Im Felde unschlagbar

Dienstag, 18. Februar 2014

Ja, doch, der Mann passt wie die Faust aufs Hämatom. Jemand, der im Felde bewandert ist, kann auch mal über die Felder tingeln. Die gelbe Schleife an seinem Revers zeigt es an: Da ist jemand solidarisch mit "unseren Jungs" im Ausland. Er mag halt biologische Düngemittel, die den Eisengehalt des Bodens erhöhen. So wie Blut. Für den Boden. Alles ein biologischer Kreislauf. Alles Bio. Alles ganz nach EG-Öko-Verordnung. Man muss nur die Zusammenhänge sehen. Alles hängt mit allem zusammen. Ein solcher Landwirtschaftsminister ist ein Bodengewinn für das Ressort.

Die Schleife könnte durchaus etwas anderes meinen. Wikipedia schreibt ja, "... auch nichtmilitärische Initiativen nutzen dieses Symbol". Kann gut möglich sein. Mit einem Schuss Naivität kann man das glauben. Nur dieser Mann hat sich in seiner ganzen politischen Laufbahn nie mit Landwirtschaft befasst. Er galt stets als Verteidigungspolitiker und diente unter drei Verteidigungsministern als Staatssekretär. Bei dieser Affinität ist es doch naheliegend, dass das gelbe Schleifchen einen militärischen Hintergrund hat.

Aber was er vorher getan hat, ist an Tagen wie diesen nicht so sehr wichtig. Er ist Franke. Und das alleine zählt. Qualifikationen sind überbewertet. Herkunft und Proporz machen Karrieren. Aber wie es der Zufall so will, wurde es nun ein Franke, der obendrein ins Ressort passt. Nicht direkt, weil er weiß, wie man Zuckerrüben erntet oder so. Nein, er ist ein Mann, der im Hintergrund derer, die im Felde draußen waren und sind, arbeitete - und der nun selbst auf das Feld muss. Generalstabsmäßig. Im Stechschritt über die Krume. Der Landwirt ist der Krieger an der Heimatfront. Irgendwie hat das alles schon mal so schön ideologisch zueinandergepasst.

Ist das Polemik? Ja, schon ein bisschen. Aber wie soll man sonst auf diesen Hurra-Patrioten reagieren, der seine Kriegsbegeisterung jetzt in ein Ministerium trägt, das besonders anfällig ist für chauvinistische und nationalistische Töne? Die ganze Ware aus dem Scheißausland macht uns arm - wissen wir doch von manchem Bauer. Esst deutsche Erdbeeren! Klar, esse ich auch. Aber nicht weil sie deutsch sind, ich will mit ihnen ja nicht sprechen - sondern weil sie frisch vom Feld kommen. Wobei auch das nicht immer stimmt. Manche Leute machen daraus aber ein landwirtschaftliches Politikum und ein nationales Bekenntnis zum eigenen Boden.

Boden und Patriotismus sind so eng verbandelt. Man wird doch als Spargelbauer noch mal fragen dürfen: Warum schafft der Mann mit der gelben Schleife nicht einfach ein hübsches Ernteprogramm, das osteuropäische Helfer für einen Selbstkostenpreis anwirbt und dort den Mindestlohn aus Rücksicht auf die prekäre Situation deutscher Spargelbauern ausklammert? Nicht umsonst hat damals in der Landwirtschaft die stärkste Anfangsbegeisterung geherrscht - beim Boden geht das Blut los. Das ist so eine alte germanische Losung. Und dieser Typ scheint mir im Felde unschlagbar.


5 Kommentare:

Margareth Gorges 18. Februar 2014 um 07:42  

Passend dazu ...
im Jahr 2007 lesen wir folgendes von unserem Christian Schmidt:
►Merkwürdige Traditionspflege: Nazi-Held als Vorbild für die Bundeswehr

Staatsekretär Christian Schmidt (CSU) hat eine Mission: Er möchte durch eine neue Kampagne einen Fliegerheld der Nationalsozialisten wieder hoffähig machen: Oberst Werner Mölders. Mölders trat freiwillig in die Legion Condor ein, die sich an Kriegsverbrechen beteiligte. Trotzdem trug ein Jagdgeschwader der Bundeswehr viele Jahre den Traditionsnamen Mölders. Erst 2005, nach einem KONTRASTE-Bericht, benannte der damalige Verteidigungsminister Struck die Einheit um. Doch viele in der Truppe wollen sich auch heute noch damit nicht zufrieden geben. Ihr prominentester Fürsprecher, Christian Schmidt (CSU), ist einer der Stellvertreter des Bundesverteidigungsministers. Alexander Kobylinski und Caroline Walter berichten.

Weiter: http://www.rbb-online.de/kontraste/ueber_den_tag_hinaus/bundeswehr/merkwuerdige_traditionspflege.html

Anonym 18. Februar 2014 um 10:30  

Ach ja... und wiedereinmal ein Jurist der zwischen diversen politischen Posten hin und her springt.
Was qualifiziert Juristen eigentlich zur Universalführungskraft?
Hab ich nie verstanden!

Gab es da keinen Agrarwissenschaftler aus Franken für den Job?
Würde doch passen!
Aber der würde dann am Ende vielleicht Politik für Landwirte und Verbraucher machen...
Also das geht ja nun wirklich nicht...

maguscarolus 18. Februar 2014 um 10:42  

Wenn diese miese Type dazu beitrüge, uns Monsanto & Konsorten vom Halse zu halten und wenn er kein Freund des Freihandelsabkommens USA - EU wäre, könnte ich über sein gelbes Schleichen glatt hinweg sehen.

Hartmut B. 18. Februar 2014 um 11:33  

anfang der 90er lernte ich für eine kurze Zeit eine sehr wohlhabende Frau kennen.
sie war ca. Jg. 30 und schwärmte besonders von der Zeit 39-45. Sie waren irgendwo im sächsischen in totaler Sicherheit.

Worauf ich hinaus will, ist, dass wir uns als Bevölkerung in guter Sicherheit wähnen....
es ist eine Täuschung sondersgleichen....
pol. werden Schach und Winkelzüge vollzogen, die das Nazitum weit übertreffen......

inzwischen bin ich nicht nur erschüttert sondern auch resigniert, was hier abläuft.

In den 60ern als junger Bursche habe ich nach dem wenn die Schule zu Ende war oft in der Pflanzzeit und besonders in der Erntezeit in der Landwirtschaft geholfen... manchmal bis Mitternacht...

Aber dieser Typ, der sich jetzt "Agrarminister" nennen darf, hoch besoldet wird, hat doch, wie mir scheint, von Landwirtschaft so viel Ahnung, wie die Kuh vom tanzen....

Anonym 24. Februar 2014 um 01:35  

http://de.wikipedia.org/wiki/Hexenverbrennung#Mittelalter
Der sich gebildet fühlende Mensch bildet sich gerne eine große (in diesem Fall: zeitliche) Distanz zum Wahnsinn ein, aber tatsächlich ist er in den vergangenen Jahrhunderten außerhalb des technisch-naturwissenschaftlichen Sektors kaum vorangekommen (vgl. die aktuelle Renaissance des Kreationismus etc.).

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