Kurz kommentiert

Mittwoch, 19. Februar 2014

"... Aktionäre erhalten dagegen häufig nur Almosen.
[...]
Denn Sonderdividenden sind aus der Mode gekommen. Und das ist die falsche Entwicklung.
[...]
Aber manche Dinge sind in dieser Hinsicht inzwischen aus der Balance geraten. Das Pendel ist vom ehemals überbetonten, reinen "Shareholder Value"-Prinzip weit in die Gegenrichtung ausgeschlagen."
- Carsten Knop, Frankfurter Allgemeine am 14. Februar 2014 -
Zum Gesagten sei angemerkt: Aktionäre sind wahrscheinlich die wahren Geschädigten in unserer Zeit. Sie stecken ihr Geld in Unternehmen, lassen es dort arbeiten ohne dass sie selbst dabei schwitzen müssen - und bekommen dafür Dividende. Sonderdividenden aber nicht. Das ist natürlich eine Ungerechtigkeit. Und dass der Zeitgeist das "Prinzip Shareholders Value" ins Gegenteil verkehrt hat, ist natürlich der Abgesang einer ansonsten fairen Wirtschaftsordnung.

Unternehmen sparen nicht nur wie eh und je, sondern teilweise viel härter als je zuvor. Sie feuern Angestellte und erzielen höhere Umsätze mit weniger Belegschaft, verlagern Arbeitsplätze in Billiglohnzonen und stellen ihr Geschäftsmodell von sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern auf Mini- und Teilzeitjobber um. Weil die Freizügigkeit in der Europäischen Union zwar erlaubt, aber nicht fair reglementiert ist, können sie Tagelöhner aus Osteuropa anfordern, die nicht nur billig arbeiten, sondern oftmals auch noch wie Leibeigene auf dem Werksgelände in betreutes Wohnen gesteckt werden können. Das alles geschieht um wettbewerbsfähig zu bleiben, um die Gewinnmargen zu erhöhen und letztlich auch deshalb, um für Anleger interessant zu bleiben. Mit Renditeversprechen von anderthalb Prozent gewinnt man heute keinen Blumentopf mehr.

Das ist nicht bei allen so. Und bei manchen nur versteckt. Große Unternehmen wie Audi begünstigen nicht nur Aktionäre, sondern kennen auch Sonderausschüttungen an die Belegschaft. Aber die Zulieferfirmen und Subunternehmer, die im fetten Speckgürtel um das Werksgelände Teile fertigen, lackieren oder verpacken, gehen auch da leer aus. Die Mitarbeiter dort arbeiten für weniger Geld und ohne Gewinnbeteiligung, auch wenn sie am Gewinn dieses Konzerns mitwirken.

Diese Austeritätswirtschaft, die beim Arbeitsamt immer noch unter dem Namen Arbeitsmarkt firmiert, ist das Produkt einer Banken- und Börsenschattenwirtschaft, die nicht die begünstigt, die die Arbeit tun, sondern jene, die die Arbeit tun lassen. Doch für Knop scheint die Sache ganz anders zu sein. Er nennt die Dividende ein Almosen und tut gerade so, als nage jemand, der das Geld hat, um in Aktien zu investieren, am Hungertuch. Der Shareholders Value ist aber nicht aus der Mode gekommen. Er ist die Realität. Auf seiner Allmacht gründet alles Treiben. Er ist der Markt, der die Politik am Halsband festhält.

Die Shareholder machen oder kippen Gesetze. Aber in der Redaktion der Frankfurter Allgemeinen ist das noch nicht angekommen. Man müsste dort mal all die kleinen Lohnschreiber fragen, die jetzt freiberuflich mit von der Partie sind, um die Zeitung wettbewerbsfähig zu galten. Ob die es auch so sehen?


7 Kommentare:

klaus baum 19. Februar 2014 um 12:30  

roberto, ich habe den eindruck, dass du nicht nicht genug einfühlen kannst in menschen mit überschüssigem vermögen, denn derjenige, dem durch erbschaft ohne böse absicht und unwillentlich ein paar millionen zugefallen sind, derjenige steht heutzutage ganz schlecht da: lässt er das geld ruhen, sagen wir, auf einem sparkonto, so bekommt er kaum zinsen und muss diese auch noch versteuern.
nun ist es aber so, dass er nicht nur wenig zinsen bekommt, sondern durch die inflation wird sein geld immer weniger. es schmilzt dahin, es fließt davon.
er ist also, um sich dem entgegenzustemmen, genötigt, sein geld irgendwo anzulegen ... auch ist es nicht so, dass er bequem auf dem sofa sitzt, bier trinkt und tv schaut, während sein geld arbeitet, nein, er muss täglich bangen und hoffen, dass die kurse ein wenig über der inflationsrate steigen. wer heute geld anlegt ist zu vergleichen mit einem, der sich in einem gebrechlichen kahn auf den atlantik hinausbegibt, mit dem tödlichen risiko, unterzugehen.
erst mit dieser sicht wird ein schuh von deichmann draus.

Sledgehammer 19. Februar 2014 um 14:02  

Mal abgesehen davon, dass Geld nicht arbeiten kann; erneut ein trefflicher, "hirnschmalztriefender" Artikel. Chapeau!

Anonym 19. Februar 2014 um 15:19  

Herrlich Robertos Text persifiliert, Klaus Baum.
Danke!

Anonym 19. Februar 2014 um 16:26  

Es ist ganz bestimmt nicht so das der Ottonormal-Aktionär auf dem Sofa sitzt, Bier trinkt, und tv schaut, während er um eine Kapitalerträge fürchtet. Was für eine kretinöse Vorstellung! Er sitzt vielmehr auf einer feinen Chaiselongue, oder auf einem LeCorbusier- Sesselchen, trinkt edlen Wein, Champagner oder bio-Limonade aus handgerührter wachholder-Litschi Melange und liest dabei ein gutes Buch von Hans Olaf Henkel, oder auch einfach nur den Wirtschaftsteil der FAZ - So stelle ich mir das als alter Sozialneider jedenfalls vor.

Braman 20. Februar 2014 um 15:40  

Der Shareholder Value, also das Erzielen von Einkommen ohne eigene Arbeitsleistung, ist nicht aus der Mode gekommen, im Gegenteil, er ist wichtiger denn je.
Er ist allerdings aus der Berichterstattung der Medien verschwunden weil, so wie der Profit, negativ besetzt.
Und der (Groß-)Aktionär sitzt ganz sicher nicht irgendwo rum bei Bier oder Champagner sondern kümmert sich aktiv um die Vermehrung seines Kapitals. Kein Vorstandsvorsitzender oder Manager bei BMW bekommt diesen Job ohne die Zustimmung der Familie Quandt und, wenn er sich als nicht genehm erweist, dann geht der Quandt-Daumen auch wieder runter und der arme Mann muss zur BA.
Ansonsten, ich zu Tränen gerührt ob des schweren Schicksals der Aktionäre. Aber jeder Arbeitnehmer tut ja sein Bestes das es dieser Randgruppe nicht zu schlecht geht.

MfG: M.B.

Anonym 20. Februar 2014 um 16:28  

Bzgl. Randgruppe... Deutschland mit seiner geringen Aktionärsquote ist auch ein nationaler Sonderfall. Der Deutsche hat Angst und will Sicherheit.
In Schweden haben 38 Prozent der Bevölkerung Aktien... Von Randgruppe kann da wohl keine Rede sein:
http://de.wikipedia.org/wiki/Aktion%C3%A4rsquote

Braman 20. Februar 2014 um 17:53  

@anonym 16-28
Sicher ist es so das in anderen Ländern der %-uale Anteil der Aktionäre an der Gesamtbevölkerung höher ist.
Trotzdem sind die Aktionäre die Einfluss auf die Firma haben und/oder von den Erträgen leben (können)tatsächlich eine sehr kleine Gruppe.

MfG: M.B.

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