De dicto

Montag, 25. Oktober 2010

"Frauen in der EU sollen künftig 20 Wochen zu Hause bleiben können, wenn sie ein Kind bekommen - bei vollem Lohnausgleich. Doch aus guter Absicht der Parlamentarier wird ein Schlag gegen die Emanzipation..."
- Lisa Nienhaus, Frankfurter Allgemeine vom 23. Oktober 2010 -
Zum Gesagten sei angemerkt: Zu welcher Starrheit und zu welchem Dogmatismus die Verfechterinnen des Feminismus gelangt sind, führt die aktuelle Diskussion zum verlängerten Mutterschutzanspruch vor Augen. Es kommt heute in Zeiten des Lobbyismus selten genug vor, dass die Politik Ansprüche des Bürgers verlängert oder neu schafft; Gesetze und Regelungen orientieren sich immer seltener am Alltag oder den Bedarf der betreffenden Klientel, sie werden je nach Kassenlage gestutzt oder so modifiziert, dass immer weniger Menschen davon Gebrauch machen können. Die EU möchte nun also den Mutterschutz auf bis zu 20 Wochen ausweiten - und Nienhaus, Preisträgerin des Ludwig-Erhard-Förderpreises für Wirtschaftspublizistik, weiß nichts anderes zu kritisieren, als einen unterschlagenen weiblichen Karrierismus.

Mit dem Vorwurf, dass die Emanzipationsbewegung sich, erstens, zu einer Karriereantriebs-Theorie verwandelt hat, was zweitens dazu führte, dass die Emanzipationsthematik zur Spielweise bessergestellter Frauen aus der Oberschicht wurde, muß der Feminismus schon länger leben. Nienhaus bestätigt dies: sie mahnt an, dass 20 Wochen Erholungszeit nach der Entbindung zu Karrierenachteilen gereichen kann, wittert dahinter sogar nebulös einen aus Brüssel dirigierten männlichen Anschlag auf die Frauenwelt ("Karrierefrauen zurück ans Babybett"). Es ist ja durchaus möglich, dass in gewissen Positionen eine solche Erholungsphase, die zudem nur bis zu sechsten Woche verpflichtend sein soll, zu beruflichen Nachteilen führt - in Tagen, da sich der Mensch dadurch auszeichnen soll, möglichst wenig hemmendes und behinderndes Privatleben zu haben, muß man mit Benachteiligung immer dann rechnen, wenn das Privatleben Angestellter dem Profit einen Strich durch die Rechnung macht. Aber den Großteil der Frauen, Kindergärtnerinnen, Verkäuferinnen, Fließbandmonteurinnen oder Friseurinnen wird es die große Karriere, die von denen gar nicht erwünscht und gewollt ist, nicht ruinieren.

Den mahnenden Stimmen der Gleichstellung will aber gerade das nicht in den Kopf. Sie wollen nicht verstehen, dass in der Frauenwelt wie in der Männerwelt auch, nur ein relativ geringer Prozentsatz an beruflicher Karriere interessiert ist - die meisten Menschen wollen einfach nur ein Auskommen haben, ihr Privatleben möglichst sorgenlos gestalten; Arbeit und Beruf ist für sie notwendiges Übel, nicht Selbstverwirklichung oder Lebensfreude, schon gar nicht Lebenssinn. Lisa Nienhaus entgeht, dass die kreative Arbeit als schreibende Prekärkraft nicht mit dem Verschrauben eines Bleches oder dem Einräumen von Verkaufsregalen gleichzustellen ist. Und es sind gerade Damen wie Nienhaus, die im Beruf ihre Erfüllung finden und darüber hinaus ihre Situation pars pro toto auf alle Frauen münzen. Daher die stete Floskel von der Vereinbarkeit von Familie und Karriere - etwas, dass den meisten Männern und Frauen wenig Sorgen bereitet, weil es sie nicht betrifft, weil sie einen Arbeitsplatz haben und erhalten, keiner Karriere nachhecheln.

Ein in protestantischen Arbeitsethos getunkter Feminismus stellt sich da heraus, dessen Apologetinnen Freiheit und Gleichstellung durch Karriere predigen. Lieber auf Verbesserungen der eigenen Situation verzichten, mahnen sie asketisch; lieber den 20 Wochen Erholungszeit entsagen - geht schon bald nach der Entbindung wieder arbeiten, zeigt euren Arbeitgebern, wie hart im Nehmen ihr seid, wie wichtig euch der Job ist; stapelt Dosen mit Wonne und verschraubt Karosserieteile mit Laune, verzichtet auf den vollen Lohnausgleich und erholt euch von der Entbindung nach Feierabend: nur dann seid ihr emanzipiert!



27 Kommentare:

Helen G. 25. Oktober 2010 um 07:06  

Bei manchen Frauen stimmnt wirklich was nicht im Oberstübchen.

Anonym 25. Oktober 2010 um 08:20  

Der moderne Feminismus als Gleichstellung der Frauen in Bezug auf Ausbeutung von Arbeitskraft zur Profitmaximierung, getarnt als "Karrierefrau". Mfg Stefan

Inglorious Basterd 25. Oktober 2010 um 08:38  

Windeln statt Windows?

Ich halte absolut nichts von der protestantischen Arbeitsethik. Aber dieser Beitrag ist etwas linear. Es fehlt die Frage, was denn so prickelnd daran sein soll, Frauen noch länger in die Isolation des Haushalts, der Pipi-AA-Kommunikation und der Kinderspielplätze zu verdammen und für möglichst lange als Konkurrentinnen vom Arbeitsmarkt fernzuhalten?

Ich erinnere mich, dass auch Männer gern für die gerechte Bezahlung von Hausfrauen- und Mütterarbeit "kämpfen", aber selber nicht Schlange stehen, wenn es um die Besetzung dieser (Zit.:)"attraktiven und für die Gesellschaft doch so wertvollen" Arbeitsplätze geht.

Andererseits kenne ich Frauen, deren innigster Wunsch es ist, ein Kind in die Welt zu setzen, um es dann aber nach der Geburt möglichst schnell wieder wegzuorganisieren (Oma, Krippe). Diese Frauen sind zwar nicht repräsentativ für dieses Thema, spielen in der aktuellen Diskussion aber eine wichtige Rolle.

Die Vielzahl der im öffentlichen Dienst tätigen Frauen muss z. B. damit rechnen, dass nach Rückkehr in den Job, jemand anderes auf dem Arbeitsplatz sitzt. Gestern noch im Jugendamt, jetzt in der Stadtkasse. Wenn sie am Ende der Schwangerschaft noch Raumprogramme für Schulen im Schulverwaltungsamt entwickelt hat, findet sich diese Frau nach Rückkehr aus dem Mutterschaftsurlaub plötzlich in der ARGE wieder und darf "Kunden" sanktionieren.

Die bisherige Sachkompetenz, Erfahrung, Routine, das gute kollegiale Verhältnis, Ergebnisse der Fort- und Weiterbildung, die Identifikation mit der Aufgabe, all das endet in der Regel auch mit dem
Ende der Schwangerschaft. Jedoch unfreiwillig.

Ich fände es viel interessanter, Frauen zu der Frage zu Wort kommen zu lassen, warum Sie sich überhaupt ein Kind wünschen (Biologie? Macht? Tradition? Arterhaltung?) und warum dieser Wunsch bei Männern weniger ausgeprägt ist.

Hab noch mehr Argumente, möchte aber erstmal andre Reaktionen abwarten.

ad sinistram 25. Oktober 2010 um 08:51  

@ Inglorious Basterd

20 Wochen sind ja eine Höchstgrenze, die nicht eingehalten werden muß. Warum dagegen per se zu sein hat, begreife ich nicht: ich halte es für ideologische Verblendung des Karrierismus... nicht mal des weiblichen, sondern generell des Karrierismus.

Und die Wahl ist ja nicht Windeln oder Windows. Arbeiten denn alle Menschen mit Windows? Das klingt so, als arbeiteten alle an einer Karriere: tun sie aber nicht, wie ich ja erläuterte. Emanzipationsrhetorik aus der Karriere heraus ist wenig wert, weil sie an der Lebensrealität vorbei geht.

Übrigens halte ich es nicht für erstrebenswert, Hausarbeit und Mutterarbeit zu bezahlen, jedenfalls nicht direkt. Wäre es über Grundeinkommen: bitte sehr! Aber nicht deshalb, weil da jemand seine Arbeit tut. Ich war jahrelang Hausmann und habe einen wesentlichen Teil der Erziehungsberechtigung geleistet, während meine Frau arbeitete. Ich habe diese Arbeit als normalen Beitrag zum familiären Leben erachtet; ein Grundeinkommen hätte ich genommen, ein Honorar für Arbeit, die jeder Mensch leisten muß, sofern er nicht in einem verdreckten Haushalt leben will, hätte ich nicht gewollt. Das wäre ein finaler Schritt zur Ökonomisierung der Gesellschaft... Grundeinkommen darf sich nicht an Arbeit knüpfen.

Frank K. 25. Oktober 2010 um 08:53  

Erst wenn der letzte Mutterschutz gefällt ist, das letzte bischen sozialer Frieden vergiftet ist, der letzte Andersdenkende von Wasserwerfern ertränkt ist, werdet ihr merken, daß man Egoismus nicht essen kann.

antiferengi 25. Oktober 2010 um 09:03  

Also die Frau ist wirklich voll im Markt angekommen. Karriere als Lebensinhalt zum Dogma für jedermann und als Basis zur Bewertung von allem übrigem. Gemessen an der Quantität von Karrieremöglichkeiten für Frauen und Männer, zudem noch wirklich ein überwältigender Beweis für Gerechtigkeitsempfinden aus dem Pappkarton heraus. Von welchem Planeten, kommt die Dame eigentlich ?

landbewohner 25. Oktober 2010 um 09:06  

die arbeitsplätze an denen sich der mensch frei entfalten, kreativ sein kann usw. sind relativ dünn gesät und werden immer seltener.
und ob da nun der unterbezahlte job mit wohlklingender bezeichnung und die einordnung in die arbeitsordnung und zeitrahmen, stress, hetze und abends halbtot nach 12 stündiger abwesenheit die erledigung der nötigsten privatangelegenheiten dem leben als hausfrau und mutter mit selbstbestimmtem tagesablauf und ohne dämlichen vorgesetzten vorzuziehen ist, wage ich zu bezweifeln.
gut, zeitgeist und jahrelange massive diffamierung der dummen hausfrau und mutter haben sehr vielen frauen die lust an der unabhängigkeit ausgetrieben, aber wenn das familieneinkommen stimmen würde - was leider immer seltener der fall ist - und die partnerschaft wirklich gleichberechtigt - was streit ums geld ausschliessen würde - denk ich würden reichlich frauen auf die freiwillige knechtschaft einer karriere beim abwasseramt oder vw verzichten.
bei damen mit einem background a la von der leyen siehts natürlich anders aus.

Anonym 25. Oktober 2010 um 09:39  

Toller Artikel, gute Kommentare hier! Ich denke mal das Frauen genauso wie Erwerbslose und immer neue Zuwanderer den Überschuss an Arbeitskräften aufrechterhalten sollen. Jahrelange Gehirnwäsche seitens Politik und Medien hat doch bewirkt das sich jede Frau blöd vorkommen muß welche sich die Freiheit nimmt "nur" Hausfrau zu sein. Alles was früher mal gut funktioniert hat wird auf dem Altar der sog. Emanzipation geopfert, alle wundern sich dann über zerrüttete Familien, ADHS usw.
Wirklich leben können das propagierte "Familienmodell" doch nur Besserverdiener in entsprechenden Positionen, die anderen machen sich und vor allem ihre Kinder krank, widerlich!

Stefanie 25. Oktober 2010 um 09:53  

Emanzipation scheint sich dahingehend zu bewegen, daß mir nicht mehr von Männern gesagt wird was ich zu tun haben soll, sondern von Frauen. Dabei verstehe ich Emanzipation so, daß mir NIEMAND mehr etwas vorschreibt. Die Frauenbewegung ist in meinen Augen über das Ziel hinausgeschossen.

Und ja.. ich liebe meinen Beruf als Hausfrau und Mutter. Wer das nicht mag, soll halt etwas anderes machen, aber mich mit seinen Vorstellungen in Ruhe lassen.

Gruß Stefanie

Libero 25. Oktober 2010 um 11:43  

In der Diskussion fehlt mir einfach die Frage, was Frau denn nun will und das kann man doch nicht so pauschal dahinstellen, ist es doch von Fall zu Fall, von Frau zu Frau individuell verschieden. Was mich an dieser ewigen Debatte stört, ist, dass ich die Wahl habe, mich entweder als "Nur-Hausfrau und -Mutter" geistig abqualifizieren [...] was denn so prickelnd daran sein soll, Frauen noch länger in die Isolation des Haushalts, der Pipi-AA-Kommunikation und der Kinderspielplätze zu verdammen [...] oder mich als "Rabenmutter" hinstellen zu lassen, die ihr Kind gleich nach der Geburt in mehr oder weniger fremde Hände gibt. [...]Andererseits kenne ich Frauen, deren innigster Wunsch es ist, ein Kind in die Welt zu setzen, um es dann aber nach der Geburt möglichst schnell wieder wegzuorganisieren (Oma, Krippe).[...]
Jede Familie sollte eine für sich individuelle Entscheidung treffen unter Berücksichtigung aller Konsequenzen und die sogenannten staatlichen Hilfen wie Erziehungsgeld oder Mutterschaftsgeld sind, wenn überhaupt gezahlt, lediglich Tröpfchen auf einem heissen Stein, die den Aufwand und die Kosten der Kindeserziehung nicht annähernd auffangen, wobei es schon extrem bitter ist, ein Kind als Nutzen- und Kostenfaktor zu sehen.
Ich sehe meine Arbeit als Hausfrau und Erziehende als nicht geringer qualitativ an als so manch andere Arbeitsgelegenheit, auch wenn diese beispielsweise ein Studium erfordert, die Vergleichsmöglickeit habe ich durch meine Tätigkeit vor dem Ausstieg aus dem "Berufsleben".
Spielt es für mein Selbstwertgefühl eine Rolle, welche Tätigkeit ich nun letztendlich ausführe? Macht nur mein Job meinen gesellschaftlichen Wert aus? Die Gesetzgebung und die Medien haben bisher ganze Arbeit geleistet in der Spaltung Mann/Frau und alle tanzen fleißig mit. Wie oft kotzt es mich an, wenn auf meine Antwort, was ich denn so mache, antworte: Ich bin Hausfrau und Mutter. Nahezu jedesmal ernte ich fragende Blicke, die da sagen wollen: ...und was noch? Ja, was denn noch? Reicht ein Vollzeit-Job nicht? Soll ich, nur weil ich Frau bin, für mich einen 48-Std-Tag einführen? möchte ich sagen. Stattdessen bin ich dazu übergegangen, zu sagen: Ich bin Hausfrau und Mutter und studiere nebenbei im 40. Semester Diversifikation. Spätestens dann kehrt endlich Schweigen ein. Schlimm genug, dass annähernd jedes Kennenlern-Gespräch mit der Frage beginnt: ...und was machst Du? Beruflich natürlich. Als wenn der ganze Lebensinhalt und -sinn aus Karriere besteht...

Scribine 25. Oktober 2010 um 11:51  

Mir scheint, es ist viel "prekärer", was sich da die Dame ausdenkt:
Sie unterstützt nämlich bereits mit vorauseilendem Gehorsam die Position der "Wirtschaft".

Nach deren Lesart ist es heute schon so, dass vielen Frauen, die im Mutterschutz sind, mittels fadenscheiniger Gründe gekündigt wird.

Die Arbeitgeber wollen schlicht und einfach "ihren" Anteil nicht bezahlen.

Wenn da z.B. eine junge Frau - Hochschulabschluss mit Erfahrung im internationalen Hotelmanagement - nur einen Billigjob als "Mädchen für Alles" in einem drittklassigen Hotel annehmen muss und "zwischendurch" auch noch die "Unverschämtheit" besitzt - Mutter zu werden - dann bemüht der Herr Hotelbesitzer schon mal einen Anwalt um sie aus dem "Job" zu klagen . . .

Insider in Ämtern, die Arbeitsschutz bzw. Mutterschutz überwachen, beklagen ein wahre Flut von Aufhebungsanträgen durch Arbeitgeber.

Ergo, der "Dame" geht es nicht um Emanzipation, also um die Selbstermächtigung von Frauen, sondern um das Sich-Selbst-Andienen an ihren Chef.

Schade, dass da eine Geschlechtsgenossin so in die Irre läuft.

Anonym 25. Oktober 2010 um 11:56  

Wie auch die Männer in einer gleichberechtigten Gesellschaft schließlich glücklich werden? Peter Redvoort beschreibt´s scharfsinnig im Buch "Die Söhne Egalias", das ich allen KommentatorInnen ans Herz legen möchte ...

Darius

JJ Preston 25. Oktober 2010 um 12:08  

Über den Artikel von Frau Nienhaus bin ich kein Bisschen überrascht. Denn seien wir mal ehrlich: Wenn man sich allein Alice Schwarzer, den strubbeligen Kampfpanzer des Feminismus, genauer betrachtet, sieht man sehr schnell, dass der instrumentalisierte Feminismus zu einem Selbstzweck verkommt, weil ihm schlicht die Motive ausgehen. Bei seiner Geburtsstunde war er aus aufgeklärter Sicht eine begrüßenswerte Idee, doch je näher sich die Realität einem Zustand annähert, in dem es um Detailfragen geht und um Abwägung der verschiedenen Fraueninteressen, umso verzweifelter suchen Frauen wie Frau Nienhaus Dinge, in die sie sich verbeißen können, nur um nicht in eine Leere einzufallen, wenn es nichts mehr zu kämpfen gibt. Denn dann zählt tatsächlich die reine Qualität, und dann fällt auch die letzte Maske, und man sieht, dass diese Frauen außerdem nichts mehr zu bieten haben, schon gar keinen Blick für Realitäten. Das ist, als wenn John Rambo nach dem allerletzten Krieg(sfilm) nach Hause kommt, es nichts mehr zu kämpfen gibt und er merkt, dass er dabei versagt, Narzissen im Vorgarten zu pflanzen. Oder: Als wenn das letzte Kernkraftwerk abgeschaltet, das letzte Kohlekraftwerk geschlossen und die letzte Tankstelle zurückgebaut wurde und Greenpeace jetzt findet, dass Windkraftanlagen ganz schön die Natur verschandeln und Vögel gefährden...

Ich will damit nicht sagen, der Feminismus habe seine Ziele bereits verloren und es herrsche Gleichstellung. Das tut es nicht. Aber die gravierendsten Probleme in der Gleichstellung der Frau sind weitestgehend erledigt.

Frauen werden in Jobfragen immer den "Malus" haben, dass sie die einzigen sind, die Kinder kriegen können, und selbst wenn sie beteuern, keine Kinder zu wollen, kann ein Arbeitgeber da nie sicher sein - es sei denn, er verlangt einen Nachweis für Sterilität, was sowohl sittenwidrig ist als auch nicht Sinn der Sache sein kann. Dieses "Problem" wird sich in der Menschheitsgeschichte auch nicht mehr ändern - Männer und Frauen sind nicht gleich, so sehr Frau Schwarzer und Frau Nienhaus das auch versuchen. Insofern werden Frauen in vielen Berufen immer einen Nachteil in Sachen Marktwert haben. Denn ein Mann kann auch dann arbeiten, während seine Frau gerade ihr noch blutiges Neugeborenes im Arm wiegt. Zumindest theoretisch.

Die Alternative wäre, von Frauen zu verlangen, aus dem Büro direkt in den Kreißsaal und von dort direkt wieder ins Büro zurückzukehren. Ob das allerdings der Mehrzahl der Frauen und vor allem den Kindern dienlich ist? ("Denkt denn keiner an die Kinder???" - tut mir leid, der musste jetzt sein...) Vergessen wir doch bitte nicht, dass die Neugeborenen- und Müttersterblichkeit nicht auf Grund von Medikamenten zurückgegangen ist, sondern weil die Belastungen werdender Mütter sowohl gesellschaftlich als auch arbeitsrechtlich eingeschränkt wurden. Und wie sehr allein eine Fehlgeburt eine psychische Belastung ist (ich sage bewusst "ist" und nicht "sein kann"), sollte jede Karrierefrau, die da abwinkt, mal im Gespräch mit einer Betroffenen hören.

Dann haben wir allerdings ein weiteres Problem: Weder sind Kitas in Deutschland in ausreichender Breite finanziert, noch sind Erzieherinnen und Lehrerinnen in der Lage, eine Masse von Kindern so zu erziehen, wie es individuell vonnöten ist. Es geht einfach nicht! Aber heute schon wird doch vielfach eine soziale Verwahrlosung von Jugendlichen angeprangert, meist mit sprachlichen und Bildungsdefiziten als Aufhänger. Dabei gibt es heute mehr zu wissen als noch vor 70 Jahren, und gleichzeitig sollen Lehrer einer gestiegenen Masse an Schülern pro Klasse auch noch Werte vermitteln, unter Einhaltung enger Budgetgrenzen - wie soll das gehen?

Trojanerin 25. Oktober 2010 um 13:03  

Unsere Kinder sind für mich und meinen Mann natürlich das größte Glück. Kinder als Glücksbringer und Freudenquell müssen keine eigenen Kinder sein d.h. ich möchte nicht behaupten, dass Frauen, die aus unterschiedlichen Gründen keine Kinder haben, nicht glücklich und zufrieden sein können.
Die Ökonomisierung aller Lebensbereiche ist die Wurzel des Übels.
Schwierig wird es, wenn man aus ökonomischen Zwängen heraus, sich dafür entscheiden muss, keine Kinder zu bekommen.
Es wird sozial schwachen Menschen ja bisweilen abgesprochen, dass sie Kinder aus Gründen wie Liebe und partnerschaftlicher Erfüllung bekommen, sondern unterstellt, dass Sozialleistungen mitgenommen werden sollen.
Ein Wort noch zum Grundeinkommen: An ein wirklich bedingungsloses Grundeinkommen kann ich nicht glauben. das Existenzminimum war bis 2005 durch den Sozialhilfesatz festgeschrieben und hat zumindest theoretisch jedem Bedürftigen zugestanden.
Erst mit Einführung des SGB II sind Sanktionsmöglichkeiten geschaffen worden, selbst das Existenzminimum auf 0 zu kürzen.

Patrick 25. Oktober 2010 um 13:54  

Feminismus sprach noch nie für die Frau schlechthin sondern nur für eine relativ kleine Elite, die dafür aber umso mehr den öffentlichen Diskurs bestimmte. Als ich das letzte Mal versuchte, den Jungfeministinnen von "Mädchenmannschaft" nahe zu bringen, dass Arbeit und Beruf in den seltensten Fällen Karriere und Selbstverwirklichung bedeutet sondern vielmehr Schuften und Malochen, wurde mir beschieden, dass sich die Widerlegung dazu in feministischen Schriften fände, ich mich einlesen solle, bevor ich unqualifizierten Nonsense äußere und dass meine weiteren Beiträge nicht freigeschaltet werden.

Feminismus und Neoliberalismus. Eine Win-Win-Beziehung.

Ted 25. Oktober 2010 um 15:30  

Gleichberechtigung ist übergreifend und allgemeines Ziel.

Frauenquotierung, in Sonderheit die rechtssozialdemokratisch vorherrschende, ist weder Gleichberechtigungspolitik noch Gleichstellungspolitik.

Und weil das so ist beißt da die Maus keinen Faden von ab und die FAZ und ein deutschnationaler Blogger erstrecht nicht.

Ted

ad sinistram 25. Oktober 2010 um 15:37  

Welcher deutschnationale Blogger denn?

Oliver S. 25. Oktober 2010 um 15:56  

Was mich grundsätzlich befremdend ist, warum es schlecht sein soll Rollen zu haben und auch Anlagen für gewisse Rollen.

Warum man da einen Wertunterschied machen muss zwischen Rollen, begreife ich erst recht nicht. Aus meiner Sicht ist das reiner Kapitalismusfetischismus. Gut ist, was bezahlt wird.

Warum man seine Werte an bezahlter Arbeit ausrichten sollte, kann ich beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen.

Menschlicher Wert orientiert sich an Geld?

Gut sind Frauen, die Geld verdienen, schlecht sind Frauen, die das nicht tun. Ich finde das absurd und zutiefst unmenschlich.

Dagegen finde ich es sehr begrüßenswert, wenn man Menschen nicht anhand ihres Geschlechts bewertet. Aber das ist ja unabhängig voneinander.

Ich finde da auch keinen großen Unterschied zwischen den Leuten, die sagen, dass eine Frau zuhause bleiben soll und den Leuten, die sagen, dass eine Frau in den Beruf gehört. Warum sollen Frauen eigentlich irgendwas?

Ist es nicht möglich, dass Menschen einfach sich mal für das entscheiden, worauf sie Lust haben? Hat das einer dieser Sollen-Menschen eigentlich mal in Betracht gezogen?

Gruß
Oliver

Anonym 25. Oktober 2010 um 17:27  

Jetzt verstehe ich langsam, was es mit diesem Pseudofeminismus auf sich hat.

Eine Erhöhung der 8 Wochen Regelung auf 20 Wochen wäre zu begrüßen.
"Sed fugit interea, fugit irreparabile tempus” (Vergil): Die Zeit mit meinem Kind kann mir niemand mehr wiedergeben. Keine Karriere, kein Geld nichts. Erinnerungen sind Spuren, die niemand löschen kann.
Lieber Babybett als Verkaufsregal.

Seismograph 25. Oktober 2010 um 20:28  

Um es kurz zu machen:
Typen wie diese Lohnschreiberin sind doch nur neidisch auf die Frauen, die selbstbewusst genug sind, sich eben nicht um jeden Preis dem Diktat des Kapitals zu unterwerfen, sondern stattdessen voller Stolz auf diesen
paranoiden Hahnenkampf, genannt Karriere, zu verzichten!

maguscarolus 25. Oktober 2010 um 20:30  

Längst hat sich diese Art von kämpferischem Feminismus überlebt, ist zu einer Art von Lobbyismus verkommen, der allen möglichen "Herren" dient.

Der vorliegende Einwand ist zusätzlich auch noch dumm, da doch die Ausweitung des Mutterschutzes ein "kann" und kein "muss" ist.

Anonym 25. Oktober 2010 um 20:49  

"The more you say, the less people remember."

Heißt auf Deutsch:
"Je mehr Du sagst, umso weniger erinnern sich die Leute daran."

Anonym 25. Oktober 2010 um 21:21  

„Wer Schweine erzieht, ist ein produktives, wer Menschen erzieht, ein unproduktives Mitglied der Gesellschaft.“

Ich bin eine Frau und Mutter eines 13jährigen Sohnes (natürlich reaktionär, da schon seit über 20 Jahren mit demselben Mann zusammen) und behaupte einfach mal, dass frustrierte Weiber wie Schwarzer, Niehaus, Zypries usw. einfach NEIDISCH sind auf die Frauen, die - im Gegensatz zu ihnen - Kinder haben. Sorry, die tollste Karriere und haufenweise Geld können nicht gegen mein Kind anstinken. Ich möchte keinen einzigen Tag missen - und dass sage ich als Mutter eines Pubertierenden ;o)

klaus baum 25. Oktober 2010 um 21:46  

wer nimmt eigentlich die frau nienhaus ernst?

Anonym 27. Oktober 2010 um 21:47  

Ich halte absolut nichts von der protestantischen Arbeitsethik. Aber dieser Beitrag ist etwas linear. Es fehlt die Frage, was denn so prickelnd daran sein soll, Frauen noch länger in die Isolation des Haushalts, der Pipi-AA-Kommunikation und der Kinderspielplätze zu verdammen und für möglichst lange als Konkurrentinnen vom Arbeitsmarkt fernzuhalten?

Wenn die Männer in einer Gesellschaft so kaputt sind, muss man sich nicht wundern, das die Frauen nachfolgen.

Die Kinder baden es eh aus und sind die Mütter und Väter von morgen, die ihren Nachwuchs dann nur noch als Objekt erkennen und völlig lieblos und entfremdet damit umgehen.

Wie auch sonst? Liebe ist eine Lebenseinstellung, die muss man den Kindern vermitteln und das geht nur in einer von heuchelei freien Geborgenheit, für die nun einmal die Mutter erste Adresse aus natürlichen Zusammenhängen heraus ist.

Einer so kranken Gesellschaft fällt das allerdings nicht einmal mehr auf.

Der Endsieg der Faschisten über die Menschlichkeit steht wieder vor der Türe und die kaputtesten können es nicht erwarten die Türen weit aufzureißen, diese mit einem großen "Welcome" zu überschreiben und Begrüßungsblut und Dienerschaft anzubieten.

Entmenschlicht, maschinisiert, eingegliedert im Kollektiv verrichtet sich die Sklaverei dann wie von selbst. Niemand merkt mehr, wie krank er ist, weil die Vorstellungen anderer Welten bereits gestorben sind, ehe sie gedacht werden könne, da ihnen die Stimme und Sprache und die Bilder fehlen.
Z.B. Bilder einer schönen, geborgenen Kindheit, mit zufriedenen gütigen anwesenden Eltern, die sich Zeit nehmen und Anleiten, bis das Kinde selbstständig gehen kann.

Es bleibt ja noch der Hedonismus, Ficken und Drogen bis der Körper daran verwest.

Schöne neue Welt.

Anonym 27. Oktober 2010 um 22:07  

Deutsche Debatten? Zum Gähnen, findet der Kulturwissenschaftler Hans Ulrich Gumbrecht. Nie eine Überraschung und dann immer diese Rechthaberei! "Nehmen Sie das, wie die Kanzlerin zum Fall Sarrazin gesprochen hat: Das sei 'nicht hilfreich' und eine 'unerwünschte Meinung'. Großartig! Wenn es mal einen Austausch gibt, dann bitte nur mit erwünschten Meinungen. Wenn du die Meinung artikulierst, die unerwünscht ist, verlierst du deinen Job. Das ist genau das, worüber wir hier sprechen: das Symptom der 'erwünschten Meinung'."
Und das gilt auch für diesen Artikel.

Manfred 27. Oktober 2010 um 22:59  

Das Kernproblem ist, dass der Feminismus von "Vorzeige-Feministinnen" wie Nienhaus oder Schwarzer mit der "Frau an sich" gedacht wird. Das ist angesichts einer real existierenden Gesellschaft, in die die "Frau an sich" als vergesellschaftetes Wesen eingebettet ist, Quatsch! Besonders leicht ablesen lässt sich das an der Frage des "Ausbaus der Kinderbetreuung" (vor allem mit "qualitativ hochwertigem Personal" für "frühkindliche Bildung"!). Klingt absolut nicht verkehrt, aber in unserer real existierenden Gesellschaft ist das nun einmal ein schönfärberischer Euphemismus für "Optimierung der Ausbeutung(sbedingungen) für Mütter"!!! Zugleich wird das Betreuungssystem als Black Box gesehen. Was in der Black Box des Betreuungssystems passiert, nämlich dass darin Hunderttausende von Frauen als mies bezahlte Erziehungshilfskräfte arbeiten müssen, wird komplett ausgeblendet!
Aber das allerschlimmste ist: dieser Wahnsinn ist Politik aller Parteien bis hin zur LINKEN! Nicht, dass jemand denkt, die LINKE würde das Problem etwas kritischer analysieren, nein, auch Jörn Wunderlich will den "Ausbau der Kinderbetreuung".

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