Stiften gehen

Donnerstag, 27. Januar 2011

Eine frohe Botschaft für Wissenschaft und Forschung: Friede Springer hat zu Jahresbeginn eine Stiftung gegründet. Es könne gar nicht genug Stiftungen geben, ereifert sich Springer gar - und sie hat aus Sicht potenter Kontoinhaber natürlich recht: nichts umgeht eleganter die Steuer, wie es eine Stiftung tut. Sein Geld dem Fiskus zu entziehen, Millionenbeträge in Stiftungen zu waschen, damit diese dann dem Staatssäckel stiften gehen, sich überdies beim Vorbeigehen auch noch einen karitativen Anstrich zu geben: das ist ganz klar eine glorreiche Idee! Nebenbei gerät man sogar noch in den Verdacht, der Gesellschaft auch wirklich etwas mitzuteilen zu haben: Zukunftsvisionen und Analysen und mancherlei gekaufte Expertise mehr. Man entzieht sein Geld der Steuer, gilt als Gönner und prägt die Gesellschaft nach seinem Gutdünken: das Stiftungswesen ist wahrlich ein ganz perfides Blendwerk!

Mit ihr gehen einige prominente Personen stiften: da ist Marianne Birthler, Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen, die auch mal eine unrühmliche Rolle bei der Verunglimpfung des Springer-Intimfeindes Wallraff gespielt hat, mit von der Partie; dann wäre da noch Horst Köhler, den Springer-Blätter früher hartnäckig zum Mann des Volkes umschrieben; Joachim Sauer, der Kanzlerin ihr Mann, und somit Gatte einer guten Freundin von Friede - und dann ist da noch Eric Schweitzer, Vorstandsmitglied des Milliardenkonzerns ALBA Group, bei dem Friede Springer zufällig im Aufsichtsrat sitzt: netzwerken nennt man diese Art von völlig legaler Korruption heute...

Vereint ist diese verfilzte Runde von Brüdern und Schwestern im Geiste Springers, unter der Fuchtel einer Grundsatzsammlung, die sich wie das tägliche Brot der BILD-Zeitung liest. Dazu gehört ein Amerikanismus, der es generell nicht erlaubt, Kritik an den Vereinigten Staaten zu üben; oder das Beschwören von Lebensrechten des israelischen Volkes, was sich dann so niederschlägt, dass man das palästinensische Volk (wie Moslems überhaupt) durchweg als ein Volk von Faulenzern und Verbrechern verunglimpft; ebenso wie das unbedingte Ja zur freien sozialen Marktwirtschaft, wobei willentlich darüber hinweggesehen wird, dass das Soziale daran peu a peu abgebaut und als sozialistisch verworfen wird; oder aber das Bekenntnis zur EU, das in Springers Postillen gerne mit einem christlich-bigotten, auf protestantische Arbeits- und Wirtschaftsehtik geschulterten Okzidentismus verwechselt wird, der Militärinterventionen befürwortet oder den Freihandel als striktes Gebot an alle Staaten auch außerhalb der EU (Vertrag von Lissabon) protegiert.

Wie auch der Bertelsmann Stiftung, so ist es auch der Friede Springer Stiftung kein Anliegen, Licht ins Dunkle zu bringen - sie drängt sich in Wissenschaft und Kultur, vereinnahmt deren Unabhängigkeit, indem sie als Mentor und Förderer auftritt und tut das genaue Gegenteil dessen, was aufgrund von Imagezwecken kundgetan wird: man bringt das Dunkle ins Licht. Man verunreinigt die objektive Wissenschaft mit subjektiven Grundsatzerklärungen und drängt seine Meinung und seine Weltanschauung denen auf, die eigentlich unabhängig forschen und arbeiten müssten. Das "Abhalten von Veranstaltungen und Symposien mit [...] erzieherischem Bezug", wie es der Internetauftritt der Stiftung deklariert, drückt eigentlich schonungslos ehrlich aus, welche öffentlichen Ziele so eine Stiftung hat: die Erziehung der Gesellschaft mittels Wissenschaft, Kunst und Kultur - und wenn man für derlei Absichten auch noch die Ehrenplakette einer großzügigen Gönnerin verliehen bekommt, die großzügigst Steuern spart (was freilich niemand laut ausspricht!), dann schmeckt einem so ein Stiftungsvorsitz vorzüglich.

Und geübt ist man im Hause Springer in Sachen Stiftung ohnehin, denn in Berlin sitzen nun drei Stiftungen mit jenem Nachnamen: die Friede Springer Stiftung ist neben der Axel Springer Stiftung und der Friede Springer Herz Stiftung die dritte im Bunde. Klar, dass die BILD-Zeitung es sich leisten konnte, den Steuersenkungsbeauftragten Westerwelle fallen zu lassen: wer sein ganzes Geld in Stiftungen pumpt, dem ist es doch einerlei, ob Steuern gesenkt oder erhöht werden - der bezahlt ohnehin kaum welche...



8 Kommentare:

antiferengi 27. Januar 2011 um 08:14  

OhjeOhjeOhje
Wundert mich eh schon, warum noch nicht der Satz gefallen ist;

Laut einer Studie der X-Springer-Stiftung.....

Früher oder später ....

Jedenfalls gibt's dann wieder Alternativjobs für die Soziologen und sonstige Experten aus den Konkurrenzbetrieben. Da läuft das Studiengeschäft grade nicht so gut.

Anonym 27. Januar 2011 um 10:14  

Man kann gar nicht so viel fressen, wie man kotzen muss, wenn man von den Machenschaften der "Elite" liest. Da wächst bei mir die Empörung und die Wut kommt in mir hoch.
Wann Hr. De Lapuente schreiben Sie das deutsche Manifest "Empört euch!" (Stephane Hessel)? Bei Ihrer "Schreibe" (Verzeihen Sie den saloppen Ausdruck.) wird das sicherlich ein genialer Text, der sich dann wie ein Lauffeuer im Internet verbreitet und der Aufstand könnte theoretisch losgehen.
Wann verliert diese verbrecherische Elite endlich jeglichen Rückhalt? Wann merken die Leute, dass sie in diesem Verbrecherstaat nur gnadenlos verarscht werden. Wann verweigert die große Masse die Arbeit? Ich bin gespannt. Tunesien und jetzt Ägypten sind hoffnungsvolle Vorbilder. Zumindest jetzt noch - vmtl. wird aber nur eine korrupte Elite durch eine andere ausgetauscht, die mehr "Demokratie" zulässt - aber das ist ein anderes Thema ...
Anton Reiser

Trojanerin 27. Januar 2011 um 17:09  

Sofort nach dem Studium habe ich mich mangels Alternative um ein Stipendium bei einer privaten Stiftung beworben und auch bekommen. Ich bin dann krank geworden und musste das begonnene Projekt, für das ich das Stipendium bekommen habe, ergebnislos abbrechen. Ich musste vor der Stiftung zu Kreuze ziehen, mich mehrmals für meine Erkrankung entschuldigen und bitten und flehen, dass man das Geld, was in mich investiert wurde, nicht zurückverlangt, . Ich hatte das Geld entsprechend der Satzung an ein privates, wissenschaftliches Institut weitergeleitet. Von diesem Institut sollte ich während des Projektes wissenschaftlich betreut werden.
Mir war von Anfang an klar, dass meine wissenschaftliche Arbeit nur im Geiste der Geldgeber hätte ausfallen dürfen.
Damit war ich sehr unzufrieden. Dieses Problem hat sich ja mittlerweile von allein gelöst. Nicht nur aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen sehe ich das Stiftungswesen sehr kritisch. Das Geld, was Unternehmen und Privatpersonen in Stiftungen investieren, zahlen diese in der Regel weniger an Steuern. Damit fehlt dieses Geld dem Staat für seine gesetzlich definierten Aufgaben. Der Staat führt Sozialleistungen für den Bürger aus, weil dieser einen gesetzlich garantierten Rechtsanspruch auf diese Leistungen hat. Die Leistung muss gewährt werden, wenn ein Anspruch vorliegt. Zumindest sollte es so sein. Das es oft genug nicht so ist, ist auch klar.
Es gibt ja tausende verschiedene Stiftungen. Ich habe mal danach gesucht, ob es eine Stiftung gibt, die sich die Unterstützung älterer, pflegebedürftiger Menschen zum Stiftungszweck gemacht hat. Ich habe keine gefunden. Vielleicht gibt es ja trotzdem solch eine Stiftung.
Diejenigen Studenten, die aus den begütertsten Elternhäusern gekommen sind, haben auch die bedeutendsten Stipendien bekommen basierend auf Netzwerken und Beziehungen. Es mag nicht überall so sein, aber diese Vorgehensweise ist weit verbreitet.
Von dem Geld, was dem Staat auf diese Weise vorenthalten wird, fördern die Eliten sich selbst.

Margareth Gorges 27. Januar 2011 um 17:29  

Und so kann man auch stiften ..Neue Legitimität

Die wegen der NS-Vergangenheit ihres Namensgebers schwer belastete Alfred Toepfer Stiftung (Hamburg) tritt als Bewahrerin des Erbes der von den Nazis ermordeten Geschwister Scholl auf und kündigt eine Scholl-Gedenk-Ausstellung in den Hamburger Toepfer-Räumen an. Sie soll Ende Januar beginnen.

Alfred Toepfers Betriebe lieferten an die SS-Verwaltung des Ghettos Lodz (Litzmannstadt) Löschkalk für die rückstandslose Beseitigung der Leichen von Juden. Die Geschwister Scholl starben etwa zur selben Zeit unter der Guillotine der NS-Führung, die von Toepfer hofiert wurde und mit der er persönlich bekannt war. Die Ausstellung in den Räumen eines prominenten NS-Täters wird von der Münchner Weiße Rose Stiftung e.V. ausdrücklich begrüßt.

Auch deutsche Historiker nehmen an den Toepfer-Aktivitäten teil, so der Leiter der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und der im Auftrag der Toepfer-Stiftung mehrfach tätige Hans Mommsen. Proteste kommen fast ausschließlich aus dem Ausland, wo seit Jahrzehnten darauf hingewiesen wird, dass die Stiftung einer eindeutigen Abkehr von der Politik ihres Namensgebers noch immer auszuweichen suche.

Die millionenschwere Stiftung, deren Vorstandsvorsitzender ein früherer Bertelsmann-Projektleiter ist, lehnt eine Entschuldigung für die Taten Toepfers ab. Toepfer beschäftigte in der Nachkriegszeit mehrere hochrangige NS-Verbrecher, darunter der Beauftragte des Deutschen Reichs in Ungarn, Edmund Veesenmayer. Veesenmayer ist für die Deportation von 430.000 ungarischen Juden zur Ermordung nach Auschwitz persönlich verantwortlich
Quelle: german-foreign-policy
http://www.german-foreign-policy.com/

Stefan 28. Januar 2011 um 11:37  

Die reaktionäre Springer-Tante der BAMS lief bei "Maybritt Illner" zur Hochform auf. Und wies natürlich alle Verflechtungen zu Guttenberg/ Union schroff ab als "ausgemachter Quatsch". Nur bei Kritik Ihres Ex-Bild-Kollegen Spreng gab sie sich brav wie ein Schoßhündchen. Wo ist Deutschland gelandet, dass solche Gestalten dieses Land im Würgegriff haben?

Anonym 28. Januar 2011 um 13:47  

Wartet ab. Mittelfristig wird das Volk eine Mischung zwischen Niedriglöhnern, 1€-Jobbern, Leiharbeitern und HARTZ Vierern sein. Dann wird es merken das es nichts mehr zu verlieren hat und dann...
Sie sägen den Ast ab auf dem sie sitzen. Da sie aber nur in 2Jahresetappen denken, merken sie das nicht. Erst wenn die Paläste brennen. Und sie werden brennen!

Margareth Gorges 28. Januar 2011 um 15:05  

Dr. Wolfgang Lieb NachDenkSeiten :

===>Das Triumfeminat – Angela Merkel, Friede Springer, Liz Mohn
http://www.nachdenkseiten.de/?p=8146#more-8146

Anonym 5. Februar 2011 um 01:37  

Stehlen gehen....ja, ich weiss... weisst heute "stifften". WER IST DAS OPFER? ODER WIEDER SELBST?


Zoran

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