Neue Menschen für die Liberalen

Mittwoch, 20. Mai 2015

Die FDP hat wirklich alles versucht. Jedenfalls ihrem Selbstverständnis nach. Jetzt hat die Parteispitze endlich eingesehen: Nicht die Partei muss sich ändern, sondern die Menschen müssen so werden, dass sie die Partei wählen können. Die damalige Abwahl war kein Schock. Sie hat den Größenwahn nur noch vergrößert.

Die vielen Tieflagen bei den Umfragen, als man noch Koalitionspartner war, hatten die Liberalen in Bewegung versetzt. Jedenfalls rhetorisch. Man wollte mehr Profil zeigen und wieder beweisen, wofür man stehe. Gut, kapiert hat keiner so genau, wofür denn nun eigentlich. Oder sagen wir so: Man dachte sich einfach, dass die Bande nichts anderes mache wie immer. Steuersenkungspolitik für Reiche, Verklärung von Ausbeutung und Heiligsprechung jeglichen Unternehmertums. Aber rhetorisch tat man wenigstens noch so, als habe die FDP nun zu liefern, sich zu bewegen und sich neu auszurichten. Man zeigte oberflächliche Demut und wollte ein klein wenig geläutert herüberkommen. Geglaubt hat denen das damals freilich keiner. Man kannte sie ja. Aber die Partei war noch feige genug, nicht völlig die Bodenhaftung zu verlieren.

Tja, die FDP war dann plötzlich nicht mehr im Bundestag. Und mancher glaubte, jetzt formierte sich ein neuer Liberalismus. Ein Werteliberalismus, den man lange vermisst hatte. Einer, wie ihn Gerhard Baum vertrat und der »liberal« als ein Lebensgefühl und nicht als Geschäftsgrundlage verstand. Aber nichts da! Der Größenwahn packt manchmal genau die, deren Größe in etwa auf den Niveau eines Fliegenschisses liegt. Und so will sich jetzt dieses letzte Aufgebot dieser Bande nicht mehr verändern, um wieder wählbar zu werden. Nun sollen sich die Menschen ändern. Die Menschen sollen ihre Mentalität reformieren, meint der Messias mit dem blonden Seitenscheitel. Nur so wäre die FDP wieder eine Option.

Nicht übel! Wo andere sich Gedanken machen, was sie falsch gemacht haben, outsourct der ausrangierte Flügel des Wirtschaftsliberalismus einfach das eigene Versagen und macht die Leute dafür verantwortlich. Weil sie von der Mentalität her so fehlerhaft programmiert sind, kam es für die FDP zum Desaster. Und nur wenn man Mentalitätsreformen einleitet, kann Lindners kleine Privatpartei wieder punkten. Der neue Mensch machts. Der neue Menschentypus war immer schon die letzte Flucht derer, die keiner verstanden hat. Eine Portion Megalomanie muss dann schon sein, um den neuen Menschen zu propagieren. Auch wenn es gar nichts mehr gibt, was irgendwie mega wäre. Gerade dann!

Diese Partei ist nicht therapierbar. Sie ist Ausdruck eines Größenwahns, der einst an den Börsen begann, über die Realwirtschaft und Sozialstandards herfiel und nun noch als außerparlamentarischer Zappelphilipp herumalbert. Das ist das Profil dieser Partei: Größenwahn. Den hat man hinübergerettet in die mandatslose Zeit. Und je schlimmer die eigene parteiliche Situation, desto lauter die Durchhalteparolen aus dem gelben Bunker. Kapitulation ist nicht. Die Menschen sollen kapitulieren und eine bessere Mentalität annehmen. Oder sie gehen halt unter, weil sie es nicht wert gewesen sind. Ach, wie lächerlich sich die Rhetorik deutscher Wichtigtuer doch manchmal gleicht.

8 Kommentare:

ulli 20. Mai 2015 um 09:37  

Vielleicht kehrt die FDP ja sogar in den Bundestag zurück. Dann würde die Geschichte endlich mal einen gewissen Humor beweisen: Zuerst fällt die FDP mit großem Tratra unter die 5%, dann entsteht mit ähnlichem Trara eine nationalkonservative Alternative, die löst sich dann aber mit ähnlichem Trara in ihre Einzelteile auf, und die Grünen schaffen es trotz aller Unkenrufe ebenfalls nicht, den Platz der FDP einzunehmen. Nach der nächsten Wahl ist dann wieder alles, wie es schon immer war - Merkeldeutschland gefangen in einer Endlosschleife...

Thomas 20. Mai 2015 um 14:51  

Tausch doch bitte mal FDP gegen SPD aus... und die handelnden Personen... und lass' die Abwahl weg... ansonsten bleibt der Text im wesentlichen korrekt. Bloß gesagt hat es da noch keiner ;)

kaluptikus 20. Mai 2015 um 15:08  

vielleicht hat der Lucke von der AFD ein Einsehen und kauft den Laden auf, um ihn dann zu spalten.... kann ja nicht allzuviel koseten.

Braman 20. Mai 2015 um 15:59  

Roberto,
les Dir mal die Berichterstattung in den "Qualitätsmedien" durch, die der 'Parteitag' dieser Splitterpartei hervorgerufen hat.
Ich hab irgendwie die Sehnsucht der Schreiberlinge nach dem Dummschwätz der FDP gespürt.
Zumindest bei den transatlantisch aufgestellten Neoliberalen wie FAZ und Welt wurde die Abwahl der
"F-reunde D-er P-lutarchen" als Verlust empfunden.
Also, hören wir auf, diesen Leuten noch eine weitere Plattform zu geben!

MfG: M.B.

Wolfgang Buck 20. Mai 2015 um 16:42  

Ich habe den Eindruck nach den letzten Landtagswahlen die "neue" Strategie der FDP könnte mit "sex sells" umschrieben werden.

Immer treten für die FDP halbwegs attraktive jugendlich und dynamisch wirkende Blondinen an. Und prompt gehts dann auch über die 5% ;-)

Aber das versuchen ja mittlerweile alle Parteien. Nur die Grünen haben ausschließlich furchterregende Schreckschrauben in der Auslage...oder hab ich da was verpasst?

Nein, nicht mein Posting ist sexistish sonder die Umsetzung der Gender-Mainstream-Kriterien durch die Parteien. Aber hey! Was den Verkauf von Deo ankurbelt kann doch auch der Demokratie auf die Sprünge helfen.

Anonym 21. Mai 2015 um 14:01  

Für die Gelben gibts grünen Ersatz.
Genau so neoliberal und mit einem gewissen Hang zu umweltschonenden (Biodiesel) Kriegseinsatz (Nie wieder Auschwitz).
Gelb ärgern oder grün anlaufen; es gibt keinen wirklichen Unterschied.
Beide Parteien und deren Volksvertreter sind schlicht Vertreter von Einzelinteressen.
Das Volk bleibt auf der Strecke.

Link zur Ungleichheit(englisch)
http://www.oecd.org/statistics/compare-your-income.htm

Kaluptikus 21. Mai 2015 um 21:17  

@ W. Buck
ich wollts nicht sagen, aber wir haben noch lange gerätselt, wer die denn nun gewählt hat, die Männer oder eher die Frauen und noch mehr haben wir gerätselt, warum!
Wozu denn FDP, wo wir doch genug Spass mit der AFD haben...
Apropos Schreckschrauben, das Wahlplakat war fast bis zur Unkenntlichkeit geschönt!

BiBaBo 21. Mai 2015 um 23:53  

Schön, dass hier schon jemand darauf aufmerksam gemacht hat, dass "FDP" genausogut durch "SPD" ersetzt werden könnte in dem Artikel.
Und nicht nur das... Man könnte außer der CDU jeder Partei vorhalten, dass sie sich nicht ändere und damit relativ erfolglos bleibe. Wer das auf die FDP beschränkt, verkennt die offenliegenden Tatsachen.

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