Ein Gespenst geht um...

Dienstag, 29. Januar 2008

Was immer auch ein Links-Staat sein soll, die BILD-Zeitung stellt heute die Frage, ob wir zu einem solchen verkommen. Dazu werden "ausgewiesene Experten" zitiert, die schon aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung keinen Bezug zur LINKEN haben können. Und der obligatorische Wink, daß die LINKE die Nachfolgepartei der SED ist, darf selbstverständlich nicht fehlen. (Man liest selten - nie - etwas darüber, daß die Union Heere von ehemaligen NSDAP-Mitgliedern aufnahm und einen dieser "Überläufer" sogar zum Kanzler machten.) Auch der Spiegel erweist sich in diesen Tagen erneut als Kampfblatt notwendigen Konservatismus' und sieht den "Standort Deutschland" in Gefahr, weil die LINKE die anderen Parteien dazu ermutigte, eine sozialere Politik zu betreiben, was durch die Globalisierung - der ewige Schlachtruf neoliberaler Reformen - natürlich ein Unding sei. Soziale Gerechtigkeit, so meint man, könne sich Deutschland nach den Jahren des Wirtschaftswachstums und der zunehmenden Beschäftigung (sic!), nicht leisten.

"Es geht nun, kurz gesagt, alles den Bach runter, weil nicht genug Menschen die CDU gewählt haben." (BILDblog) Oder anders formuliert, um den gesamten Aktionismus im Namen der Wirtschaft zu entlarven: Weil von knapp 10,5 Millionen Wahlberechtigten des letzten Sonntags, keine 400.000 Menschen die LINKE wählten - was in etwa einem Wert von 3,7 Prozent entspricht -, scheint in Deutschland der Sozialismus zu erblühen.

Gleichzeitig entschuldigen die Medien den Mißerfolg der hessischen CDU damit, daß Kochs - und seiner Schergen - rassistischer Auswurf ein taktischer Fehler war. "Notwendige Wahrheiten" könne man nicht im Wahlkampf verbreiten. Sicher muß man den horrenden Verlust der CDU auch damit erklären, daß die letzte Landtagswahl in Hessen unter anderen Vorzeichen stand. Wie damals üblich, wurde jede Landtagswahl dazu genutzt, die Sozialschweinereien der Bundes-SPD abzustrafen, wovon die Union meist profitierte. Und dennoch: Kaum ein Wort davon, daß die Politik neoliberaler Prägung - mit seinem Privatisierungs- und Laienlehrerwahn, seinem fremdenfeindlichen Unterton, seinen repressiven Charakter gegen jeden, der dieser Gesellschaft differenziert gegenübersteht - bei dieser Wahl gescheitert ist. Indem man Kochs Xenophobie zum Sündenbock erhebt, zum alleinigen Schuldigen, vertuscht man die wahre Absicht der Wähler, die entweder gleich der Wahlurne fernblieben oder meinten in der SPD oder LINKEN ihr Glück finden zu können.

Die Wähler der LINKEN, so kann man diesem dekadenten Selbstbeweihräuchern entnehmen, sind nur verirrte Schäfchen, die jetzt endlich begreifen müssen, daß die Zeiten sozialer Gerechtigkeit, Teilhabe jedes Einzelnen am Wohlstand, Absicherung in Notlagen als Anachronismen zu erkennen sind, welche uns die Globalisierung nicht mehr erlaubt. Die LINKE schmerzt den beiden Volksparteien derart, weil sie wissen, daß es ihr Kind ist, ihr eigen Fleisch und Blut. Ihre gescheiterte Politik, die Verachtung gegenüber den Bedürfnissen der Bevölkerung - die man nun auch am fehlenden Respekt gegenüber der gewählten LINKEN erkennen kann, also ein fehlender Respekt vor der Entscheidung von knapp 400.000 Wählern - ermöglichten erst eine Partei, die sich sozialer Gerechtigkeit widmet. Nun darf man von der LINKEN halten was man will - meine Meinung in dieser Frage dürfte spätestens seit meinem letzten Beitrag bekannt sein -, aber Sozialisten im eigentlichen Sinne sind in dieser Partei bestenfalls als kuriose Randerscheinung zu finden. Der Kommunismus, so wie es Springer und Spiegel zu sehen glauben, ist ferner denn je - auch weil es die LINKE und ihr sanft-soziales Herankuscheln an den Kapitalismus gibt.

"Der Feind ist permanent. Er existiert nicht in einer Notsituation, sondern im Normalzustand. [...] Er wird so ins System als eine Bindekraft eingebaut." (Herbert Marcuse) - Als solches Bindemittel dürfen wir die LINKE begreifen; als stumpfes Damoklesschwert, welches über der angeblichen "Politik der Vernunft" schwebt und zuweilen herabzufallen droht. Die LINKE und deren Gegner wissen sehr wohl, daß es weder Sozialismus, noch eine andere Form der Abkehr von der kapitalistischen Gesellschaft geben wird, sollte die LINKE in den Genuß von Posten und Einfluß - d.h. in eine Regierung - kommen. Linke Sozialreförmchen, die keine Abkehr vom herrschenden System bedeuten, sondern lediglich die "Humanisierung" des industriellen Totalitarismus - also eine Form der Erpressung der Bedürftigen, indem man sie bezahlt, damit sie dies System weitertragen -, werden mit dem Etikett "Sozialismus" versehen, damit auch die kleinste Form der Umverteilung zum Tabu stilisiert wird. Mit der LINKEN ist kein Staat zu machen, weil sie schon längst im Staat angekommen ist.

1 Kommentare:

Anonym 29. Januar 2008 um 21:17  

So geht es nicht mehr weiter mit der Deutschen Kriegspartei SPD.

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