Die neue Mitte im südlichen Norden

Montag, 18. Februar 2013

Im Süden jenes Nordlandes, das von den Südländern Europas ausgesaugt wird wie kein zweites, formieren sich innerdeutsche Südländer, die gegen die Verschwendungssucht und die Bummelei des deutschen Nordens aufbegehren. Was europäisch der Süden, ist innerdeutsch der Norden. Und so wettert als aufgeblasenes Paradebeispiel ein gewisser Südländer namens Söder europäisch gegen die Südländer, synchron er im Inneren die Nordländer als anreizlose Zone tituliert.

Dieser Süden, der innen nach Norden und außen nach Süden tritt, definiert sich letztlich als ein Zentrum der Geldverteilung, als Mitte zwischen faulem Süden und sich aushalten lassenden Norden. Dies ist auch so eine neue Mitte, die sich auftut. Die Mitte der Entsolidarisierung mit allen, die einer Gemeinschaft "nicht für sich selbst sorgen" wollen.

Eingekesselt zwischen Norden und Süden kündigt sich die Auflösung gemeinschaftlichen Denkens an. Man hat vom Länderfinanzausgleich profitiert und profitiert heute noch von einer Europäischen Union mit Euro - man mauserte sich von Agrarland zum Technologieplatz, wuchs durch rege Mithilfe des Länderfinanzausgleichs heran, profitierte durch den Euro exportüberschüssig und jetzt sollen der Süden wie der Norden parasitäre Himmelsrichtungen sein.

Nicht gleichermaßen. Es ist nicht vorstellbar, dass der innerdeutsche Südländer den Nordmenschen so tituliert, wie den Südländer draußen. Faule Schmarotzer, korrupt, arbeitsscheu - so weit will man die Vorwürfe nicht gehen lassen. Im Norden ist man nur an der Anreizlosigkeit erkrankt, fehle es an Anreizoptionen, aus Schulden auch mal Überschüsse zu machen. Wenn der Südländer von außerhalb mal wenigstens so weit wäre, wie der Norden im Inneren, dann wäre doch schon was erreicht.

Die neue Mitte des Südens lebt die Entsolidarisierung, sie betreibt lauthals und söderianisch die Auflösung des Gemeinsinns, will die EU vernordlichen und den Finanzausgleich versüden, will Gemeinschaften und Bünde auflösen oder wenigstens straffen, Unkostenfaktoren auslagern und schwächere Teilnehmer drücken. Das definiert sich als Gerechtigkeit. Wer zahlt, soll das Sagen haben. Schön betriebswirtschaftlich in Bündnisse treiben, denen nicht das Prinzip der Gleichheit und des Ausgleichs zugrundeliegt, sondern die Herrschaft der Starken über diejenigen, die gerade ein solches Bündnis benötigen, um gestärkt daraus hervorzugehen.

Süden und Norden sind dabei Metaphern für ein Weltbild voller Grenzen, in denen Gemeinschaften nur erwünscht sind, wenn sie profitabel sind, wenn man etwas davon hat. Südländer wie Söder haben dieses dem Neoliberalismus anzurechnende Gesellschaftsbild, in dem es nur Vereinzelung gibt, so sehr auf Lunge gezogen, dass sie es nun aus jeder Pore ausdampfen. Die Aufkündigung der Solidarität ist demnach sinnvoll, wenn man davon keinen Profit mehr ziehen kann. Wir kümmern uns um unsere Leute, wollen die Söders aus dem Süden sagen. Was kümmern uns Solidargemeinschaften, wenn wir doch genug Geld haben! Wir brauchen ja keinen Ausgleich, wir gleichen uns selbst aus!

Was da im inneren Süden gärt und sich gegen Norden und den noch südlicheren Süden richtet, ist die Kultivierung einer Denkweise, die erst die Gesellschaft entsolidarisierte. Es gäbe keine Gesellschaft, sagte mal eine aus Eisen geschmiedete Britin, es gäbe nur Männer und Frauen. Das war die Initialzündung. Es gibt insofern auch keine Bündnisse und Staatengemeinschaften mehr, nur noch wir und die anderen. Vereinzelung ist das Prinzip auf allen Ebenen. Die betriebswirtschaftliche Denke machts...



13 Kommentare:

Anonym 18. Februar 2013 um 09:18  

Ganz zynisch ausgedrückt, lieber Roberto J. de Lapuente - Was erwartest Du von Neotaliban? Die schreiben doch neuerdings sogar die Jesus-Story um - gestern via Zufall folgendes Buch entdeckt, dass seit August 2012 auf dem Markt ist "Jesus, der Kapitalist: Das christliche Herz der Marktwirtschaft", Autor Robert Grözinger - derselbe Autor ist übrigens auch der dt. Autor einer Übersetzung der neoliberalen US-Prophetin "Any Rand"......

...man ist nun eben auch dabei, die Jesus-Story umzuschreiben:

http://www.m-vg.de/finanzbuchverlag/shop/article/3003-jesus-der-kapitalist

...ein nettes Bild des Autors....

http://www.m-vg.de/finanzbuchverlag/shop/author/1818

...Fazit: Mit dem Lügenbold würde ich nie ein Bier trinken gehen....

Amüsierte Grüße
Bernie

maguscarolus 18. Februar 2013 um 09:47  

Jeden Tag aufs Neue zu lesen, was alles in Politik und Wirtschaft gesagt und ungeahndet auch getan werden kann, um das Leben für Millionen, wenn nicht gar Milliarden von Menschen in aller Welt schlechter, erbärmlicher und weniger lebenswert zu machen, damit ein paar Hundert Superreiche und ihre paar Zehntausend Sklaventreiber geldgeschwollen ihre Macht über den Erdkreis immer noch weiter und noch drückender ausweiten und verstärken können – und nichts, aber auch fast gar nichts dagegen tun zu können, außer das Übel "Kapitalismus" anzuklagen und immer wieder anzuklagen: Wenn das nur nicht auf Dauer krank macht!

flavo 18. Februar 2013 um 10:35  

Wie wahr, wie wahr! Neulich stolperte ich eine Messe und der Prediger verkündete, das S im Wort Fasten stehe für Solidarität. Er erklärte alle Buchstaben. Aber jenes S wie Solidarität wirkte im Vergleich zu den anderen erklärten Buchstaben wie ein Stiefkind, wie ein Rechtschreibfehler. Die Ausführungen blieben kurz und trocken. Das F war die Inititalzündung: Freiheit, als hätte die Kirche es jemals damit besonders zu tun gehabt. Naja. Freiheit, andacht, Solidarität, Theologie, das E habe ich vergessen und zuletzt die Nächstenliebe. Jedoch nur die Solidarität wurde vorgetragen, als hätte des Predigers homiletische Kunst den Buchstaben S nicht erfassen können. Man solle halt, und das immerzu, es sei heute immer noch wichtig. Auffällig informationsarm und dekontextualisiert, wie zwei drei Sätze spontan aus dem Zeitgeist, auf der Straße schnell befragt.
Wie sollte es auch anders sein in Zeiten der Abblendung soziogenetischer Selbst- und existenzanteile? Gesellschaft war immer schon ein schwieriger Begriff und wenige nur vermochten es überhaupt, ihn hinreichend zu erklären, sodass er lebenspraktisch verstehbar wurde. Heute wird kaum mehr jemand versuchen ihn zu erklären. Er scheint aus den humanoiden Sinnuniversen wie eine evolutionäre Nutzlosbildung sich zurück zu bilden. Man lebt nun in Wabenform. Jeder in einem Kämmerchen seiner selbst, unablässig an den zu Bewußtsein strömenden Begehrensimpulsen nagend und sich vertuend. Oh, ich habe Lust auf ein Brötchen, mmh, und nun auf neue Hosen, ach und wie immer nun auf ein neues Bild im Zimmer und nun mal auf einen neuen Sexualpartner und einen Text zu schreiben, habe ich als Akt am Wochenende schon notiert. Es wird eine Art Befriedigungsfest. Am späten Nachmittag ereilt einen das Begehren nach Spiel am Elektrogadget und ein warmes Fußbad. Arbeit gab es auch, sie war nicht ganz so toll, aber es geziemt sich ja zu sagen, dass man allseitig ein Gleichgewicht zwischen den vorgefundenen Begehren und den ausgeführten Befriedigungsreaktionen hält. So lebt es sich heute. Langeweile kehrt manchmal ein, aber man verteibt sie sich gleich mit ein bisschen Sport, einer Art aktiver Begehrenserzeugung, ein aufladendes Schütteln der dunklen Begehrensenergie im Fleisch oder auch ein Götzendienst am Lustimpuls. Wenn nichts heraus kommt, nichts zu Bewußtsein geschwemmt wird, dann mit Sicherheit aber wenigstens der Durst und der Auftrag, zu trinken somit. Und ansonsten ist man wenigstens müde und kann schlafen. Allenfalls muss man sich jenseits der institutionalisierten äußeren Begehrenszufuhr selbst Begehrenspotentiale aus Katalogen und Versandhäusern einlaufen lassen. Was hast du gemacht? Ach, ich hab mir mal den Katalog angesehen. Bei dem einen oder anderen springt der Funke sonach bestimmt über.
Wo soll hier in ihrer Eigenqualität Solidarität einen Platz haben? Soll sie als Begehren zu Bewußtsein geschwemmt werden und eine Handlung folgen lassen? Eine solidarische Handlung? Ist nicht das höchste der Solidarirät heute, dass der Verkäufer mir mein gekauftes Gut übergibt oder besser noch, auf dem Postweg zusendet und ich ihm die Ware bezahle? Ist nicht dies der konkrete Wesen der Solidarität? Hier enden die Liebeswellen, die die Wachswände der Seelenkämmerchen durchdringen. Dies ist der praktizierte Glaube der Marktverfechter: Kauft und verkauft und die Welt wird reich! Ob hier nun der Stempel eines fairen Kaufs hinauf kommt oder nicht, das ist doch eine Nebensache. Jahrhunderte an obszönen Ausräumungen ganzer Kontinente, Blutsprudelgemetzel an allen dort Lebenden und erfolgreiche Homogenisierung aller übrig gebliebenen Lebensformen zu einer kapitalistischen machen den Erbarmensakt der bürgerlichen Mitte mit den globalen Südländern zu einer Art verlogener Charityveranstaltung der Superreichen inmitten des Massenelends.

flavo 18. Februar 2013 um 10:36  

Wo soll hier Solidarität sein? Nicht einmal ein Piekser im Gewissen erscheint uns Heutigen, wenn wir das aus einem mit menschlichem Leid getränkten Produktionsgang erzeugte Elektrogadget aus Südostasien in die Hand nehmen. Ein paar Menschen dort hätten gelitten? Wären nicht ordentlich bezahlt geworden? Wären drangsaliert geworden? Hätten keine Sozialversicherungen. Würden krank von ihrer 14-stündigen Arbeit? Mehr als ein taubes Blinseln wird kaum zu erwarten sein. In der Regel ist dies Leid machtvoll integriert in große Erzählungen von der informationellen Revolution, Web 2.0 und digitaler Weltendurchdringung. Hier denkt man im Reinheitsgebot. Zur Essenz all dieser Artefakte gehört nicht das Leid im Produktionsgang. Sie wären ohne nicht anders. Heitere Philosophen und allerlei Lauthälse debattieren gelehrig jenseits von Schweiß und Blut, die schon ab den afrikanischen Bergen zu Beginn des Produktiosnganges fließen, über den welthistorischen impact dieser neuen Gaben und befinden sich damit in bester imperialistischer Tradition. Die Baumwollfabrikanten Englands und ihre Experten sahen in den Debatten über die Baumwolle aus Negerhand auch nicht verschwiegener über Leid und Unbill der Arbeitenden hinweg. Das Wesen der Baumwolle unterlag denselben Reinheitsgebot. Der Niedergemachte unserer autoritären Leistungsnormordnung hier hat es irgendwie besser, aber an gelebtem Leid fehlt es hier auch nicht: der Arbeitslose, der Bettler, der Ausländer, der Leiharbeiter, die Frau oder wer auch immer es sein mag. Nicht ein Gewissenspiekser wird uns im Konkreten ereilen. Wir spüren es nicht. Wir brauchen es nicht groß zu leugnen, dass wir nichts vernehmen dahin gehend, wir müssen es nur mal wahrnehmen und registrieren, dass wir auch zu nicht viel mehr fähig wären, wenn wir es auch wollten. Eine Wolke zieht vorüber, ein Mensch wird ausgebeutet, ein Stein rollt hinüber, die Hosentür ist aufgegangen, ein Finger an der Mschine abgetrennt, ich habe hunger, mir ist langweilig, die Nachrichten kommen, das muss ich noch erledigen, sie wurde entlassen, der Bus fährt zu langsam, mich juckt es unter der Achsel, mein Freund ruft an. Nicht zu reden vom Getier. Maschinelle Hordenverarbeitung, tierisches Grauen und tödliche Horrorintruder, wir rülpsen genüsslich und reiben uns den Bauch. Die Pflanzen seien gar nur erwähnt, um die Ahnung zu erwecken, was mit ihnen denn sein können mag. Wo soll hier Solidarität sein?

Anonym 18. Februar 2013 um 11:12  

ANMERKER MEINT:

Sehr richtig, lieber Roberto! Besonders interessant in der ganzen Sache finde ich, wie es Seehofer immer wieder gelingt, seinen Kettenhund SÖDER immer wieder auf Linie zu bringen, um zu gewährleisten, dass dieser immer wieder rechtzeitig die jeweils verordenete Beißhemmung aufgibt ud gnadenlos zerfleischt, was ihm sein Herrchen hinwirft. Im Wahljahr gilt es außerdem zu punkten gegenüber den Wählern. Da ist wie immer jedes Mittel recht, das dem "Stamm der Bayern" dient. Interessant dabei ist, dass die hessiche Landesregierung dazu den gehorsamen Wackeldackel abgibt. Unabhängig von der grundgesetzlich festgelegten und von beiden Ländern erstrittenen Föderalismusreform, die ja letzlich eine Verpflichtung sein müsste, zeigt sich mal wieder, was das "HOHE C" bedeutet, wenn´s an seinen Anspruch geht. Na ja, was will man erwarten, wenn selbst Jesus, der vormalige Tempelaustreiber, inzwisschen schon von der Kapitalfraktion vereinnahmt wird!!!???

MEINT ANMERKER

Anonym 18. Februar 2013 um 12:35  

@maguscular

Wieso?Man muss doch nur mal einen Tag lang auf die Strasse gehen.Du und Ich und noch weitere 10 Millionen Deutsche.

Die im Süden machen das ja auch.Erst gestern wieder in Spanien und Portugal.Nur bei uns ist es undenkbar das man sich öffentlich gegen Erniedrigung und soziale Eiseskälte wehrt.

Warum eigentlich?

Anonym 18. Februar 2013 um 13:22  

War da nicht mal was?

"Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als das ein Reicher ins Himmelreich eingeht....."

....bin mal gespannt wie Robert Grözinger uns diesen Jesus-Satz erklärt.....

Anonym 18. Februar 2013 um 13:55  

Bei der beschriebenen „betriebswirtschaftlichen Denke“ handelt es sich durchwegs um eine Karikatur betriebswirtschaftlichen Denkens: Innerbetrieblich herrschen nämlich in allen multinationalen Konzernen à la Amazon, Glencore, Google etc. geradezu realsozialistische Zustände: Gewinne werden nicht dort versteuert, wo sie entstehen und die vorhandene gesellschaftliche Infrastruktur ganz selbstverständlich in Anspruch genommen wird, sondern werden zwecks „Steueroptimierung“ politisch gewollt solidarisch und ganz legal in kleine Abteilungen verschoben, die sich in „Steuerparadiesen“ wie Luxemburg, Schweiz (Zug/Baar) oder den Cayman Islands befinden. „Hoch lebe die innerbetriebliche internationale Solidarität!“

Von einer Kehrseite dieses innerbetrieblichen Realsozialismus habe ich kürzlich von einer langjährigen Angestellten in einem Versicherungskonzern erfahren: Sie hatte sich in einer anderen Abteilung in derselben Stadt nach einer ausgeschriebenen offenen Stelle erkundigt, die war aber schon besetzt. Drei Monate später wurde sie ins Chefbüro zitiert und zusammengeschissen: „Das kommt nie wieder vor, wir tolerieren keinen innerbetrieblicher Kannibalismus!!!“ Dabei hatte sie sich noch nicht mal für den Wechsel der Abteilung beworben, sondern sich nur unverbindlich erkundigt, und das Vorkommnis wurde weitergeleitet. Angeblich war es vor Jahren noch das Selbstverständlichste der Welt, bei Unstimmigkeiten ab und an die Abteilung zu wechseln zu können – vorbei sind diese „guten“ alten Zeiten: „Hoch lebe die die innerbetriebliche Mauer!“

stefanbecker 18. Februar 2013 um 15:11  
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Anonym 18. Februar 2013 um 18:48  

Zurück zum Thema:

Seltsam finde ich, dass mein Heimatbundesland, das grün-rote Baden-Württemberg, sich beim Nordländer-Bashing vornehm zurückhalt.

Tja, anscheinend habe ich mich geirrt, es gibt eben doch Unterschiede zwischen den Parteien - zumindest beim Länderfinanzausgleichsbashing.

Der Ministerpräsident BW hätte sich sicher längst Hessen/Bayern - als reiches Bundesland, der wir sind - angeschlossen, aber die Zeiten der CDU-FDP-Alleinregierung in Mappus-Zeiten sind eben doch vorbei - in BW.

Oder irre ich?

Frägt sich
Bernie

Anonym 18. Februar 2013 um 20:56  

Wie lebensfähig wäre das ständig besoffene Bayern eigentlich ohne Restdeutschland?

mone 19. Februar 2013 um 09:23  

@Bernie: Tja, vielleicht weil BW befürchtet sich mit S21 durchaus eines Tages auch noch auf den Länderfinanzausgleich berufen zu müssen?

Anonym 19. Februar 2013 um 19:22  

@mone

Stimmt auch wieder ;-)

Amüsierte Grüße
Bernie

  © Free Blogger Templates Columnus by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP