Der Gänswürger, der Kneißl und die CSU

Dienstag, 17. September 2013

Der irrationale Respekt der Bayern gegenüber Spitzbuben.

Als Bayer in der Ferne muss ich mal etwas zur Ehrenrettung von Land und Leute sagen: Die Leute sind dort wesentlich liberaler und lockerer, als es dieses Wahlergebnis vom Sonntag dokumentiert. Diese Affinität zu den Christsozialen ist eines der ganz großen Rätsel dieses Landstrichs.

Ich will nicht sagen, dass die Bayern grundsätzlich aufgeschlossene und weltoffene Leute wären. Ihnen hängt zum Beispiel ganz zurecht der Makel der Fremdenfeindlichkeit an - die wird aber im gepflegten Egalitarismus betrieben. Ob nun Holsteiner oder Syrer, Berliner oder Mexikaner: Der Bayer ist bei allen gleich skeptisch; Xenophobie ist dort gegen jeden gerichtet, der nicht aus Bayern ist. Lieber ist ihm letzlich ein gemütlicher Türke als irgendein Besserwessi. Und es heißt dort nicht umsonst manchmal: Saupreiß türkischa.

Es gibt ein anders Bayern: In Bayern gab es eine kurze Weile eine Räterepublik. Sie fiel dort auf fruchtbaren Boden. München war das liberale Pflaster der Bohème. Marieluise Fleißer stellte sich gegen ihre und meine Heimatstadt. In den Metropolen regieren heute noch eher Sozialdemokraten als Konservative. Es gab und gibt dort ein linkes Spektrum. Da sind Hans Söllner und natürlich Konstantin Wecker und dieser stetige bayerische Hang zur dezenten Anarchie, zur skeptischen Haltung gegenüber Macht. Mir fällt auch noch Gerhard Polt ein und die Biermösl Blosn und Carl Amery. Alles bestimmt keine bekennenden Linken, aber doch liberal, humanistisch und kritisch und sicherlich nicht der "Staatspartei" zugeneigt. Und noch eine Frage: Woher kommen Pelzig und Priol?

Und klar, dann gibt es die andere Seite. Während Erich Mühsam in München seine Rote Hilfe organisierte, predigte bereits ein gewisser Adolf Hitler in Bierkellern. Die Nationalsozialisten nannten München gar die Hauptstadt der Bewegung. Auch das war und ist Bayern.

Es ist nicht so, wie sich das manche vielleicht vorstellen, dass man den Menschen in Bayern diesen Stockkonservatismus anmerkt, den man ihnen nachsagt. Die Menschen dort sind meist so, wie sich Linke freundliche Leute vorstellen: Locker, humorvoll, extrovertiert und hilfsbereit. Ich will nicht schwelgen. Ich habe so viele Arschlöcher auch in Bayern kennengelernt. Aber die gibt es überall. Was ich sagen will ist nur, dass man die Bayern jetzt nicht in moralische Sippenhaft nehmen kann, bloß weil knapp 30 Prozent aller Wähler dieser Bande von PR-Trachtlern ihre Stimme gegeben haben.

Im bayerischen Gemüt gibt es eine Veranlagung für liberalen Geist, für linke Positionen und alternative Wege. Warum das alles nicht abgerufen, warum immer wieder dieser parteipolitische Flügel der bayerischen Wirtschaft gewählt wird, ist fast unerklärlich und kommt der Gemütslage vieler Bayern überhaupt nicht nahe. Man verwechsle bitte nicht die CSU mit den Menschen in Bayern. Man falle nicht auf dieses geschickte Spiel der Christsozialen herein, die gerne behaupten, sie spiegeln das Bayerische wider. Klar doch, Bayern ist auch muffig, spießig und bigott. Alles, was die CSU ist. Aber das ist doch nicht ganz Bayern.

Und noch ein Einschub: Nicht alle Kommunalpolitiker der CSU sind verfilzte Handlanger der Korruption. Manche sind auch Kümmerer und behandeln die Bürger fair. Ich habe so oft von krassen und weniger offensichtlichen ausländerfeindlichen Normen erzählt, die ich in meiner Kindheit und Jugend erlebte. Es gab auch Lichtblicke. Ausgerechnet auch von CSU-Leuten. Mein Vater musste viele Jahre mehr Miete für eine Sozialwohnung bezahlen als seine deutschen Nachbarn. Das war für den Vermieter - eine gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft - eine Art Rückversicherung. Der Spanier hätte ja auf die Idee kommen können, einfach aus Deutschland abzuhauen. Meine Mutter schrieb dann irgendwann einen langen Brief an den CSU-Bürgermeister, thematisierte diese Diskriminierung und bekam Antwort und Hilfe: Die Zuschläge wurden künftig nicht mehr erhoben und die bisherigen Zahlungen erhielt mein Vater zurück. Es sind längst nicht alle in diesem Verein ignorante Idioten.

Die Stimmen zur Landtagswahl in Bayern ärgern mich. Sie sind versucht, Bayern als schrecklich rückschrittliches Bundesland hinzustellen. Als Hort des weiß-blauen Egoismus. Seehofer ist nicht der Prototyp eines Bayern. Strauß war es auch nicht. Und kaum jemand stammelte je wie Stoiber. Natürlich brüskiert dieses Mia san mia die Menschen in Deutschland. Die Frage ist natürlich, was man damit verbindet. Wie die CSU den Länderfinanzausgleich als anti-bayerisches Teufelswerk? Oder ist es eher als kultureller Patriotismus zu verstehen?

Ich würde als jemand, der fast sein ganzes Leben in Bayern verbrachte, gerne erklären können, warum ausgerechnet diese reaktionäre CSU solche Ergebnisse einfährt. Warum sie immer wieder die Regierung spielen darf. Ich kann nicht. Oder sagen wir: Ich kann es nur versuchen.

Das Wahlverhalten und die Alltagserfahrung sind in Bayern nicht deckungsgleich. Womöglich hält man dieses Prinzip des Eine-Hand-wäscht-die-andere, vulgo Korruption genannt, nicht für besonders schlimm. Man könnte ja auch selbst davon profitieren. Da wäre es ja blöd, wenn man jetzt gegen den Filz ist. Jemand der dreiste Geschäfte macht, der betrügt und hintergeht, über den sagt man im anerkennenden Ton schon mal: A Hund is a scho. Bedeutet: Diese Frechheit hat Courage. So sprach man über Strauß. Jeder hat gewusst, was das für einer war. Aber man hatte seine Finten als Chuzpe anerkannt und ihn einfach machen lassen.

Insofern wäre die Wieder- und Immer-wieder-Wahl der CSU der bayerischen Abneigung für von oben verordnete Regeln und Gesetze zu verdanken. Es ist ja in Bayern kein Skandal, wenn man sich nicht an Gesetze hält, sondern wird als ein Akt der Courage betrachtet.

Da gibt es Reminiszenzen: Man gedenkt heute noch liebevoll dem Donaumoosräuber Gänswürger oder dem Raubmörder Kneißl. Sie gelten als wackere Burschen, die sich gegen die Regierung, den König und den Staat gestellt und "ihr Glück in die eigene Hand genommen hatten". Das ist wahrlich eine kuriose Romantik in der bayerischen Volksseele. Denn es ist ja nicht so wie andernorts, wo man diversen Räubern eine Aura der Anständigkeit (Stichwort: Robin Hood) verliehen hat. Nein, man weiß ganz gut, dass diese Kerle gnadenlose Schänder und eiskalte Mörder waren. Trotzdem schwingt da immer das Stereotyp vom Outlaw, vom Rebell gegen die Obrigkeit mit, von jemanden, der seinen Weg gegen alle Widerstände ging. Das bayerische Gemüt bewundert skurrilerweise genau solche Typen besonders, wenn sie sich gegen die Legalität gestellt hatten. Wenn sich einer gegen den Massengeschmack oder den Zeitgeist stellt, bewundert man ihn nicht, sondern hält ihn für einen unappetitlichen Typen.

Das könnte man einen bürgerlich-radikale Anarchismus gegen die Machthaber nennen. Eine Haltung, die in der bayerischen Mentalität, zwischen Sturheit und Stolz mäandernd, verankert scheint. Ein Reflex, der auf die CSU angewandt natürlich nicht mehr gilt, denn sie bietet Amigo-Dienste nicht gegen die Obrigkeit an - sie ist selbst die Obrigkeit. Den Kneißl- oder Gänswürger-Effekt hält man nur aufrecht, indem man eine Art Bavarian Angst entfacht, nach der die CSU nicht mehr Obrigkeit, sondern eine am Rande der Legalität arbeitende Bande gegen die Übergriffe aus Berlin ist.

Das ist sicherlich keine zufriedenstellende und schon gar keine ausführliche Erklärung. Das ist mir bewusst. Aber es ist ein Versuch. Dieser irrationale Respekt vieler Bayern vor den Spitzbuben, die Anerkennung ihres Treibens als Leistung, nicht als etwas, was zu es zu bestrafen gilt, macht die Christsozialen zur ewigen Option. Je mehr die auf dem Kerbholz haben und je raffinierter die Schliche, desto eher werden sie gewählt. Hund sans scho, de Leit von da CSU. Wenn die mal anständig werden, dann schaut die Sache anders aus. Anstand wird natürlich auch in Bayern geschätzt: Wenn man ein Nichts ist - oder nur wenig darstellt. Aber als jemand, der in der Öffentlichkeit steht, sollte man schon etwas auf dem Kerbholz haben, um als Mannsbild von Schrot und Korn angesehen zu werden. Sonst gilt man als langweilig und ist unwählbar. Und auch hier ist wichtig: Frauengeschichten und Drogen gelten nicht als Skandale. Es müssen schon materielle Schnippchen sein. Geldbörsen wie beim Kneissl oder Schmuck wie beim Gänswürger. Die Bevorteilung von Unternehmen von Freunden und Bekannten, wie es bei der CSU Usus ist, ist die Fortführung dieser Schandtaten - mit demselben Effekt bei der Bevölkerung.

Wer auf sich und seine Leute schaut, und sei es mittels halbseidenen Aktionen, der erhält Lob, den klopft man auf die Schulter. Dass die Allgemeinheit von solchen Aktionen nichts hat, bei denen ein Minister seinem Vetter einen Auftrag der öffentlichen Hand zuschustert, wird dabei einfach übersehen. Es ist fast ein bisschen so wie bei Dagobert, als der mit allerlei Tricks und unverfrorenen Witz sein Lösegeld forderte. Die RAF hatte eine Weile denselben Rückhalt. Erst war es ja nur herrlich ungezogen, was die Leute da taten. Nachher wurde es erst mörderisch. Bei Dagobert regten sich einige Zeitgenossen tierisch auf, dass die Menschen auf seiner Seite standen. Schließlich sei er ein Krimineller. Diese Haltung ist in Bayern Dauerzustand.

Trotz allem: Bayern ist nicht die CSU. 70 Prozent aller wahlberechtigten Bayerinnen und Bayern haben die CSU nicht gewählt. Das muss man auch mal hervorheben. Von Staatspartei kann also keine Rede sein.


13 Kommentare:

Gisela Weber 17. September 2013 um 08:24  

Hab' verstanden: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wahrscheinlich tue ich all den Frauen Unrecht, die, tagtäglich, dieses Öffentlichkeitsbild des bayrischen "Machos" ausbalancieren müssen. Ich habe pesönlich gute und schlechte Erfahrung mit den Bayern gemacht, aber das Öffentlichkeitsbild, das sie vermitteln, macht mich leider sehr skeptisch. Es lässt sie, als, vom Ehrgeiz besessene, Egozentriker erscheinen, die ihre Egozentrik zu einer deutschen Normativität hochstilisieren wollen.

altautonomer 17. September 2013 um 08:31  

Deiner Analyse der bayr. Soziostruktur stimme ich zu. Du hast aus Deiner bürgerlich-linksliberalen Sicht und Gemütlichkeit leider die wichtigen historischen Ereignisse um die WAA Wackersdorf nicht erwähnt, weil Du zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich entweder kurz vor der Einschulung standest oder Dir dieser Form militanten Widertands dörflicher Ureinwohner aus der Region unheimlich war.

Zur Erweiterung Deines Bildunhgshorizontes erlaube ich mir daher, Dir das Video "Zaunkämpfe",
der autofocus-videowerkstatt e.v., berlin und den Bildband "Die Chaoten" von Lohmeyer/Steußloff zu empfehlen.

maguscarolus 17. September 2013 um 09:05  

Freilich: Bayern ist nicht die CSU. Aber die Bayern haben in einer relativen Mehrheit ein Wahlergebnis produziert, das die CSU-Granden in die Lage versetzt, jetzt wieder vor Kraft kaum laufen zu können.

Bayern ist m.E. nur vor der kommunalen Verbundenheit seiner Bewohner her zu verstehen. Brauchtumspflege. Wildererromantik. Waffenkult. Katholizismus.

Ein wenig erinnert mich diese Struktur an die Zustände in den Kernstaaten der USA, so wie Bageant die "Rednecks" beschreibt und wie die kommunalen Interessenvertreter der republikanischen Eliten es verstehen, die Leute in politischer Unmündigkeit zu halten – wo auch erzkonservativer Klerus und erzkonservative Eliten sich gegenseitig in der Steuerung der gesellschaftlichen Entwicklung unterstützen. Bei allen Unterschieden gibt es doch gewisse Ähnlichkeiten in den Grundmustern – letztlich verankert im agrarischen ländlichen Raum. Der "Bauer" war immer schon fremdenfeindlich, weil sein Leben an seinen Grund und Boden gekettet ist. In solchen traditionellen Umgebungen bist du entweder Herr oder Knecht. Das prägt.

Anonym 17. September 2013 um 10:01  

ladalyANMERKER MEINT:

Einverstanden mit Deiner Seelenanaylse, Roberto. Aber das ist der Überbau. Die Basis ist die Ökonomie. Wenn die stimmt, fühlen sich die Leute aufgehoben. Was ja in Bayern der Fall ist. Der wirtschaftliche Erfolg gepaart mit extrem bayrischem Wirtschaftsegoismus der CSU - man schaue sich nur an, wie der Länderfinanzausgleich an die Wand gefahren wird - beschert der CSU beim Wahlvolk diese immense Zustimmung. Mit einem alten marx´schen Spruch könnte man sagen: Das Sein bestimmt das Bewusstsein, das wirtschaftliche wohlgemerkt.

MEINT ANMERKER

georg 17. September 2013 um 10:50  

Es ist ja in Bayern kein Skandal, wenn man sich nicht an Gesetze hält, sondern wird als ein Akt der Courage betrachtet.
ah ha....
deshalb ist mollath zu unrecht im knast gelandet und die justiz hat keine fehler gemacht....
ich denke BAYERN ist ein geschlossenes system und dank fasst uneingeschränkter alleinherrschaft der CSU das korrupteste bundesland..

Anonym 17. September 2013 um 11:34  

8 riedis@georg: Ihre Einlassung ist nicht nur unzutreffend, sie vertuischt auch die Tatsachen, die wirklich ein Problem sind in Deutschland. Bayern auf eine parteiische Justiz und Korruption zu reduzieren, täuscht darüber hinweg, dass genau dass genau das in Zeiten des Neoliberalismus Standard in ganz Deutschland ist. Nicht umsonst gibt es nach wie vor den Sachsensumpf und weder die U-Bahn in Berlin noch die in Köln lässt anderes vermuten. Ein Pfarrer König wird vor Gericht gezerrt und ein Polizist, den den Verbrennungstod eines afrikanischen in-Gewahrsam-Genommenen zumindest mitverschuldet hat, läuft immer noch frei rum. Das Gezetere über Bayern und die Bayern ist wohlfeil, lenkt es doch den Ärger über diesen Staat auf ein paar Personen und ein einziges BUndesland. Aber bnicht vergessen, nicht nur 48 % haben CSU gewählt, Merkel kommt auch auf 68% Zustimmung, und die ist aus der Uckermark.

Gisela Weber 17. September 2013 um 12:04  

In den vorgegebenen, patriarchalen Entweder-Oder Strukturen kann ein Karl-Marx'scher dialektischer Sprung auch nur vom Himmel fallen, wie der heilige Geist im Katholizismus.

Der/die Bauer/Bäuerin ist, an sich, nicht ans Land gekettet, denn er/sie hat die Möglichkeit subsistent zu leben. Der/die Bauer/Bäurin ist wegen der Ausbeutung durch die nicht-subsistente Herrschaft und der nicht-subsistenten Berufsstände angekettet an eine, sich ständig, steigernde Produktionleistung. Alle Zwänge, Entrechtungen und Hierarchisierungen werden von den patriarchal-kapitalistischen Herrschaftsansprüchen verursacht und NICHT von der natürlichen Ordnung. Die natürliche Ordnung ist ein Fürsorgeprinzip (Aufzucht von nachfolgenden Generationen, Interaktion zwischen den Generationen und die Erde gibt uns alles, was wir zum Leben brauchen) und kein Herrschaftsprinzip.

Die Angst der Rechten vor kommunistischem Gedankengut lässt auf Hierarchiegläubigkeit schließen. Hierarchiegläubigkeit ist die Basis der monotheistischen Religionen. Und Hierarchismus ist der Feind menschlichen Gemeinschaftswesens und letzlich der Feind jeden Lebens.
Die Bayern haben rechts gewählt und sorgen so für den Fortbestand der Hierarchiegläubikeit.

ulli 17. September 2013 um 12:07  

Ich war den Neunzigern öfters in Bayern, meist in der Gegend von Passau, aber auch an anderen Orten, ich bin auch mit Regionalzügen mehrmals quer durch das Land nach Salzburg gefahren. Nach meinem Eindruck ist die Atmosphäre in Bayern wesentlich liberaler, weltoffener und entspannter als etwa in Ostdeutschland. Nach meinem Eindruck kann man sich dort auch mit dunkler Haut oder längeren Haaren problemlos bewegen, wozu ich in Mecklenburger Kleinstädten oder gar ostdeutschen Regionalzügen wahrhaft nicht raten würde!

Als Nicht-Bayer finde ich den Erfolg der CSU sicher obskur. Andrerseits ist des Menschen Wille bekanntlich sein Himmelreich und hat die CSU eine erfolgreiche Politik gemacht und dem Land einen Wohlstand beschert, von dem sie in Brandenburg oder Meck-Pomm auf Jahrzehnte nur träumen können. Zudem: Es ist der CSU gelungen, bei München erfolgreich einen funktionierenden Großflughafen zu bauen, das ist doch schon mal was! Als Berliner, wo ja schon immer von weitestgehend unfähigen Provinzpolitikern Milliarden über Milliarden für irgendwelchen Scheiß in den Sand gesetzt werden (und der Chef der "Treberhilfe", einem Sozialunternehmen zur Betreung von Obdachlosen, sich einen Maserati als Dienstwagen leistete, zugleich seine Sozialarbeiter weit unter Tarif bezahlte) sehe ich diese bayrischen Zustände eher entspannt.

stefanbecker 17. September 2013 um 12:46  

Deine Analyse des Bayrischen zeichnet ziemlich genau das Bild,dass auch ich mit mir herum trage, nur das ich münsterländisch sozialisiert bin und es nicht so treffend formulieren kann.
Auf Dauer würde es mich nicht wundern,wenn es demnächst in Bayern eine Menschenkette geben wird, die für Bayern Autonomie fordert, gerade so wie in Katalonien. Denn egoistisch sans scho, die Barzies

Savannah 17. September 2013 um 13:29  

Na, dann oute ich mich mal, sozusagen. Ich bin in Bayern geboren und aufgewachsen und ich habe die LINKEN gewählt. Auch in meinem Bekanntenkreis hat keiner die CSU gewählt. Christlich, sozial? Nun ja, wenn man sich am Christentum im Mittelalter orientiert, dann mag das vielleicht hinkommen... Und auch in Bayern ist nicht alles rosig. Sicher, anderen Bundesländern geht es oft wesentlich schlechter, aber auch in Bayern gibt es Leiharbeit, Werkverträge (z.B. BMW), befristete Arbeitsverträge, diese ganzen prekären Arbeitsverhältnisse, die auch hier eklatant zugenommen haben. Und auch hier gibt es ALG-II-Empfänger (die meisten meines Wissens in Nürnber), die von den Jobcentern genauso "getrietzt" werden, wie auch im Rest von Deutschland, die auch ausgegrenzt werden, wie im Rest von Deutschland. USW, USW, USW...

Der Wirtschaft geht es natürlich gut. Die "Spezlwirtschaft" spielt natürlich eine große Rolle. Diese Vetternwirtschaft stößt nicht bei jedem Bayern auf Gegenliebe.

Und was Justiz und Polizei angeht, es gibt auch Bayern, die entsetzt sind ob der Zunahme willkürlicher Justiz und Prügelpolizisten. Ganz zu schweigen natürlich vom Fall Mollath, der auch einigen Bayern das Grausen beigebracht hat.

Alles in allem kann man sagen, dass es den Bayern (Seehofer<) und den Deutschen (Merkel)doch so gut geht. (Achtung,das war jetzt Sarkasmus!) Was für´n Lacher.

Und zumindest was die Fremdenfeindlichkeit angeht, kenne ich zumindest genug Landsleute, die noch nach dem Motto "Leben und leben lassen" handeln. Ihnen und mir ist völlig egal ob jemand türkisch, asiatisch, amerikanisch, afrikanisch, (oder, oder, oder ist.
Auf den Menschen an sich kommt es an.

Ich hoffe, ich konnte zeigen, dass es nicht "den Bayern" gibt. Es gibt ihn genausowenig wie "den Deutschen" oder "den Türken" oder "den Amerikaner". Was aber leider stimmt, ist, dass es in Deutschland zu viele Menschen gibt, die wählen ohne nachzudenken, oder auch gar nicht wählen. Manch einem Nichtwähler kann man es vielleicht auch gar nicht verdenken.
Traurige Tatsache ist jedenfalls, dass die "Soziale Marktwirtschaft" so gut wie tot ist, der "Sozialstaat" in den letzten Zügen liegt und die Demokratie zu sterben begonnen hat.

Liebe Grüße aus Bayern

Unknown 17. September 2013 um 20:41  

Die Hamburger Sicht (schon ein paar Jahre alt):

http://www.youtube.com/watch?v=AZN8Qy5Dy1c

Anonym 17. September 2013 um 23:11  

die frage ist doch, warum funktioniert in bayern alles so gut trotzt csu-regierung. das lässt meiner meinung nach in die seele des bayern- bzw. franken blicken. man übernimmt in großem maße die verantwortung für sich selbst und guckt, dass man über die runden kommt. dies wird dadurch erleichtert, dass teils familiäre strukturen hier noch so intakt sind, dass viele finanzielle oder soziale missstände abgefangen, bzw. abgemildert werden können. Ja und als fränkin stimme ich dem zu, widerstand gegen die obrigkeit zeigt sich in verschiedensten zuwiderhandlungen, bzw. werden als kavaliersdelikt gesehen. so is es halt. die rebellion wurd teils mit der muttermilch eingesogen. zudem vergesst nicht: wir sind einwanderungsland. sprich - es finden sich bürger aller bundesländer und europäischer nachbarländer bei uns und es klappt wunderbar. selbst im minidorf mit 500 einwohnern.

klaboni 6. Februar 2014 um 21:33  

Zu "Der irrationale Respekt der Bayern gegenüber Spitzbuben":

Wir stehen am Ende eines langen Kulturkampfs. Nur im äußersten Süden der Republik hat sich die Vorstellung gehalten, dass nicht jeder krumme Weg gleich ins Gefängnis führen muss. Hier ist die Spezlwirtschaft so tief verwurzelt, dass man den Steuersünder als Schlitzohr würdigt, vorausgesetzt, er ist ein anständiger Kerl, was sich in Bayern nicht ausschließt. Es ist kein Zufall, dass die SPD hier nie ein Bein auf den Boden bekommen hat.
Dem Norden war die bayerische Schlamperei schon immer ein Ärgernis, mitsamt der Blasmusik, den Trachtenumzügen und dem hedonistischen Kapitalismus. Jetzt sieht es so aus, als ob der protestantisch-anale Geist gegen den katholisch-oralen den Sieg davon trägt. Mögen sie in München ihren Hoeneß hochleben lassen, die wahre Musik spielt in Berlin.

Wir finden in der Steuerdebatte alles wieder, was man aus dem protestantischen Tugendmilieu kennt: der unbarmherzige Blick auf den Sünder, die Rechenschaftspflicht gegenüber Gott und Staat, die unendliche Bereitschaft zur Selbstzerknirschung. Die Vorstellung, Träger einer höheren Moral zu sein, ist allen politischen Fortschrittsprojekten eingeschrieben.

Die Steuerpflicht ist wie jede Solidaritätszumutung eine Last, keine Wohltat. Das heißt nicht, dass man auf sie verzichten könnte oder sollte. Auch eine gewisse Steuerehrlichkeit ist unerlässlich: Wenn zu viele Leute den Eindruck gewinnen, sie könnten sich der Last gefahrlos entledigen, bleibt am Ende nicht genug übrig, was man verteilen könnte. Aber so argumentieren die Prediger der neuen Steuermoral nicht, sie zielen tiefer. Wir SOLLEN WOLLEN, was wir bislang eher widerstrebend erledigten...

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