De dicto

Montag, 18. Januar 2010

"Es ist schon fast unanständig, mit diesem Vorstoß zu suggerieren, dass die Arbeitslosen arbeitsscheu wären."
- DGB-Vorsitzender Michael Sommer, laut Welt am Sonntag vom 17. Januar 2010 -
Zum Gesagten sei angemerkt: Arbeitszwang, Abschreckungselemente innerhalb der Arbeitslosenhilfe, Hartz IV trotz allem immer noch eine angenehme Variante - so und noch reizender, brechreizender, äußerte sich Hessens demokratisch legitimierte Antwort auf Herrschsucht, Roland Koch, zum ewigen Thema deutscher Sozialpolitik. Das zweibeinige Vomitivum erntet dafür Kritik - mit seinen Positionen kultiviere er die allgemeine Ansicht, Erwerbslose seien arbeitsscheu. Und wer dies tue, der ist fast schon unanständig. Unanständig!

Das Hauptaugenmerk ist nicht auf unanständig gerichtet. Man lese genau: er ist fast unanständig - er strampelt demnach nicht schon in der handwarmen Brühe der Unanständigkeit, nein, er steht noch davor, am Becken- oder Kochtopfrand, ist noch nicht hineingesackt. Nur eben fast, jedoch gerade noch auf sicherem Boden. Repressionen bei den Menschen zu fordern, die am Sockel der Gesellschaft kauern, ist noch nicht gänzlich unanständig; den Furor in die Unterschichten zu tragen, ist gerade noch am Rande der Unanständigkeit; die ärmlichen Lebensumstände zu veredeln und damit zu verspotten, ist haarscharf an der Unanständigkeit vorbei. Fast unanständig! Noch nicht unanständig, gerade noch im Bereich der Anständigkeit! Zu suggerieren, dass Arbeitslose arbeitsscheu seien, so verkündet Sommer - man entschuldige die Wiederholung, aber man sollte sich dies schon mehrmals auf der Zunge zergehen lassen! -, sei fast unanständig; was auch heißen kann: zu suggerieren, Arbeitslose seien arbeitsscheu, ist gerade noch im anständigen Bereich anzusiedeln. Vielleicht nicht mehr von vornehmster Etikette, aber doch vergleichsweise unantastbar, weil immer noch im Bereich guten Benehmens.

Wortklauberei! Sicherlich. Auch das. Aber eben nicht nur. Sprache entlarvt! Sprache zieht der verborgenen Gesinnung verräterische Kleider an. Und es sind jene Gestalten, die offiziell als Sachwalter der Arbeitnehmer und Erwerbslosen auf Bühnen steigen, die aber schon seit Jahrzehnten keinen Mut besitzen, der allgemeinen Unzufriedenheit ihrer entfremdeten Klientel Taten folgen zu lassen - Taten im Namen ihrer Mitglieder, Taten im Namen der einst hehren Ziele der Gewerkschaftsbewegung. Nachdem die Tatbereitschaft austrocknete, verwelkt nun immer öfter der Mut, Schweinereien auch beim Namen zu nennen. Die offiziellen Sachwalter, die inoffiziell freilich nur Sachwalter ihres privaten Glücks sind - ihres und ihrer Freunde Glück -, kennen keine kompromisslose Sprache, nicht mal mehr, um den Showeffekt zu wahren, wonach man Vertreter der eigenen Klientel sei. Sie setzen entkräftende Partikel an Satzanfänge oder Phrasenenden: fast, möglicherweise, nahezu, ziemlich. Nichts ist, alles könnte oder würde; alles ist konjunktiv, indikativ ist nichts. Der Ist-Zustand ist, dass nichts ist - nur danach aussieht. Das Ist jener Sachwalter leitet sich nicht vom Wörtchen Sein ab, es gestaltet sich lediglich als Präsens von Schein. Aus Äußerungen wie jener des Kochs, werden dann folglich fast unanständige Vorstösse; aus Sarrazins Gewäsch werden ziemlich bedenkliche Aussagen; aus Mehrwertsteuersenkungen nach Parteispenden gewinnt man bestenfalls Eindrücke, wonach nahezu korrupte Zustände herrschen könnten. Für jene wie Sommer, leidet die Gesellschaft nicht an Schweinerei, nein, sie ist in einem undefinierbaren Zustand des Fast. Die Dinge beim Namen zu nennen, ist in einem solchen Fast einfach unmöglich. Im Fast fastet man mit konkreten Äußerungen. Nicht enden wollende Fastenzeit!

Nur nicht offen aussprechen, dass unanständig gar kein Wort mehr ist, mit dem man Koch treffend umschreiben könnte. Er wäre als kriminell, verschlagen, demokratiezersetzend, zwielichtig zu titulieren - das wäre sogar noch kulant. Vokabular, mit dem Sommer und Kollegen aber nicht aufwarten. Nicht aufwarten wollen! Nachher müßte man sich nur genieren, wenn man dem Zwielichtigen, den man öffentlich auch so genannt hätte, in die Augen blicken müßte - bei der gemeinsamen Suppe. Mensch Michael, klopft man so aber später kameradschaftlich auf die sommerliche Schulter, fast unanständig hast du mich genannt! Fast unanständig. Das war gut! So gut, dass ich es fast selbst geglaubt hätte...

18 Kommentare:

Ralf-zwei.null 18. Januar 2010 um 03:37  

Ich habe schon bei flatter die feynsinnige und radikale Frage gestellt, ob man diese Dreckfresse Koch nicht wegen Volksverhetzung an den eiern packen kann.
Außerdem habe ich dem Herrn Koch etwas Lesestoff in seinen elektronischen Briefkasten gestopft und darin meiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass man ihn wegen seiner menschenverachtenden Äußerungen und Volksverhetzung drankriegen möge...

Ich denke mal, dass er es verdient hat. Der soll gleich morgens kotzen, wenn er erfährt, dass wieder tausende übler Emails seinen Postkasten verstopfen. Er wird sie nicht lesen, aber allein zu wissen, dass sie da sind, reicht mir schon...

Ich bin für eine konzertierte Aktion gegen diesen rechten Hetzer!

Anonym 18. Januar 2010 um 05:44  

Mein Gott, was will man von so einer Kreatur verlangen? Der muß als Gewerkschafter reflexhaft, wie der Rest des Sozialgewissens der Gesellschaft "seinem Genüge" tun.

Damit ist das erledigt, und er kann sich wieder der "Interessenvertretung" derjenigen widmen, um die es ihm zwar auch nicht geht, aber die ihm seine Machtposition und Kohle sichern, denjenigen, für die er jetzt in heldenhafter Nachtarbeit die nächste Lohnforderung aushandelt und denen er am nächsten 1. Mai wieder seine Parolen brüllt.

River Tam 18. Januar 2010 um 07:12  

@Roberto:

Ich verstehe deine Wut vollkommen.
Allerdings halte ich einen weiteren Aspekt für bedenkenswert: die Neigung zur Selbstzensur, die der Angst vor der Klage folgt.
Es wird auch in Deutschland zunehmend üblich, unangenehme und unbequeme Äußerungen mittels Beleidigungsklage, etc. „schadensersatzpflichtig“ werden zu lassen. Und wie sagt ein bekannter Staatsrechtler so gern (und häufig): „Auf hoher See und vor Gericht sind wir alle in Gottes Hand.“ Wer Klagen vermeiden will, versucht sich bei seinen Äußerungen also so gut wie möglich abzusichern.
Das Ergebnis sind entweder weichgespülte Kommentare ohne Inhalt oder Aussagen, wie die oben zitierte, die – wie du ja hervorragend dargelegt hast - das Gegenteil vom Gemeinten verkünden (ich unterstelle Sommer an dieser Stelle einfach mal, dass er Kochs Äußerungen als unanständig bewerten wollte).
Insofern sind Sommers Aussagen nicht nur ein Beispiel dafür, dass der politische Diskurs zunehmend von Aussagen bestimmt wird, deren Urheber sich in letzter Konsequenz weigern, das was sie sagen (und tun) zu verantworten, sondern auch dafür, dass die Meinungsfreiheit als conditio sine qua non der Demokratie nicht nur durch staatliche Sanktion, sondern auch durch - auf Zivilrecht basierenden - Urteile bedroht wird.
Es ist schon symptomatisch, dass die deutlichsten Aussagen zum politischen Tagesgeschehen in einer Kabarettsendung gemacht werden. Hier besteht nämlich der Schutz darin, dass „Überspitzung und Übertreibung“ als Grundkonzept anerkannt werden, so dass mit einer Beleidigungsklage keine Erfolge zu erwarten sind. Aber dann wechselt man halt einfach den Chefredakteur des Senders aus...
Fortsetzung folgt?

Anonym 18. Januar 2010 um 07:32  

Was ich noch anmerken will steht nur formal im Zusammenhang mit dem Thema. Es geht ja darum, das der "Ton die Musik macht". Das man sich sprachlich verrät. Hier geht es konkret um Hartz IV. Wenn es allgemein um die Arbeits"losigkeit" geht, steht es um den "Verrat" nicht anders.

1. Wieso Arbeitslosigkeit? Auch ich verwende den Begriff i.a., aber eigentlich ist er bereits eine "Diffamierung" (mir fehlt ein besserer Begriff, ich fühle es gibt einen Besseren. Ein Arbeitsloser ist doch i.a . gar nicht arbeitslos, er ist erwerbslos, d. h. bezieht kein Einkommen aus Erwerbsarbeit. Arbeiten tut er meistens auch.

2. Es folgt Originalton Merkel: "Wer arbeitet muß mehr haben, als wenn nicht arbeitet"
Sprachlich etwas verquer der Satz, aber was will man verlangen?

Die obige Formulierung unterstellt dem Arbeitslosen, sorry Erwerbslosen, vom Ton her Vorsatz. "Er arbeitet nicht."

Ich meine korrekterweise müßte man die Aussage folgendermaßen formulieren:

"Jemand der unverschuldet erwerbslos geworden ist, muß trotzdem weniger haben wie jemand der einer Erwerbstätigkeit nachgeht"
(mit "wie" und "als" hab ich auch Probleme, ich hoffe es ist richtig)

So würde ich es gegenüber einer Schulklasse formulieren!

Ich würde zwar auch die Selbstverständlichkeit des "weniger" noch in Frage stellen, aber es ging mit hier ja nicht vordringlich ums Inhaltliche, sondern ums Formale.

Es ist schon alles lustig, was würden wir ohne unsere Clowns anfangen.

Bernd Kudanek 18. Januar 2010 um 08:03  

Lieber Roberto,

was ist denn von einer Gewerkschafts-Oberbonze anderes zu erwarten?!

Vergessen wir nämlich nicht, das 2 (zwei) Gewerkschafter seinerzeit die Hartz4-Repressionsgesetze mit ausgearbeitet und unterschrieben haben.

Hier die Väter und Mütter der Hartz4-Repressionsgesetze:

Dr. Peter Hartz, ehemaliges Mitglied des Vorstandes der Volkswagen AG

Norbert Bensel, Mitglied des Vorstandes der DaimlerChrysler Services AG und der Deutschen Bahn AG

Dr. Jobst Fiedler, Roland Berger Strategy Consultants

Peter Gasse, BEZIRKSLEITER DER IG Metall Nordrhein-Westfalen

Dr. Peter Kraljic, Direktor der McKinsey & Company Düsseldorf

Klaus Luft, Geschäftsführer der Market Access for Technology Services GmbH

Wilhelm Schickler, Präsident des Landesarbeitsamtes Hessen

Prof. Dr. Günther Schmid, Wissenschaftszentrum für Sozialforschung

Wolfgang Tiefensee, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig

Eggert Voscherau, Mitglied des Vorstandes der BASF AG

Heinz Fischer, Abteilungsleiter Personal Deutsche Bank AG

Prof. Dr. Werner Jann, Universität Potsdam

Harald Schartau, Minister für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen

Hanns-Eberhard Schleyer, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks

Isolde Kunkel-Weber, Mitglied des ver.di-BUNDESVORSTANDES

Kassandra 18. Januar 2010 um 08:51  

1. Besagter unnennenswerter Politiker fährt mal wieder die gleiche Masche, die er immer vor Wahlen fährt, nur mit austauschbaren zu Stigmatisierenden.
Und alle fahren so oder so drauf ab und liefern der Kreatur so auch noch Energie für ihr Ego.

Er spielt den 'bösen Bullen' und wird dann von anderen (womöglich sogar aus der eigenen Partei)verbal FAST schon zurückgepfiffen. Diese Pfeifer im Wald können/ sollen dann als die 'guten Bullen' gesehen werden. Auf diese Weise werden dann nebenher sog. Minimalthemen bzw. Kompromisse durchgedrückt, da das (bereits oder künftig erwerbsarbeitslose) Volk dann ja vor'm Allerschlimmsten bewahrt worden sein wird (von den guten und nun wählbaren 'Bullen'), meint es dann.

2. Zu dem genannten Gewerkschaftsboss:
In welcher Partei ist er nochmal Mitglied?

3. zum Kommentar von Bernd Kudanek:
Wenn diese Liste vollständig und korrekt ist(davon gehe ich aus), dann gab es bei der Produktion von Hartz-IV ausschließlich "Väter" und die 'Alibifrau/-mutter', die ja dann einiges an Früchtchen "auszutragen" hatte, um im Bild zu bleiben.
Da nicht anzunehmen ist, dass diese "Väter" (wie auch die sie damals und später legitimierenden Wissenschaftler) im Leben jemals echte Väter waren und sie vermutlich regelmäßig nicht selber einkaufen gehen oder gar selber regelmäßig alltagskochen, ist die Niedrigkeit der Regelsätze hierdurch erklärbar (nicht entschuldbar).

Anonym 18. Januar 2010 um 09:24  

Die Supermutti der Nation setzte noch einen drauf, indem sie vermeinlich die Hartzer in Schutz nahm. In ihrer Erklärung hies es... die Harzer hätten generell keinen Schulabschluss/ keinen Berufsabschluss und/oder keine Kinderbetreuung, daher könnten sie nicht arbeiten. Einfachster Stuss. Dass es keine Arbeit gibt, die auch bezahlt wird...davon war nicht die Rede. Arbeit gibts ja genug... Koch und Leyen sind sich das sehr einig.

maguscarolus 18. Januar 2010 um 10:07  

@ River Tam 18. Januar 2010 07:12

So ist es leider!

Nur ein kleiner "Clown" in einem völlig unbekannten "Zirkus" kann sagen was er wirklich denkt, solange seine Meinung nicht größere Aufmerksamkeit findet.

Jeder prominente Clown muss sich an die gültigen Korruptionsregeln halten.

Und was "Neues aus der Anstalt" und vor allem Georg Schramm betrifft, da habe ich mich auch schon manchmal gefragt, ob solche wortmächtigen Tiraden gegen die herrschenden Eliten vor einem gutsituierten Publikum wirklich etwas Anderes sind wie eine Art "Blitzableiter" zur Sicherung eines guten Schlafes eben dieser Eliten!

Denn was wäre wohl die Konsequenz, wenn die bestehenden Machtverhältnisse durch solche Darbietungen ernsthaft in Frage gestellt würden?

Lesefuchs 18. Januar 2010 um 15:54  

Besonders ist das Ganze auch immer am Wort "Unwahrheit" in den Medien zu erkennen. Welcher Otto Normalverbraucher verwendet dies in der täglichen Sprache? Keiner! Statt deutlich von einer LÜGE zu sprechen, schwächelt man vorsichtig mit der "Unwahrheit" herum. Das sind die selbstbewußten Deutschen!

klaus baum 18. Januar 2010 um 16:19  

Lieber Roberto,

ich wäre fast von der Mauer gefallen, hätte mich mein Schutzengel nicht im letzten Moment festgehalten und zurückgezogen, so dass ich mein Gleichgewicht wiederfinden konnte.

Enzensberger hat in seinen jungen Jahren, ich weiß nicht mehr, war es die FAZ oder der SPIEGEL, einen Essay geschrieben, veröffentlicht in den EINZELHEITEN, mit dem Titel "Journalismus als Eiertanz".
Auf Herrn Sommer und Co. übertragen, könnte man sagen, politische Kritik als Eiertanz.

Anonym 18. Januar 2010 um 19:02  

Lieber Roberto,

danke für den Text, aber ich denke es liegt nicht nur an den angepaßten Gewerkschaftsbonzen, dass es nichts wird mit sozialen Unruhen in Deutschland. Weiter unten schrieb ich es bereits, die bestehenden Anti-Terrorgesetze sind so abschreckend, dass auch Nichtterroristen neuerdings unter Terrorismusverdacht fallen, wenn die sich "wirtschaftsfeindlich" zeigen. "Wirtschaftsfeindlich" heißt in Österreich schon an normalen Demonstrationen zum Schutze von Tieren teilnehmen. Wer näheres über den Umgang mit Tierrechtsschützern in Österreich, der fatal an Heiligendamm erinnert, erfahren will, der kann folgendes Buch lesen "Widerstand in der Demokratie: Ziviler Ungehorsam und konfrontative Kampagnen" von Martin Balluch. Der Autor ist zwar Tierrechtsaktivist, aber das stellt er in seinem hochaktuellen Buch hintenan - Es geht im darum aufzuzeigen wie schnell man in Österreich, und sicher auch in jedem anderen Land dieser Welt, unter Terrorismusverdacht gerät - seit dem 11. September 2001. "Wirtschaftsfeindlich" z.B. ist so ein Punkt, der ausreicht aus einem Aktivisten einen Terroristen zu machen. Ich denke genau hier ähnelt der Fall Balluch den im Vorfeld zu den Protesten in Heiligendamm, und nun beim Weltklimagipfel, gestarteten Antiterror-Kampagnen. Man stelle sich nun soziale Unruhe in Deutschland vor - "wirtschaftsfeindlich", und hat genau hier den Hauptgrund warum es so ruhig in diesen Krisenzeiten bleibt.

Wer ist schon gerne ein Terrorist? Ich bestimmt nicht - Sie etwa?

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

Anonym 18. Januar 2010 um 19:49  

@maguscarlos

Du meinst "Neues aus der Anstalt" hat nur die Funktion von Hofnarren? Da gibt es andere, z.B. Matthias Richling, der wirkliche Narr im TV. Dennoch ist deine Überlegung nachdenkenswert.
Ich stelle mir nämlich auch noch, wie bereits geschrieben, andere Gründe für das Ausbleiben von Massenprotesten gegen die neoliberale Clique in Berlin vor.
Ein Land, wo man Bücher über soziale Unruhen bzw. Filme darüber drehen kann - ich vermute die gibt es auch bald - ist ein Land im Dauertiefschlaf. Hat jemand in Frankreich vor 1789 Bücher über die Revolution geschrieben? Erinnert sich jemand daran? Ich nicht, und genau hier liegt der Hase im Pfeffer begraben....meine Landsleute in Deutschland sind so untertänig, dass man denen sogar in Weltwirtschaftskrisen nur auf Blättern von Büchern oder fiktiven Filmen vom Aufruhr predigen kann, und zwar im sicheren Wissen in Deutschland regiert der Neoliberalismus weiter als hätten nicht schon 2 US-Nobelpreisträger für Wirtschaft dessen Ende nach 30 Jahren gesehen. Einen "Fall der Berliner Mauer" soll Joseph Stiglitz die Neue Weltwirtschaftskrise genannt haben....

Tja, manchmal wünschte ich mir ich wäre US-Amerikaner, die sind mit kritischen Wirtschaftsweisen und einem schwarzen Präsidenten gesegnet, während wir in Deutschland neoliberale Apparatschicks und eine Frau im Hosenanzug, die Beliebigkeit vertritt und ansonsten stinkefaul ist, geschlagen sind.

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

M.A. Verick 18. Januar 2010 um 20:32  

Erinnert mich insgesamt an Sklaven und Zwangsarbeiter. Die sind auch nicht frei (wer ist das schon?) und müssen dienen und leisten, wie es ihnen unter Androhung von administrativen Sanktionen vorgegeben wird. Aber das waren düstere Zeiten, damals. Galeerensklaven oder Zwangsarbeitslager sind ausgediente Muster. Dieser Tage reisen die zur Arbeit gezwungenen selbst an und werden nicht mehr in Sklavenunterkünften oder Arbeitslagern gehalten und zum schuften gezwungen. Was mal war, kommt vielleicht wieder?

Viel Arbeit ist da, nur niemand mag für sie bezahlen. Dabei geht es doch nur um die Bezahlung. Denn Bezahlung bedeutet Leben. Die Höhe der Bezahlung, die 'Höhe' an Lebensqualität. Besseres und gesünderes Essen, feine Kleider, eine behagliche und warme Obhut, herausragende medizinische Versorgung, um nur die wichtigsten zu nennen.

Arbeiten wird heutzutage von manchen mit Geld verdienen verwechselt, ist mir aufgefallen. Der Begriff der Arbeit schlechthin. Nicht weil die Arbeit da ist, und erledigt werden muss - nein. Nur noch um damit Geld zu verdienen. Ganz egal welche Arbeit. Sinn- und Geistlos, vor allem aber ohne Nutzen treten zu Hauf auf, und es werden immer mehr. Hauptsache Arbeiten und somit von der Strasse weg.

Auf die Idee muss jemand erstmal kommen, das so zu machen. Ist es nicht besser Arbeit zu Teilen? Das geht insgesamt nicht nur schneller, sondern macht Spass, weil ja alle mit Freu(n)den mitmachen. Aber das muss ja auch nicht sein. Es geht sicherlich auch mit Druck, Zwang und rechtsstaatlichen Sanktionsmechanismen. Unsere Politiker werden uns schon die Richtung weisen und uns über die Medien erklären wie das geht, so wie bisher auch. Da mache ich mir gar keine Sorgen. Sie?

Anonym 18. Januar 2010 um 23:19  

Ein sehr lesenswerter und die Rolle unserer (Pseudo)Gewerkschaften beleuchtender Artikel, mal ganz einfach mit Hilfe der "Germanistik".
So sind sie alle, diese DEUTSCHE ARBEITSFRONT..., Pardon: DGB- Sommers/Hubers/Hansen/Bsirske und sonstigen Konsorten!
Sie haben sich alle verkauft, und damit ebenfalls ihre Sprache. Sie waren schon immer und sind alles willige und fügsame Lakaien des Kapitals, glücklich darüber, nie wieder einen "Blauen Anton" tragen zu müssen, es "zu etwas gebracht" zu haben - in dieser insgeheim von ihnen akzeptierten und wohl auch befürworteten Klasengesellschaft!
Und natürlich wollen diese Gewerkschafts-Vögel bei nächster Gelegenheit auch wieder die Sektgläser mit Koch, Westerwelle, Merkel, Sarazzin, Clement, Hundt, Kannegiesser und ähnlichen Gestalten anstoßen, auf die altbewährte "Sozialpartnerschaft" natürlich, besonders und gerade in so "schwierigen Zeiten".

mfg Bakunin

Anonym 19. Januar 2010 um 09:18  

@Bakunin

Stimmt, aber "die Gewerkschaftsvögel" so auch gestern im SWR-Fernsehen gesehen haben meist SPD-Parteibuch (Bsirske ist GRÜNER), und ich denke einmal, da wird es schwer mit der Unterstützung von CDU/CSU/FDP. Soll aber nicht heißen, dass man nicht mit Westerwelle/Merkel auf einer Linie liegt, aber die SPD-GRÜNEN-Riege ist ja auch neoliberal durchseucht - von "Realos". Albrecht Müller hat gestern dazu einen bemerkenswerten Text aufgelegt, dem ich weite Verbreitung wünsche:

http://www.nachdenkseiten.de/?p=4464#more-4464

Noch was:

Bei Berichten über frühere Zustände in Deutschland von 1933 - 1945, in der DDR bis 1989/90 ist immer die Rede davon, dass alle gesellschaftlichen Bereiche von Parteien durchseucht waren.

Frage:

Ist es heute besser? Wieso wird totgeschwiegen, dass nicht nur in Gewerkschaften sondern auch in Arbeitgebervereinigungen das jeweilige Parteibuch regiert?

Wäre doch einmal interessant nachzuforschen wer z.B. bei INSM & Co. der CDU/CSU/FDP/SPD/GRÜNEN nahe steht. Es wartet sicher so manche Überraschung auf uns.

Spätere Zeiten werden wohl auch die Schröder/Fischer-Merkel/Westerwelle-Ära so bezeichnen wie ich es oben erwähnt habe - durchseucht von Parteien, und zwar in alle gesellschaftlich wichtigen Positionen hinein.

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

PS: Derzeit (noch) einzige Ausnahme die Linkspartei, und ich hoffe, dass es so bleibt, ansonsten wäre ja die Gleichschaltung durch Parteien (wieder) wirklich total - in Deutschland.

Anonym 19. Januar 2010 um 11:34  

Ergänzung zur Sendung:

"[...]Sendung am 18.01.2010Hungerlöhne und Lohndrücker – droht der Abstieg der Mittelschicht?[...]"

Quelle und kompletter Text:

http://www.swr.de/2plusleif/-/id=4252272/nid=4252272/did=5731454/1jt27e/index.html

Laumann (CDU-NRW) tut gerade so als wäre die CDU die neue Linkspartei, und Oskar Lafontaine müßte sich warm anziehen.

Merke:

CDU = Vor den Wahlen gegen Leiharbeit und Pro-Wohlfahrtsstaatlich - verbal.
Nach den Wahlen = Für Leiharbeit und neoliberal - IN DER TAT.

Fazit:

Nicht auf solche Rattenfänger hereinfallen, und lieber das Original, die Linkspartei, wählen.

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

M.A. Verick 19. Januar 2010 um 20:43  

Politik hat sich, nach meiner Definition, zu einem Schutzschild für die wahrhaft Reichen und Mächtigen entwickelt. Sie beschützen die Interessen dieser wahrhaft Herrschenden. Es ist ihr geldwerter Einfluss der dies erst ermöglicht und die Verpflichtung das Vermögen zu schützen und zu mehren. Ein gewichtiger Einfluss, da alles nur mit Geld funktioniert und sich prächtig durch den Zins vermehr - ganz ohne Arbeit. Klar des jemand davon viel haben will, mehr als er braucht. Denn nun kann mit diesem Geld auch Einfluss anderer erkauft werden. Die Stunde der Geldverteiler. Dies ist keine Gefälligkeit, sondern unterliegt einem nicht mehr hinterfragbaren Selbstverständis. Diese Gipfelstürmer sichern sich immer nach unten ab, das haben sie auf dem Weg nach oben auch getan - nur deshalb sind sie auf der Karriereleiter so hoch gekommen.

Die heutige Klassengesellschaft, in der sich über das Vermögen die Klassenzugehörigkeit bestimmt, bildet, in ihrem Wesen, die alte Ständegesellschaft ab. Mal mehr und mal weniger nach absolutistischen Mustern.

Alle oben angekommenen Gipfelstürmer jeder Klasse geben ihren Vortrag zum Besten, selbstverständlich auch die Gewerkschafter als Vertreter der Arbeitnehmerseite. Die Gewerkschafter vertreten, 'fast', selbstlos und nahezu mittellos ihre malochende Klientel. Der Mutter-Teresa-Preis sei ihnen gewiss, würde es ihn geben.

Und den Arbeitslosen sei gesagt: "So kehret zurück zu Eurem Arbeitsplatze, aus dem ihr vorab entsorgt wurdet. Lernt Demut und Bescheidenheit für Euren Arbeitslohn und die Zuwendungen die durch die Gemeinschaft für Euch erbracht werden. Lernt, nicht zu weit die Hand aufzuhalten, sondern lernt Bescheidenheit. Lernt die Arbeit als gerechten Ausgleich für existenzielle und öffentliche Zuwendungen schätzen. Leistet Abbitte. Dann nimmt Euch auch der Arbeitgeber wieder. Entweder über subventionierte Umwege, Verleihern oder über Lohnverzicht. Seid initiativ. Bewerbt Euch bei den führenden Rüstungsunternehmen oder bei der Truppe. Im Ersteren liegt der Wachstumsmarkt der Zukunft angesichts der Rüstungsmargen, im letzteren werden zukünftig vermehrt Stellen frei, da sich die Einsatzfront ständig an neuem ausprobiert." Helft mit, dass sich Deutschland endlich auf Platz 1 der Rüstungsexporte befindet."

Wir müssen viel fleissiger sein, so wird das nichts. Vielleicht sollten wieder Baracken und Lager in unmittelbarer Nähe von metallverarbeitenden Rüstungsfirmen und deren Subunternehmen gebaut werden. Sicherlich lässt sich auch das ein oder andere bestehende Lager aus der dunklen Zeit wieder reaktivieren. Die Familie Diehl hat jahrzehntelange Erfahrungen damit in unzähligen Betrieben gesammelt, manche in den Diehl-Unternehmen merken gar nicht, dass sie Teile für Waffensysteme herstellen, da diese erst im Käuferland montiert werden. Aber was soll's nicht fragen, den Mund halten und Arbeiten.

Jetzt ist die Stunde der kreativen Köpfe, denen es gelingt, wie in alter Zeit, die Massen aufzuwiegeln und gegeneinander auszuspielen - diebezüglich macht Herr Koch und die anderen Laiendarsteller doch eine geradezu 'fast' herausragende Figur.

Anonym 19. Januar 2010 um 22:10  

@maguscarolus

Natürlich dient das etablierte Kabarett vor allen den Gut- u. Bessersituierten und im Grunde zufriedenen Spießbürgern vor allem zum Amüsement, zum Ablachen, dazu, mal wieder einen "netten Abend" zu haben.
Wie schon beim ehemaligen SCHEIBENWISCHER frage ich mich auch bei NEUES AUS DER ANSTALT beim Blick auf das dort sitzende Publikum, ob dieses applaudierende und zuweilen Tränen lachende Spießbürger-Publikum auch nur eine Sekunde daran denkt gegen die in diesen Programmen angeprangerten Mißst#ände ernsthaft anzukämpfen.
Die Leute, die am meisten und brutalsten unter den heutigen asozialen Zuständen zu leiden haben werden kaum dort zu finden sein.
Was sollten diese Leute dort auch zum Lachen haben?
Eigentlich sind doch alle Kabarettisten unter den heutigen Machtverhältnissen nur "Hofnarren des aufgeklärten Bürgertums"! (Harald Schmidt in einer Spiegel-Kolumne)
Natürlich soll das an sie kein persönlicher Vorwurf sein! (ich mag Schramm und Priol ebenfalls)
Auch ich denke, dass diese Sendungen schon längst still und leise aus dem Verkehr gezogen worden wären wenn sie auch nur die geringste gesellschaftliche Relevanz hätten, auch nur Ansatzweise die herrschenden Machtstrukturen gefährden könnten.

mfg Bakunin

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