Ein Bündnis zwischen Mob und Elite

Donnerstag, 4. Juli 2013

Ob Arbeiter oder Angestellter – viele Menschen dieses Landes glauben, dass Ausländer ihnen den Arbeitsplatz wegnehmen. Höhere Gesellschaftsschichten applaudieren: Die genetische Wettbewerbsfähigkeit der Bevölkerung sei gefährdet. Der Rassismus wirkt klassenübergreifend.

Zwei jüngere Episoden aus meinem Alltag: Eine prekär beschäftigte Person klagt über seine berufliche Stagnation. Ausländer seien schuld, die nach Deutschland kämen und den Sozialstaat unbezahlbar machten. Wegen denen müsse er prekarisiert schuften. Die andere Episode: Ein Unternehmer spricht von der Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte. Er betont, man dürfe nicht die falschen Menschen ins Land holen, die Leistungskraft nicht geschmälert werden – dieser Ex-Senator aus Berlin hätte schon in die richtige Kerbe geschlagen.

5 Kommentare:

Anonym 4. Juli 2013 um 22:54  

Sehe ich ähnlich, aber du hast bei der Beschreibung des dt. Rassismus noch die Relikte der Kolonialzeit Deutschlands vergessen, die bis heute wirken.

Hier erfährst du mehr darüber "Deutschland Schwarz Weiss: Der alltägliche Rassismus" von Noah Sow.

Noah Sow ist übrigens eine schwarze Deutsche, und kann ein Lied davon singen wie Relikte aus finstersten dt. Kolonialzeiten, oft auch "harmlos gemeint" ihr das Leben nicht gerade erleichtert haben.

Gruß
Bernie

Anonym 6. Juli 2013 um 14:30  

Ich weiß nicht, ich habe immer das Gefühl, dass sich hinter Rassismus ganz anderes verbirgt.

Islamophobie z.B., dahinter verbirgt sich doch in Wahrheit eine Angst vor religiösem Totalitarismus. Ist diese Angst wirklich so unberechtigt? Jede Religion tendiert dazu, das kann man auch an Einrichtungen der kath. Kirche in Deutschland sehen - und diese Religion hat die Zeit der Aufklärung schon hinter sich.

Dass hierzulande bestimmte kulturelle Eigenschaften eher Naserümpfen hervorrufen, hat viel damit zu tun, dass unsere Kultur i.d.T. in den letzten Jahrzehnten wesendlich toleranter geworden ist; z.B. gegenüber Frauen und gegenüber Homosexuellen. Das Machogehabe anderer Kulturkreise stößt da eher auf Ablehnung. "Und das ist auch gut so", um das mit einem berühmt gewordenen Zitat zu unterlegen. Ist sowas wirklich Rassismus?

Die Angst, dass Ausländer uns die Jobs wegnehmen... Nun ja, Arbeitgeber sehen das sehr gerne, sind Ausländer doch hervorragend geeignet, die Löhne weiter zu drücken. Also ist diese Angst doch eine, die oberflächlich betrachtet sich ganz real abbildet. Dass der Adressat der Wut der falsche ist, liegt am in Deutschland beinahe völlig fehlenden Klassenbewusstsein. Rassismus ist das nicht unbedingt.

Zum Thema Überfremdung: Ja das ist so ein "böses" Wort, aber wenn man sich in bestimmten Teilen dieses Landes umschaut, kann mir keiner erzählen, dass dieses Empfinden keinen Realitätsbezug hat. Ich arbeite in Stuttgart, und da gibt es ganze Stadtteile, in denen keine Deutschen mehr leben. Geht man da in die Kneipe, finden sich entweder Menschen mit "Migrationshintergrund" oder "Ossis". Original Schwaben trifft man nicht. Dass oftmals die Ossis die Rassisten sind, ist die Ironie der Geschichte, denn sie sind eigentlich vom selben Schicksal gebeutelt. Aber trotzdem kann ich den Schwaben verstehen, den Ossihasser und Ausländerfeind, der sich in seiner Stadt umschaut und sich fragt wo er denn eigentlich ist. Wobei es in Wahrheit von diesem Schlage so viele gar nicht viele gibt.

Natürlich sind die Übergänge fließend. Wo fängt Rassismus an und wo ist es noch berechtigte Kritik? Diese Grenze ist doch schon für Intelektuelle schwer zu ziehen, wie soll das erst für jemanden möglich sein, der in diesem System täglich um sein Dasein kämpft? Der Mensch ist ein Kleingruppentier mit ethnozentrischem Weltbild. Dadurch ist der Rassismus schon in uns angelegt. Aber der Mensch ist auch neugierig und interessiert, er ist im Grunde ein sehr freundliches Wesen, solange er nicht in die Ecke gedrängt wird.

Leute, die ihren rassistischen Neigungen freien lauf lassen, haben nur nicht erkannt, von wem sie da eigentlich in die Ecke gedrängt werden. ich jedenfalls halte für mich fest, dass die Deutschen nicht annähernd so bösartig und rassistisch sind, wie das manchmal dargestellt wird. Natürlich, es gibt sie, aber die meisten sind das nicht. Und das hat gar nichts damit zu tun, dass jeder seinen "guten Ausländer" aus dem Keller holen kann, nur um zu beweisen, dass er kein Rassist ist. Was den meisten allerdings fehlt, ist der grundsätzlich kritische Blick auf das System, in dem er lebt. Das führt zu einer Art Hilflosigkeit in diesen Zeiten, wo die Schlinge immer fester um den Hals gelegt wird. Beste Zeiten für Rattenfänger, nur sollte man daraus nicht den Fehlschluss ziehen, dass "der Deutsche" auf Grund seiner Geschichte rassistischer ist, als andere.

Anonym 6. Juli 2013 um 18:23  

@Anonym 6. Juli 2013 14:30

Wenn man ihren Text so durchliest dann kommt einem nur ein Gedanke: Hier verharmlost jemand den Rassismus nach dem Gusto "Was nicht sein kann kann nicht sein...."

Anders ausgedrückt

"Es gibt keine Rassisten weder hier in .de noch sonstwo, und wer das anders sieht ist ein Rassist".....*grins*

Auf Robertos Antwort bin ich mal gespannt *doppelgrins*

Anonym 7. Juli 2013 um 11:44  

Den Satz, dass der Mensch ein Kleingruppentier mit ethnozentrischem Weltbild ist und deshalb in jedem von uns rassistische Tendenzen sozusagen bereits angelegt sind, haben Sie großzügig überlesen, nicht wahr? Sonst kämen Sie nicht auf die Idee, ich würde Rassismus grundsätzlich negieren. Das Gegenteil ist der Fall!

Man sollte aber deshalb nicht in die Falle tappen, alle zu menschenverachtenden Rassisten zu erklären, denn das ist nicht der Fall. Dass für gesellschaftliche Probleme durchaus rassistische Erklärungsmuster verwendet werden, das ist jedoch aus oben genanntem Grund durchaus so. Aber auch Menschen, die diese Erklärungsmuster verwenden, sind nicht alles Rassisten. Selbst unter Nazis gibt es viele, die eigentlich gar keine Rassisten sind, sonst gäbe es dort keine Aussteiger. Der Blogbetreiber selbst ist das beste Beispiel hierfür.

Es ist ein grober Fehler und im Grunde genauso menschenverachtend, wenn man diese Gruppe als dumpfe Braunbatzen hinstellt. Das wird dem Problem nicht annähernd gerecht.

Das Problem ist für mich auch ein sehr persönliches. Ich komme aus dem Osten, aus einer Stadt, die wirtschaftlich und folglich auch in seinen sozialen Grundstrukturen massiv erschüttert wurde. Ich kenne so viele Leute aus alten Tagen, die heute unverhohlen tieffaschistische Parolen vor sich hertragen. Ich behaute aber trotzdem, dass kaum jemand wirklich in seiner ganzen Tragweite überblickt, was er da eigentlich sagt. Ich behaupte, dahinter verbirgt sich nichts weiter als tiefste Enttäuschung und auch irreparable seelische Verletzungen, die das System ihnen angetan hat. Es ist nämlich alles andere als einfach zu ertragen, wie das vertraute Umfeld sich in eine ökonomische wie soziale Wüste verwandelt.

Ja, vieles was mir zu den Ohren dringt von Menschen, die ich ein Leben lang kenne, ist unbeschreiblich, ich höre z.B. von Viehzeug, wenn es um Roma und Sinti geht und vieles mehr. Jeden Tag höre ich das. Damit umzugehen ist alles andere als einfach. Jedoch wenn man sich auseinandersetzt, wenn man nicht abblockt, sondern nachhakt, kommt etwas ganz anderes zum Vorschein, als diese oberflächlichen Parolen einem suggerieren. Auch das erlebe ich jeden Tag. Und wer weiß, was ich heute so alles von mir geben würde, wenn ich nicht mehr oder weniger zufällig auf Blogs wie diesen hier gestoßen wäre...

Anonym 7. Juli 2013 um 12:42  

"[...]Sonst kämen Sie nicht auf die Idee, ich würde Rassismus grundsätzlich negieren. Das Gegenteil ist der Fall![...]"

Gut gebrüllt Löwe, aber ich lasse doch lieber ihre eigenen Worte sprechen, und warte mal die Reaktion von anderen hier dazu ab *grins*

"Dem Blogbetreiber" zum Beispiel, dem Sie hier folgendes unterstellen:

"[...]Man sollte aber deshalb nicht in die Falle tappen, alle zu menschenverachtenden Rassisten zu erklären, denn das ist nicht der Fall. Dass für gesellschaftliche Probleme durchaus rassistische Erklärungsmuster verwendet werden, das ist jedoch aus oben genanntem Grund durchaus so. Aber auch Menschen, die diese Erklärungsmuster verwenden, sind nicht alles Rassisten. Selbst unter Nazis gibt es viele, die eigentlich gar keine Rassisten sind, sonst gäbe es dort keine Aussteiger. Der Blogbetreiber selbst ist das beste Beispiel hierfür[...]"

Sie meinen mit "Der Blogbetreiber" aber nicht Roberto J. de Lapuente? Oder?

Ich betrachte die Diskussion als beendet, und warte - wie bereits erwähnt - die Reaktion von anderen hier zu Ihren Worten ab *grins*

Amüsierte Grüße

  © Free Blogger Templates Columnus by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP