Vorgeführte Verführte

Montag, 18. August 2008

Die Liste derjenigen Prominenten, die von der herrschenden Ideologie - auch wenn diese behauptet, vollkommen ideologielos zu sein - vereinnahmt und verführt wurden, ist schier unendlich. Jedenfalls macht die Riege der Prominenz, die sich für "Einstieg in Arbeit" stark macht, nur ein kleinen Posten in der gesamten Auflistung aus. Schon oft gaben in den letzten Jahren bekannte Gesichter, die sich sonst eigentlich fern von Politik und Wirtschaft aufhielten, ihren mittelmäßig bis guten Namen her, um sich als Werbefigur für eine Initiative, Kampagne oder eines reformprofitierenden Unternehmens, als prominenter Antreiber zu neuen Reformen oder einfach nur als stillschweigender Optimist ausnutzen zu lassen. Eine kurze, ergänzungswürdige Auflistung:
  • Prominente wie Gerald Asamoah, Harald Schmidt, Marcel Reich-Ranicki, Oliver Pocher, Xavier Naidoo, Patrick Lindner, Johannes B. Kerner, Walter Kempowski, Oliver Kahn, Günther Jauch, Maria Furtwängler, Justus Frantz, Yvonne Catterfeld und weitere, ließen sich für die Kampagne "Du bist Deutschland" einspannen und sannen über nationales Zusammenstehen und Eigeninitiative nach, in einer Nation, in der jeder seinen ihm gemäßen Platz einnimmt.
  • Oliver Bierhoff hielt im Jahre 2004 - damals stand er kurz davor Manager der Nationalmannschaft zu werden - eine Vorlesung für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) an der Berliner Humboldt-Universität.
  • Reinhold Beckmann warb für die WWK Premium FondsRente und zweckentfremdete seine abendliche Sendung, um gegen Norbert Blüm mit Scheinargumenten der Reformer vorzugehen - dies mit freundlicher Unterstützung von Nina Ruge, die dort ebenso zu Gast war.
  • Günter Grass, Helmut Thoma und Marius Müller-Westernhagen warnten vor Demagogen, die die Hartz IV-Reformen als Irrweg beschmutzen wollen und verteidigten die Reformen der Regierung.
  • Barbara Eligmann erklärt im Auftrag der INSM Wirtschaftsbegriffe.
  • Mehrere Prominente, darunter Dieter Bohlen, Günther Jauch, Frank Plasberg, Heidi Klum und Iris Berben, aufgewiegelt durch die Massenmedien, bereiten ihren Weggang aus Deutschland vor, weil sie Lafontaine entkommen wollen. Sie machen sich somit zum Vorreiter einer immer weiter ausufernden LINKEN-Phobie.
  • ZDF-Mann Klaus Siegloch engagiert sich im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung und beeinflußt somit maßgeblich die Politik.
  • Die Protagonisten des "Scheibenwischers", unter anderem Bruno Jonas und Mathias Richling, die gerade noch gut genug sind, einige harmlose Zoten anzubringen, aber ansonsten Späße bringen, die in ihrer Oberflächlichkeit die herrschende Ideologie nicht einmal ankratzen.
Und wer hat seinerzeit der Allianz und der BILD-Zeitung seine Bekanntheit zur Verfügung gestellt, um die Volksrente an den Mann zu bringen? Man vergißt schon, wer was und wann beworben hat - es lassen sich einfach zu häufig prominente Personen einspannen. Was ist mit solchen gestalten wie Sky Du Mont oder Hannes Jaenicke, die immer wieder mal in Talkshows auftreten, dort von Eigeninitiative, Privatisierungen und dem "steuerfressenden Monster Staat" daherfaseln? Solche Zeitgenossen sind nicht einmal organisiert in Initiativen und Kampagnen und beten doch die neoliberalen Schlagworte herunter - die Gleichschaltung dessen, was gedacht und gesagt werden muß, die Konditionierung darauf also, wenn ein bestimmtes gesellschaftliches Problem zur Sprache gebracht wird, ergreift alle Schichten der Gesellschaft. Die Schlagworte sind fest in den Köpfen vieler - zu vieler - Menschen verankert.

Die Berühmten sind ansonsten allesamt so stolz auf ihr Schaffen und Tun, aber den Mut, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen, weisen sie nur selten auf. Ja, den Stolz auf eigene Geistesleistung wollen sie sich nicht gönnen. Stattdessen übernehmen sie vorgedachtes und lassen es quasi zum eigenen Gedankengut werden. Und wenn dann erstmal die Gesellschaft atomisiert ist, wenn wir ein reines Staats- und Verwaltungswesen geworden sind - keine Gesellschaft mehr oder eine Gemeinschaft, weil wir nichts mehr mit unserem Nächsten gemein haben wollen und sollen, wenn also der "Krieg aller gegen alle" Realität geworden ist -, in dem die Individuen desinteressiert an ihren Nächsten sind, in dem wir allesamt nebeneinander leben anstatt miteinander, dann heißt es sicherlich wieder, dass man ja keine Mitschuld trage am Untergang des Anstandes und der Kultur. Man sei bedrängt worden, ausgenutzt, mißbraucht - unschuldig eben!

10 Kommentare:

Anonym 18. August 2008 um 15:31  

Homo homini lupus gilt heute mehr denn je! Der neoliberale Finanzkapitalismus dient dem Reichtum von wenigen, die Mehrheit hat darunter zu leiden.
Der Michel schweigt und duldet.

Anonym 18. August 2008 um 16:45  

Wer ist:

Walter Kempowski ????

Sollte man den kennen?

ad sinistram 18. August 2008 um 17:23  

Walter Kempowski war ein Schriftsteller. Er starb gegen Ende 2007. "Tadellöser & Wolff" gehörte zu seinen bekannteren Werken.

Anonym 19. August 2008 um 12:40  

Viele Prominente bzw. Intellektuelle sympathisierten auch mit der Nazi-Ideologie. Im Vergleich zu heute ist das kein allzu großer Unterschied.

Anonym 19. August 2008 um 13:44  

Achja, der gute alte nazi-Vergleich. Klappt doch immer...
Aber es ahben sich doch in der Tat auch Intellektuelle gefunden, die Stalin toll fanden: es findet sich für jedes politische System ein Verteidiger. Aber die Geschichte lehrt, dass bisher noch kein System war, dass nur positiv war (ich bezweifel, dass das überhaupt geht)

ad sinistram 19. August 2008 um 13:59  

Und weil es Intellektuelle gab, die Stalin verteidigten - man denke an Brecht -, kann man getrost darüber hinweggehen, dass die deutsche sogenannte Intelligenzia (dieser Begriff ist eine Beleidigung für wirklich intelligente Personen in Anbetracht dessen, Bohlen und Konsorten so zu bezeichnen), sich erneut einer herrschenden Ideologie anbiedert? Der Vergleich mit Parallelen im Dritten Reich ist zudem nicht sakrosankt, sondern durchaus ein legitimes Mittel, die Beschränktheit unserer Tage offenzulegen.

Anonym 19. August 2008 um 21:29  

Wieviel Steuern zahlen die genannten Personen?
Wissen diese was der Begriff Marktwirtschaft überhaupt bedeutet, oder daß Demokratie selbst im antiken Griechenland nie funktioniert hat?

Wieviel Geld ist eine solche Meinung wert?
Wie lange dauert es im Durchschnitt um einen Menschen durch ein System in eine Marionette zu verwandeln, ohne daß es diese mitbekommt und diese auch noch angeblich freiwillig unterstützt.

In heutigen Zeiten wo fast jedes Gewissen einen erschreckend niedrigen Preis hat, ist es am Besten solchen Sapropel mit einem ironischen Lächeln zu begegnen und sich aus solchen Kreisen fern halten.

Anonym 19. August 2008 um 21:57  

Wenn manche dieser Herrschaften ins Ausland abhauen wollen wegen einer anderen Regierung, sollte ihnen vorher das Vermögen eingezogen werden.
Durch manche Medienkampagnen, welche gerade wieder mal eine neue aufkommende Partei denunzieren, zeigt mal wieder die immer noch unglaublich vorhandene rechtsextreme Einstellung.

Anonym 20. August 2008 um 00:51  

Die von Promis (freiwillig oder unfreiwillig) eingenommene Vorbildfunktion für viele Menschen ist nun mal nicht wegzudiskuieren. Leider sind die Angehörigen dieser Personengruppe meist nur auf ihrem Spezialgebiet besonders kompetent (manchmal aber nicht einmal das).

Die geistige Trägheit und mentale Abhängigkeit der Massen von bestimmten Vorbildern und Ver-"Führern" ist sicherlich auch das Ergebnis einer historisch gegebenen gesellschaftlichen Macht- und Einflußsituation. Und eine solche läßt sich bekanntlich nicht von heute auf morgen grundlegend ändern.

Wenn die "Eliten" sich wenigstens ihrer an sie herangetragenen Verantwortung halbwegs bewußt wären und ihr mitunter loses Mundwerk auch mal halten könnten! Aber der mediale Druck und die finanziellen Verlockungen, "dabei zu sein" und nicht anzuecken, scheinen größer zu sein.

Zur Ehrenrettung der Promis sei an Manfred Krug erinnert, der sich für seine massiv betriebenen Werbekampagnen zugunsten der T-Aktie weiland öffentlich entschuldigt hat. Ausnahmen bestätigen eben die Regel - freilich kam Krug auch erst dann nur Einsicht, als "das Kind", sprich das Geld der vielen ahnungslosen Kleinanleger bereits "verzockt" war.

Anonym 30. August 2008 um 20:59  

Sagen kann man viel-aber leben-jederzeit auch bereit zu sein,nicht mehr hier sein zu brauchen, ist eine Freiheit, die es mir erlaubt Fragen zu stellen an dieses aufgeblähte
politische und wirtschaftliche Etablissiment.
Fragt Euch Löcher in den Kopf-aber stellt diese Fragen an die, die Geld verdienen dürfen

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