Bourani, du kunst mich mal ...

Samstag, 29. November 2014

Ich habe letztens den Bourani bei Gauck gesehen. Merkel war auch da. Da habe ich spontan für mich beschlossen, jedem den Status eines Künstlers abzusprechen, der mit dieser politischen Macht und Großspurigkeit auf Tuchfühlung geht. Das nenne man ruhig arrogant. Ich aber nenne es konsequent. Für mich ist das eine Frage gesunden Selbstwertgefühls.

Nein, nicht dass ich Bouranis ambitionierte Scheiße vorher auf irgendeine Weise für mich als künstlerisch wertvoll angesehen hätte. Einen solchen Anspruch hatte er bestenfalls »nur in seinem Kopf«. Aber ich war bereit, ihn als Künstler anzuerkennen, der zwar für mich leider keine Botschaft hatte, aber grundsätzlich natürlich Kunst betrieb. Der Mann war übrigens zur WM-Gedenkstunde nicht erstmals in Bellevue. Er steht mit diesem nekrophilen und überforderten Präsidenten, der sich gerne schöne Sätze drechseln hört, nahezu auf Du und Du. Zuletzt sang er ihm jenes Lied, das sie zur WM-Hymne gemacht hatten. Händeschütteln. Staatstragende Respektsbekundungen. Die Raute lächelte hinüber. Die deutsche Familie unter sich. Mitsamt den lieben kleinen Kickern, denen man ein Lorbeerblatt schenkte.

Dass die Presse natürlich von einer ganz besonderen Ehre sprach, einem glanzvollen Ereignis in Bellevue, ist eine andere Sache. Mir geht es heute mal um die Künstler, die solche Anlässe garnieren. Wenn die die Nähe zu einer politischen Macht suchen, die Ambitionen zu Militäreinsätzen und europäischer Hegemonialpolitik zeigt, die Arroganz in die Welt trägt und es dann »neues Selbstbewusstsein« nennt, dann ist das nicht einfach nur eine Chance für einen Künstler, noch mehr Publikum auf sich zu ziehen, sich interessant zu machen. Dann ist das ein Politikum und dann ist die Zusammenkunft kein privates Tête-à-tête mehr, sondern ein offizieller Akt und ein Bekenntnis zu einem Land, in dem der Rechtsruck Staatsdoktrin geworden ist.

Ich weiß, Kunst hat viele Definitionen. Keine befriedigt, denn keine ist allumfassend und allgemeingültig. Was Kunst genau ist und wo die Grenze zwischen Kunst und Krempel liegt, vermag jeder anders zu beantworten. Geht Kunst mit Kommerz zusammen? Es gibt genug Beispiele, die das bejahen. Auch kommerzialisierte Bands haben uns Songs von höchsten künstlerischen Anspruch hinterlassen. Für mich persönlich hat Kunst etwas mit dem Brechen von Konventionen und den Entkrusten von Vorgaben der real erfahrbaren Welt, also auch der Politik und der Gesellschaft zu tun. Sie sollte oppositionell sein, wenigstens aber nicht regierungstreu und auf die zeitgeistigen Erscheinungen scheißen. Ordnet sich der, der Kunst machen möchte, den gesellschaftlich-zeitgeistigen Vorgaben unter, wird es für mich schwer, ihn als Künstler wahrzunehmen. Natürlich -  man lebt als Künstler auch im Diesseits der Vorgaben und Bräuche. Man ist ja auch von dieser Welt. Doch man kann auch ohne die machtpolitische Entourage auskommen, die diesen Kontinent in den Bankrott weist und dabei munter den Neoliberalismus bedient.

Wenn ich jemanden wegen seiner Kunst besuche, dann wünsche ich, dass er a) neutral bleibt oder wenigstens b) in gewisser Opposition zur Regierung steht. Kunst, die die Regierung, den herrschenden politischen Zeitgeist oder Wirtschaftsinteressen unterstützt, ist keine Kunst für mich. All die Possenreißer, die Merkel ehrfürchtig die Hand schütteln, bei Gauck vorbeischauen oder vor Bundestagen klimpern, haben die Pfade der Kunst verlassen. Wenn Kunst überhaupt etwas bedeutet, dann der Umstand, den Prozessen der Realpolitik eine Abfuhr zu erteilen. Wer das nicht tut und sich anbiedert, den nenne ich Hofmusikant. Sings bloß nicht noch einmal, Bourani ...

9 Kommentare:

Anonym 29. November 2014 um 11:50  

Bourani? Nie gehört. Wird wohl daran liegen, dass ich schon länger im Ausland lebe. Ist das so eine Art Neuauflage von Xavier Nadoo? Falls ja, dann gute Nacht!

Braman 29. November 2014 um 15:47  

Ob Bourani, Die toten Hosen, Die Scorpions oder Peter Maffay, wer mit den Mächtigen aus Politik und Wirtschaft ins Bett geht (Ferres - Maschmeyer), ist für mich als Konsumet aus dem Volk, nicht mehr relevant.
Bei den oben genannten habe ich allerdings auch vom Gebotenen her keinerlei Entzugserscheinungen.
Ich stell zwar am Radio nicht um, wenn einer der genannten etwas darbietet, das wäre zuviel Einfluss auf mein Verhalten, aber auf keinen Fall kommt mir eine CD von denen ins Haus.

MfG: M.B.

Eine Autorin 29. November 2014 um 17:28  

Kunst funktioniert hierzulande leider nach einem Doppelstandard: Einheimische Künstler müssen möglichst unpolitische Werke vorweisen (bestenfalls dürfen sie pseudo-ironisch affirmativen Stuß absondern), dann werden sie anerkannt - und können bei Gelegenheit instrumentalisiert werden.
Künstler aus Feindesland können sich hingegen als Dissidenten gegen ihre eigene Regierung qualifizieren, beste Beispiele: Ai Wei Wei und Pussy Riot. Künstlerische Qualität ist hingegen belanglos.

Ich stimme Dir zu, Roberto, wirkliche Kunst löckt den Stachel gegen den Status und versucht aus dem täglichen Einerlei auszubrechen. Aber diese Perlen finden kaum das Interesse des Feuilletons und der Edelfedern des "Qualitätsjournalismus". Sie bekommen bestenfalls winzige Auflagen bei Kleinverlegern, die sich keine großartigen Kampagnen leisten können.
Sieh dir mal, mit welchen Auflagen Franz Kafka sich zufriedengeben mußte. Meist gelten sie zu Lebzeiten als artist's artist und werden von der Allgemeinheit erst wahrgenommen, wenn weichgespültes Merchandise (z.B. Plakte für Studi-Buden) im Handel greifbar ist.

Schade. Menschen sind so. Leider.

Anonym 29. November 2014 um 20:35  

Bourani? Who the fuck is Bourani?
nein,werde das nicht nachgooglen.
dem Text nach irgendein Hampelmann aus dem Hofstaat der Politschranzen.
Trotzdem danke für den wie immer schönen Text.

MacPaul 29. November 2014 um 21:01  

Da kann ich nur, dass Mike Oldfield niemals zu einem Ereignis wie z.B. Olympia 2012 nach Deutschland kommt und sich mit diesen Typen sehen lassen muss! ;-)

Anonym 29. November 2014 um 22:51  

Ich lebe im Inland und habe von diesem vorgeblichen Künstler auch noch nie gehört.
Wenn er sich bevorzugt in der Gesellschaft von Gestalten IM Erika und IM Larve aufhält, kann das aber auch gar nicht passieren - wenn auch nur Gefahr droht, dass diese meinen Monitor oder mein TV heimsuchen könnten, schalte ich reflexartig um oder aus.

ninjaturkey 30. November 2014 um 14:22  

lahibl rushesHm - der Name hat mir zunächst auch nichts gesagt, aber die Lieder sind natürlich durchaus ansprechende Ohrwürmer, die jeder schon mal im Radio gehört hat. Gutes Stimmchen hat er auch noch. Mit Deiner Kritik hast Du insofern recht, als es unseren Politdarstellern letztlich wurscht ist, mit wem sie sich ablichten lassen um so etwas wie Volxnähe zu simulieren. Damit wird auch der Herr Bourani zu einem bunten Beutel degradiert, in dem sich unansehnliche Inhalte transportieren lassen. Ob man das zulässt ist - Grundkenntnisse des politischen Geschäfts vorausgesetzt - eine Frage der Würde. Diese Grundkenntnisse spreche ich dem Künstler zunächst einmal ab. Insofern zeigt seine Teilnahme an derartigen Veranstaltungen nicht weniger als ein beklagenswertes Defizit in Bezug auf seine Funktion dabei und auch auf seine Selbstsicht.
Damit gehört er irgendwann wie viele andere zu den "Verführten", die einfach "nur" unpolitisch sind/waren. Böser subjektiver Vergleich gefällig: Leni Riefenstahl lässt grüßen.

Andreas S 1. Dezember 2014 um 20:13  

Bourani dachte ich immer, wäre ein Fussballspieler. Manche Bildungslücken pflege ich, so gut es geht und will sie mir erhalten. Hatte die letzten Tage 'nen Radiosender mit viel Musik und wenig Werbung. Da lief dann mal "Wind of Change". Bei dem Lied denke ich mir immer: Wie kann ein Arsch, der mit Schröder und Maschmeyer rumhängt so 'ne Musik komponieren? Muss offensichtlich die andere Hälfte seines Hirns sein (vielleicht hat er ja auch ein halbseitiges Vakuum).

Anonym 2. Dezember 2014 um 18:59  

@EineAutorin

"pseudo-ironisch affirmativen Stuß absondern"

So sieht's aus.

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