Die Entdeckung der Langsamkeit

Sonntag, 8. Mai 2016

Kurze Pause. Für einige Tage geht es weg, ad sinistram ruht bis Freitag in Frieden. Ich sehe mich verpflichtet, meine Leserschaft darüber in Kenntnis zu setzen. Jetzt weiß sie es. Die Pause soll zur Erholung gereichen. Verpassen werde ich nicht viel, nicht weil nichts passieren wird. Doch, es wird viel passieren. Derzeit gibt sich das Dilemma ja täglich die Ehre. Man weiß gar nicht, wo man hinschauen soll, überall tönt die Agonie eines Systems ohne Notausgänge, gibt sich als Sparzwang und als Korruption zu erkennen, als verlogene Mechanik innerhalb eines demokratischen Systems, das eigentlich mal eine Hoffnung für ehrlicheren Umgang barg, jetzt aber das krasse Gegenteil davon ist. Die White Pride sagt laut und mit rammsteiniger Timbre Good Night. Sie will es nicht wahrhaben. Zeitenwandel eben, Wohlstand für wenige, Bildung auch. Ein intelligibeler Trauermarsch.

Nein, ich werde nichts verpassen, auch wenn ich alles verpasse, weil ich mir in letzter Zeit etwas selbst versprochen habe: Nämlich nicht gleich in jedes Horn zu blasen, was die Massenmedien uns hinhalten. In den letzten Monaten fiel mir eklatant auf, dass die Hysterie nach Ereignissen (jeder nur denkbaren Art und Form) ein unsägliches Stimmengewirr verursacht hat. Für mich fühlt es sich an, als sei es nie schlimmer gewesen. Böhmermann war der Abschuss. Silvester war schon schlimm. Möglich ist aber, dass es heute nicht anders ist als vorher. Unterschied ist wahrscheinlich nur, dass ich seit weit über einem Jahr keine mehr oder sehr sehr unregelmäßig Massenmedien konsumiere. Die Gründe waren erzwungen. Letztlich war es süßer Zwang, ich wusste es seinerzeit nur noch nicht. Diese Einsicht kam erst im Verlauf dessen. Ziemlich sicher ist wohl, dass jeder Erleuchtete in der Geschichte, immer erst erleuchtet wurde, nachdem er keine Wahl mehr hatte. Aber das ist eine komplett andere Sache.

Hin und wieder schalte ich mal auf die Äther, die unsere Gesellschaft informieren und shitstormen, mittlerweile habe ich diese Möglichkeit wieder. Jedesmal schalte ich nach kurzen Intermezzi gleich wieder weg. Das kalte Kotzen fällt mich an wie ein tollwütiger Hund, die Ruhe im Sturm ist mir da lieber. Ich brauche keine minutiöse Berichterstattung. Auch nicht, wenn Terroristen an die Pforten des Westens klopfen. Es reicht, ein, zwei Tage später darüber zu lesen. Qualität ist mir wichtiger als Quantität. Ich trinke auch lieber fränkisches Bier als den Siff aus der Discounter-Dose. Mit beinahe 38 Jahren bin ich mir das wert.

Was ich mir versprochen habe ist, dass ich da nicht mit einstimme. Meine Agenda bei ad sinistram bestimme ich selbst. Mit zeitlichem Abstand werde ich was dazu sagen. Da kann man besser reflektieren. Früher habe ich auch topaktuell gebloggt. Meistens waren die Texte ziemliche Scheiße, die ich zwei Tage später so nicht mehr publiziert hätte. Auch mit zeitlichem Abstand kann man in eben jene Scheiße greifen, aber ich bilde mir ein, dass das Risiko geringer ist. Deswegen habe ich ewig nichts zu Silvester und diesen Herrn Böhmermann geschrieben, einfach zugewartet. Es war nicht nötig, die anderen hatten alles gesagt. Nur nicht das, was ich dazu sagen wollte. Und wenn ich es dann sagen würde, während alle sprechen, hörte mich ja keiner. So warte ich ab, bis es leiser wird und sage dann das in die Stille hinein, was dann auch keinen juckt. Entschleunigung eben.

Die Welt ändert sich eben in keiner Weise, ob man seinen Blickwinkel sofort, soforter oder am sofortesten hinausplärrt in die Netzwerke, die die Welt deuten. Oder ob man sich Zeit lässt und später nochmal leise was vor sich hin faselt. Man kann es auch in aller Langsamkeit entdecken. Slow Food schmeckt nicht immer besser, aber es vermittelt einem doch die Perzeption, dass man sich ein wenig Zeitaufwand und Einsatz wert ist. Also kann ich auch urlauben, die Finger stillhalten. Falls in Merkels Hosenanzug Crystal Meth gefunden wurde oder ein AfDler heimlich zum Islam konvertierte, kann ich das auch noch in zwei Wochen thematisieren. Klar, man wird mir den Text dann nicht mehr aus der Hand reißen, aber Zugriffszahlen, was sind schon Zugriffszahlen, wenn man von ihnen lebt, die Rechnungen davon bezahlt und an ihrem Tiefstand Pleite geht? Aber gut, zwei Wochen bin ich ja auch nicht weg. Nur bis Freitag.

Falls der geneigte Leser will, darf er »ad sinistram« natürlich unterstützen. Der mir nicht geneigte Leser, der Troll oder sonstwer, darf natürlich auch. Das geht für Geneigte und Abgeneigte entweder per Paypal (siehe rechte Seitenleiste) oder über den gewöhnlichen Bankweg. Meine Kontodaten teile ich auf Nachfrage jedem mit. Herzlichen Dank möchte ich an dieser Stelle mal wieder an alle richten, die mich seit langem unterstützen. Danke auch an alle, die dies künftig tun wollen. Und an die, die mich nicht mögen. Ich liebe ... ich liebe doch alle ... alle Menschen.

1 Kommentare:

Anonym 11. Mai 2016 um 22:03  

In den Voragendajahren hieß der Siff aus der
Discounterdose "Karlsquell".
Früher war alles anders und auch der Siff noch gut.

Was legen die drauf wenn der Terror
nach Deutschland schwappt ? Springen die Kanaillen
vom Boulevard hinter ihren Schreibtischen hervor um
zur Jagd zu blasen. Schreitet Klaus Cleber zur
Spurensicherung um jede leere Patronenhülse selbst
zu betasten ? Bespricht Anne Will die Splitter
eines Schnellkochtopfes mit Gästen aus der
Unterhaltungsbranche ?

Was folgt auf plärrend laut und blendend grell ?

Geht da noch was ?

„Und so sehen wir betroffen
- Den Vorhang zu und alle Fragen offen … " ( Brecht )

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