Die letzte Zentrale

Donnerstag, 25. Juni 2009

Einer der wesentlichsten Punkte der die undogmatische Neue Linke – K-Gruppen ausgeschlossen – ausmachte (und heute, als nicht mehr ganz so neue Linke immer noch ausmacht) war von jeher die Auflösung jeder Form von Zentralisierung. Auf anarchistische Klassiker zurückgreifend, dabei aber natürlich auch auf deutsche Geschichte schielend und über den Eisernen Vorhang hinwegspähend, sprach man sich dafür aus, in einem neuen Gesellschaftsentwurf so wenig Zentralismus als möglich zu fabrizieren. Kleine Selbstversorger-Projekte aus der Zeit der Studentenrevolte, mit einigen Abstrichen auch die Bewegung der Wohnkommunen, die allerdings in der bürgerlichen Presse als lasterhafte Heim-Bordelle der freien Liebe umschrieben wurden, resultieren aus dieser Zentralismusfeindlichkeit. Der Neuen Linken war, mit Rückgriff auf die jüngere europäische Geschichte, klargeworden, dass ein staatliches Ungetüm, eine Maschinerie, die Millionen von Menschen in ihre Listen notiert um sie zu verwalten, früher oder später immer ausarten muß. Der Mensch im Zentralismus steht eben nicht im Zentrum, denn dort steht der zentralisierte Apparat; der Mensch im Zentralismus wird zur Nummer, zur abstrakten Einheit ohne menschliche Attribute; menschliche Züge belasten die zentralisierte Gemeinschaft, hemmt sie in ihrem mittigen Verwalten, in dem Umwege nicht eingeplant sind, nur Kosten, aber wenig gemeinschaftlichen Nutzen hervorbringen. In einem solchen zentralistischen Gebilde gleichen sich Individuen an, Pluralismus und Vielfalt werden von der Zentrale nicht berücksichtigt, in einzelnen Fällen sogar bekämpft und unterdrückt. Die heutige Gesetzgebung in Fragen der Arbeitslosenverwaltung beruht auf diesem zentralistischen Weltbild, der Einzelne innerhalb des SGB II zählt wenig, er erhält nicht nach seinen Bedürfnissen, sondern nach einem vorkalkulierten, d.h. zentralisiertem Einkaufskorb Versorgung.

Was der Neuen Linken mal konkret, mal allzu theoretisch vorschwebte, war ein System des Föderalismus, in anarchistischeren Kreisen würde man von einem System der Kooperationen sprechen, wenngleich Anarchisten ja kein System kennen wollen. Um es abzukürzen: Innerhalb kleinerer Verwaltungseinheiten sah und sieht man das Individuum besser versorgt, kleine Gruppen würden auch nicht willkürlich über die Not vereinzelter Gruppenmitglieder hinweggehen. Kleinere Einheiten, die die Abstraktion des Zentralismus nicht kennen, könnten leichter einen Konsens finden, der jedem einigermaßen gerecht würde. Wenn es dem direkten Nachbarn schlecht erginge, wäre die Hilfe sicherlich fröhlicher und freimütiger verteilt, als wenn ein niedersächsischer Bauer für seinen Kollegen in Mecklenburg-Vorpommern bezahlt, oder ein deutscher Landwirt für einen Berufskollegen aus Portugal. Hier setzt auch einer der fundamentalen Kritikpunkte an der EU an: ein zentralisiertes Europa kann sich nicht um die Belange jeder Region kümmern, kann nicht jedem gerecht werden. Erlasse für Landwirte haben nicht die gleichen Folgen für jeden europäischen Vertreter dieser Zunft. Zwischen Polen und Portugal herrschen viele verschiedene Voraussetzungen, Traditionen, Auffassungen, denen ein zentralisiertes Staats- und Verwaltungssystem nie gleichermaßen gerecht würde.

Diese zwei Absätze als längere Einleitung, als Grundlage des Folgenden.

Nun zum wesentlichen Teil dieser Zeilen: Wenn die undogmatische Neue Linke, die ja heute nicht mehr so neu ist, auch vom Zentralismus angewidert ist, lieber kleine Einheiten wahrgeworden sehen will, so muß sie dieser Tage dennoch dazu aufrufen, noch einmal einen Zentralismus verwirklicht wissen zu wollen. Eine letzte Zentrale, um endlich bessere Zustände zu erstreiten. Dabei handelt es sich nicht um eine Zentrale der Verwaltung, sondern um eine der Interessen; nicht um eine der Technokraten, sondern um eine unideologischer Massen, die einfach nur ihre Interessen verwirklicht haben wollen. Es handelt sich um eine Zentralisierung des gemeinsamen Nenners, einer Zentralisierung des Generalstreiks. Denn das gravierende Problem krisengeschüttelter Tage, unser gravierendes Problem als Oppositionelle, ist: Anstatt einen großen Topf aufzusetzen, um darin die Basis für viele verschiedene Suppen kochen zu können, stellen verschiedene Gruppen vereinzelte Töpfe auf, um darin die Grundessenz köcheln zu lassen, und dabei kochen sie noch nicht mal wohltemperiert, sondern mit lauwarmer bis kalter Flamme; anstatt zusammen die Basis zu kochen, hernach erst kleinere Töpfe aufzustellen, um dann je nach Bedarf mit Suppeneinlagen und Gewürzen anzureichern, kocht jeder für sich alleine.

So streiken Erzieherinnen für bessere Arbeitsbedingungen, Ärzte für eine angemessene Kostenerstattung, Krisenopfer wie Opel-Mitarbeiter für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze, Studenten und Schüler für einen neuen Bildungskodex, Anhänger moderner Medien streiten gegen Zensur. Jeder für sich, jedem das Seine! Was verkannt wird ist die Essenz jeglicher Unzufriedenheit - dies wird nicht verkannt, sondern verkannt gemacht, verschleiert und versteckt. Denn es geht nicht um Partikularinteressen, diese sind lediglich Randerscheinung. Was als Grundlage dient, ist ein generelles Umdenken, eine Zurückführung der Politik und eine Hinführung der Wirtschaft in ethischere, humanere Kategorien. Weg von der absoluten Verwurstung von Arbeitskraft! Weg von der rigorosen Ausbeutung natürlicher Ressourcen! Weg von der gelegentlich latenten, gelegentlich ungenierten Menschenverachtung moderner Wirtschaftspolitik! Weg von der Knechtung anderer Völker! Weg von Kosten-Nutzen-Kalkül in sozialen Bereichen der Gesellschaft! Der Mensch hat nicht mehr in erster Linie Angestellter und Arbeitskraft zu sein, sondern autonomes Wesen, Mensch mit allen Facetten, mit Schwächen und Vorlieben. Es ist im Kern, auch wenn es vielen Demonstrierenden vielleicht gar nicht bewusst ist, eine radikale Basis, die künstlich geteilt wird, um beherrschbar zu bleiben.

Den einzelnen Demonstranten- und Kampfgruppen muß verdeutlicht werden, dass sie zwar durchaus verschiedene Ziele haben mögen, dass es ihnen aber schlussendlich darum geht, eine Gesellschaft zu verwirklichen, in der es sich besser leben läßt. Die Wachstumsideologie des herrschenden Kapitalismus ist, qua begrenzter Ressourcen, eine Fehlannahme - was aber wachsen darf, immer weiter, soweit es sich moralisch vertreten läßt, soweit dabei nicht der Planet zugrunde gerichtet wird, das ist die Lebensqualität jedes einzelnen Menschen. Das ist der wahre Fortschritt der Menschheit. Nur daran hat die herrschende Lehre kein Interesse. Die zynische Scheinlehre neoliberaler Prägung, wonach jedem geholfen wäre, wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht, hat sich hier tief ins Bewußtsein der Massen gegraben. In der Bewußtmachung gleicher Ziele, die später natürlich ganz individuell abgeschmeckt werden können, läge der Schlüssel zur Krisennutzbarmachung. Jede Systemkrise der herrschenden Klasse, ist mit der Hoffnung der Unterdrückten dieses herrschenden Systems verbunden, es möge sich nun alles ändern, es möge alles zusammenbrechen, damit etwas Neues, etwas Besseres daraus erwachsen könne. Derzeit ist nicht zu erwarten, dass die Krise in dieser emanzipatorischen und fortschrittlichen Art nutzbar gemacht werden könnte. Das gelänge nur mit einem Zusammenstehen der Unzufriedenen, mit einer Zentralisierung der einzelnen Interessen.

Eine letzte Zentrale wäre notwendig. Dabei ist nicht ganz abzuklären, ob es sich um eine letzte Zentrale handelt, weil danach womöglich keine Chance mehr auf eine Zentralisierung der Unterdrückten gewährleistet wird, weil man sie unterdrückt und juristisch ruchbar macht; oder ob sie eine letzte Zentrale getauft sein soll, weil nach einem zentralisierten Erfolg alles Zentrale schwinden kann, um menschlicheren Verwaltungseinheiten endlich eine historische Chance einzuräumen. Wie auch immer dieses Letzte zu verstehen ist, liegt an den Menschen selbst. Zentralisieren sie sich, streiken und demonstrieren miteinander, rücksichtslos, tagelang, wochenlang, ohne Hemmungen, ohne falschen Untertanengeist, so wird danach möglicherweise die kleine Verwaltungseinheit zum Kapitel im Geschichtsbuch; wenn nicht, kann es sein, dass man uns keine Möglichkeiten zur Zentralisierung allgemeiner Unzufriedenheit mehr einräumt.

Die letzte Zentrale – so oder so...

10 Kommentare:

Manul 25. Juni 2009 um 13:18  

Ja, eine Zentralisierung der Proteste wäre zwingend nötig, dass nicht nur Erzieher und Ärzte in Deutschland, sondern auch Werkarbeiter in Frankreich und Bauern in Polen gleichzeitig protestieren. Der Protest muss europaweit stattfinden, denn das Übel ist nicht nur bei den korrupten Landesregierungen zu finden, sondern auch bei den die Technokraten in der EU, die uns allen so mancheine Suppe eingebrockt haben und die selbst bei einer der grössten Krisen der Deregulierung nicht müde werden weiter die Wirtschaft zu deregulieren. Die EU lässt uns alle in einem Boot sitzen, aber daran zeigt sich auch welchen Stellenwert die Gewerkschaften in Europa haben, nämlich gar keinen. Sie verpassen gerade ihre Chance des Jahrhunderts einen echten Kampf fürs Soziale zu führen und zu steuern, die Infrastruktur ist ja schliesslich vorhanden, sie muss nur genutzt werden.

Eigenverantwortung heisst also selbst hier die neoliberale Devise, wir Privatleute müssen dafür sorgen, dass Protestaktionen abgestimmter laufen und dass mehrere Protestaktionen parallel zu einander statt finden. Wir müssen also ein (idealerweise internationales) Netzwerk schaffen, was europaweit offensiv auf die Gewerkschaften, globalisierungskritischen, sozialen und linken Organisationen zugeht und ihre Aktionen synchronisiert. Das ist viel Arbeit, aber es lohnt sich, denn damit hätten wir wieder eine autonome Einheit, die sehr stark sein kann. Ab August werde ich mich auch dem Thema stärker widmen, wer Interesse hat, kann mich auch gerne anschreiben manul[at]gmx.de.

landbewohner 25. Juni 2009 um 14:34  

mal wieder vollkommen richtig, was hier steht - was allerdings solche basisbewegungen verhindert ist die absolute vereinzelung bzw. der egoismus der individuen. nicht umsonst haben alle möglichen gruppierungen nach selbstverwirklichung geschrieen - um jeden preis: das individuum ist alles, die gemeinschaft nichts; und unterstützt wurde das ganze natürlich und gerne von arbeitgebern und politik - je kleiner das grüppchen, desto besser ist es zu beherrschen.
und natürlich nicht zu vergessen die unrühmliche rolle der gewerkschaften, die nicht im mindesten die interessen ihrer mitglieder sondern nur die privilegien ihres apparates und ihrer funktionäre vertreten und vermehrt haben. ergo - wenn sich was ändern soll, dann gehts nur gemeinsam und auf der strasse.

antiferengi 25. Juni 2009 um 15:39  

Leider bin ich hier, zumindest im Moment, auch sehr pessimistisch. Diese ständigen ein Mann/Frau Universen können einem ganz schön auf den Nerv gehen. Beim kleinsten Anzeichen von gemeinschaftlichen Handlungen zum Nutzen einer Gemeinschaft kommt dieser Spruch. "Ich verbessere die Welt eben auf meine Art und Weise". Und die glauben da tatsächlich dran.
Eine Horde von perfekten Ich-AG's.

ad sinistram 25. Juni 2009 um 17:54  

Mir ist es schwer ums Herz, weil ich eben auch kaum Hoffnungen hege. Es ist höchste Zeit pessimistisch zu sein, gerade heute, da ich ein ärgerliches Gespräch mit einem hoffnungslosen Optimisten hatte.

Geheimrätin 25. Juni 2009 um 20:39  

@antiferengi

"Ich verbessere die Welt eben auf meine Art und Weise"

also diesen Spruch hab ich persönlich noch nie gehört.

Ich sehe das eher so, dass eben jeder noch zu sehr in seiner eigenen kleinen Welt gefangen ist. Wen wundert das denn, solange wie das Teile und Herrsche schon praktiziert wird?

Das dauert leider, bis das mal überwunden wird...aber viele Menschen haben sich bereits zusammengeschlossen, sind aktiv bei Attac, den Linken oder sonst wo...

Dann gibt es die Vereinzelten, die zwar mit der Gesamtsituation unzufrieden sind, in ihrem näheren Umfeld aber niemanden haben mit denen sie sich zusammentun können. Auch keine Streikwilligen...

Na und die Hartzies sind eben die ersten die ganz draussen sind. Und anstatt sich zu "zentralisieren" ziehen die meisten völlig zurück und kämpfen ums reine Überleben und gegen Depressionen...

Was also kann getan werden?
Darüber denke ich schon seit langer Zeit nach.

Es müssten sich eben wie Roberto sagt die verschiedenen Gruppen die schon aktiv sind besser vernetzen, Gewerkschafter, Attacies, Linke, Kommunalpolitiker, Sozialarbeiter,Bürgerinitiativen, Arbeitskämpfer...Es müsste sich von jeder Gruppe jemand berufen fühlen, die Vernetzung voranzutreiben...

Ziel der Stigmatisierung der Linken ist ja gerade die Sabotage diesess gemeinsamen Nenners der unterschielichen Gruppen. Denn dieser gemeinsame Nenner kommt ja dem Parteibuch der Linken recht nahe!

"Oha,was? Wir wollen doch hier keine DDR...."

Dieses Stigma muss also als aller erstes abgeworfen und mit voller Wucht dorthin geschleudert werden, wo es herkommt...

G. G. 26. Juni 2009 um 08:19  

Es hat in den letzten Jahrzehnten genug Dinge bzw. Ereignisse gegeben, die zu einem massiven Protest des Volkes hätten führen müssen (z. B. unmenschliche Arbeitsbedingungen, Mindestlöhne, Hartz IV, ...). Doch außer einer handvoll Menschen hat sich niemand beschwert oder gar gewehrt.

Selbst die Gewerkschaften, Kirchen, Ärzte, Psychologen, Sozialpädagogen, Juristen, ... nehmen die bedenklichen Entwicklungen in unserem Lande als normal hin. Nur wenige stellen ihn in Frage.

Das "Dritte Reich" ging erst vor 64 Jahren zu Ende und man sagte danach in Deutschland immer wieder: "Nie wieder!". Doch das alltägliche Leben zeigt, das die meisten Menschen selbst nach dieser - vielleicht der schwersten Lektion der menschlichen Geschichte - nichts hinzugelernt haben. Wenn man sie auf den einen oder anderen gesellschaftlichen Mißstand anspricht, dann wollen die meisten ihn nicht mal sehen (geschweige denn was ändern). Das wiederum ist für mich eine sehr schwere und schmerzhafte Lektion.

Ich rezitiere aus dem Buch "Philosophisch-politische Profile" von Jürgen Habermas (Dritte Auflage von 1984) aus dem Kapitel "Über den Notstand in der Bundesrepublik Deutschland (1966)" Seite 98:

"Er (Karl Jaspers) gelangt zu einer pointierten wie unverhohlenen Prognose: die Bundesrepublik hat sich aus demokratischen Anfängen zu einer Parteienoligarchie entwickelt und steht nun vor dem weiteren Schritt zu einer Diktatur. Diese kommt zwar nicht durch eine Machtergreifung zustande. Die Fassaden bleiben bestehen, und die Strukturen wandeln sich langsam. Aber am Ende steht die Liquidierung des Rechtsstaates, die Repression des Volkswillens, die Militarisierung des Lebens. Jaspers scheut sich nicht, den gegenwärtigen Zustand mit dem der vor Machtergreifung Hitlers zu vergleichen. Er diagnostiziert unheimliche Entwicklungen, "die sich anbahnen, ohne das es eigentlich einer will und über die viele entsetzt sein würden, wenn das Resultat einmal da ist - wie sie beim Sieg Hitlers 1933 ebenso entsetzt wie kleinlaut waren"."


Die "Zentrale" ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist der/die Einzelne und das, was er/sie nebenbei ganz friedlich und legal im Alltag tun.

Es gibt so viele Dinge, auf die man leicht verzichten kann. Was würde wohl passieren, wenn ein Produkt nicht mehr gekauft werden würde? Nehmen wir das Handy. Es ist absolut überflüssig - ich bin sogar ohne Festnetztelefon aufgewachsen. Welche Veränderungen würde der Verzicht nach sich ziehen?

Doch lieber tanzen die Menschen um das "goldene Kalb". Soll man sie zwingen, damit aufzuhören? Nein, Zwang ist kein Weg! Aber wie weckt man die Menschen in freundlicher Manier auf? Dann würde sich die Dinge sehr schnell auf friedliche wie dauerhafte Art und Weise zum Guten ändern.

romano 26. Juni 2009 um 10:45  

eine intersubjektiv konsensgetragene Klasse Herrschender entmachten. Wie macht man das? Ihre eigenen Mittel sind bestimmt nicht die ganz falschen, nämlich der intersubjektive Konsens. Obwohl die Klasse Herrschender auch nicht so homolog ist, wie man gerne meinen möchte. Dennoch, Konsens sedimentiert sich dort um eine egofundierte Weltanschauung. Sie ist einfach und klar: man macht, was man kann. Wer viele diverse Kapitalsorten hat, der macht damit mehr und der proklamiert die egologische Haltung zum Axiom: jeder soll das Recht auf eine egofundierte Lebensführung haben. Damit wird jedes Menschenwesen ins Unglück geführt: das Ich leidet an einem Selbstverschluss und das Menschenwesen kommt da nicht so leicht heraus.
Nur leider ist es auch nicht das Kollektiv, das das Heil bringen kann. Darüber muss man sich schon im Klaren sein. Es ist weder das Eine, noch das Andere und weder das Eine noch das Andere ist Es.
Aber pragmatisch betrachtet, würde eine letzte zweite kollektive Zentrale nicht schaden und zur Konsolidierung der wirtschaftlichen Welt führen. Man könnte dann lernen, dass die Wirtschaft die Wirtschaft ist und nicht mehr. Ihre Funktion kann nur ein mäßiges Niveau der Existenzsicherung sein. Der Rest schadet mehr als er nützt und erzeugt Illusionen, von denen man sich dann wieder mühsam lösen muss. Und man muss sich lösen. So oder so. Ganz besonders wenn man meint: be happy, nach mir die Sintflut.

Geheimrätin 27. Juni 2009 um 10:18  

Hab's schon vorhin auf duckhome gepostet: Auch Bertelsmann tritt mitunter als Verfechter der Dezentralisierung auf. Wie diese Dezentralisiertung à la Bertelsmann aussieht kann hier nachgelesen werden

Hier muss also bspw. in der Tat gegengesteuert werden!

Ferner würde ich mir wünschen, dass wir bitte erstmal zulassen und fördern, dass eine Linke parlamentarische Kraft überhaupt erstarken und das Stigma und die Propaganda durchbrechen kann. Damit meine ich sicher nicht blind und kritiklos gegenüber Fehlentwicklungen zu sein.

Anonym 27. Juni 2009 um 23:16  

sehr tiefgründige Gedanken in deinem text, roberto.
Auch die kommentare dazu, sind sehr interessant.
Ich freu mich hier gewisse einblicke zu bekommen und lernen zu dürfen.

Ich gehe mal nur von mir aus. Dort ist es so, dass dieser neoliberale zeitgeist, in mich umgebenden menschen, tief sitzt und sich womöglich nicht ohne beträchtliches äusseres einwirken auflöst.
Falscher Altruismus, falsche Toleranz, falsche Solidarität, falsche Sozialität und überall werden Begriffe gebraucht, die zum zweck der neoliberalen ideologie, gedeutet sind.
Wie soll man so einen Generalstreik organisieren, wenn schlicht das verständnis dafür fehlt?
Ich hoffe, dass das derzeitge (wirtschaftliche) systemversagen soweit führt, das goldenen kalb, worum die meisten tanzen und andere tanzen wollen, die illusion genommen wird.
Die menschen müssen erkennen, was sie bewundert haben und welche schuld sie tragen, an der armut die keine (länder)grenzen kennt. Der blick muss erstmal frei werden für ein persönlich verantwortungsvolles denken und dann ist der schritt auch so zu handeln, nicht mehr so groß. Es muss einem ein lichtlein aufgehen ...

Anonym 28. Juni 2009 um 12:23  

Moin,
das Problem ist in dieser Republik die lange Teilung. Das Gemeinsame wurde im Ostteil fast mit der Muttermilch aufgesogen und daher ließen sich die Menschen nach der Kehre oft über den Tisch ziehen. Da kamen die Rattenfänger und logen und betrogen wie es sich der DDR-Bürger nie hätte träumen lassen. Nach der Deindustrialisierung waren die Kollektive und Organisationen schnell zerschlagen und jeder bekam den medialen Egoismus und Pessimismus eingeimpft ("Es hat ja eh keinen Zweck zu kämpfen . . .") Das Übrige taten die "Rote-Socken"-Kampagnen und Stasi-Beschuldigungen.
Im Westteil wurde von Anfang an mehr auf Egoismus gesetzt und in die falschen Versprechungen der Heilsbringer ist man mit vierzig Jahren Vorsprung reingewachsen. In der Zeit konnte man sich trotzdem noch ein kleines Sümmchen ansparen und das Leben angenehm gestalten, wenn man nicht durch das soziale Rost fiel, in dem die Maschen langsam immer größer wurden und werden.
Die Ex-DDR-Bürger wurden um ihre geringeren Ersparnisse durch die Währungsräubereinen (erst DM, dann €) erneut beschissen und die Existenzgrundlage vieler durch Arbeitslosigkeit restlich zerstört. Da wird in den Medien von Jammerossis und Gewaltzonen berichtet - ich glaube die Gewalt steigt überall dort wo die Zukunftschancen schwinden und die soziale Sicherheit abnimmt. Aber so spalten uns die Medien weiter und gegen RTL und BILD auf 107cm Flachbildschirm und in jedem Bäckerladen ist das ankämpfen schwierig.
Manchmal drängt sich der Verdacht auf - der Ostteil der Republik ist das Testfeld wie weit man gehen kann bis das Volk aufbegehrt. Alle Einschnitte sind mit Verzögerung und oft geringer Abmilderung auch im Westen zu spüren.
Aber der Weg der Erkenntnis ist ein steiniger.
Ich habe auch immer öfter einen Pessimismus morgens beim Zeitung lesen, aber nach den letzten Erfahrungen mit Menschen in MeckPomm habe ich wieder etwas Hoffnung. Da ist latent noch soviel Solidaritätsgefühl und Hilfsbereitschaft (in dezentraler Form) vorhanden - das macht Mut !
MfG
Der Hans

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