Parabel von zwei toten Außenministern und wie sie ihr Amt sahen

Freitag, 8. April 2016

Innerhalb von zwei Wochen verstarben zwei ehemalige deutsche Außenminister, die ihre politische Heimat in der FDP hatten. Dieser Zufall lässt einen Vergleich zu, der den Wandel des politischen Amts von Verantwortungsbereitschaft hin zum plumpen Karrierismus skizziert.

Im Leben gibt es häufig merkwürdige Entwicklungen, kuriose Koinzidenzen, die wie von einem unsichtbaren Drehbuchautor erdacht scheinen. Und nicht nur im Leben ist das zuweilen so, sondern gelegentlich fallen auch Sterbedaten so zusammen, dass sie wie ein Wink wirken. Ein solcher Zufall ereignete sich jetzt im März, als die zwei ehemaligen Außenminister Westerwelle und Genscher, die überdies alle beide ihren politischen Werdegang bei den Liberalen verorteten, verstorben sind. Der eine ging jung, der andere starb in einem Alter, in dem Sterben kein Überraschungsmoment mehr sein dürfte. Zwei Generationen von FDP-Politikern gerieten so noch einmal kurzzeitig in den Fokus der Öffentlichkeit; zwei Generationen politischer Verantwortungsträger ehrte man mit Biopics und Nachrufen. Der Unterschied zwischen den beiden medialen Andenken war so augenfällig, dass man damit dokumentieren könnte, welche Entwicklung das politische Amt genommen hat. Der Tod der beiden arbeitet fast wie ein Gleichnis auf den Niedergang jenes Berufs hin, der eigentlich im Dienst der Allgemeinheit steht. So wird der Zufall der zeitnahen Tode zu einer Parabel über Amt und wie man es ausfüllt.

1 Kommentare:

Harald M. 8. April 2016 um 18:43  

Man kann ja über Westerwelle sagen, was man will, aber daß die seinige das Beispiel einer durchgeplanten Politkarriere sei, könnte unwahrer kaum sein. Er war seit 1983 Vorsitzender der Jungen Liberalen, aber arbeitete die folgenden 11 Jahre weiterhin in der Kanzlei seines Vaters, weil er nicht hauptberuflich in die Politik gehen wollte, bevor ihn Genscher immer wieder dazu drängte und schließlich umstimmte.
Zumindest das, was gut dokumentiert ist, sollte nicht nachträglich den Toten in Abrede gestellt werden.
Ich (als 72-jähriger) stelle auch fest, daß heute über Westerwelle im Vergleich zu Genscher genauso geredet wird wie in den '80ern über Genscher im Vergleich zu seinen Vorvorgängern Gerhard Schröder (das war der CDU-Außenminister '61-'66, gestorben '89) und Willy Brandt.

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