In nuce

Mittwoch, 21. Januar 2009

Über drei Jahre hat er das, was er für sein großes Expertentum hielt, an seine Leser weitergegeben; hat nebenbei all jene terrorisiert, die er für die Sündenböcke der Gesellschaft ansah, weil sie ja nutzlose Subjekte seien, die Alkohol trinken und Kohlenhydrate in sich hineinschaufeln. Seit Anfang Januar sind wir von diesem eitlen Selbstdarsteller erlöst - wenigstens ein bißchen. Nachdem der ausgebleichte Grüne zur Union wechselte, sich dort bei zwei Ortsverbänden anbiederte und kaum Gegenliebe erntete, beendet er nun auch sein Engagement für den Focus-Blog - "Einspruch!", der Blog Oswald Metzgers, schließt die Pforten. Eigentlich wäre das keiner Nachricht wert, denn der geistige Unrat, den er dort ins weltweite Netz stellte, sollte nicht mit Erwähnungen geadelt werden, auch wenn man ihm - Metzger oder dem Unrat, das bleibt sich gleich - natürlich attestieren muß, dass er mit seinen Aussagen, aktiv an der Erzeugung einer Pogromstimmung gegen Arbeitslose beigetragen, den "Ballastexistenzen" das Leben schwer gemacht hat. In dieser Form hat er zur Stärkung eines braunen agenda settings viel beitragen können. Aber diese Zeilen verstehen sich als Warnung, denn was uns erwartet, könnte die schlimmsten Alpträume wahr werden lassen. Metzger hat bei der Union nicht Tritt fassen können, sein Landtagsmandat hatte er schon vorher abgegeben, ein Bundestagsmandat wird wohl zunächst kein Thema sein, zudem schließt er seinen Blog mit der Erkenntnis, dass "Einsatz und Ertrag in keinem vernünftigen Verhältnis mehr" stünden - selbst in seiner Sprache ist Metzger damit ein witzloser Abklatsch seines neoliberalen Sektierertums -, was befürchten läßt, er bereitet etwas anderes vor. Er ist viel zu sehr Platzhirsch und Wichtigtuer, steht viel zu gerne im Mittelpunkt der Öffentlichkeit, auch wenn er genau betrachtet, nur eine Randnotiz derselbigen ist, als dass er sich zurückziehen würde in einen neoliberalen Elfenbeinturm der Erkenntnis, von dem aus er zum Guru einer neuen Heilslehre würde. Womöglich müssen wir bald eines jener wichtigen Bücher ertragen, welches dann irgendwie "Reformen jetzt!" oder "Vom Segen des freien Marktes" oder, ganz aufklärerisch, "Schmarotzer-Republik" heißt. Oder er wird eine Rolle im Fernsehen übernehmen, womöglich als schwäbelnder Neoliberalen-Guru, der eosterische Heilslehren verbreitet. Gab es den nicht schon mal?
Achtung also, denn womöglich ist der Metzger groß im Anmarsch. Hoffentlich täusche ich mich!

Schon vor einigen Wochen fiel die TAZ durch eine seltsame Befragungsmentalität auf. Es scheint kein Ausrutscher gewesen zu sein. Diese renommierte, links angehauchte Tageszeitung, macht Meinung mit Umfragen. Ganz versteckt freilich, unscheinbar in ihrer Form - aber dennoch, sie manipuliert hinterrücks. Sie fragt im aktuellen Falle danach, ob Obama uns enttäuschen wird. Die möglichen Antworten deuten einen Pluralismus an, den es bei genauer Betrachtung nicht oder nur dezent gibt. Entweder wird er als Heiland eingestuft, der die Welt mobilisieren wird - was immer diese schwammige Aussage bedeuten soll; oder man findet, er wird die Welt wenigstens ein bißchen besser machen. Der einzig wählbare Pessimismus äußert sich darin, anklicken zu dürfen, dass die Erwartungen einfach "völlig überzogen" sind. Kein Wort davon, dass Obama Interessen vertritt, für die er durch die erhaltenen Wahlkampfspenden versprochen hat einzustehen; kein Wort davon, dass Obama kein Afroamerikaner aus einem Ghetto, sondern jemand aus der Oberschicht ist, der zufällig schwarz ist und daher sicherlich wenig bis gar keine Ambitionen an den Tag legen wird, dass Missverhältnis zwischen Armen und Reichen zu regulieren; kein Wort davon, dass ein umverteilender, ein gerechter Obama, ein Obama für die Armen, überhaupt nicht ins Konzept der US-amerikanischen Politik paßt. Kurzum: Die drei Antwortmöglichkeiten suggerieren Vielfalt, sind aber einfältig, weil sie in jedem der möglichen Fälle davon ausgehen, dass Obama eine reine Weste behält - egal ob er enttäuscht oder nicht, er ist quasi schon vorab entlastet, weil nicht er versagen wird, sondern lediglich die Erwartungen zu hoch angesetzt waren. Obama ist über jeden Verdacht erhaben.

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