sitzen in der Falle, wir werden von Krämern beherrscht, die uns zu Jasagern und Opportunisten geißeln - wer nicht spurt, wird aussortiert. Wer aussortiert ist, wird zum Ausbluten in eine Strafverfolgungsbehörde namens Jobcenter verfrachtet. Wer da immer noch keine Disziplin an den Tag legt, darf bei den Tafeln tafeln. Mit dieser Angst leben alle, selbst jene Verkaufskräfte, die allzu selbstbewusst die Auslage eines solchen Buches verteidigen - sie müssen gar kein Anhänger des lallenden Messias sein; nur negativ aufgefallen zu sein, weil man den Entschluss, jenes Buch genau dort an der Kasse auszulegen, nicht lauthals befürwortete: das reicht heute schon aus! Das neue Menschengeschlecht soll nicht kritisch sein: es soll sich in endloser Wertschöpfung und endloser Arschkriecherei verwickeln...



21 Kommentare:

carlo 9. Oktober 2010 um 09:59  

Da fehlen mir die Worte: Halt, eins bleibt noch....CHAPEAU!

Rain Man 9. Oktober 2010 um 10:26  
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Anonym 9. Oktober 2010 um 10:49  

Ich kann Dir aus langjähriger Erfahrung mit Marketing und Vertrieb die heute dort - und überall, wo das Mitläufertum obsiegt - universell gültige Ethikrichtlinie, mit der sich jeder einzelne Angestellte, ob leitend oder leidend, morgens wie abends vor seinem eigenen Spiegelbild rechtfertigt, in einem Satz zusammen, der wahrlich für sich selbst spricht:

"Wenn wir's nicht machen, macht's ein anderer."

andi 9. Oktober 2010 um 11:18  

Was gibt es schöneres zum morgentlichen Kaffee als einen solchen Text voller Wahrheit. Chapeau![2]

Lutz Hausstein 9. Oktober 2010 um 11:41  

Deine Beschreibung mit der roten Ampel erweckte ein Erlebnis aus meiner Erinnerung.

Als junger Erwachsener stand ich als Fußgänger tagsüber an einer roten Fußgängerampel - weit und breit kein Fahrzeug in Sicht. Auf der anderen Seite standen eine Polizistin und ein Polizist. Ich nickte beiden bedeutungsschwanger zu, worauf keine Reaktion erfolgte. Danch verbeugte ich mich übertrieben demonstrativ nach rechts und links, um zu dokumentieren, dass ich nach Fahrzeugen Ausschau hielt. Nochmal ein kurzer Blick zu den "Freunden und Helfern". Wieder nichts. Also ging ich nun über die rote Ampel.

Man ahnt schon, was jetzt kommt. Nachdem man mich genüsslich die Straße hat überqueren lassen, stellte man sich mir freundlich vor, klärte mich über mein Fehlverhalten auf und ich durfte 20 DM bezahlen.

Moral von der Geschicht´: Wir "erziehen" dich zu einem gehorsamen Diener, welcher ohne Nachdenken alle Vorgaben und Anweisungen auszuführen hat, unabhängig vom Sinn oder Unsinn. Abweichungen werden, je nach Schwere, unterschiedlich, aber immer, sanktioniert. Ist es da noch ein Wunder, wenn sich "DER" Deutsche auch im Falle eines Falles noch eine Bahnsteigkarte kaufen würde?

Anonym 9. Oktober 2010 um 18:40  

Wenn das mit der Meinungsdiktatur so weiter geht werden sich bestimmt bald Menschen finden welche andere Menschen davon abhalten bestimmte Bücher zu kaufen...

Doxanthropos 9. Oktober 2010 um 22:26  

@ Lutz: In einer ähnlichen Situation hat sich für mich einmal ein längeres Gespräch mit einem Polizisten ergeben. Er fand es dreist, dass ich vor seinen Augen die rote Ampel überquerte. Ich versuchte ihm klarzumachen, dass stehenzubleiben und so zu tun als würde ich das immer tun, ihm gegenüber respektlos und verlogen wäre.
Verstanden wurde ich nicht, musste aber auch nicht zahlen.
Wenn ich Buchandlungen meiden würde, die dieses Buch direkt am Tresen haben, hätte ich ein deutliches Nachschubproblem; mit dem Gedanken habe ich beim ersten Anblick eines so geschmückten Tresens auch gespielt.

Margareth Gorges 10. Oktober 2010 um 07:26  

Es ist einfach nur noch Unerträglich !
In der "vorwärts" Buchhandlung im Willy Brandt Haus und im Onlineshop des “vorwärts" wird Sarrazins Buch auch verkauft!!

Vorwärts Genossen zum Profit!
http://kopperschlaeger.net/2010/09/vorwarts-genossen-zum-profit/

landbewohner 10. Oktober 2010 um 09:56  

magareth
natürlich -
viele genossen stehen schliesslich hinter t.s.

dootschi 10. Oktober 2010 um 11:45  

Hallo Roberto,

klasse geschrieben und gedacht. Das schlimmste daran ist: Die Käufer und Leser dieses Buches dass Du bemängelst werden wohl leider weder Deine Seite finden noch andere nützliche Seiten. Noch nicht einmal die Kommentare.
Mir ist seit langem Klar, dass wir die hier lesen und schreiben Exoten sind. Ich denke jeder der hier liest und schreibt handelt und entscheidet selbst und anders als die Masse. Wir fragen eben mal nach dem Buch von Johannes Jürgenson, "Die lukrativen Lügen der Wissenschaft". Sie wird das Buch besorgen. Sie wird es nicht selbst lesen, oder mal einen Blick reinwerfen. Gut erzogen. Das Geschäft schreibt es vor.
Das Mädel an der Kasse hat einen Job. Sie ist weisungsgebunden oder Arbeitslos.
Ich hab mich 2 Wochen vor der (sogenannten) Wirtschaftskrise selbständig gemacht und mir erlaubt meinen Kunden mitzuteilen, dass ich nur in Europa (und TR) für Sie Maschinen richte. Wenn Sie in Asien arbeiten, sollen Sie sehen wie sie zurecht kommen.
Natürlich ist da dass Risiko dass ich auch in ihren Hauptwerken keine Aufträge mehr bekomme.
Wir entscheiden doch selbst was wir kaufen oder wovon wir leben.
Ärgerlicher finde ich ,wenn ich ein bestimmtes Werkzeug nicht mehr bekomme weil, die Masse mit ihrem Kaufverhalten (Geiz ist Geil), dafür gesorgt hat, dass ich für kein Geld der Welt mehr ein gutes Werkzeug bekomme, weil die Firma inzwischen kaputt ist. Die Masse hat in Baumärkten (deutsch und deutlich:) asiatische Sch..... gekauft und der europäische Markenhersteller ist bankrott oder beteiligt.

Wir wenigen können nichts mehr an einem Wirtschafts- oder Geldsystem ändern, dass ein Wachstum definiert. Ein Wachstum, dass physikalisch gar nicht sein kann.

Warten wir auf einen Zusammenbruch.

Das traurige. Auch danach werden faule, gierige Sch.... etwas entwickeln um auf Kosten der anderen zu leben und diese beherrschen. Die Masse wird Ideen eines Hegel oder Bakunin nicht verstehen wollen, oder akzeptieren. Im Notfall werden sie dagegen aufgehetzt.

Wir bleiben also Exoten. Schön dass wir uns wenigstens austauschen dürfen. Dafür Danke an das www, an Roberto, und an Euch.

Gruß aus Baden,

Norbert

dootschi 10. Oktober 2010 um 11:46  

Wir wenigen können nichts mehr an einem Wirtschafts- oder Geldsystem ändern, dass ein Wachstum definiert. Ein Wachstum, dass physikalisch gar nicht sein kann.

Warten wir auf einen Zusammenbruch.

Das traurige. Auch danach werden faule, gierige Sch.... etwas entwickeln um auf Kosten der anderen zu leben und diese beherrschen. Die Masse wird Ideen eines Hegel oder Bakunin nicht verstehen wollen, oder akzeptieren. Im Notfall werden sie dagegen aufgehetzt.

Wir bleiben also Exoten. Schön dass wir uns wenigstens austauschen dürfen. Dafür Danke an das www, an Roberto, und an Euch.

Gruß aus Baden,

Norbert

Anonym 10. Oktober 2010 um 12:27  

Das Leid des/ der Einen ist der (im)materielle Nutzen des Anderen -dies scheint die vorherrschende Denke zu sein.

Anonym 10. Oktober 2010 um 13:59  

@ dootschi:

Zu: „Wir entscheiden doch selbst was wir kaufen oder wovon wir leben.
Ärgerlicher finde ich ,wenn ich ein bestimmtes Werkzeug nicht mehr bekomme weil, die Masse mit ihrem Kaufverhalten (Geiz ist Geil), dafür gesorgt hat, dass ich für kein Geld der Welt mehr ein gutes Werkzeug bekomme, weil die Firma inzwischen kaputt ist. Die Masse hat in Baumärkten (deutsch und deutlich:) asiatische Sch..... gekauft und der europäische Markenhersteller ist bankrott oder beteiligt.“:

Meine Erfahrung dazu ist, dass die deutschen Produkte (egal, ob im In- oder Ausland produziert) nicht mehr das Niveau von früher haben (Stichwort: Made in Germany, Meistertitel, usw.). Nur ein Beispiel: Unsere Kühl-/ Gefriergerätekombination hatte nach 6 Jahren den Geist aufgegeben – trotz guter Pflege. Es war ein teures Gerät von einem sehr renommierten Hersteller gewesen und nicht bei einem Billighändler gekauft. Beim Kauf eines neuen Gerätes (woanders) sagte mir der Verkäufer, der –welch eine Seltenheit- auch gleichzeitig Monteur ist, dass die heutigen Kühlschränke ca. 10 Jahre halten. Die Haltbarkeit hat sich demgemäß um 10 Jahre verkürzt (früher hielten die Geräte durchaus 15-20 Jahre!). Gleichzeitig sind die Preise aber eben nicht gesunken, sondern gestiegen, während die Löhne stagnierten oder aber real nicht mehr mit der Inflation mithielten.

Ein anderes Beispiel ist die (Nicht)Haltbarkeit von PC-Druckern. Ich vermute, dieses Thema ist den meisten hier bekannt.
Wer sch(r)öpft da eigentlich wen ab?

Die VerkäuferInnen in den Geschäften sind im Verkaufen geschult, lernen die Gebrauchsanweisung auswendig, glauben selber an den Zertifizierungswahn (z. B. „Bio“), haben aber selber von Technik kaum noch Ahnung. Beratung???

Ich kaufe möglichst keine zertifizierten Sachen mehr, weil ich als studierter Wirtschaftsmensch und aus Erfahrung weiß, dass die Zertifizierungsmasche eine einzige Marketing-Aktion war/ ist, um den Absatz zu fördern. Diesem Zertifizierungswahn traut sich kaum noch jemand zu entziehen, denn man viel ja nicht zurückbleiben.

Ein renommierter Waschmaschinenhersteller verkauft zu seinen (bis dato) wirklich guten Geräten neuerdings eine Versicherung für den Fall, dass das Maschinchen doch bereits nach drei, vier Jahren kaputtginge – was es in 99% der Fälle in Jahrzehnten nicht getan hat(te). Meines Erachtens produziert dieses Vorgehen einen Imageschaden für den Hersteller, der nicht mehr nur noch von der bis dato guten Mundpropaganda leben möchte. Gier, wohin man schaut.

Als VerbraucherIn fühle ich mich nur noch vera….eppelt und bin nicht mehr bereit, auch nur noch einen Pfennig zu viel auszugeben. Sicher, das führt insgesamt zu einer Abwärtsspirale, aber vielleicht gesunden „wir“ (und andere) auf diese Weise und zügeln unsere Gier, weil wir dann alle vielleicht die wirklich wichtigen Werte im Leben wieder mehr achten. (Wohlfahrtsverbände und Leiharbeitgeber „müssen“, nein wollen schließlich auch leben.)

PS: Es waren nicht die BürgerInnen/ KonsumentInnen, die mit dem Werbewahn und der ‚Geiz ist Geil‘-Mentalität begonnen haben.

Anonym 10. Oktober 2010 um 14:06  

Kaputt! Diese Gesellschaft ist kaputt.

Jeden Tag lese ich hier und beim Kollegen Feysinn. Jeden Tag mehr Sche...
Exoten? Ja sind wir. Werden es wohl auch für immer bleiben, „Gutmenschen“ halt.
Kann nichts mehr schreiben, daher mal ein bisschen Emotionen in Musikform:

Ein wenig infantil, zugegeben. Aber warum eigentlich nicht?

Heute Spaß und morgen Tod
Scheiß drauf!

http://www.youtube.com/watch?v=poN0RoRE21g

pillo 10. Oktober 2010 um 23:47  

Der Kapitalist verkauft halt alles (inklusive seiner Oma), wenn es ihm nur genug Geld einbringt. Die Erkenntnis ist nicht wirklich neu, aber wir sollten das Positive daran nicht aus den Augen verlieren: 'Die Kapitalisten werden uns noch den Strick verkaufen, mit dem wir sie aufknüpfen.' (Lenin)

Das viele Arbeiter und Angestellte mittlerweile schon soweit dressiert bzw. verängstigt sind, daß sie scheinbar inbrünstig die Interessen ihres Herrn verteidigen, macht einen wütend und hoffnungslos zugleich.

Wir, die wir uns auf Internetseiten wie der Deinen tummeln, sind nur eine verschwindend kleine Minderheit und werden es wohl auch weiterhin bleiben. Keine schöne Erkenntnis, ich weiß. Vielleicht hilft sie uns aber dabei, nicht darauf zu hoffen, auch noch den Letzten unserer "lieben Mitbürger" überzeugen zu wollen, sondern selber aufrecht voranzugehen.

Revolutionen und große Veränderungen gingen letztendlich immer von einer kleinen Minderheit aus. Es bringt nichts, sich in der Theorie einzunisten und darauf zu hoffen, das die tumbe Masse doch eines Tages begreifen müsse, wer Recht hat. Im Gegensatz zu uns handeln die Wirtschaftsfaschisten und Sozialrassisten, und zwar jeden Tag. Es ist nicht der Mangel an Erkenntnis, der uns ins Hintertreffen bringt, sondern unsere fehlende Gegenwehr.

Anonym 11. Oktober 2010 um 00:18  

Sarrazin zu dem Vorwurf wortwörtlich (in der FAZ):

"Natürlich weiß ich, dass eugenische Vorstellungen im zwanzigsten Jahrhundert zu schrecklichen Verbrechen geführt haben. Aber das heißt doch nicht, dass jedes Nachdenken über soziobiologische oder genetische Zusammenhänge im politischen Kontext zwingend zu Missbrauch und unmenschlichen Maßnahmen führt.

Wer für Deutschland eine Einwanderung nach einem qualifikationsabhängigen Punktesystem will, geht in dieselbe Richtung. Mit Eugenik hat das nichts zu tun.
Und wenn ich die Anzahl der Kinder aus den gebildeten Schichten erhöhen will, hat das nichts mit Evolutionsbiologie oder Eugenik zu tun."

Anonym 11. Oktober 2010 um 05:46  

Letzte Woche beim Bucheinkauf habe ich wohlwollend bemerkt, dass der entsprechende Bücherstapel ganz weit hinten in der Ecke im Obergeschoss versteckt war. Und kein Exemplar draußen im Schaufenster. Es geht also auch anders!

Anonym 11. Oktober 2010 um 14:45  

Die Kommentare sind ja ganz schön verbissen 0-o ...

Einfach mal ein bischen mehr sziologische Betrachtungsweise in den Kontext des Beobachteten einflechten und siehe da: Eigentlich ist alles nur so wie es schon immer war, aber halt ein bischen schlimmer, weil professioneller, systematischer, technisierter, entfremdeter.

Am Ende ist heute Gestern und morgen ist schon heute.

Dankbarkeit für das was man hat, ist fruchtbarer als Enttäuschung, Verbitterung und Wut und Hass. Das frisst nur euch auf, die Erde dreht sich trotzdem weiter, scheißegal ob ihr zu Grunde geht oder nicht.

Helft einfach, dort wo ihr Schwachen Benachteiligten Menschen helfen könnt. Hört auf Schwache zu verachten, weil sie sich unterwerfen. Benutzt eure Erkenntnisse im zwischenmenschlichen Bereich, verbreitet Freundlichkeit, Nächstenliebe und Freude. Denn damit wird die Welt wieder ein kleines Stückchen besser.

Wenn man nicht aufpasst geht der Geist aufklärerischer Bemühungen in die Besessenheit einer paranoiden Einstellung über.

[x] Für mehr Gelassenheit

MFG

ZG 11. Oktober 2010 um 18:46  

Meine erste Reaktion auf deinen Beitrag war auch zustimmend. Dann habe ich mich gezwungen, nochmals drüber nachzudenken und würde gerne eines zu bedenken geben.

Alsnämlich wäre auch ich, sollte ich die Position des Verkäufers in besagtem Buchladen innehaben, vermutlich irritiert, wenn mich ein Kunde darauf anspricht, dass das auf der Theke liegende Buch untragbar sei. Womöglich würde ich auch genauso antworten, wie sie es tat. Der Punkt ist doch der: wie du selbst schreibst, befindet sich die Verkäuferin in einem Angestelltenverhältnis. An der Kasse tritt sie dir entgegen in der Rolle des Angestellten, nicht als Bürgerin, Nachbarin, politisch Interessierte oder was auch immer sie noch sein mag oder nicht sein mag. Indem du sie nun für ihre Rechtfertigung (bzw. die Art ihrer Rechtfertigung, wie sie im Beitrag nachzulesen ist) maßregelst - ob dies nun wirklich verbal geschieht oder bloß gedanklich -, sprichst du sie allerdings als Person an oder als moralisch handelnde Bürgerliche, jedenfalls nicht als in der Rolle des Angestellten Befindliche. Natürlich antwortet sie dann auch im Sinne der wirtschaftlichen Logik, damit sagt sie ja auch quasi, in welcher Rolle sie sich gerade befindet - das enthebt sie vom Zwang etwa einer moralischen Beurteilung (und das ist nun leider notwendig). Vielleicht besitzt sie ja in Wirklichkeit die selbe Einstellung zum Thema wie du, aber diese kann tatsächlich in ihrer Angestelltenrolle nichts zu suchen haben. Wie und wo könnte man denn noch arbeiten, wenn man sich immer auch persönlich und moralisch rechtfertigen müsste? In deinem letzten Absatz machst du das ja auch klar.
Die Kritik zielt also meiner Sicht nach auf Erfordernisse einer funktional differenzierten Gesellschaft. Diese und ihre Auswüchse kann man natürlich sehr wohl kritisieren. Die einzelne Verkäuferin und ihre Aussage in besagtem Fall würde ich aus o.g. Gründen allerdings nicht miteinbeziehen. Wahrscheinlich ist dahingehend auch einfach grad unsere Perspektive jeweils eine andere (moralisch vs. funktional oder so).

PS: Bin übrigens regelmäßiger Leser deines Blogs, der sich kaum zu Wort meldet. An dieser Stelle mal vielen Dank für die vielen großartigen Beiträge!

Electric Eye 11. Oktober 2010 um 22:51  

Mir ging es gefühlsmässig sehr ähnlich wie Roberto als ich neulich von Amazon eine Werbemail bekam.

Kaufvorschläge für Bücher. Das erste war natürlich das Buch von dem Herrn mit der hängenden Gesichtshälfte.
Das zweite war das Buch über ihn. Und dann ging es weiter mit islam"kritischen" Büchern, die schon länger im Umlauf sind (Ulfkotze usw.).

Bisher war ich sehr zufrieden mit Amazon, aber diese Werbung habe ich als persönliche Beleidigung empfunden.

Wieso wird ein Buch, das angeblich kaum die Nachfrage bedienen kann auch noch so heftig beworben? Nicht genug, dass der Mann mit dem schiefen Gesicht auf die kostenlose Forumswerbung von ein paar tausend fanatischen Islamhassern im Internet bauen konnte, wo auch noch jeder weiss, dass die sich täglich mehrfach virtuell klonen.
Nein, es muss auch noch fleissig die übliche Drängelwerbetrommel gerührt werden.

Übrigens: Wer mal die Rezensionsattrappen bei Amazon gelesen hat wird nach kurzer Zeit festgestellt haben, dass es letztlich immer die gleichen Satzbausteine sind, die da hundertfach wiederkehrend verwendet wurden und eigentlich nur 4-5 verschiedene Schriftbildmuster zu erkennen sind.

Übrigens gab es schon vor der Veröffentlichung über 500 hellauf begeisterte... äh... Leser. Anscheinend wurde da schon einiges korrigiert, denn vor ein paar Tagen waren es dann nur noch 244.

Wie dem auch sei: Ob ich bei Amazon noch mal was kaufe muss ich mir noch schwer überlegen.

Anonym 12. Oktober 2010 um 13:55  

Bravo! Sehr anregend und sehr inspirierend, so dass ich mich auf sie, Ihren Blogpost verlinkend, auch gleich bezogen habe: http://mondoprinte.wordpress.com/2010/10/12/abdallah-abu-rahman-2/

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