Putz dir die Nase und geh weiter!

Samstag, 2. August 2014

Die »Diktatur des Klickariats«.

»Ich weiß nicht mehr genau, wie ich dazu kam, ad sinistram zu liken«, schrieb mir einer an die Pinnwand, nachdem ich ein kritisches Filmchen zur braunen Präsenz bei Montagsdemos geteilt hatte. Dass ich in der dann folgenden Diskussion eben nicht sehr respektvoll mit einem Verteidiger der Veranstaltung umging, hat ihm nicht gefallen. Er fand das »sehr traurig und wenig sympathisch«. Daher: »Dislike. Schade.«

Was wollte der Mann von mir? Drohte er mir Liebesentzug an? »Wenn du das traurig findest«, antwortete ich ihm, »dann putz dir eben die Nase und geh weiter.« Facebook ist ein freies Neuland.

Ich habe es ja schon mal gesagt: Leute, ich bin kein Spiritual Leader. Und schon gar keiner, der sich von
»seinem Gefolge« auferlegen lässt, welche Ansichten er zu verbreiten hat. Spart euch also diese  »Diktatur des Klickariats«. Es ist schön, wenn ihr meiner Meinung seid. Aber falls nicht, ist das auch in Ordnung. Ihr müsst deswegen nicht den Scheißestürmer heraushängen lassen. Ich nehme das zur Kenntnis, wenn ihr eure Kumpel antreibt, sie sollten mich mal disliken. Aber sonst auch nichts. Soll ich weinen? Zurückrudern? »Bitte, bitte, habt mich lieb« betteln? Sind das die Verhaltensnormen, die sich da mancher von »kritischen Geistern« wünscht?

Später hat mir dann ein anderer einen Clip unter meinen Text gepostet. Darin trat ein Doktor aus Nordrhein-Westfalen auf, der erklärte, dass sein kleines Friedenstrüppchen anfangs gegen diese Mahnwachen mit geschniegeltem Messias war. Aber jetzt habe sich etwas geändert: »Wir haben uns bewegt!« Herrgott, lachte ich da köstlich auf. »Ich mich auch, Doktorchen«, rief ich dem Kerl in dem Clip zu, »ich hab mir eben den Sack gekratzt!« Was hat der Poster gemeint? Dass ich aufjuchze und Abbitte leiste?

Was ich sagen will? Hm, keine Ahnung, wenn ich ehrlich bin. Vielleicht, dass ich niemanden erziehen will und auch nicht erzogen werden will. Und wenn es jemanden nicht gefällt, dass ich bestimmte Ansichten nicht teile oder gegen bestimmte Veranstaltungen bin, dann bitte, da ist der Like-Button, den man auch zum Disliken verwenden kann. Mir sind Leser eh lieber als Liker.

5 Kommentare:

Ravenbird 3. August 2014 um 08:46  

Moin Roberto,

ich verfolge Dein Blog jetzt schon einige Zeit und muss Dir zumeist zustimmen. Ich denke das Du ähnlich wie ich auf Themen und Entwicklungen aufmerksam machen willst die nach Deiner Meinung wichtig sind. Das Du zu diesen Themen Deine Meinung und Deinen Standpunkt vertreten willst. Das ist in meinen Augen richtig und wichtig.

Leider kann nicht jeder gut damit umgehen das man die Entwicklungen und Themen kritisch beobachtet, sich seine eigene Meinung bildet und diese dann auch noch kundtut. Oft sind die Menschen zu sehr in ihrem eingeschliffenen Denkschema verhaftet und können beim besten Willen nicht daraus ausbrechen. Ich selbst schätze mich ja als libertär, antinational und antikapitalistisch ein, jedoch bemerke auch ich bei kritischer Selbstprüfung oft das natürlich auch bei mir meine Erziehung und Prägung Spuren hinterlassen haben. Teilweise Spuren die mir nicht gefallen und die zu überwinden viel Kraft kostet. Manchmal lese/sehe/höre ich etwas das mir übel aufstößt, früher einmal hätte ich sofort entsprechend impulsiv darauf reagiert. Inzwischen jedoch nehme ich mir außer wenn 'Gefahr in Verzug ist' die Zeit es kurz zu durchdenken. Den oft ist der Grund das man etwas ablehnt der, dass einen die eigene Prägung einen Streich spielt.

Auf jeden Fall würde ich mir wünschen das Du so weiter machst wie bisher!

Viele Grüße aus dem Kleinen Odenwald (nördliches Baden-Württemberg)

Anonym 4. August 2014 um 19:16  

"Mir sind Leser eh lieber als Liker.".
Das bringt's elegant auf den Punkt!
Gut gesprochen...

Anonym 4. August 2014 um 19:29  

Na ja, er dachte wohl, dass dir Likes genau so wichtig sind wie ihm.
Oder er ist einer dieser Poser, die sich für so wichtig halten, dass man um ihre Aufmerksamkeit kämpfen sollte.
Erinnert mich auf jeden Fall an meinen Bruder, dessen Freundschaftsliste auf Facebook schrumpfte, nachdem er sich von seiner Freundin trennte. Die schrieb doch tatsächlich systematisch die gemeinsamen Freunde an, um sie zum löschen meines Bruders aus der Freundschaftsliste zu überreden.
War der angepisst!
Dabei waren das gar nicht seine richtigen (!) Freunde, viele von denen konnte er nicht mal ab.
Aber hey... seine Freundschaftsliste wurde kleiner und das schien irgendwie an seinem Ego zu kratzen.

Anonym 7. August 2014 um 10:17  

Hehe, dieser letzte Kommentar hat mir den Tag gerettet.

Wenn ich auch Mitleid mit deinem Bruder und seiner Ex habe, dass ihnen dieser "Freunde"-Kram solchen Stress bereitet, zeigt es doch geradezu satiremäßig, wie albern überbewertet dieses "Liken", "Freund sein" oder "Followen" per Social Network ist.
Bedeutet "Follower" übersetzt nicht sinngemäß "Jünger"? Auch egal...
Wie ich neulich las und sehr begrüßte: Das Internet sollte vielleicht weniger Platz der Begegnung sein als vielmehr Mittel, wirkliche Begegnungen herbei zu führen. Dann kann man seine Freundschaften bestimmt auf solidere Füße stellen.

Anonym 8. August 2014 um 23:36  

Reine Neugierde ... (und ok, bin etwas spät über den Artikel gefallen)

Wozu hast (brauchst) du überhaupt Fake-Buch?

  © Free Blogger Templates Columnus by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP