Unantastbarkeit für alle!

Freitag, 11. Februar 2011

Maschmeyer und seine Speichellecker aus üppig geschmierten Anwaltskanzleien sind ein Fanal. Macht das Schule, was sich jene Herren als Maßnahme gegen schlechte Presse und Entlarvung niederer Beweggründe ersonnen haben, so muß befürchtet werden, dass auch die letzten Bastionen des enthüllenden Journalismus verschwinden - kein Zapp mehr, kein Monitor oder Panorama. Und man sieht deutlich, der lange Atem gut gefüllter Geldbörsen ermöglicht hierzulande eigentlich Unmögliches - man muß nur lange genug klagen und intervenieren: dann findet sich schon ein Richter, der soviel Klageengagement wohlwollend honoriert.

Hätte Florida-Rolf damals nur Geld besessen, Friedes Zeitungsimperium hätte Richtigstellungen drucken müssen und brachial-verblödende Bertelsmann-Konzepte wie Explosiv oder Stern TV hätten nur geschwärzt und mit Piepston unterlegt aus Miami berichten dürfen. Nur da wäre der Aufschrei der Öffentlichkeit verheerender gewesen - im Falle Maschmeyers berichtet man gerade mal in Nebenspalten; Aufmacher zieren Deutschlands größte Tageszeitung nicht mit diesem Thema - hätte nur irgendein Arbeitsloser oder Ausländer solange geklagt, bis er seinen mildtätigen Richter gefunden hätte: man hätte sich auf ihn gestürzt, ihm unterstellt, das System zu verhöhnen, indem er es erst missbrauchte, um sich hernach auch noch mittels Prozesskostenhilfe dahinter zu verschanzen; man hätte öffentlich darüber nachgedacht, ob der Sozial- und Rechtsstaat überhaupt noch angebracht ist, wenn die Presse nicht mal mehr anprangern und mit Speichel in den Mundwinkeln hetzen darf.

Der Rechtsstaat behauptet, er werte jeden gleich, vor Gericht gäbe es die große Gleichheit; und Richter seien demgemäß auch blind für die soziale Herkunft. Heißt das nun, dass jeder einen wohlwollenden, gut geölten und geschmierten Richter wie Maschmeyer erhalten muß - oder meint man damit eher, dass Maschmeyer mit denselben Maßstäben zu behandeln ist, wie jeder andere auch? Das scheint in diesen Tagen eine Frage zu sein, die man klären muß. Bedeutet Gleichheit vor dem Gesetz, dass auch ein Florida-Rolf oder eine von der SS (Springer-Staffel) verfolgte Arbeitslose, der man unterstellt, sie sei nicht bedürftig, sondern heuchle und erschleiche Bedürftigkeit bloß... bedeutet es für diese Klientel also, auch Rotten von Anwälte ausschwärmen lassen zu dürfen, bis sich ein Richter handaufhaltend erbarmt? Oder soll eher umgekehrt, eine Klagekampagne wie jene des Herrn Maschmeyer, keinen Richter beeindrucken dürfen?

Diese Fragen müssen gestellt werden - und es muß festgehalten werden, dass Maschmeyer unwissentlich damit alte Träume heraufbeschwört. Denn es ist der Topos alter Sozialisten: "Reichtum für alle!" statt, wie heute unter Sozis üblich, diese betrübte Losung von "Armut für alle!" - warum alle auf untersten Bedürfnissen gleich behandeln, wenn man alle auch in luxuriösen Zuständen angleichen kann? Was dem Maschmeyer seine Anwaltsjunta ist, die es vermag, Dokumentationen zu beschneiden, soll des Florida-Rolfs einstweilige Verfügung sein, die er auch prompt erhält. Was dem Zumwinkel ein mildes Reuegeld für hinterzogene Steuern ist, soll dem Sozialbetrüger Dreifuffzig Entschädigung sein - gleiches Unrecht für alle; dieselbe manipulierte und korrumpierte Richterschaft für jedermann! So kommt das Gleichheitsprinzip wieder zur Entfaltung; so stellen wir Gleichheit wieder her.

Seien wir doch nobel, seien wir doch dekadent: mosern wir nicht an Maschmeyers provozierter Rechtssprechung herum! Lassen wir ihm doch sein Unrecht, seine potente Manipulationskraft - drauf gepfiffen... wir wollen ihn nicht herunterholen in die Mühlen normalsterblicher Justiz, in denen Normalsterbliche auch mit der Pressefreiheit beispielsweise leben müssen; nein, wir sollten fordern, gleichermaßen entschweben zu dürfen wie er! Das ist Fortschritt! Wir fordern einfach eine Rechtssprechung à la Maschmeyer für alle! Nicht kleckern, klotzen! Nicht kleinlich sein, sondern splendid! Wenn wir schon als Gesellschaft zugrunde gehen, dann pompös... nobel geht die Welt zugrunde!

Paul Lafargue schreibt irgendwo in seinem Pamphlet "Das Recht auf Faulheit", dass die Arbeiter mittlerweile so in ihrer Sklavenmoral, in ihrem anerzogenen Arbeitseifer gefangen sind, dass sie sich wünschten, auch der Kapitalist, der ja an sich ein Müßiggänger sei, sollte mal in Gruben arbeiten müssen - dieser Neid sei die Wurzel des Klassenkampfes. Der Arbeiter will sich nicht hinaufziehen in die süßen Segnungen des Müßigganges, er will ganz boshaft, dass es dem Müßiggänger so schlecht gehe wie ihm - statt "Faulheit für alle!", heiße es - auch dank der Lehren Marxens - "Arbeit für alle!" Das sollte als Beispiel dienen: statt Normalsterblichkeit und juristischer Gleichheit auf unterstem Level, sollte es Unantastbarkeit und Gleichheit im Olymp für alle geben...

Aberaber, werden manche sagen, dann geht ja alles kaputt, das ruiniert uns ja als Gesellschaft. Und die Zustände derzeit? Sind das nicht schon Auswüchse kaputter Strukturen? Steht eine Gesellschaft nicht schon in Ruinen, wenn Leute wie Maschmeyer sich Recht zurechtkaufen können? Da ist der finale Schritt in ein Tohuwabohu auch kein dramatischer Akt mehr - es ist nur die logische Fortschreibung eines Zeitgeistes, der dekadent und aufgeblasen erklärt, dass Dreistigkeit stets belohnt wird, selbst dann, wenn sie nicht belohnt gehörte. Daher fordert dieselben Unrechte auf höchsten Niveau! Das zu erreichen scheint nämlich durchaus realistischer, als dieselben Rechte auf untersten Niveau umzusetzen, die dann auch für die Maschmeyers, Zumwinkels und Ackermänner zu gelten hätten...



6 Kommentare:

Anonym 11. Februar 2011 um 08:59  

Zur deutschen Justiz:
Niemand kann der deutschen Justiz vorwerfen, sie würde nicht differenziert vorgehen. Wenn RAF-Sympathisanten wegen schlecht nachgewiesener Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu mehrfach lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilt werden, dann ist das eine Seite rechtsstaatlicher Maßarbeit, wenn ein Nazi-Schlächter für Beihilfe zum Mord an einigen Zehntausend Juden und Jüdinnen sechs Jahre bekommt, die andere. Beide haben gemeinsam, dass sie von einer Justiz abgeurteilt wurden, die das Ausmaß ihrer Strafen offenbar davon abhängig macht, wer geschädigt worden ist. Da ist ein deutscher Polizist allemal genau so viel wert, wie ein paar Transporte französischer oder polnischer Jüdinnen und Juden.
Und wenn nach der Verurteilung von KZ.-Wächtern zu 12, 10 oder nur 6 Jahren in der deutschen Öffentlichkeit „Genugtuung“ über die „hohen“ Strafen ausbrach, dann nur deswegen, weil sich die deutsche Öffentlichkeit daran gewöhnt hatte, dass die Ermordung eines Juden oder Zigeuners von deutschen Gerichten mit Strafmaßen geahndet wird, die jeden Tierschutzverein auf die Barrikaden getrieben hätte, ginge es um „unmenschliche“ Viehtransporte statt um den Transport von Menschen in Viehwaggons mit anschließender Vergasung.

Anonym 11. Februar 2011 um 11:58  

Klasse Ding!

Anonym 11. Februar 2011 um 12:33  

Wenn man sich dann noch bewusst macht, woher die "gut gefüllten Geldbörse" eigentlich stammen, wird man doch arg wütend.
.
- Jeeves

Jule 11. Februar 2011 um 13:00  

Du hast soo Recht Roberto!!!!!

lebowski 11. Februar 2011 um 15:20  

Die Sendung hat ein Vorurteil bestätigt, das ich schon länger habe: Reiche sind arme Schweine mit Geld.

Blonde Freundin mit dicken Hupen, Villa auf Malle, feiste Luxuskarossen,
Bekannt-/Freundschaften mit Prominenten, die intelligente Leute nicht mal mit der Kneifzange anfassen würden (Meine, Schröder und Wulff): der Mann lässt wirklich kein Klischee aus, dass man mit dem Reichsein verbindet. Maschmeyer ist ein Lehrbuch-Parvenue.

Der Mann strampelt sich ab, um zu den Großen zu gehören, aber das einzige, was er schafft ist die sinnlose Anhäufung von Statussymbolen und die Bekanntschaft von Leuten, die auch nichts als Parvenues sind.

Anonym 11. Februar 2011 um 18:40  

Ich schätze sehr, was du schreibst, deshalb frage ich erstmal, bevor ich kritisiere.
Warum hast du es für nötig befunden, von der "SS (Springer-Staffel)" zu schreiben?

Amike

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