Lauk und Gauck und die Unternehmer

Donnerstag, 31. Oktober 2013

Dass es zu wenig Unternehmer in der Politik gibt, vernimmt man derzeit wieder öfter. Zuletzt beklagten sich darüber der christdemokratische Wirtschaftsrat und der Bundespräsident. Da schimmert auch die tiefe Sehnsucht nach einer Wirtschaftsregierung durch.

An den Jubel jener Tage im November vor zwei Jahren erinnere ich mich noch gut. Die neue italienische Regierung unter Mario Monti galt als "Kabinett der Fachleute" - und als solche erwartete man von ihr eine kompetente (Wirtschafts-)Politik. Die Technokraten würden es schon richten. Diese Konstellation war nicht als hilfloser Versuch von der Troika erpresst worden, sondern galt im Maastrichter Europa von jeher als Wunschlösung. Die Kompetenz von Wirtschaftsregierungen würde den Kontinent global wettbewerbsfähiger machen.

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Indizien eines begrenzten Horizonts

Mittwoch, 30. Oktober 2013

Mit dieser Kanzlerin ist doch noch nicht alles verloren. Sie läßt sich ja überzeugen. Ist eine Skeptikerin, eine, die nicht glaubt, was sie nicht sieht oder am eigenen Leibe spürt. Gut, ihr fehlt die Empathie, aber das gleicht sie durch empirische Auffassungsgabe aus.

Als ihr gewahr wurde, dass auch ihre Bude in nukleare Mitleidenschaft gezogen werden könnte, da war sie plötzlich doch davon überzeugt, dass der Ausstieg aus dem vormals schon beschlossenen Atomausstieg rückgängig zu machen sei. Und als ihr Handy abgehört wurde, befand sie die NSA-Geschichte doch nicht für eine Kleinigkeit. Manche nennen das Wetterfähnchen oder Wendehals. Man könnte aber sagen, diese Frau hat die Fähigkeit, die selbst erfahrenen Sorgen und Leiden zu generalisieren. Wenn es ihr ans eigene Leder geht, gibt sie sich wachsweich, wandelbar und pragmatisch. Sie lernt durch Erfahrung dazu.

Das macht Hoffnung. Vielleicht wird die Frau ja doch noch mal arbeitslos oder sie entdeckt, dass sie griechische Wurzeln hat. Mancher Homosexuelle hofft nun, dass sie noch ihre lesbische Leidenschaft mitsamt Kinderwunsch entdeckt. Oder dass man ihr einen Flughafen vor die Haustüre setzt. Vielleicht gerät ihre Bude ja auch in den Beutebestand eines Investors. Oder sie braucht ein neues Gebiss.

Sollte all das allerdings nicht eintreten, dann sieht es schlecht aus. Diese Frau ist eine Reformkanzlerin der eigenen Empirie. Zu mehr reicht es ihr nicht. Empathie, wie gesagt, fehlt ihr; sie kann sich nicht in Menschen hineinversetzen. Das attestieren ihr zwar regelmäßige diverse Medien - aber die neutrale und sachliche Empirie gebietet es, das Gegenteil dessen anzunehmen. Denn sie rappelt sich nur auf, wenn sie selbst betroffen ist oder zumindest sein könnte. Was sie anpackt, packt sie an, wenn es die eigene Haut betrifft. Unter die Haut anderer Menschen fühlt sie sich nicht hinein. Eine mentale Perspektivenübernahme kennt sie nicht. Nur ihre Perspektive ist ihr Sichtfeld. Wenn sie die durch selbst gemachte Erfahrungen erweitert, dann kommt es ihr auf dem Radar.

Merkel ist exemplarisch für eine Kaste, die immer mehr den Bezug zu den Menschen verloren hat, für die sie eigentlich da sein sollte. Die Gabe der Einfühlung ist bei politischen Karrieristen kaum mehr vorhanden. Man muss schon ein gesondertes Maß an Zynismus besitzen, um aus diesem Makel eine Tugend zu machen. Merkel scheint hierfür zynisch genug zu sein. Sie ist die Chefökonomin dieser organisierten Einfühlungsunfähigkeit. Herrin eines anteilslosen Ethos, der die Überwachung des eigenen Mobiltelefons als Horizonterweiterung in Sachen Datenschutz heranzieht.

Wer aber die Grenzen des eigenen Horizont nur durch Eigenerfahrungen absteckt, wird es zwangsläufig in geistiger Enge aushalten müssen. Man nennt das auch einen begrenzten Horizont. Und genau diesen beweist diese Frau von mal zu mal drastischer.


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Aus fremder Feder

Dienstag, 29. Oktober 2013

"Demgegenüber steht die Anerkennung und Ausübung eines höheren Rechts und die Pflicht des Widerstandes als Triebkraft der geschichtlichen Entwicklung der Freiheit, "civil disobedience" als potentiell befreiende Gewalt. Ohne dieses Widerstandsrecht, ohne dieses Ausspielen eines höheren Rechts gegen das bestehende Recht ständen wir heute auf der Stufe der primitivsten Barbarei."

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Fünfzehn Jahre voller mehr oder minder Großer Koalition

Montag, 28. Oktober 2013

oder Diese blühende GroKo schleift das Bollwerk demokratischen Denkens drastisch herab.

Wie es aussieht, sieht es schlecht aus. Noch ist die Große Koalition nicht Wirklichkeit. Aber ihr Vorgehen macht Sorgen. In ihrer maßlosen Omnipotenz beschließt sie ihr persönliches Programm zur Postenbeschaffung und hievt eigene Parteikollegen in extra hierfür geschaffene Stellen - inklusive angepasster Bezahlung, versteht sich. Die Aufteilung der Redezeit im Bundestag macht die Arroganz überdeutlich. Von einer Stunde sollen 50 Minuten auf die potenzielle Regierung entfallen und je fünf Minuten auf die beiden Oppositionsparteien. Weitere unaufhaltsame Beschlüsse werden folgen.

Was hier im Entstehen ist, sollte man getrost auch beim Namen nennen: Es ist eine sonderbare Ausformung von parlamentarischer Despotie, die mit dem Wesen der Demokratie nur noch sehr wenig zu tun hat.

Die Petitessen der ersten Tage dieses neuen Bundestages lassen erahnen, mit welcher Haltung zu rechnen sein wird, sollten sich die Vertreter der beiden Parteien in den Koalitionsverhandlungen einig werden. Diese Große Koalition braucht keinen Konsens, wenn sie nur in sich selbst geschlossen ist. Sie kann durch- und am Allgemeinwohl vorbeiregieren, ohne sich Gegenargumente auch nur anzuhören. Dass es ausgerechnet diese Konstellation sein soll, die die Deutschen am stärksten befürworten, ist kaum zu begreifen, hat vermutlich aber einen geschichtsevolutionären Impetus.

Die Deutschen und ihr Starker-Mann-Hang, ihr Befürworten großer Machtkonzentration: Das hat historisches System, ist irgendwie im Denken der Menschen tiefenpsychologisch verankert. Gleichzeitig sollen sie heutigentags Demokraten sein. Das führt zu Kollisionen, ergibt widersprüchliche Momente. So kommen so kuriose Ansichten in die Welt wie die, wonach dieser bundesdeutschen Demokratie am besten geholfen sei, wenn es diese mehr als große, diese riesige, diese gigantische Koalition, wenn es eine RieGroKo gibt.

Ganz neu ist diese Große Koalition allerdings nicht. In bestimmten Bereichen gab sie es auch zu schwarz-gelber Zeit. Und selbst in der rot-grünen Ära war sie schon anwesend. Man sollte es so sehen: Der Europa-Kurs der Kanzlerin wurde auch von den Sozialdemokraten gestützt. Sie fanden ihn zwar theoretisch falsch, wollten aber dem Kontinent praktisch ein geschlossenes Deutschland präsentieren. Militäreinsätze im Ausland werden fast schon traditionell mit einem Mund verabschiedet. Die Außenpolitik ist quasi seit 2005 ohne Unterbrechung in einer teils realen, teils virtuellen GroKo gefangen. Die Innenpolitik steckt, mit einigen Unterbrechungen und wenigen sozialdemokratischen Gewissensbissen zwischendrin, seit mindestens 2002 dort fest.

Aber eigentlich existiert die breite Front des Neoliberalismus, nichts anderes als Große Koalition in diesen Tagen der Postdemokratie, schon vorher - wenn auch nicht allen bewusst. Faktisch etablierte sich bereits seit 1998, seitdem das Schröder-Geschwader den freien Markt hofierte, Steuern senkte oder den Kündigungsschutz lockerte, eine geistig-moralische Große Koalition. Daher heißt es: Glückwunsch! Zum 15. Wiegenfeste will man sich mal wieder einen Bund gönnen. Einen, der mal wieder ganz hochoffiziell auf gleiche Grundsätzen baut. Die Alternativlosigkeit des Neoliberalismus hat also ein Alter: Fünfzehn Jahre lang liegen Schwarz und Rot weitestgehend auf einer Welle. Und zum Fest gibt es nicht nur eine GroKo, sondern gleich eine RieGroKo.

Die Zeiten großer Koalitionen brechen also nicht erst jetzt an. Sie sind schon seit einer ganzen Weile zum Markenzeichen einer sich als alternativlos wahrnehmenden Gesellschaft geworden. Was jetzt geschieht ist nur eine Verschärfung, eine Verdespotisierung auch der institutionellen Prozesse, die diese Postdemokratie sich noch als demokratisches Mäntelchen erlaubt hat. Die Rücksichtnahme auf Einhaltung des Zeremoniells wird immer stärler aufgelöst und ins Absolutistische sublimiert. Falsche Scham scheint jetzt unangebracht. Warum denn noch genieren? Keiner kann uns was. Und jeder weiß, für wen wir da sitzen.

Eine Diktatur ist freilich nicht zu erwarten. Und man darf sie so auch nicht nennen. Das lähmt den Widerstand. Das macht mürbe und träge. Und klassisch ist diese RieGroKo auch keine Diktatur. Die Straßen sind ja noch frei, man darf sie belagern. Man muss nur Knüppel ertragen können. Aber diese Gefahr gibt es in den besten Demokratien.

Mit einer pseudodemokratischen Arroganz der Macht ist hingegen zu rechnen. Sie schimmert ja schon durch. Diese Supermehrheit des Bundestages wird Gesetze durch die Instanzen lächeln und Opposition und Bürger vor gemachte Tatsachen stellen. Und das alles ganz ohne den üblichen Empörungen, die dem Mitziehen mit dem Regierungskurs meist zuvor kommen. Dieser Anstrich, dass es noch verschiedene Lager und Positionen gäbe, ist nun abgekratzt. Jetzt kann es selbstgerechter und überheblicher zugehen. So erstickt man das Bisschen, das noch an demokratischer (Sub-)Kultur noch vorhanden ist.

Wer unter Kohl aufwuchs, dachte, das Kohl und Kanzler identische Wörter sind. Man konnte es sich anders nicht vorstellen. Das stetige Großkoalieren bewirkt, dass man irgendwann glaubt, so arrogant und ignorant gegenüber dem Allgemeinwohl müsse es zugehen. Diese blühende RieGroKo mag keine Diktatur sein, aber sie schleift die Bollwerke demokratischen Denkens herab. Sie ist, was die Präsidialregierungen der frühen Dreißigerjahre waren: Einstieg in entdemokratisierte Denkmuster und Vorbereiterin der Verrohung.


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Nur der Streuselkuchen ist Privatsache

Samstag, 26. Oktober 2013

oder Nicht alles was über Merkels Handy geht hat absoluten Anspruch auf Privatheit.

Der NSA-Skandal erreicht also eine neue Dimension. Und ein Reporter des SWR verstieg sich letztens gar zu der Äußerung, dass für das "politische Berlin nun der Spaß seine Grenzen habe". Soso, die fast flächendeckende Observierung der Bürger war also nur ein Spaß und jetzt, da das Telefon dieser Frau angezapft wurde, wird es erstmals ernst. Ich nehme das äußerst persönlich. Mit solchen taktvollen Umschreibungen der Szenerie sagt man mir nämlich auch: Meine Privatsphäre ist nichts wert. Und deine, lieber Leser, auch nicht.

Doch die Causa Merkel handelt gar nicht von Verletzung der Privatsphäre. Jedenfalls nicht nur. Diese Frau ist ja ein Geschäft. Fast alles was sie sagt, schreibt und telefoniert ist ja nicht privat. Anders: Sie mag als Privatperson im Büro von Jürgen Fitschen anrufen können. Aber ist das dann auch wirklich privat?

Was hat sie eigentlich zu verbergen? Sagte die Frau nicht oft und gerne, dass niemand etwas befürchten muss, wenn er nichts zu verbergen hat? Jetzt wurde auch sie auf Neuland gestossen. Das ist bei aller Sauerei erfreulich. Noch erfreulicher wäre es, wenn sich nun WikiLeaks daranmachte, ihre Kontakte und Gesprächsprotokolle, vielleicht sogar den jeweiligen Inhalt der Telefonate, der Öffentlichkeit zu überreichen. Wäre schon nicht unspannend zu erfahren, ob sie die direkte Durchwahl zur Finanzmafia hat und ob sie neulich entweder mit BMW, Audi oder Mercedes zwecks Abgasnormen telefoniert hat. Oder riefen die drei Konzerne sie zum Rapport an?

Und das soll uns alle nichts angehen? Die Streuselkuchenrezeptur, die sie ihrem Joachim gesimst hat, die interessiert mich wahrlich nicht. Die muss privat bleiben, sollen nur ihre Liebsten genießen dürfen. Es sei denn, das Rezept dient als Tarnung für einen Bombenbau. Solcherlei chiffrierte Terrorpläne hat man ja schon manchem unterstellt. So gesehen wäre also auch der vermeintliche Streuselkuchen substanziell für unsere Sicherheit. Aber der ganze Rest, die Kontakte zu bestimmten Damen und Herren, Absprachen und Dienstleistungen, der Plausch mit Chefredakteuren und so weiter, der wäre eigentlich gar nicht so sehr die Privatsphäre dieser Frau. Insofern hat die NSA mal was Vernünftiges getan. Da muss man doch mal loben, auch wenn nun alle Parteien geschlossen für die Privatgespräche der Kanzlerin eintreten. Klar, müssen sie auch. Das wird verlangt, das wollen die Bürger hören. Jetzt sind wir schließlich alle Opfer. Deutschland, einig Opferland! Aber Leute, Merkel sitzt nicht mit uns allen im gleichen Boot. Das sollte man nicht vergessen. Diese Denkweise ist dumm und gefährlich, sie verschleiert und raubt die gebotene Distanz.

Als die NSA dich und mich aushorchte, da war das doch etwas völlig anderes. Keiner von uns trug sich zu Markte, strebte ein öffentliches Leben an oder hatte eines. Wir wollten nur unser Privatleben kommunizieren. Ungestört. Wir sind keine Personen der Öffentlichkeit, wurden aber für diese Clique von Agenten zu welchen gemacht. Bei Merkel ist das was anderes. Insofern hat eine Kanzlerin nur bedingt Anspruch auf Privatsphäre. Und auch wenn das Anzapfen eines Mobiltelefons mehr als kriminell ist, ich tue mich schwer damit, diesen Fall jetzt als Präzedenzfall für die kriminelle Energie der NSA anzuführen. Präzendenzfälle gab es schon vorher genug. Schlimmere Dinge, wenn man mich fragt. Mancher Journalist wurde zum potenziellen Terroristen bewertet, Privatleute standen plötzlich auf den schwarzen Listen der Luftfahrtunternehmen und so weiter. Ob Merkel jemals in den Ruch einer Terroristin geraten wäre?

Die Frage, die sich eigentlich stellt und die in den Qualitätsmedien so gut wie nicht gestellt wird, hat nichts mit dem Handy der Kanzlerin an sich zu tun. Sie lautet: Was sind WIR eigentlich wert? Oder konkreter, damit dieses Wir sich klärt: Was sind ordinäre Bürger, kleine Männer und Frauen, Normalos, Allerweltsmenschen oder Otto Normalbespitzelte wert? Das was die Masse betrifft, degradiert man rhetorisch zu einem Spaß, etwas was man ertragen muss, wenn man die Freiheit in Sicherheit garantiert haben möchte. Für einen Teil der Medien, den politischen Betrieb, ihre Partei insbesondere und natürlich für sie selbst steht hingegen fest: Sie ist (sich) wichtiger als 80 Millionen Menschen dieses Landes.

Bevor wir uns über die gleichmacherische NSA aufregen, die tatsächlich Bundeskanzlerin wie Arbeitslosen gleichermaßen observiert, sollten wir kurz innehalten und uns dann über diese Überheblichkeit ärgern, mit der man uns Merkels belauschtes Handy als Angriff auf unser aller Würde verkaufen will. Und wir sollten uns bei aller Chuzpe dieser orwellianischen Einrichtung auch nicht mit Empörungen wie jener abspeisen lassen, dass die NSA da deutsche Interessen verletzt habe. Unter Umständen würde mancher geoutete direkte Draht ins Big Business nicht das Interesse der meisten Menschen dieses Landes verletzten, sondern eher wecken.

Sollten wir bald in der Zeitung lesen dürfen, dass Barbara Bush ihren Clan auf einer Feier im heimischen Texas mit uckermärkischem Streuselkuchen versorgt hat, dann sollten wir das weitaus kritischer sehen, als mögliche publizierte WikiLeaks-Veröffentlichungen über Telefonate der Kanzlerin mit Fitschen und Kollegen.


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Die Leiden des jungen Blogger

Freitag, 25. Oktober 2013

Seit zehn Minuten ist mein Text online. Vor etwa sechs Minuten habe ich ihn bei Facebook als Status gemeldet. Noch keine Reaktion. Woran liegt das nur? Habe ich den Puls der Zeit, den immer viel zu hohen Puls der Facebookianer nicht getroffen? Ruhig Blut. Abwarten. Solange melde ich den Schrieb mal bei anderen Portalen. Viele Leser bringt das zwar nicht. Aber dann bin ich auch da vertreten. Dabei sein ist zwar nicht alles - aber nicht dabei zu sein ist auch nichts.

Noch immer kein Lebenszeichen bei Facebook. Kein Gefällt mir. Das kann ja heiter werden. Der Text zieht nicht. Kommt nicht an. Habe ich doch gewusst! Scheiße! Kann ich es noch? Habe ich es verlernt? Und gleich nochmal Scheiße - ich habe vergessen den Text bei Twitter zu melden. Mache ich auch noch gleich. Viele Follower habe ich dort ja nicht. Trotzdem. Man muss hoffen.

Na, wer sagts denn. Ein Gefällt mir! nach knapp einer halben Stunde. Geht es aufwärts? War eine Stammleserin. Kann ich das als Auftrieb gelten lassen? Mach ich einfach. Und schon ist da das zweite Gefällt mir! Und geteilt hat den Text auch noch jemand. Ich werde wahrgenommen! Ich werde geklickt, also bin ich. Der Text könnte was für die NachDenkSeiten sein, fällt mir ein. Also schnell mal per Mail darauf verweisen. Und BILDblog? Nee, die nehmen den nicht. Das spare ich mir eine Anschrift. Wenn ich nur mal wieder einen Text bringen könnte, der die ganze Aufmerksamkeit aller meiner Freunde und Follower und einschlägiger Linkssammler auf sich ziehen würde!

Was solls. Ich muss reagieren. Sonst nippelt mir der Text ab. Sonst verschwindet er im Orkus der digitalen Nichtigkeit. Wer könnte bei Facebook Interesse daran haben? Wem pflanze ich Text und Teaser auf die Pinnwand? Es geht um die Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch. Hatte dieses Thema nicht mal eine Fanpage? Alles hat Fans bei Facebook. Ich erinnere mich, dass ich eine solche Facebook-Site gesehen habe. Hieß sie nicht Ja zur Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch! oder so? Da ist sie ja. Und ich poste das Ding auf Verdacht auch noch auf andere Seiten. Man muss flexibel sein. Bei der taz schreibe ich das lieber nicht. Die hat schon geschimpft. Hütet ihre Facebook-Seite fast schon überempfindlich.

Gleich halb Acht. Gleich muss ich zum Dienst. Soll ich BILDblog doch noch anschreiben? Bis Acht nehmen sie Hinweise entgegen. Scheiß an, die haben noch nie etwas über die Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch gebracht. Das ist denen zu platt.

Mittlerweile fünf Gefällt mir! und drei Geteilt. Wird doch. Könnte ein guter Tag werden, viele Leser und Kommentare, einen Haufen an Likes. Leider noch bei weitem nicht ganz so wie letztens, als alle Welt - meine kleine Welt! - zu mir kam, um diesen einen Text zu lesen. Doch es wird, es gedeiht. Eine e-Mail meldet mir noch kurz, dass ich einen neuen Follower bei Twitter habe. Dem hat mein aktueller Text vermutlich gefallen. Ha, bei Google+ haben schon drei Leute meinen Text gepluseint. Kein schlechter Wert gegen Zwanzig vor Acht. Verdammt, jetzt muss ich aber los, sonst komme ich zu spät.

Noch im Treppenhaus kommt mir die Idee, mal wieder beim Spiegelfechter anzuklingeln. Vielleicht teasert der mal wieder einen Text von mir an. Das bringt Leser und ihm Content. Ist es eine Sünde, gelesen werden zu wollen? Hat mir mal einer zum Vorwurf gemacht. Kannst ja gerne für deine Schublade schmieren, Kumpel! Mein Zeug will raus.

Das Smartphone sagt mir mehrmals werktäglich, dass es mehr Gefällt mir! wurden. Nicht viel, aber immerhin. Twitter ist hingegen verpufft. Wie immer. Zwei Flattr-Klicks geben Hoffnung. Der Text gefällt allgemein. Die Kommentare zeugen allerdings nicht davon. In einem werde ich "Pisser mit Rechtschreibschwäche" genannt. Finde ich für einen kurzen Moment sogar witzig. Die NachDenkSeiten haben den Text ignoriert. Und ausgerechnet heute bringt BILDblog etwas über eine Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch. Ich könnte mir in den Arsch beißen, bin aber noch auf Arbeit. Mache ich später.

Zurück am Schreibtisch. Schnurstracks ans Notebook. Was gibt es Neues? Was an neuen Themen für neue Texte und was Neues zum alten Text? Lese ihn mir nochmal durch. Mensch, der ist echt beschissen. Die eine Passage gelungen, der Rest unlesbar. Kein Wunder, dass der so unbeliebt war. Ich bin durchschaut. Die Leute wissen nun, ich kann es nicht, koche nur mit Wasser, bin einer dieser Langweiler im Heer schlechtbegabter Schreiber.

Noch ein Blick in die Statistik, um meine Krise am frühen Nachmittag zu untermauern. Aber siehe da, ich hatte doch viel mehr Leser als gedacht. Wieviele sage ich nicht. Geht nur mich was an. Na, vielleicht bin ich doch nicht so übel. Wie kommen die Zahlen denn her? Ein Blick in die Zugriffsquellen verrät: Vielen Dank an das SpOn-Forum und an eine Sammlung interessanter Texte im Internet. Und was ist das da für ein komischer Link? Hoppla, nackte Brüste und gespreizte Beine. Wer ist denn von dieser Seite auf meinen Text gesprungen?

Ich schließe mit dem Text des Tages ab. Jetzt ist er ist veraltet. Nach einigen Stunden ist er ausgelutscht wie verkochter Sellerie. Morgen ist ein neuer Tag. Da gibt es denn großen Wurf. Da bin ich mir mal wieder sicher. Zeit wird es ja. Du musst die Zielgruppen besser treffen, hat mir mal einer gesagt. Das zieht Leser. Zielgerichtet schreiben bringt aber nichts. Das wirkt so angestrengt. So gezwungen wichtigtuerisch wie ein Roman von Helene Hegemann. Da fällt mir Tucholsky Einschätzung einer damals beliebten Jungautorin (Irmgard Keun) ein. Passt auch auf Hegemann. "Hier ist ein Talent. Wenn die noch arbeitet, reist, eine große Liebe hinter sich und eine mittlere bei sich hat - aus dieser Frau kann einmal was werden." So von mir selbst entfremdet kann ich nicht schreiben. Ich mag gezwungene Texte von anderen nicht lesen. Und ich will sie niemand zumuten. Probiert habe ich es schon. Kam nie an.

Wann hatte ich zuletzt großen Zuspruch? Letzte Woche! Das ist eine Ewigkeit für hiesige digitale Verhältnisse. Wenn nicht bald Bestätigung kommt, zweifle ich mich mal wieder in die Schreibblockade hinein.

Ach, wie gut hatten es frühere Generationen von Blogger. Die hießen noch Publizisten. Kannten kein Internet. Schickten ihre Texte an Redaktionen, wurden manchmal auch gedruckt. Und ob der Schrieb dann gut ankam oder nicht, erfuhren sie eigentlich so gut wie nie. Dass er gedruckt wurde, war zwar Indiz. Aber was wissen Redakteure schon von guten Texten? Ob den Text überhaupt Leser gefunden hat, war letztlich unwesentlich, weil kaum überprüfbar. Dass er gedruckt war, reichte aus, um sich gut zu fühlen. Dass Texte heute per Mausklick in die Welt gehen, nicht nur in ein regionales Käseblatt, reicht aber nicht mehr aus um glücklich zu werden.

Ich sitze hier und beobachte Indizes, reite mich in den Zweifel hinein und verliere die Gelassenheit. Ja, ich könnte mir gar nicht mehr vorstellen, den traditionellen Weg mit Stift und Papier zu wählen. Mir würde die unmittelbare Rückmeldung fehlen, das Angebundensein an den Schwarm, den ich Leser zu nennen pflege. Eigentlich für den Blogger undenkbar, Texte ohne sofortige Rückmeldung rauszuhauen. Daher ja diese Ungeduld, wenn die Rückmeldungen nur schleppend liken und teilen.

Was ich sagen will: Schreibende waren ja immer von Selbstzweifeln zerfressen. Aber seitdem wir alle mehr oder weniger Online-Publizisten sind, hat sich diese Haltung noch verstärkt. Scheiße nochmal! Ich muss hier abbrechen. Sehe eben, dass meine organische Reichweite bei Facebook schwindet, falle vermutlich aufgrund fehlender Nachfrage unter EdgeRank. Ich muss gegensteuern. Bis morgen!


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Das war Sozialdemokratisch

Donnerstag, 24. Oktober 2013

Dieser Wir-machen-es-uns-nicht-leicht-Tratsch, den mancher Sozi während der Sondierung mit der Union medial aufführte, war schon fast sicherer Beleg für die Bereitschaft zu Koalitionsverhandlungen. Denn dieses Gedruckse ist die sozialdemokratische Art zu sagen: Wir sind bereit.

Spätestens als Andrea Nahles fast schwermütig vor die Presse trat und von schwierigen Gesprächen berichtete, die nicht zielführend in die Koalitionsverhandlung führen würden, war mir eigentlich klar, dass es genau zu solchen Verhandlungen kommen würde. Die Sozialdemokraten haben eine ganz besondere Strategie entwickelt, sich in der Öffentlichkeit als verantwortungsbewusste Gruppe zu gerieren. Die Masche ist dabei immer gleich.

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Als Adam grub und Eva spann

Mittwoch, 23. Oktober 2013

Warum es immer weniger Werktätige im Bundestag gibt.

Politik war zu den meisten Zeiten der einflussreiche Zeitvertreib reicher Leute. Die Bonner Demokratie zwischen Weltkrieg und Wegfall des östlichen Kalten Kriegers hat in uns die Ansicht gestärkt, dass jeder in die Politik kann, wenn er nur engagiert und interessiert ist. Das war jedoch nur eine Momentaufnahme. Was sich gestern konstituierte war nicht nur der neue Bundestag, sondern zusätzlich auch die Rückentwicklung dieses tendenziellen Egalitarismus. Politik scheint wieder zu werden, was sie zuvor immer schon war.

Römische Senatoren waren keine Hungerleider. Die Notabeln diverser Ratsversammlungen oder Generalstände verdienten ihren Lebensunterhalt nicht mit Schmiedearbeiten. Der Doge und die Nobilhòmini waren keine Hartz IV-Leistungsberechtigten. Selbst die ersten Sozialdemokraten, die im Reichstag des Kaiserreiches saßen, waren keine ehemaligen Handwerksgesellen, sondern Anwälte oder Verleger, die sich ihre Auslagen (es gab noch keine Abgeordnetendiäten) selbst bezahlen konnten. Erst mit der Weimarer Republik schlich sich ein verhaltener Egalitarismus ein, konnte man auch aus sozial niederen Schichten in die Politik vorstoßen.

Seit Jahren steht es um die Sache der res publica, der öffentlichen Angelegenheit, schlecht. Politik geriet in die Pranken einer Ideologie, die sich selbst als alles, nur nicht ideologisch betrachtet. In dem Maße, wie sich die Bürger von der Politik abwandten, wandte sich die Politik der Wirtschaft zu. Der Kapitalismus hatte jetzt niemanden mehr zu beweisen, dass er sein hemmungsloses Wesen in die weisen Hände demokratischer Strukturen gelegt hatte. So ist das demokratische Prozedere zum Tand geworden, zum losen Komplex aus Riten und Zeremoniellen, in dem sich allerlei liturgische Handlungen finden, die man ohne Inspiration abfeiert: Wählen gehen und sich lassen, alternativlos die Hand heben, sich von Souffleuren aus der Wirtschaft "überzeugen lassen" und einiges mehr - als Bürger hat man mittlerweile gelernt, die Geschäfte dieser politischen Funktionäre nicht weiter zu stören und das Beste zu hoffen. Die werden es schon richtig machen, die Damen und Herren.

So entstand im Laufe der Jahre ein Berufsstand, der sich nicht aus dem puren Interesse für die res publica rekrutierte und damit relativ klassenübergreifend war, sondern der sich aufgrund der sozialen Herkunft mobilisierte. Aus besserem Hause ist man schließlich prädestinierter dafür, die Interessen der Wirtschaft als die Interessen der Gesellschaft zu verkleiden und so zu vertreten. Was will denn der Schlosser da? Genießt tarifliche Vergünstigungen, wo es doch jetzt nötiger denn je wäre, den Arbeitsmarkt stärker zu liberalisieren. Und die Tante aus dem Pflegebereich? Was bildet die sich ein? Die gehört vielleicht in den Niedriglohnsektor, nicht aber in den Bundestag.

Die Parteien leisteten sich in ihrem neoliberalen Wahn keine Kandidaten mehr, die in den Verdacht geraten konnten, die Interessen der unteren Schichten vertreten zu wollen. Und diese unteren Schichten entfremdeten sich gleichzeitig immer mehr von dieser neuen Kaste von Edelleuten.

Dass sich ein Normalo nebenbei keinen teuren Wahlkampf leisten kann, steht auf einem ganz anderem Blatt. Da Inhalte in der oberflächlichen Kultur der Mediokratie kein Alleinstellungsmerkmal mehr sind, muss man als Kandidat für ein Mandat mit Showelementen auf sich aufmerksam machen. Früher mag Kenntnis gereicht haben. Heute sind Plakatkampagnen, Internetauftritt, Werbespots, Wahlstände und Präsente unumgänglich, will man im Strudel der Nichtssagenheit (andere nennen es: Wahlkampf) kurzzeitig wahrgenommen werden. Das alles kostet keinen Pappenstiel. Ein reiches Elternhaus und/oder ein dickes Gehalt und/oder Rücklagen schaden da sicher nicht. Schlosser oder Altenpflegerinnen haben davon meist eher wenig.

Wenn man nun beklagt, dass der frisch konstituierte Bundestag kein Querschnitt durch die Gesellschaft ist, dann ist das lediglich der in der Realität des Bundestages angekommene Klassismus, der in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer stärker in alle Bereiche der Gesellschaft hineinwirkte. Die Jahre, in denen mancher Minister noch aus einer Werkshalle kam, in der Abgeordnete vormals noch selbst Gussstaub einatmeten oder Schicht arbeiteten, waren vermutlich nur ein kleines Schaufenster, ein kurzes Ausblick ohne Anspruch auf Kontinuität. Um es platt zu sagen: Waren Anzeichen von Demokratie, die es in der Postdemokratie logischerweise immer weniger gibt.

Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann?, fragt der Volksmund. Wo? Im Parlament wahrscheinlich. Wo denn sonst? Er hat das gemacht, was er immer gemacht hat: Politik für sich und seine Kollegen, für seine Lieben und seine Partner, für Onkel August und für den Cousin einer Tante seiner Gattin. Und er hat sich Titel entworfen, um sich als Edelmann kenntlich zu machen. Das tun die Doktoren und "Doktoren" des Bundestages heute ja auch. Nicht zuletzt in dieser irren Titelei ohne Substanz ist zu erkennen, dass sich da eine neue Klasse konstituiert hat, die darüber übereinkam, als Erbfolge ein Gemisch aus Postengeschacher, Amigodienste und Vetternwirtschaft zu etablieren In diesen Filz kommt man als Erwerbstätiger nicht hinein. Der Senat des Imperium Neoliberalis läßt keine Plebejer hinein. Nur ganz selten gibt es in diesem Gebilde noch homines novi - gern sieht man sie aber nicht. Sie passen nicht in den illustren Kreis und stinken irgendwie nach Schweinestall.


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... wenn man trotzdem lacht

Dienstag, 22. Oktober 2013

"Die Geschichte der Weltwirtschaft hat bewiesen, dass auf nichts so sehr Verlass ist, wie auf den Sieg der vom Sozialismus gereinigten, befreiten Marktwirtschaft ... über die Vernunft."

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Die Entdeckung der Welt

Die katholische Kirche scheint unter Papst Franz zurück zum Erdboden finden zu wollen. Sie soll realistischer werden und ihre Ideale trotzdem nicht verraten. Von diesem Dualismus könnte die im Neoliberalismus gefangene Politik lernen.

Auf den Weg zurück zur Erde.
Der Papst gab vor einigen Wochen einer Jesuiten-Zeitschrift das erste große Interview seines Pontifikats. Was da durchschimmerte war ein "linker Katholizismus", der von der lateinamerikanischen Befreiungstheologie gelernt hat. Die Medien haben den Inhalt dieses Interviews doch nur weitestgehend oberflächlich erfasst. Franz geht es nicht lediglich um Schwule und um in der Kirche benachteiligte Frauen, sondern um eine General-Verweltlichung der Kirche. Er fordert eine Annäherung an die moderne Welt wie sie ist. Eine Einbeziehung ihrer Erscheinungen. Dazu gehört unter anderem auch, sich der Problematik des Kapitalismus zuzuwenden. Dass der zunehmend Menschen in einen globalen Discount-Markt verfrachtet, muss von der Theologie zur Kenntnis genommen und kirchlich aufgegriffen werden.

Die letzten Pontifikate waren von einer Transzendierung der katholischen Vorstellungen geprägt. In der sollte es unter anderem keine Homosexuellen und nur wenig Frauen geben. Über Ausbeutung wurde möglichst wenig gesprochen. Das alles waren ja nur Sorgen der Welt. Die Kirche stand darüber. Dass es gleichgeschlechtliche Liebe gibt, kreidete man einer irren Welt an. Frauen, die kirchliche Ämter anstrebten, tat man als Modesünde ab. Franz wirbt dafür, die Welt so anzunehmen wie sie ist. Back to the rootes, das heißt auf katholisch: Zurück zur Erde - und die Vielfalt anerkennen, tolerieren, einbinden.

Die politische Linke warf der katholischen Kirche gerne vor, dass sie zu viel in ihrem Ideal stöbere, sich in ihrer Abgehobenheit nicht mehr um das kümmere, was den Menschen und den Gläubigen wichtig erschien, was ihnen Sorgen bereitete. An der Realität richtete sie sich gar nicht mehr aus. Dieselbe Linke warf (und wirft) der als Marionette der neoliberalen Agenda fungierenden Politik das glatte Gegenteil dessen vor. Sie vermesse die Wirklichkeit nur an Finanzierbarkeiten und Sachzwängen, sei völlig realpolitisiert. Rückgrat um Ideale zu erhalten und zu pflegen habe sie nicht. Sie verwässere die Ideale der Demokratie zugunsten eines Marktes, der gegenteilige Vorstellungen von der Welt habe.

Insofern könnte die Politik von der katholischen Kirche unter dem amtierenden Papst lernen. Die plant ja nicht weniger als einen „realpolitisch konzeptionierten Idealismus“. Ein an Idealen geknüpftes Heranschieben an die Realität. So ein Konzept würde unserer politischen Kultur auch nicht schaden. Wenn man so will, ist die katholische Kirche im Begriff, ihren Extremismus aufzugeben. Sie installiert (zunächst nur theoretisch) einen Dualismus, der den Materialismus hienieden einbindet und dabei den Idealismus weiterhin hochhält. Eine Politik, die diesen Dualismus plante, würde sich von den Spin-Doctors des Neoliberalismus emanzipieren. Die im Fatalismus der Märkte gefangene Menschheit würde wieder zu einer Gattung werden, die ihr Dasein nach wenigstens etwas freieren Willen gestalten könnte.

Man darf nur hoffen, dass die katholische Kirche bei ihrer „Entdeckung der Welt“ nicht in jenen Strudel der Beliebigkeit abdriftet, in den die evangelische Kirche teilweise geraten ist. Neulich sagte mir eine evangelische Pfarrerin, dass ihre Kirche weltbezogener sei. Denn sie theologisiere so: Eine Ehe sei besser als zwei, zwei besser als drei und immer so weiter. Das sei gesunde Pragmatik. Mir ging da jegliches Ideal ab. Das klang hedonistisch und Partnerschaft war da nicht mehr als ein austauschbares Sonderangebot. Kann man nicht ein Ideal, ein Vollkommenheitsmuster hervorheben und das etwaige Scheitern daran als menschliche Normalität trotzdem einkalkulieren?

Wie beliebig die evangelische Kirche in ihrer Weltlichkeit doch ist, zeigte sich zur Zeit, da Schröder die Agenda 2010 durchrang und Bischof Huber diesen pragmatischen Reformgeist lobte. Damals empfahl er der EKD auch, sich betriebswirtschaftlich vernünftiger zu organisieren. So sollte man in Rom eine weltlichere Ausrichtung natürlich nicht verstehen.


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Schönes Ambiente hier und nettes Personal

Montag, 21. Oktober 2013

Die Verschleppung strengerer Abgasnormen ist zwar relativ betrachtet nur eine Kleinigkeit, aber ...

Die Geschichte aller neoliberalen Gesellschaft ist die Geschichte von Lobbyverbänden. Rüstungswirtschaft und Verteidigungsminister, Automobilkonzern und Verkehrministerium, Energiemulti und Umweltminister, Leiharbeitverbände und Wirtschaftsministerium, kurz, Lobby und die Regierung Merkel stehen im stetem Zusammenspiel zueinander, führen einen ununterbrochenen, bald versteckten, bald offenen Kuschelkurs, einen Kuschelkurs, der jedesmal mit einer saftigen Parteispende endet oder mit der Aufhebung objektiv richtiger Zielsetzungen.

Das liest sich nur zufälligerweise wie das erste Kapitel eines berühmten Marx-Textes. Man muss die Geschichte von Regierungen, die im postdemokratischen Status des Primats der Wirtschaft und ihrer Interessensverbände angelangt sind, zeitgemäß erfassen. Marx konnte das in seinem Manifest noch nicht tun. Von Lobbyisten hatte er noch keine Ahnung. Die Berliner Republik war ihm unbekannt. Dass es Einflussnahme gab - ja sicher, das wusste er. Dass sich die "herrschenden materiellen Verhältnisse" und die "herrschenden Gedanken" bedingen, wurde ihm schon damals deutlich. Und dass sich die Klasse der Kapitalisten anschickte, die politische Macht zu unterwerfen, war seinerzeit schon mehr als nur eine unklare Perspektive. Aber in diesem großen Stil konnte man das kaum erwarten. Von dieser PR-Maschinerie konnte er ja nicht mal ansatzweise alpträumen. Wie lächerlich wirken doch im Rückblick die Herren Zensoren, die ihm und seinen Zeitgenossen Zeilen schwärzten.

Aktuell also die Automobil-Lobby, die der Umweltkanzlerin einflüsterte, die Emissionswerte nicht ohne Not nach unten zu schrauben. Wegen der Arbeitsplätze. Was für Herzchen diese Interessensvertreter doch sind. Flüstern, mauscheln, schwatzen auf, soufflieren und suggerieren nur, weil ihnen das Wohl der Leute am Fließband am Herzen liegt. Wettbewerbsfähig bleiben für Lohn und Brot. Nicht für Gewinne. Nur böse Zungen behaupten, es gehe ihnen lediglich um ein billiges Weiter so! statt eines kostenintensiven Wandels. Im Wettbewerb, das wissen die Lobbyisten ganz genau, kann man nur bestehen, wenn man bereit ist, die Umwelt weiter stärker zu belasten. Jeder Erfolg hat eben seinen Preis. Und man muss ja wohl auch vernünftig sein. Als Arbeitsloser die Früchte des Umweltschutzes genießen ist doch auch keine Lösung.

Wahrscheinlich ist die Bereitschaft der Regierung, noch weitere vier Jahre mit höheren Emissionswerten zu tolerieren, nur eine Kleinigkeit im Vergleich zu anderen Mauscheleien mit der Wirtschaft. Auf weitere vier Jahre erhöhten Kohlenstoffdioxids kommt es ja nun auch nicht mehr an. In dieser Zeitspanne geht die Welt auch nicht gleich unter. Sie hält schon so viele Jahre so viel mehr aus. Allerdings besitzt die Bereitschaft dieser Regierung, auf die Souffleure von BMW, Mercedes und Audi zu hören, einen hohen Gehalt an Symbolcharakter. Regiert man eigentlich, wenn man denen nachplappert? Oder reagiert man nur noch? Kennt das politische Personal noch etwas, was sich mal Primat der Politik schimpfte? Heute machen vor allem Primaten Politik.

Wie gesagt, im Vergleich zu Jahrhundertreformen wie dem Arbeitslosengeld II oder der Riester-Rente (auch so Produkte der Flüsterpost im Dunstfeld der politischen Institutionen) ist die Verschleppung der CO2-Grenzwerte fast nur Beiwerk. Wenn sie denn nicht in Ewigkeit verschleppt werden, versteht sich. Das ist die andere Gefahr: Dass man nämlich solche Vorhaben nicht nur aussetzt, sondern vergisst. Aber augenblicklich zeigt diese Tatsache nur mal wieder, wer das Land im Griff hat: Denkfabriken, die im Auftrag diverser Industrien Einfluß nehmen. All diese in Anzug gehüllten Litfaßsäulen, die wie Nattern am Busen der politischen Ohnmacht zischeln und Ängste schüren und Gewinnaussichten präsentieren.

Das demokratische Zeitalter, so sagt uns diese umweltbelastende Randnotiz, ist endgültig vorbei. Sie ist ein Indiz für die postdemokratische Epoche, in der wir seit Jahren leben. Ja, man braucht diese partikularinteressierte Parteinahme nicht mal mehr in der Stabilität einer Koalition zu verstecken. Selbst ohne Mehrheit traut sich diese Regierung ungeniert als parlamentarischer Flügel des Lobbyismus aufzutreten. Früher versteckte man Instruktionen noch. Man ahnte, dass sie nicht richtig sind. Die Regierungen, denen Merkel vorsaß, haben allerdings nie einen Hehl aus ihrer Wirtschaftsnähe gemacht. Sie haben diese Nähe sogar als etwas verkauft, wovon die Bürger profitierten.

Die Geschichte der Berliner Republik ist die Geschichte einer mehr und mehr an die Lobbyverbände heranrückenden Politik. Und folglich ist Politik nur noch die Reaktion des Lobbying, sozusagen die Kellnerin, die die Vorgaben der Wirtschaft kredenzt. Und ein Trinkgeld für diesen guten Service erhält. Passt so, der Rest ist für Sie. Bis bald. Schönes Ambiente hier und nettes Personal.

Es ist ein Irrtum anzunehmen, dass wir derzeit nicht regiert würden, dass im Sondierungszeitraum niemand die Regentschaft innehätte. Die Lobby aber regiert stets. Sie wird nicht abgewählt und braucht keine Sondierung. Sie ist immer zur Stelle, um Arbeitsplätze zu erhalten und den Wettbewerb zu erhalten. Sie ist der Ausdruck eines Projektes, das Merkel die "marktkonforme Demokratie" nannte. Ein solches Konzept beinhaltet die Machtausübung durch Leute, die nicht legitimiert sind, die aber fest verwurzelt in der Logik des Marktes stehen: Durch Lobbyisten. Ohne sie, ist eine solche "Demokratie" nicht ausführbar.


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Als Biedermeier zwischen die Kissen kroch

Samstag, 19. Oktober 2013

Was wäre mir denn lieber? Große Koalition oder eine Neuwahl, die die absolute Mehrheit für die Union ermöglichte und obendrein die AfD und die FDP in den Bundestag spülte? Mein Gott, sind wir arm und alternativlos geworden! Wo soll da noch Demokratieoptimismus herkommen?

Viel mehr Optionen bleiben ja nicht. Entweder es kommt zur Großen Koalition, der die SPD-Mitglieder selbstverständlich mit großer Mehrheit zustimmen werden. Wie sollten sie aus dieser Nummer auch rauskommen? Jeden Tag hören sie viermal und lesen sie achtmal, dass diese GroKo der Lieblingstraum der Deutschen sei. Die hatten immer schon einen Hang zur starken Hand. In einem System mit demokratischen Anstrich will man dann eben keinen Diktator, sondern eine absolute Absolutmehrheit, eine Supermehrheit (504 zu 127 Sitze; 80 Prozent der Sitze gehörten der Koalition), die man sich als Regierungskoalition wünscht. Wenn die Sozialdemokraten diesem Wunsch der Mehrheit nicht folgen, dann sind sie diskreditiert, dann bespuckt man sie, erklärt sie öffentlich für überholt und nutzlos. Das ist die schlimmste Furcht, die so ein Sozi haben kann. Ein solches Szenario läßt ihn in die Hose machen. Er will zwar nicht heiß und innig geliebt werden, aber auch nicht beleidigt und verachtet. Gesellschaftliche Anerkennung ist das sozialdemokratische Wort für Gewissensfrage.

Entweder also diese GroKo. Also eine Renaissance dieser erst vor vier Jahren abgelegten Abbreviatur. Oder aber Neuwahlen. Die vermutlich absolute Mehrheit für die Union - plus zwei jeweils verschieden gelagerte Ableger dieser Regierung in der Opposition. Die FDP stützte diese konservative Regierungsmehrheit in Fragen des Wirtschaftsliberalismus, wäre weiterem Sozialabbau nicht abgeneigt und sähe auch in Merkels Europapolitik nichts, was sich nicht mit der eigenen Anschauung vereinbaren ließe. Die AfD stützte gleichfalls klassistische Anflüge, würde des Innenministers harten Kurs in Asylfragen stärken, aber in Sachen Euro ist da keine Hilfe zu erwarten. Wer hat schon zwei fünfte Kolonnen in petto?

Sind das ärmliche Aussichten! Wir drehen uns im Kreis. Schneller, immer schneller. Uns setzt nicht mal eine fehlende Sperrklausel zu, so wie damals zu Weimar, als man sich dauerhaft ins Patt manövrierte, weil lauter Splitterparteien Plätze wegnahmen und Mehrheiten verunmöglichten - und die so zur Radikalisierung der Gesellschaft beitrug. Wir sind im Patt der Alternativlosigkeit angelangt. Ob nun vier oder sechs Parteien im Bundestag sind: Ganz egal. Kaum noch vor, kaum noch zurück. Wir stecken in der Scheiße. Knöcheltief. Bis zum Kinn. Das Kinn ist auch nur ein Knöchel von vielen.

Komm, machen wir es uns im Wohnzimmer gemütlich. Pst, kein Wort von der Politik. Das regt Vater so auf. Erzähl ihm was Schönes. Schau dir die Zierkissen an. Willst du noch Tee? Kekse? Beinahe kann ich den Biedermeier verstehen. Seinen Rückzug in die gute Stube nachvollziehen. Nicht weil ich wie er diese Uneinigkeit der Parteien verabscheue, sondern weil ich diese unentschlossene Einigkeit zum Kotzen finde, die letztlich nicht mal den Arsch in der Hose hat, sich auch als solche zu zeigen.


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Gina und Marlowe

Freitag, 18. Oktober 2013

Leben mit nur noch zwei metaphysischen Fragen.

Links der Kater Marlowe. Der Rest
vom Fell nennt sich Gina.
Die Freude auf das neue Familienmitglied war groß. Einerseits. Ich rechnete durch. Andererseits. Was kostet uns dieser Kater, den wir Marlowe nennen wollten? Welche Unkosten macht uns Gina bislang? Und als ich so im Geiste vor mich hin kalkulierte, fragte ich mich noch etwas ganz anderes: Warum eine zweite Katze? Für was eigentlich? Was habe ich davon? Bringt es mir was? Ich ertappte mich dabei und zog diese Fragen zu einer einzigen Frage zusammen. Heraus kam etwas Zynisches: Welchen Profit habe ich eigentlich, wenn ich mir Katzen halte? Und plötzlich sah ich vor mir eine Bilanz, ich füllte die Sollseite aus, listete die Unkosten und Nachteile auf und haderte mit mir, weil die Habenseite so wenig Punkte aufwies. Überdies kaum welche, die direkten Vorteil versprachen.

An der Stelle brach ist beschämt ab. Ich wusste natürlich, dass das Halten eines oder mehrerer Haustiere nicht aufzurechnen ist. Das Lebensgefühl, das aus dem Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier entsteht, kann man nicht in Zahlen ausdrücken. Trotzdem geriet ich, der ich für die allgemeine Kosten-Nutzen-Mentalität wenig übrig habe, in diese intellektuelle Sackgasse.

Der Kapitalismus hat uns Menschen mindestens zwei Jahrhunderte konditioniert. Erst nur bestimmte Schichten, Kaufleute und Händler vor allem. Später alle anderen. Seitdem der Bürger erstinstanzlich Kunde zu sein hat, geht diese Ausrichtung, die unsere Wahrnehmung auf Profitversprechen und Renditevorteile reduziert, bis in proletarische (und quasi-proletarische) Schichten hinab. Das ist unheimlich. Besonders unheimlich wird es allerdings, wenn sich an Alltagsereignisse die zwei Fragen knüpfen: Was kostet es mich? Und was bringt es mir?

Diese zwei Fragen als Motto kosten nicht nur Lebensqualität. Sie reduzieren ebenso das Zusammenleben zu einer Frage der Bezahlbarkeit. Natürlich gilt es darauf zu achten, wofür eine Gesellschaft und man selbst sein Geld verwendet. Aber wenn es die einzige Maxime ist, wenn es zum unangefochtenen Credo wird, dann gerät es zu einer Zwangshandlung. Wobei dieser Zwang auf alle Menschen zurückwirkt und die dann vom so genannten Sachzwang erniedrigt werden.

Klar, der Kater kostet nur. Er bringt mir nichts ein, was ich irgendwie stofflich erfassen könnte. Und ich weiß nicht mal so genau, ob ich einen "unsichtbaren Wert" von ihm habe. Er gibt mir auch nicht unbedingt Seelenheil. Und doch scheint seine Existenz an meiner Seite etwas zu sein, was mich bereichert. Hoffe ich jedenfalls. Spüre ich nicht immer. Es ist schwer zu erklären. Vielleicht sollte man das auch gar nicht in Worte fassen, um es nicht zu sehr durchdenken zu müssen. Man könnte einfach sagen: Er ist da - und das ist gut so. Wäre er jetzt wieder weg, würde er mir fehlen. Auch wenn er oft ein blödes Vieh ist.

Diese Erkenntnis geht so genannten Realpolitikern völlig ab. Sie begrenzen die Mittel und Vorstellungen, die eine Gesellschaft zum geregelten Zusammenleben benötigt, rein nach dem, was finanzierbar ist. Alles was darüber liegt, wird als Träumerei abgetan. Das wäre zunächst gar nicht verwerflich. Dass diese Leute aber auch noch ganz arrogant für vernünftig erklären, was bezahlbar ist und damit zunächst Unbezahlbares für unvernünftig, das ist besorgniserregend. Und dass man bestimmte Ausgaben scharf nach Kosten und Nutzen begutachtet, zum Beispiel das Gesundheitswesen oder die Unterhaltung von Menschen ohne Arbeit, das ist nicht nur beängstigend, das ist der Einstieg in eine Denkweise, die das Schlagwort vom "unnützen Esser" als Spitze dieser Perversion kennt.

Eine strikte Realpolitik ist daher abzulehnen. Ein gewagter Satz, denn wer dergleichen sagt, macht sich der Romantik verdächtig. Dennoch: Eine Politik, die sich nur im Rahmen von möglichen Kosten und daraus zu erzielenden Nutzen bewegt, steuert auf eine Katastrophe zu. Sie nimmt in ihrer unidealistischen und uninspirierenden Haltung in Kauf, dass Menschen den gesellschaftlichen Anschluss verlieren, dass sich menschliche Zivilisation als kalter Krieg vollzieht. Willy Brandt hat mal irgendwo gesagt: "Wo immer Du auch redest Genosse, zu wem Du auch immer redest, was immer Deine Aussagen sind, auch die Strengsten, die Kritischsten, am Schluss muss Hoffnung sein." Das trifft völlig zu. Politik muss Hoffnung sein. Die gängige Realpolitik, die uns bestimmt, verbreitet keine Hoffnung. Sie ist hoffnungslos hoffnungslos. Sie hat uns geprägt, den eigenen Alltag als einen Mikrokosmos von Entscheidungen anzusehen, den wir starr am Korsett von Was kostet es mich? und Was bringt es mir? ausrichten.

Es sind diese zwei Fragen, die die Metaphysik unserer neoliberalen Gesellschaft prägen. Alle andere Fragen sind ihnen untergeordnet. Nach Kant waren es noch die Frage nach dem "bestirnten Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir"
(Kritik der praktischen Vernunft), das die Welt antrieb. Diese Fragen machten den Fortschritt aus. Alle anderen Fragen ergaben sich aus diesen zentralen Elementen der Metaphysik. Hätte Kant heute gelebt, er würde vermutlich Was kostet es? und Was bringt es? als die "zwei Dinge [die] das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht [erfüllen]" benennen. Wie sähe wohl der kategorische Imperativ aus, wäre er in einem Milieu entworfen worden, in dem es nur diese zwei Fragen gäbe?

Wir fragen uns derlei ganz unwillkürlich. Selbst als kritische Menschen. Wir kennen es nicht mehr anders. Auch ich nicht, deshalb erfreue ich mich zuerst nicht an einer zweiten Katze, sondern handle mir fast schon ein schlechtes Gewissen ein, weil ich mir "unnütze Kosten" ins Haus geholt habe.


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Eine Rundfahrt durch die Interessen der Oberschicht

Donnerstag, 17. Oktober 2013

Armut hat keine Lobby. Themen, die die unteren Gesellschaftsschichten betrifft, erhalten kaum öffentliche Wahrnehmung. Das was wir Öffentlichkeit nennen, ist letztlich nicht mehr als die medienwirksame Aufbereitung von Themengebieten, die fast ausschließlich die Oberschicht betreffen.

Ich freute mich auf ein Wochenende in Hamburg. Da ich die Stadt nicht kannte, ließ ich mich auf eine Rundfahrt ein. Die war spannend und imposant. Unsere Reiseführerin wusste so allerlei. Ins Schwelgen geriet sie allerdings erst, als wir in die Hafencity abbogen. Als wir den Marco-Polo-Tower erreichten, erzählte sie uns von bis zu 30.000 Euro Quadratmeterpreisen und dem geplanten Yachthafen vor der Haustüre. Später durchfuhren wir noch reiche Villengegenden und sie klang auch dort ein wenig stolz, ganz besonders als sie meinte, ihre Stadt sei laut einer Studie die Stadt der meisten Millionäre.

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Auf den ersten Blick

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Heute: Die an Deutschlands Zukunft bastelnde, die sondierende Kanzlerin

Die strahlende Option an den Wahlurnen ist dieser Tage als emsige und nachdenkliche Frau zu sehen. Die Stilistik solcher Bilder sagt aus, dass es nicht um wenig geht. Immerhin um Deutschland. Um die Zukunft dieses Landes viel mehr sogar. Es scheint eine bedrückende Verantwortung zu sein, die die Fotojournalisten hier einfangen. Sondierung muss ein schwerwiegendes Unterfangen sein. Sie grübelt stets, sie telefoniert und schreitet kraftvoll, ja schier pathetisch voran. Rumsitzen und quatschen, dumm rumstehen ist da nicht.


Jeder Schnappschuss zeigt sie ununterbrochen an der Zukunft feilend, für das Land telefonierend, sich abhetzend. Dass es auch um ihren eigenen Machterhalt geht, klammert derlei bildhafte Unterlegung der Sondierungsphase völlig aus. Es sind Fotos der Selbstlosigkeit, der erschöpften Überarbeitung und der Verantwortung, die den Kurs der Kanzlerin stützen. Wir erleben auf Fotos gebannte Momentaufnahmen der Patrona Germaniae, einer engagierten und besorgten Gestalt, die das Allgemeinwohl im Blick hat, die fürsorglich von Termin zu Termin hastet. Die Fotos der Sondierungsphase sind nicht beschaulich, bilden nicht ruhige Diskussionsphasen ab, nicht das vertraute Gespräch, sondern sind einer engagiert wirkenden Politikerkaste verschrieben, die zwischen Aktionismus und Passion taumelt.

Natürlich darf das Pathos dieser Helden der Arbeit nicht zu kurz kommen. Wie die Weltenretter im Blockbuster Armageddon, ziehen sie auf breiter Front ins Scharmützel. Im Zentrum die Richtlinienkompetenz, die unermüdlich sondiert und ausspäht, mit wem das Allgemeinwohl am sichersten vorangetrieben werden könnte. Sondierung ist für den Fotojournalismus ganz offensichtlich eine Gratwanderung zwischen Maloche und Pathos, zwischen Schuften und Kür. Beides verbindet sich zu einer journalistischen Gesamtästhetik, zu einer Bildsprache der Agilität. Der voller Enthusiasmus und in Ekstase wallende Politikertyp, den es nicht um die üblichen Kleinkariertheiten geht, nicht um eigene Vorteile und Klüngelei, sondern um das Großeganze. Dass die Sondierung zwischen politischen Parteien einfach nur das dreckige Geschäft des Verrats an den eigenen Versprechungen und Idealen ist, dass es dort ganz profan wie auf einem Basar zugeht, klammern solche bildlichen Mittel aus. Sie adeln etwas, was an sich schmutzig ist.


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Hinter Gittern

Dienstag, 15. Oktober 2013

Assad ist überführt. Nein, es gibt keine neuen Fakten, die man nicht auch den Rebellen zuschieben könnte. Der Spiegel hat einfach Fakten geschaffen. Man muss das Interview mit dem syrischen Präsidenten gar nicht gelesen haben, um zu verstehen, dass Assad der Täter sein soll.

Selbst im ZDF-Morgenmagazin, nicht gerade für kritische Berichterstattung bekannt, gab es anfangs, als der Tatbestand des Einsatzes chemischer Waffen bekannt wurde, grobe Bedenken an Assads Schuld. So erklärte eine Korrespondentin, dass die wenigen bekannten Fakten auch gegen die Rebellen sprechen könnten. Eine hochgenommene Rebellentruppe habe - und das schon Wochen vor dem Chemiewaffen-Einsatz - Material mit sich geführt, das für den Abschuss von Giftgas notwendig sei. Man bezog sich ferner auf russische Medien, die durchaus die Möglichkeit sahen, dass es die Rebellen waren. Zwar müsse man bei russischen Medien von Parteilichkeit ausgehen, sagte die Korrespondentin weiter, man dürfe aber nicht den Fehler machen, sie deswegen gleich vorweg als falsch wegzuschieben.

Über solche Kleinigkeit scheinen Spiegel-Journalisten erhaben. Dass man nichts Genaues nicht weiß, stört sie nicht weiter, trotzdem irgendwas Genaues zu formulieren. Wie er mit dieser Schuld lebe, fragen sie Assad provokativ und suggestieren damit, dass die Regierung Syriens für den Giftgaseinsatz verantwortlich war. Das Cover ist nicht mehr lediglich Ausblick, nicht mehr bloß Teaser, der Geschmack auf ein Interview machen soll. Es ist Richterspruch und bricht den Stab.

Hierzu werden optische Mittel verwendet, die verdeutlichen sollen, dass man nicht nur mit einem Staatspräsidenten sprach, sondern überdies mit einem Nahost-Hitler, einem Massenmörder, der trotz schwerer Schuld die Chuzpe besitzt, dem Westen ein Interview zu geben. Assad wird hierzu hinter drei schwarze Balken drapiert. Er wirkt dabei wie hinter Gittern, wie seiner Schuld überführt und verurteilt. Die schwarzen Balken fungieren hier als die Aura der Schuldigkeit. Sein Lächeln wirkt nun nicht mehr sympathisch, es modifiziert sich ins Freche, in die fiese Lache eines Schlächters. Und die Frage gerät dabei fast schon zur Staffage. Natürlich klappt dieses Konzept aber nicht ohne sie. Sie ist der Kernsatz der Kampagne.

Assad ist sicher kein Musterknabe. Als Oberhaupt einer Regierung im Bürgerkrieg wird er zwangsläufig Blut an den Händen haben. Für den Einsatz von chemischen Waffen kann er jedoch nicht verantwortlich gemacht werden, solange es keine stichfesten Beweise gibt. Dem Spiegel gelingt es, obwohl Nikolaus Blome noch nicht mal stellvertretender Chefredakteur ist, sich seine eigenen Fakten zu erschreiben. Das ist nicht journalistisch, das ist perfide und politisch motiviert. Mit diesem Stück hat der Spiegel nachdrücklich unterstrichen, dass er weiterhin gewillt ist, unanständigen Journalismus ohne Anspruch auf Neutralität zu betreiben. Blome dürfte diesen Trend dann ab Anfang Dezember verschärfen.


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Im Mittelmeer ertrunkene Hilferufe

Montag, 14. Oktober 2013

Über die naive Vorstellung, Flüchtlinge hätten eine Lobby.

Wir sind kein Einwanderungsland, sagte der Delegierte Großbritanniens. Und die Delegierten anderer Länder wiesen darauf hin, dass die Aufnahme von Flüchtlingen zu rassistischen Reflexen bei der Bevölkerung führen könnte. Durchlotsen wolle man die Flüchtlinge zwar gerne. Aufnehmen aber nicht. So druckste die Weltgemeinschaft 1938 in Evián herum. Geschichte wiederholt sich nicht - die Stimmen klingen aber manchmal verdammt ähnlich.

Damals ging es um die Juden, die man aus dem Großdeutschen Reich gedrängt haben wollte. Noch war die Massenvernichtung nicht absehbar. Die soziale Vernichtung aber, Berufsverbote und Bevormundung in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens, waren schon Realität. Ob damals wohl auch jemand, so wie jetzt der amtierende deutsche Innenminister, vor Armutseinwanderern warnte? Ob einer sagte, es könne und dürfe nicht sein, dass Juden nur das Land wechseln, weil sie wieder einen Arbeitsplatz haben wollten? Borniertheit war damals auch am Werk. Sie war nur nicht ganz so vorlaut.

Die Industrienationen tun sich mit Flüchtlingen nur leicht, wenn sie sich in weiter Ferne auf den Marsch machen. Wenn sie vom Sudan in den Tschad oder nach Äthiopien flüchten, dann leistet man humanitäre Hilfe und läßt auf Spendengelder angewiesene NGOs ausschwärmen. Mit Flüchtlingen vor der Haustüre tut man sich schwer. Solange Flüchtlinge lediglich Wanderer auf fernen Kontinenten sind und nicht temporär begrenzte Einwanderer, solange ist man auch hilfsbereiter. Solange bekämpft man die Folgen der Flucht und nicht die Flüchtenden.

Das ist in Lampedusa so. An der mexikanisch-amerikanischen Grenze. In Ceuta und Melilla. Vor der australischen Küste. Europa hat sich diese "pazifische Lösung" mit Insellagern und Sicherheitspersonal von Australien, diesem Land mit der freundliche Aura und dem coolen Surferherz, abgeschaut.

Überall dort wird nichts gegen die Flucht getan. Man bekämpft die Flüchtlinge, zwingt sie auf andere, auf gefährliche Fluchtwege, schafft so die Ursache für überfüllte Boote, die dann total überladen aufs offene Meer hinaustreiben. Gelingt es ihnen doch europäischen Boden zu erreichen, winkt als Belohnung für die gelungene Flucht ein Vegetieren in einem (wasserumspülten oder in der Ödnis liegenden) Vorhof zur Hölle. Was den Entbehrungen der Flucht nicht gelang, gelingt dann oft der eigenen Hand. Die Selbstmordrate ist in Flüchtlingslagern stark erhöht.

Das Flüchtlingsleid ante portas weckte in den westlichen Ländern niemals Mitgefühl, sondern immer nur eine hektische Angst, die dann in besitzstandswahrende Beißreflexe ausartet. Parolen, wonach es dann nicht mehr für alle reicht, wonach das Boot voll sei, lähmen das Hineinfühlen, bremsen das Mitleid aus. Aus dem sich aufdrängenden Moment der Mitmenschlichkeit destilliert sich aus einer Art furchtsamen Selbsterhaltungstrieb heraus ein egoistischer Impuls. Wer glaubt, der Mensch zeige sich hier edel, hilfreich und gut, der ist naiv.

1938 notierte die Presse, dass Evián rückwärts geschrieben naive heißt. Und das waren damals all die, die meinten, das Leid der Juden würde eine globale Hilfsbereitschaft auslösen. Naiv sind heute auch jene die annehmen, die Bilder ertrunkener Flüchtlinge würden Europa erweichen. Anfangs natürlich. Die Macht der Bilder ist unmittelbar. Im Gewirr mahnender Hardliner-Stimmen wird aus dem weichen Herz schnell eine Mördergrube. Außerdem hat man ganz genau gewusst, was es bedeutet, die europäische Peripherie zu einer Festung zu machen. Nur weil Flüchtlinge über Bord gehen, sieht man dann voller kalter Vernunft ein, muss man noch lange nicht dieses Frontex-Konzept ebendorthin gehen lassen.

Wir können nicht alle aufnehmen, denen es schlechter als uns geht, sagt die Hasselbach von der CSU und tut es ihrem Parteikollegen und Innenminister gleich. Sie deuten diese transmediterranen Hilferufe um, machen daraus eine bikontinentale Neiddebatte. Als kämen die Leute aus Afrika nur über das Meer, weil sie Sozialhilfe wollten. Das Mittelmeer hilft der Friedensnobelpreisträgerin - der Europäischen Union - regelmäßig, diese Hilferufe zu ertränken. Mit ihnen ertrinken Hoffnungen auf ein menschenwürdigeres Leben, auf Sicherheit und Perspektiven. Für Leute wie Friedrich ertrinken dort nur potenzielle Hartz IV-Empfänger. Es ist diese Interpretation von Flucht, die den Diskurs vergiftet. Die gleichgültig macht und wegsehen läßt.

Das was den Juden in Deutschland geschah, ist nicht mit dem zu vergleichen, was die Menschen in Afrika zu Flüchtlingen degradiert. Die Stimmen, die das Phänomen begleiten, sind aber ähnlich. Es gibt in der westlichen Welt eine große Tradition, nicht die Gründe der Flucht bekämpfen und das daraus entstehende Leid lindern zu wollen, sondern die Flüchtlinge als die Verantwortlichen der ganzen Angelegenheit hinzustellen.

Aber was solls! Morgen kräht ohnehin kein Journalist mehr danach. Zehntausende Menschen aus Afrika sind in den letzten Jahrzehnten im Mittelmeer ertrunken. Für Zehntausende endete ihre Odysee mit dem Tod. Jetzt hat es mal wieder viele im selben Augenblick erwischt und wir starren fassungslos nach Lampedusa. Als Papst Franz neulich auf Lampedusa eintraf, um die Menschen vor Ort zu trösten, auf sie aufmerksam zu machen, rangen sich nur wenige Medien durch, davon zu berichten. Mehr als eine kurze Meldung vernahm man kaum. Man fand eher, dass dieser Papst ein Populist sei, weil er den Elfenbeinturm seines Vorgängers verlassen hatte, um durch den Morast des irdischen Jammertals zu waten. Flüchtlingsverbände mahnen außerdem das ganze Jahr über, ohne dass man ihnen Gehör schenkt.

Es muss eben immer erst etwas passieren, bis etwas passiert, weiß schon der Volksmund. Und dann passiert was in der Medien-Demokratie. Es gibt im Empörungsstil gehaltene Berichte und davon aufgeschreckte Bürokraten. Morgen ist dann wieder alles vergessen. Die nächste Sau bitte! Durch welches Dorf geht es diesmal?


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So blöd wie eh und je

Freitag, 11. Oktober 2013

Lange hat man uns gesagt, dass wir immer blöder würden. Der gesunde Menschenverstand, den jeder von uns zu haben glaubt, stufte diese Einsicht als Wahrheit ein. Schließlich belegte das unser aller Alltagserfahrung. Im Umgang mit Jugendlichen schien sich zu bestätigen: Ja, es stimmt! Und die Hilferufe von Ausbildungsunternehmen, die in die Bildzeitung diktierten "Hilfe, unsere Schulabgänger werden immer blöder!" verfestigten diese Erkenntnis. Tja, seit einigen Tagen wissen wir: Nicht nur Schulabgänger haben Schwierigkeiten beim Lesen, auch ältere Menschen plagen sich beim Erfassen eines Textes. Und auch in der Mathematik ist es nicht anders.

Anders gesagt: Blöd waren wir schon vorher. Die Vorgängergenerationen waren nicht unbedingt klüger. Man hat sie nur seltener über ihr Allgemeinwissen ausgequetscht. Wären sie in einem solchen Ambiente aus Rating-Fetisch und Wertungswut aufgewachsen, sie wären schon vor Jahrzehnten die immer blöder werdenden Generationen gewesen.

Mein Vater erzählte gerne von jenen Arbeitskollegen in den Sechzigern, die ihre Lohntüte nicht selbst nachrechnen konnten, die prozentuale Zuschläge für Zauberwerk hielten. Ein anderer Kollege wettete mit ihm, dass Mallorca eine eigene Nation, jedenfalls aber nicht spanisches Territorium sei. So viel Besserwisserei gegenüber jemanden, der aus Spanien kommt, ist kaum nachvollziehbar. Wenn Dummheit auch noch frech wird, droht entweder Gefahr oder es gibt etwas zu lachen. Und dann waren da noch seine Schwiegereltern, die ihn auslachten, weil er seine Heimat als bergig beschrieb. Spanien sei eben, meinten die. In einem alten Schlager, so argumentierten sie, gab es Orangen und Palmen, aber von Bergen war da nie die Singe.

Klar, es gibt viele junge Leute, die ungebildet sind. Aber die gab es in jeder Generation. Heute habe sich jedoch ein Chic herausentwickelt, orakeln Soziologen allwissend. Man sei stolz auf sein Unwissen, kultiviere diese Scheißegal- und Interessiert-mich-nicht-Haltung und schäme sich nicht mehr. Das ist soziologische Wichtigtuerei. Ähnlich war es immer. Man denke nur an all die Leute, die ihren begrenzten Bildungshorizont an ihr Umfeld vermittelten und auch noch pampig wurden, wenn dieses Umfeld das nicht so sah. Ja, man denke nur mal an den Typen, der Mallorca als nicht-spanisch einstufte und auch noch wie ein Oberlehrer auftrat.

Die Studie der OECD belegt: Je höher der Bildungsabschluss, desto besser die Resultate in den jeweiligen Sparten. Meine persönliche Erfahrung mit neuen Abschlüssen, mit Bachelor und Master, sagt mir etwas anderes. Ohne Anspruch auf Richtigkeit natürlich. Vor Jahren bat mich ein eben vollendeter Bachelor, ich sollte doch mal seine Bewerbung durchlesen, die er an ein Unternehmen schicken wollte. Das tat ich. Es war grauenhaft. Zwar nur überschaubare Rechtschreibfehler, aber eine Syntax, dass es einem die Schuhe auszog. In Erinnerung blieb mir: "Ich habe ihre Stelle in der Zeitung gesehen." Ich fragte mich spontan, ob man da eventuell Fotos vom Arbeitsplatz in die Stellenanzeigen gedruckt hatte. Einige Zeit später geriet mir der Text einer Frau, die den Master gemacht hatte, in die Finger. Wenn man sich die Korrespondenz zwischen Personen aus der so genannten "bildungsfernen Schichten" vorstellen müsste, dann sähe die genau so aus. Keine Satzzeichen, orthographische und grammatikalische Fehler wechselten sich in schöner Regelmäßigkeit ab, um teilweise miteinander zu verschmelzen. Hier ging es mir wie vielen Testpersonen der OECD-Studie: Ich konnte anhand dieses Textes keine Lesekompetenz entwickeln. Ich verstand kaum etwas.

Legte das traditionelle Studium noch wenigstens etwas Wert darauf, dass sich der Absolvent vollumfänglich als Vertreter einer wie auch immer definierbaren Bildungselite ausdrücken konnte, so sind die neuen Abschlüsse rein praxisbezogen, haben jeglichen "Schnickschnack" ausgemerzt. Universelle Wissensvermittlung über das Fach hinaus nimmt man nur als Hemmnis wahr. Was ich jedoch sagen will: Vielleicht sollte man eine gezielte Studie unter Bologna-Abschlüssen anstreben. Man dürfte gespannt sein, ob diese "höheren Abschlüsse" auch bessere Werte zeitigten. Ich bezweifle dies.

Die Studie ist Trost und Armutszeugnis zugleich. Trost, weil wir eben nicht dümmer werden, sondern immer schon ein ordentliches Maß an Unbildung in unserer Mitte ertragen mussten. Und Armutszeugnis, weil es das Bildungswesen nach tausenden von Reformen und neuen Konzepten kaum geschafft hat, eine nennenswerte Steigerung des Bildungsniveaus zu erzielen.

Ob denn eine Zentralisierung des deutschen Schulwesens Früchte tragen würde, bleibt fraglich. Verwaltungsreformen sind eben nur Verwaltungsreformen. Und dann ist ja fraglich, welches Schulsystem sich bundesweit durchsetzt. Das paternalistische Konzept aus Bayern, in dem es starre Vorgaben aus München gibt, das teils undurchlässig und klassistisch ist, teilweise aber auch kindgerechter und liberal? Oder das Laissez-faire aus Hessen, in dem jede Schule ihr eigenes Süppchen kocht und es Rektoren freisteht, sich schulfremde Sponsoren ins Haus zu holen - und in dem Eltern ohne Rücksicht auf die Substanz ihres Kindes entscheiden können, ob sie ihr Kind trotzdem auf ein Gymnasium schicken wollen oder nicht? Aber das ist Föderalismusdebatte. Ich sollte das mal gesondert erläutern. Heute jedoch nicht.

Selbstverständlich muss man nicht jeder Studie gleich Wahrheit attestieren. Es ist schon fraglich, ob man die Lesekompetenz von Lesern deutscher Texte oder japanischer Wort- und Satzzeichen überhaupt vergleichen kann. Und diejenigen, die bewerten, was verstehen sie in jeweiligen Kultur- und Sprachkreisen eigentlich unter "Leseverständnis"? Überhaupt müsste man sich auch mal erläutern lassen, wie die Bedingungen bei den Tests waren. Als Stefan Sasse noch hübschere Texte schrieb, hat er mal über die PISA-Studie berichtet, wie deren Testläufe so gehandhabt wurden: "... wer 15jährigen sagt, dass der Test anonym ist, nichts zählt, sie an dem Tag keine Schule haben und zudem gehen dürfen, wenn sie fertig sind, braucht sich kaum über das Ergebnis zu wundern." Auch so kann man Ergebnisse verfälschen. Wie das bei der Studie der OECD war, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Deshalb gilt es besonders vorsichtig zu sein.

Was ich sagen will: Vielleicht kann man Wissen gar nicht standardisiert prüfen. Das wäre schön, denn dann wüssten wir nicht, dass wir so blöd sind wie wir es eh und je schon waren.


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Bescheidene Zeiten des Stillstands

Donnerstag, 10. Oktober 2013

Alles sondiert, keiner regiert. Viele sorgen sich deshalb. Doch man muss es mal pragmatisch betrachten: Vielleicht bringt uns dieser Stillstand tatsächlich nicht voran – aber er wirft uns auch nicht zurück.

Ich hatte neulich ein Gespräch mit einem Merkel-Wähler. Die Sondierungsgespräche findet er natürlich richtig oder vielmehr: ganz normal. Dass die sich aber hinziehen und man damit die Entscheidungsfähigkeit verschleppe, stört ihn gewaltig. Er sprach von Lähmung und Gefahren für die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit. Letzteres entnahm er wohl aus dem Fundus irgendeiner politischen Talkshow.

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Damals war nicht alles falsch und heute ist nicht alles richtig

Mittwoch, 9. Oktober 2013

Ein Aufruf für mehr Ausgewogenheit auch bei widerlichen Themen.

Konservative Medien schossen sich in den letzten Wochen auf die Grünen und teilweise auch auf die „Liberalen“ ein, weil die in den Achtzigern teilweise Sympathie für Pädophile pflegten und deren Strafverfolgung einstellen wollten. Dieser Kuschelkurs war zwar falsch. Die heutige in der Mitte angekommene inquisitorische Gnadenlosigkeit ist es allerdings auch.

Es waren progressive Jahre. Man wollte umbauen und fortentwickeln. Trieb die Versoziologisierung voran; selbst in Nischen, in denen etwas weniger davon angebrachter gewesen wäre. Nicht alles was die Elterngeneration an Vorstellungen und Idealen pflegte, war zwangsläufig generalzuüberholen. Es waren Jahre mit all ihren Verirrungen und Übertreibungen. Mit verkitschter Analyse. Und manches war hierbei naiv philantropisch. Jedes Tabu stand auf dem Prüfstand. Die Gesellschaft sollte entkrustet werden. In diesem Klima formierte sich die Gleichstellung der Geschlechter (inklusive radikaler Irrtümer), emanzipierten sich Schwule und Lesben (inklusive hedonistischer Sackgassen), suchte die westliche Linke nach gangbaren Wegen im kapitalistischen System (inklusive Auflösungserscheinungen) und kämpften alternative Lebens- und Liebesformen um Anerkennung (inklusive libertärer Romantizismen). Es war letztlich eine Phase des trial and error - manchmal auch ganz ohne Versuch.

Doch nicht alles war falsch. Selbst im Falle jenes Theorems von der Sexualität zwischen Erwachsenen und Kindern nicht. Auch wenn diese Erkenntnis heute nicht populär ist. Wenn man nämlich die Romantik abschminkt, die in jenen Jahren arg die soziologische Sicht auf gesellschaftliche Phänomene bestimmte, dann bleibt allerlei übrig, was den heutigen Diskurs, der zwischen "lebenslang wegsperren dem Wortsinn nach" und Todesstrafe taumelt, nicht schlecht täte.

Der Pädophile darf eben nicht als Monster angesehen werden, als tickende Kalkül-Bestie. Er ist nicht, um es sich einfacher zu machen, als krank oder gestört zu kategorisieren. Das sind Nischen, die sich die bürgerliche Gesellschaft geschaffen hat, um kategorische Einteilungen zu simplifizieren und gesellschaftliche Prozesse leichter zu umreißen. Die moderne Psychologie ist im Regelfall auch autark genug, sich von solchen Konstrukten nicht beeindrucken zu lassen. Pädophile haben - vereinfacht gesagt - das Problem, dass sie eine sexuelle Vorliebe entwickelt haben, die in die moderne Gesellschaft nicht mehr passt. Das hat auch mit der Lebenserwartung und der weitaus besseren Überlebensquote werdender Mütter zu tun.

Islamophobe Stimmen gehen oft so weit, den Propheten Muhammad einen Kinderficker zu nennen, weil er auch junge Mädchen zur Frau nahm. Das geschieht in der Verkennung damaliger Zustände. Alan Posener schreibt in seinem Büchlein über Maria, dass es im Judentum der Zeitenwende nötig war, wollte man die Bevölkerungszahl konstant halten, dass jede Frau durchschnittlich fünf lebende Kinder zur Welt bringen musste. Hinzu kamen eine Reihe von Fehl- und Totgeburten oder Kindern, die nach wenigen Wochen oder Monaten starben. Die Lebenserwartung lag damals bei etwa 25 Jahren, sodass Mädchen spätestens im Alter zwischen 12 und 14 in die Pflichten des Erwachsenenlebens eingeführt wurden.

Da die Lebenserwartung und die hygienischen Bedingungen sich grundlegend verändert und verbessert haben, ist dieses Modell kaum noch existent. Es ist schlicht nicht mehr notwendig, um die Existenz der Menschheit zu sichern. Insofern sind Personen mit pädophilen Neigungen auch - aber nicht ausschließlich - als Anachronismus anzusehen.

Das entschuldigt natürlich nichts. Darf nicht als Ausrede dienen. Sollte aber als Hintergrund bewusst gemacht werden. Die Stimmen jener progressiven Jahre, in denen der Kuschelkurs mit Pädophilie begründet wurde, haben den freien Willen dieser Menschen geleugnet. Auch wenn sie Vorlieben entwickelt haben, unter denen sie natürlich auch leiden, so muss das "Subjekt unter freien Willen" gewahrt bleiben. Und der unterstellte freie Wille eines Kindes, wie man das in jenen Kreisen damals zwischen den Zeilen las, ist grundlegend in Zweifel zu ziehen. Kindern kann man allerlei gegen ihren Willen einreden.

Was man aber aus jenen Jahren lernen kann, dass ist die etwas entspanntere Haltung zur Problematik. Das klingt natürlich arrogant für jemanden, der Erfahrungen mit dem sexuellen Gebrauch eines Kindes gemacht hat. Dazu gehört Distanz. Aber Pädophile als problembeladene Menschen zu sehen, als Personen mit einer sexuellen Neigung, die nicht mehr tragbar ist, dieses Problem aber nicht in Bausch und Bogen in Moral zu tunken, sondern offen damit umgehen, dabei aber auch immer Grenzen aufzeigen: Das wäre ein Auftrag an diese Gesellschaft, in deren bürgerliche Mitte sich eine Lynchstimmung gegen Menschen etabliert hat, die in dieser Weise schon mal auffällig wurden. Diese radikale Gesinnung gipfelte in der Forderung eines berühmten Schauspielers, wonach Sexualstraftäter keine Menschenrechte mehr haben sollten. Und die Gattin des ehemaligen Verteidigungsministers rief zur Straftat auf und glaubte damit ihren Teil zur "Jagd auf Perverse" zu leisten.

Die Abgeklärtheit des Pädophilieverständnisses der frühen Achtzigerjahre und der heutige Anspruch, sie - die Pädophilie - nicht durchgehen zu lassen: Würden sich beide Haltungen vereinen, könnte man mehr zur Prävention und Aufklärung leisten, als es diese beiden extremistischen Sichtweisen je für sich könnten. Es war damals eben nicht alles falsch und es ist heute eben nicht alles richtig.


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Aus fremder Feder

Dienstag, 8. Oktober 2013

"[Der Patriotismus] trat zum erstenmal (...) 1813 in Deutschland auf, in jenem Land, das man den wahren Lehrer der Menschheit in Sachen "demokratischer Patriotismus" nennen kann, wenn mn darunter den Willen eines Volkes versteht, sich im Namen seiner tiefsten Charaktermerkmale den anderen entgegenzustellen (das Frankreich der Revolution oder auch des Empire hätte niemals daran gedacht, sich im Namen seiner Sprache und seiner Literatur über andere Nationen zu erheben). Früheren Zeiten war diese Art von Patriotismus völlig unbekannt: Unzählige Male haben Nationen die Kulturen anderer Nationen, auch solcher, mit denen sie gerade Krieg führten, übernommen und hoch verehrt."

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Eine Bande von Steuerbetrügern

Montag, 7. Oktober 2013

Jetzt da sich die einschlägigen Ökonomen und Experten auf den Steuererhöhungsplan der "linken Opposition" stürzen, offenbaren sie mal wieder das beschränkte Weltbild des Neoliberalismus. Nach neoliberaler Exegese ist nämlich gesellschaftliche Zufriedenheit nur durch geringe Steuerbelastung realisierbar. Als wären Menschen nur anhand der Steuer- und Abgabenspalte ihrer Lohnabrechnung in der Lage, ihre Zufriedenheit einzustufen oder in Relation zu setzen. Die Steuererhebung ist für diese "neoliberalen Soziologen" weniger das Modell zur Finanzierung des gesellschaftlichen Zusammenlebens, als ein Indikator für Glück.

Erstmal eine kurze Anmerkung, um korrekt zu bleiben: Die Wirtschaftsexperten, die man nun befragt, bauschen natürlich dieses Vorhaben schrecklich auf. Sie tun so, als gäbe es die Absicht, jede Einkommensklasse höher zu besteuern. Dabei geht es bei den Vorschlägen aber gezielt um Besserverdienende und Vermögende. Das heute aber nur nebenher.

Wie sehr man der Formel verhaftet ist, dass Zufriedenheit nur durch niedrige Steuersätze zu erzielen sei, bewies der CDU-Wirtschaftsrat, der den Niedergang des Koalitionspartners als Folge falscher Steuerversprechungen bezeichnete. Diese sonderbaren Liberalen gingen aber weniger deshalb unter, weil sie die Steuern nicht gesenkt hätten, sondern weil sie sich in ihrer Amtszeit immer deutlicher als nepotistische, klientelistische und korrupte Partei zeigten. So gesehen trifft eher das Gegenteil zu. Denn man nahm ihr gezielte Steuersenkungen sogar übel: Siehe Mehrwertsteuersenkung für die Hotelbranche oder das Beharren auf eine konziliante Unternehmensbesteuerung und niedrige Spitzensteuersätze.

Diese Happiness Economics hat keine Ahnung davon, dass für die Menschen durchaus mehr als nur das Schielen auf den Steuersatz von Interesse ist. Die Steuer ist ja nicht weniger als ein Deal und keine Erpressung. Sie verspricht - und mir ist bewusst, dass sie es nicht immer hält -, dass es Sicherheiten und Arrangements gibt, die das gesellschaftliche Zusammenleben qualitativ aufwerten. Sozialsysteme zum Beispiel - oder annehmbare Infrastruktur. Verödet aber die Bereitschaft, diese Programme zu finanzieren und fair zu belassen, dann fragt sich der Bürger natürlich, für was er Steuern und Abgaben leistet. Das hat aber nichts mit allgemeiner Steuerabneigung zu tun, wie man sie aus dem Fahrwasser der amerikanischen Tea Party kennt.

Wir haben es hier mit einer Bande von Steuerbetrügern zu tun. Sie betrügen die öffentliche Wahrnehmung von Zufriedenheit, indem sie sie versteuern. Indem sie behaupten, die Steuern seien das Taxameter zur Harmonie. Kriminell wie der wirkliche, wie der materielle Steuerbetrug ist diese Variante der Betrügerei nicht - aber sie ist ein Einstieg und die geistige Grundlage hierzu.

Das Theorem von der Zufriedenheit durch Steuermäßigung ist das Produkt eines egoistischen Lebensgefühls. Einer Warum-bezahlen?-Mentalität. Diese Auffassung macht deutlich, wie sehr die neoliberale Ökonomie Gesellschaft als gebändigtes Gegeneinanderspiel von Egoisten begreift. Wichtig scheint da zu sein, selbst mehr im Geldbeutel zu haben, während das Gemeinwesen ausblutet. Dass das ein weitaus höherer Preis ist, blenden diese Prediger der Egomanie höflich aus.


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Wiehert da ein Pferd oder ist es mein Großcousin?

Donnerstag, 3. Oktober 2013

oder In eigener Sache.

Derzeit geht mal wieder gar nichts. Ich stell mir vor, es wäre immer so. Ausgelaugt. Lustlos. Dunkel. Nicht mal das übliche Angewidertsein. In solchen Momenten hat man nicht mal einen Sinn dafür, wie richtig jetzt ein ordentlicher Suff wäre. Der Gedanke kommt einem gar nicht.

Zuletzt wollte ich noch was zum Shutdown schreiben. Ging nicht. Es kam nichts. Ich stellte mir vor, wie ich die üblichen Worte verwende. Tea Party, Reaganomics, marktradikal oder Antiamerikanismus. Öde. Fast so abgeschmackt wie Gaucks Predigt zur Einheit. Ist ja aber auch mal genug. In den letzten Wochen habe ich ja fast täglich was geschrieben. Bundestagswahl und so. Außerdem möchte ich nicht jede Verrücktheit und jede Realsatire aus Entwicklungsländern anreißen müssen. Ich komme mir ja vor wie ein geiler Dackel, für den jede Wade ein potenzielles Verzückungserlebnis darstellt. Man muss auch mal die Schnauze halten können.

Nun ist mal kurz Pause angesagt. Mal raus aus der Tretmühle. Weg unterm Fallbeil. Der Eintönigkeit entfliehen. Kurze Unterbrechung des ewigen Wartens auf News und Sensationen. Aus der Monotonie des Chronisten türmen.

Ich darf natürlich nicht klagen. Ich sitze ja hier in keinem Arbeitslager. Was sollten denn da all die hart arbeitenden Menschen sagen? Ich meine nicht Pfaffen und Manager. Leute, die Scheißjobs machen, Pakete schleppen, Teller jonglieren und Kotze wegwischen.

Trotzdem reicht es mir jetzt mal. Alles vor und nach der Bundestagswahl hat mich müde gemacht. Und mürbe. Und dann all diese Namen. Merkel, Kauder, dann dieser sprechende Rasierpinsel, der von Beruf Generalsekretär der Union ist. Und dann Nahles und Gabriel und Lindner und Trittin und Palmer und Kretschmann. Die Namen, die man gleich wieder vergisst, kann ich natürlich hier nicht hinschreiben. Zudem jede Stunde eine neue Eilmeldung, die mich ratlos zurückläßt. Ich komme mir fast vor wie auf Picassos Guernica gepinselt. So viel Zeug, so unübersichtlich und undefinierbar. Und alles so grau. Ist das ein Fuß oder eine Hand? Wiehert da ein Pferd oder meines Vaters Cousin aus jenem Ort? Wo soll ich nur anfangen? Was ist wichtig? Was nicht?

Was wollte ich jetzt eigentlich sagen? Ach so, ja: Es gibt mal keinen Text am Freitag und keinen am Samstag. Ich mache jetzt gleich das Licht aus und wenn ich es wieder anknipse, geht es ab in den Norden.

Und wenn ich schon mal dabei bin. Vielen Dank für eure Unterstützung. Und wer mag, darf das auch weiterhin tun. Entweder per Paypal (siehe rechte Seitenleiste) oder über den gewöhnlichen Bankweg. Meine Kontodaten teile ich auf Nachfrage gerne mit.


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Fünf Tage im September

Nach einem Wahlkampf, dessen Höhepunkte ein Stinkefinger und eine Deutschland-Kette waren, habe ich mir nicht vorstellen können, dass die Bundestagswahl noch mit überraschenden Wendungen aufwarten kann. Und nachdem die Konservativen knapp an der absoluten Mehrheit vorbeigeschrammt sind, sah ich mich in dieser Einschätzung ohnehin bestätigt. Ich nahm an, dass die üblichen Mechanismen sofort greifen würden: Einer biedert sich bei der Kanzlerin in Lauerstellung an, nickt ab und ist Koalitionspartner. Dass sich alle zieren und etwa eine Woche lang eine Art "virtuelles Machtvakuum" entstehen würde, daran dachte ich nicht.

Eine kurze Woche lang sah die Kanzlerin trotz Wahlsieg isoliert aus. Diverse sozialdemokratische Landesbasen äußerten Misstrauen und mahnten zur Enthaltsamkeit. Plötzlich ging es um politische Inhalte und Ziele, darum, dass Macht nicht alles sei. Und fast hatte man den Eindruck, als habe die Öffentlichkeit am Ende doch noch erkannt, dass es sich bei Merkel stets um eine Medienkanzlerin handelte, um ein hochgeschriebenes Produkt ohne Essenz.

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