Das beste aller möglichen Unglücke

Mittwoch, 28. Juli 2010

Es gab eine Zeit, da rätselte man über den seltsamen Humor eines allmächtigen und liebenden Gottes, der von seiner Macht aber keinen Gebrauch machen wollte, damit das menschliche Leid duldete - besonders rätselhaft erschien den Zeitgenossen dabei das große Erdbeben von Lissabon, welches 1755 unfassbaren Notstand erzeugte. Wie konnte Gott so eine Katastrophe zulassen, fragten sich Europas schlaue Geister. Dieses Zweifeln, Rätseln, Hinterfragen eines mächtigen Gottes nennt sich Theodizee, was soviel heißt wie Rechtfertigung Gottes - eine theologische Rubrik, die auch besonders bereitwillig von Philosophen abgegrast wurde, bei der sich eloquent und zungenfertig gefragt wurde, wie ein gnädiger Gott, ein Gott der Liebe, die Hölle auf Erden zulassen könne, obwohl er doch die Befehlsgewalt besäße, alles zu einem Besseren zu wenden.

Theodizee lebt bis heute fort - mit dem Unterschied, dass dieses Fach ganz unten angekommen ist. Anstelle von Erdbeben stehen heute nackte Frauenbrüste, Bierflaschen und Joints im Zentrum der Theodizee. Wie kann ein allmächtiger Gott, so fragen sich die Freunde transzendenter Erklärungsmuster, bloß Veranstaltungen wie die Loveparade zulassen? Freilich versteht es sich von selbst, dass heute kein Kant, kein Voltaire, kein Leibniz oder Lessing um Antworten bemüht sind - denn nicht nur die Theodizee selbst, als Disziplin liegt am Boden, auch die heutigen Antwortsuchenden kriechen am Boden, dümpeln im geistigen Bodensatz umher. Statt Kant, so könnte man es auch kürzer festhalten, tapst heute eine scharfzüngige Eva Herman über theologische Trampelpfade.

Auch Leibniz sorgte sich um einen Gott, der voyeuristisch zusieht wie die Menschen leiden, während er offensichtlich an potenter Machtfülle reich war - der Gelehrte wurde zum Fackelträger einer optimistischen, pragmatischen Auslegung der Problematik. In seinem Werk Essais de théodicée (Theodizee) brachte er zum Ausdruck, dass es immer noch schlimmer hätte kommen können, weswegen man sehr wohl behaupten könne, der Mensch lebte in der besten aller möglichen Welten - ein allzueinfaches, schlankweg anspruchsloses Erläuterungsmodell, welches später auch von Voltaire in seiner Schrift Candide ou l'optimisme (Candide oder der Optimismus) köstlich verrissen wurde. Rätselfreunde der göttlichen Motivation hatten offensichtlich häufig eine Neigung zur plumpen Beantwortung ihrer ohnehin sinnlosen Fragen.

Herman reiht sich da nur ein - unbegabter natürlich als jene Vordenker, zudem in holpriger, dafür aber galliger Sprache, generell aber wenig intellektuell erleuchtend. Ein frommes, frömmelndes Herz wirft sie allerdings in die Waagschale - etwas muß sie ja auszeichnen! Aber ihre Auslegung, dass dem schamlosen Treiben Sodoms und Gomorrhas nun von mächtiger Stelle ein Ende gesetzt wurde, ist nicht nur zynisch und nebenher ausgesprochen blöde: es ist auch konsequent. Die stumpfe, unbeholfene Deutung ist das sprichwörtliche Klappern, welches zum Geschäft gehört: und in der Geschichte der Theodizee klapperte man von jeher mit spöttischem Zynismus und weihevoller Gelehrtenmiene, die die Unwissenheit annehmlicher kleiden sollte. Anders konnte es auch nicht sein in einer Fachdisziplin, die dem Fischen in trüben Brackgewässern bei dickstem Nebel gleicht. In der besten aller möglichen Welten, so könnte Herman auch geschrieben haben, sind zwar Loveparades, blanke Titten und ordinärer Suff durchaus vorzufinden, aber hin und wieder wird ein solches Treiben auch bestraft - in einer schlechteren Welt, so hätte ihr Leibniz konziliant beigepflichtet, wären nackte Brüste und Trunkenheit noch viel ausgiebiger gestreut, würde das Lotterleben nie bestraft. Sie sehen das ganz richtig, hätte der olle Leibniz ihr geflüstert, das was geschehen ist, ist das beste aller möglichen Unglücke, liebe Eva! Mehr ist zuweilen nicht umsetzbar in dieser besten aller möglichen Welten - dass uns eine bessere Welt vorstellbar ist, dass wir sie uns denken können, heißt ja noch lange nicht, dass sie auch möglich wäre. All das ist die Logik des Trostes; der Trost derer, die im Optimismus resignieren möchten.

In der Theodizee zu waten hieß einst, sich der großen Problematiken des menschlichen Daseins anzunehmen. Die Antworten waren aber auch da stümperhaft, nicht beweisbar, kurz gesagt: theologisch halt - was heute in jener Rubrik des tiefergehenden Denkens betrieben wird, ist meist nur das Deuteln mit dem moralischen Zeigefinger - manchmal durchaus verständlich ob der unsittlichen Auswüchse. Wie kann Gott den Porno zulassen?, fragen sie sich heute. Weshalb erlaubt Gott es, dass sich jemand besinnungslos säuft?, beschäftigt das theologische Gemüt. Auf einen Nenner gebracht: Wie kann Gott eine so sittenlose Welt genehmigen? Der Mensch als Marionette transzendenter Planungsarbeiten! Das sind im Übrigen Fragen, wie sie ähnlich gestellt werden, wenn eine Katastrophe geschieht. Die Pappschilder oder Kondolenzbriefchen, mit denen trauernde Menschen nach Geschehen eines Unglücks die Straßen zupflastern, Schilder und Briefchen auf denen Warum nur? oder Wie konnte das geschehen? steht, sind nichts anderes als softes Theodizee, ein Theodizee der Straße sozusagen - das Wie kann Gott nur die Busenshow und den Drogenrausch zulassen? ist herberer Machart, beruht aber auf der gleichen religiösen Trostlosigkeit, sich mit unbeantwortbaren Fragen zu beschäftigen, die einen Gott zwar angingen, wenn es ihn gäbe, die aber nicht an jene gestellt werden, die es wirklich gibt - Menschen nämlich.

Alles in allem handelt es sich also um sinnlose Fragenstellerei, die keine befriedigende Antwort liefern kann - wer fragt, weshalb Gott nackte und berauschte Partymiezen zulassen kann, ist auf dem Holzweg; man sollte fragen, wie Menschen dazu kommen, sich derart lächerlich zu machen, welcher Bauart eine Gesellschaft sein muß, in der so ein ekelhaftes Verhalten gefördert und gern gesehen wird. Das Elend der Philosophie lag zuweilen darin begraben, zu lange falsche Fragen gestellt zu haben, zulange ein verlängerter Arm von Religion und Mystizismus, Humbug und Esoterik gewesen zu sein. Das Elend derer, die die Nachfolge jener Philosophen angetreten haben ist, dass sie aus ihrem moralintrunkenen Gram einen Verhaltenskodex für die Allgemeinheit schmieden wollen - mit einem zürnenden Gott, wenn nötig. Und es ist das Elend, noch immer dort von Gott zu salbadern, wo man eigentlich von den Menschen sprechen müsste. An so ein Elend gekettet fragt man letztlich nach einem blinden und tauben Gott, der nicht sieht, nicht hört und deswegen nicht eingreift - man fragt aber nicht, wer die Katastrophe angezettelt, und wie im Falle Duisburgs, wer Fluchtwege vergessen und ein zu enges Festgelände abgesegnet hat. Warum Azubis fragen, wenn man einen Meister befragen kann - warum mit Menschen hadern, wenn man einen Gott um Einsicht bitten kann? Eine Bitte, die nach Hermans Lesart auch erfüllt wurde - Gott bestrafte die Sünder, die Geltungssucht Duisburger Behörden war damit nur Erfüllungsgehilfe eines viel größeren Planes.

Jetzt fehlte nur noch ein Voltaire, der der Herman einen Candide widmet - aber nicht mal das hat ihre Frömmelei verdient. Leibniz hat nebenher noch andere Leistungen vollbracht, moderne Rechenmaschinen gehen indirekt auf sein Konto - wäre er bei der besten aller möglichen Welten verharrt, wäre dies seine einzige Arbeit geblieben, man hätte ihn schnell vergessen. Nun ist die Frage, was Herman sonst noch zu bieten hat, außer jenem unglücklichen Ausspruch, wonach vielleicht "andere Mächte mit eingegriffen [hätten], um dem schamlosen Treiben endlich ein Ende zu setzen" - und da sieht es finster aus mit ihrer Unsterblichkeit...



14 Kommentare:

Anonym 28. Juli 2010 um 13:03  

Der berühmte Satz von der „besten aller möglichen Welten“ ist oft missverstanden worden, unter anderem hat ihm Voltaire mit dem Candide einen ganzen Spottroman gewidmet. Die Idee der „besten aller möglichen Welten“ soll nicht in naiver Weise tatsächliches und großes Übel in der Welt leugnen oder schönreden. Vielmehr weist Leibniz auf einen notwendigen Zusammenhang zwischen Gutem und Üblem hin: Es gebe nämlich Gutes, das nur zum Preis der Existenz von Übel zu haben ist. Die wirkliche Welt ist die beste u. a. in dem Sinne, dass das Gute in ihr auch von Gott nicht mit einem geringeren Maß an Übel verwirklicht werden kann. Außerdem ist die „beste aller möglichen Welten“ dynamisch gedacht: Nicht der derzeitige Zustand der Welt ist der bestmögliche, sondern die Welt mit ihrem Entwicklungspotential ist die beste aller möglichen Welten.

Gerade dieses Entwicklungspotential ermöglicht es, den derzeitigen Zustand zu verbessern, nicht hin auf einen utopischen Endpunkt, sondern immer weiter, in einem nicht endenden Prozess der ständigen sich überbietenden Entwicklung.

Leibniz argumentiert einerseits, dass einige der Übel nur scheinbar sind, bzw. dass weniger Übel an einer Stelle ein mehr an anderer Stelle notwendig machen würde. Auch führt er zum Beispiel die Vielfalt an, die die Qualität der Welt ausmache. Es gibt aber auch einen logischen Grund, warum diese die beste aller möglichen Welten sein muss. Wenn nämlich Gott eine Welt aus dem Möglichen ins Wirkliche überführen möchte, so braucht er einen zureichenden Grund, da er nicht willkürlich wählen kann. Das einzige Kriterium, das eine Welt aber qualitativ von allen anderen unterscheidet, ist, die beste zu sein. Im Gegensatz etwa zu Descartes vertritt Leibniz die Ansicht, dass Gott nicht logische Wahrheiten schaffen oder ändern kann. Die Summe aller möglichen Welten findet Gott ebenso vor wie mathematische Sätze. Er hat darum auf den Zustand und die Geschehnisse innerhalb einer Welt keinen Einfluss. Selbst wenn er – Naturgesetze außer Kraft setzend – ein Wunder wirkt, so ist dieses Wunder mit der Auswahl der möglichen Welt schon ein für allemal festgelegt.

Ein Teilaspekt davon ist: Gott hat unter allen möglichen Welten die beste geschaffen. Da er allmächtig, allwissend und allgütig ist, musste er das auch. Die in der Welt vorkommenden Übeln stehen dem nicht entgegen. Leibniz unterscheidet sie nach drei Typen[4]:

1. Metaphysisches Übel
Das metaphysische Übel bzw. Elend besteht in der Endlichkeit der Welt. Diese war nicht zu vermeiden, wenn Gott eine Welt schaffen wollte. (Siehe Platon)
2. Physisches Übel
Leiden und Schmerzen gehen mit einer gewissen Notwendigkeit aus dem metaphysischen Übel hervor, da geschaffene Wesen zwangsläufig unvollkommen sind.
3. Moralisches Übel
Ein geschaffenes Wesen hat die Möglichkeit zu fehlen bzw. theologisch formuliert zu sündigen, da Gott ihm die Gabe der Freiheit verliehen hat.
Nach Leibniz gibt es keinen Widerspruch zwischen Determinismus und Freiheit. Obwohl mit der Wahl der Welt jede Handlung eines Menschen zum Beispiel vollständig unverrückbar festliegt, so ist die Tatsache, dass sich ein Mensch in einer Situation so und nicht anders verhält, völlig frei. Dass sich ein Mensch so verhält (so verhalten würde), ist gerade der Grund, warum die Welt gewählt wurde. Ein anderes Verhalten wäre entweder logisch nicht möglich (nicht kompossibel mit dem Rest der Welt) oder würde eine moralisch schlechtere Welt bedingen.

Anonym 28. Juli 2010 um 13:47  

Man braucht wohl nicht die Spiritualität bemühen, um so ein trivial-banales Ereignis, daß zu diesen grauenhaften Folgen geführt hat, zu beschreiben. Es ist die menschliche Gier - GREED - um einmal den positivierenden Anglizismen der Beschönigung des Pöpelns, des Lärmens und des Drangsalierens von Menschen den korrekten Hintergrund, die Motivation, aufzuzeigen. Menschen, die sich einem solchen schreienden, kreischenden, rummsenden Moloch nicht aussetzen wollen, kommen in der Betrachtungsweise der Medien als auch der giergeleiteten Politiker schon gar nicht mehr vor. Die Verachtung gegenüber den Menschen beginnt nicht erst bei solchen perversen Mammut-Krachmaschinen, sie begann schon Jahre vorher z.B. mit der faktischen Aufhebung der Nachtruhe durch verantwortungslose Politiker. Wenn es einerseits ein schützenswertes Nachtruhegebot ab 22 Uhr gibt, andererseits die Kommunen der jeweils örtlichen Gastronomie in den Allerwertesten kriechen, die Nachtruhe aushebeln, indem Außengastronomiezeiten bis zum geht-nicht-mehr verlängert werden und über mehrere Wochen ganz aufgehoben werden, wie zur Zeit des Fußballfirlefanzes, zeigt das die Perversion des Denkens ebendiesr verantwortungsloser Lokal- und Landespolitiker. Wenn man dann noch betroffenen Anwohnern mit dem Irrenarzt droht, ihnen Vorladungen zum Gesundheitsamt schickt, sie mögen sich doch bitte einmal in der Psychatrie untersuchen lassen, sind Grenzen des Denkens gesprengt, die jedenfalls ich nicht für möglich gehalten hätte. Das ist gelebte Praxis, keine Theorie. Hier braucht man wirklich keine allmächtige Hand vermuten, eher schon die autoritäre Hand eines perversen neoliberalen Regimes.

gez. Braunes Hartz

Banana Joe 28. Juli 2010 um 14:50  

Lieber Roberto,

"...Nun ist die Frage, was Herman sonst noch zu bieten hat, außer jenem unglücklichen Ausspruch, wonach vielleicht 'andere Mächte mit eingegriffen [hätten],'... "

Und ich habe mich gefragt: wer zum Teufel ist Frau H.?

Mehr gibt es über diese "Dame" eigentlich nicht zu schreiben...

...ausser, meinem Wunsch, dass ihre Bücher schwer wie Blei in den Regalen des Buchhandels liegen bleiben werden. Dir Roberto wünsche ich dagegen weiterhin viel Erfolg und ich freue mich schon auf ein zweites Buch von Dir. Das Erste (Unzugehörig) habe ich gerne gelesen...

Banana Joe

Uschi Basfeld 28. Juli 2010 um 15:00  

Ich freue mich, dass es "Schreiberlinge" wie Dich gibt, die ihre Sprachkunst nutzen, den "Finger in die Wunden zu legen", denn ich bin oft einfach nur sprachlos. Sprachlos vor Erschütterung, vor Ekel vor dem Anlitz so manches Zeitgenossen. Wie impertinent inhuman muss man/frau sein, um die Not von Opfern zu mißbrauchen,sich lediglich eine Plattform zu suchen,um sich selbst in Szene zu setzen?

Anonym 28. Juli 2010 um 16:33  

Hallo braunes Hartz, über diese faktische Aufhebung der Nachtruhe bei Fussball EM oder WM habe ich mich auch schon lange geärgert.
Da können ganz offiziell erlaubt überspannte, medial voll aufgeputschte Leute anderen Menschen, Erwachsenen und Kindern, welche oft sehr früh aufstehen müssen um zur Arbeit oder in eine Schule zu kommen bis weit nach Mitternacht einen höllischen Lärmbelästigung ausgesetzen, deren Rechte beeinträchtigen - absolut rücksichtlos.
Politiker und Medien sind auch darüber begeistert, Deutschland in Party-Laune.
Überfährt man aber selbst zu später Stunde eine absolut menschen- u.auto leere Kreutzung bei Rot mit dem Fahrrad und wird dabei von einem Polizeiwagen ertappt, sind mindestens 25 EUR Bußgeld fällig - obwohl nichts und niemand gefährdet, belästigt oder sonstwie beinträchtigt wurde.
Und das soll normal sein?

Anton Chigurh 28. Juli 2010 um 16:38  

Ob man sich anmaßen sollte, die Love Parade in den Facetten ihrer Erscheinung als ekelhaft, ordinär, pervers oder sonstwas zu beschreiben, finde ich etwas problematisch.
Und wie eine Gesellschaft gepolt ist, die solche Veranstaltungen in großem Umfang möglich werden läßt, sollte man etwas differenzierter betrachten.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass der ein oder andere Love-Parade Teilnehmer ein ähnlich vernichtendes Urteil über das Klientel von Jazzfestival-Besuchern oder Operettenfans fällen würde.
Wertungen dieser Art halte ich für dämlich.
Ob sich auf der LP barbusige Teens im Fuselrausch vergnügen, dirndltragende MILFs im Oktoberfestzelt umherwanken oder man nach dem zweiten Aufzug einer Mozart-Oper sekttrunken durch die Landschaft taumelt ist unerheblich.
Schlimm sind die ekelhaften Moralapostel, die sich nach solchen Katastrophen wichtig machen müssen.
Prima - die Herman (warum redet überhaupt einer über sie?) ist ohnehin unzurechnungsfähig und bitteschön jeder, der "Gott" oder einen ähnlichen Flaschengeist hier als Zeuge, Verursacher oder Richter bemüht, sollte sich im selben Atemzug über die Sinnlosigkeit seiner Worte im Klaren sein.
Religion als solche hat mit dem realen Leben so viel zu tun wie Mario Barth mit anspruchsvollem Humor.
Überhaupt auf Auswürfe von Frau Herman einzugehen ist schon Zeitverschwendung.
In ihrem Geltungsdrang könnte ich mir die Dame durchaus auch als barbusig hüpfende Partymaus auf einer der Bühnen der Love Parade vorstellen, würde man sie dort überhaupt erkennen. Aber das geht ja nun nicht mehr, sie hat ja den Weg der arisch-konservativen Nationalmama gewählt.

J 28. Juli 2010 um 16:57  

Interessanter Fortdenkung der Theodizee problematik. Trotzdem kritische Anmerkung.Theodizee ist die Verteidigung Gottes (In)Aktivitaet nicht die Anklage der Werke der Menschen.
Bei Sodom und Gomorrah, geht es ja auch nicht um die Frage, warum Gott das erlaubt hat - Das ist ja doch der Suendenfall dran schuld. Nicht Gott. Weitergedacht mueste es dann heissen, warum hat Gott den Suendenfall zugelassen? -> Weil er dem Menschen eine freien Willen geschaffen hat. Das hat als Konsequenz dann auch das vorzeigen der "blanke[n] Titten" (sowas zitier ich nur und nehm es nicht selber in den Mund.. ;.)
Aber Theodizee trifft doch eher auf die Anekdote, die Don Alphonso erwaehnt. Warum stuerzt die Kirche ein. Das Gott Sodom und Gomorrah zulaesst und dann straft ist doch nur "selbstverstaendlich" (fuer Eva Herman - nicht fuer mich)

Apostata 28. Juli 2010 um 17:35  

Wieso bitte legen nackte und berauschte Partymiezen ein ekelhaftes Verhalten an den Tag?

Eike Brünig 28. Juli 2010 um 17:39  

Ich würde das Niveau gerne mal etwas drosseln und hinterlasse mal dazu den Kommentar eines bekannten Comedian dazu:
http://www.youtube.com/watch?v=-vfdpKB6Kd0&feature=player_embedded

landbewohner 28. Juli 2010 um 17:44  

fressen, saufen, huren etc., all diese dinge hat gott immer nur beim schlichten volk mit sorgen betrachtet und mit himmlischen eifer verfolgt.für die gotteswortverkünder und ihresgleichen galt solches nie.
so lehrt jedenfalls die geschichte. und wer heutzutage noch mittelalterlichen riten und erklärungen folgt oder folgen will, der muss mindestens mit 10facher blindheit geschlagen sein, denn daß alle übel dieser welt sehr menschlichen ursprungs sind, wird immer deutlicher sichtbar. und wo menschliche gier nach geld wütet, da brauchts keine himmlischen strafen, denn geldgier geht über leichen. obwohl: eigentlich lohnt es gar nicht über so mittelalterlichen schwachsinn nachzudenken sonst enden wir bei die erde is ne scheibe und beim gewitter kegeln die engelein.
obwohl: die neuen evangelikalen streben ja dahin.

Anonym 28. Juli 2010 um 18:05  

Verehrter Herr De Lapuente,

Sie tun in meinen Augen wohl nicht ganz recht daran, Leibniz in diesen Kontext zu stellen. Dass seine Argumente viel subtiler und übrigens auch sozusagen strukturell von der "ars inveniendi" und der Rechenmaschine nicht getrennt zu sehen sind, hat der Kommentator "Anonym" von 28.07, 13:03, schon herausgearbeitet.

Wie immer dem sei, tun Sie Frau H. meines Erachtens viel zu viel der Ehre an, sie in einen solchen Kontext zu stellen. Da geht es nicht um Theodizee (ein Thema, das ich auch nicht so leicht wie Sie abtun würde, denn es rührt in nichttheologischer Übertragung beispielsweise an die Fragen der Verantwortung und des Gewissens), sondern ganz einfach um Pöbeldienst, und zwar speziell des bürgerlich-kleinbürgerlichen Publikums, vorzugsweise in mittlerem oder fortgeschrittenem Alter.

Es geht dabei nicht um das eigene Leben und die eigene Verantwortung (dann würde man bei einem Minimum von Selbstreflexion viel bescheidener auftreten, was anderer angeht), es geht um Macht über andere, um Neid und Missgunst, um Quälen und Kontrollieren, alles in moralischer Verkleidung. Wer das Milieu einigermaßen kennt, weiß, dass es daselbst keineswegs hochmoralisch zugeht. Was zählt, ist der lauernde Blick auf den anderen, und da freut man sich eben, wenn der Gott der Liebe auch einmal zuschlägt; früher hat man dem ja selbst noch kräftig nachhelfen können.

Das Ganze ist also vermutlich nicht einer irgendwie intellektuellen Sphäre zuzurechnen, sondern eher auf Instinktebene zu lokalisieren. Also dem Feld: Meutengeheul, Isolieren, Sündenbockfinden, Abstrafen, Lynchen usw. Wenn sie sich im Alltag bei Resonatoren der Frau H. umhören, werden Sie sogleich die tiefe Herkunft der Sprachäußerungen aus dem Instinktuntergrund bemerken. Es geht entsprechend auch nicht um die Analyse von Ursachen, sondern um die Identifizierung von Schuldigen. Nicht umsonst kommt Frau H. nach kurzen Umwegen gleich wieder bei den 68ern an, ein intellektuelles asylum, das einige Betrachter wohl geneigt sind, als einen freiwillig gezückten Debilitätsausweis anzusehen.

Man nähert sich Frau H. folglich wohl am besten mit Massenpsychologie, nicht mit Philosophie und auch nicht mit Theologie.

Mit freundlichem Gruß

unschland 29. Juli 2010 um 01:50  

...welcher Bauart eine Gesellschaft sein muß, in der so ein ekelhaftes Verhalten gefördert und gern gesehen wird

hallo roberto,

hast du heute einen wulf gefrühstückt oder hat dir die die stets sittsam- verhüllte eva keinen ihrer äpfel kredenzt?
oder war der satz jetzt ein jenningerartiges mißverständnis?
ekelhaft? ich weiß nicht, die übersexualisierung ist zwar nervig, aber unter dem bh ist die natur!

Anonym 29. Juli 2010 um 07:58  

@ Anton Chigurh

ich habe mich keineswegs NUR gegen ein bestimmtes Ereignis oder gegen eine bestimmte Musikrichtung gewandt. Wer Techno-Rock hören will, soll das tun und er hat meine besten Wünsche. Ich frage mich nur - wo und wie er das macht. Dasselbe würde ich auch Besucher eines Mozart-Festivals fragen, wenn sie sich so verhalten würden, aus Spaßsucht und Gier, aus panischer Angst, etwas zu verpassen, 21 Menschen zu Tode zu quetschen.
Man hat, nicht nur in Duisburg, auch in vielen anderen Bundesländern, die alleinige Landeskompetenz in Lärmfragen dazu mißbraucht, die sogenannte Sperrstunde bis auf einen rudimentären Rest, meistens ist das regelmäßig wirklich nur noch die einzige Stunde morgens von 4 bis 5 Uhr, abzuschaffen. Selbst diese eine Stunde hat man in Duisburg noch zur Loveparade-Zeit außer Kraft gesetzt. Es wird von den entsprechend interessensgeleiteten Politikern ständig in Salamitaktik an den letzten verbliebenen Ruhegesetzen herumgeschnitten. Betroffenen Anwohnern wird höhnisch und zynisch entgegengehalten, warum sie denn da und dort hinzögen - oder nicht einfach wegzögen. Auch das ist der Ausdruck einer im neoliberalen Zockerkapitalismus aufgewachsenen Jugend. Jeder ist seines Glückes Schmied und wer es nicht geschafft hat, einen Batzen auf die Seite zu bringen, sich ein ruhiges Plätzchen zum Leben zu erkaufen, ist selbst schuld. Der angelsächsische Calvinismus mit seiner Prädestinationslehre (Prädestinationswahn ?) würde dies als Zeichen fehlender (und damit gerechtfertigter) Auserwähltheit deuten. Der (frühere) Sozialstaat ging von der Grundvoraussetzung aus, daß bestimmte grundlegende Rechte, insbesondere die Unverletzlichkeit, allen Menschen, unabhängig von Einkommen und Vermögen, gleichermaßen zustehen. Im Jahre 28 nach Margret Thatcher und Ronald Reagan ist der Hayek'sche Steinzeitkapitalismus alleine das Maß der Dinge. Lärm ist eine Form der Gewalt, man kann sich dieser Gewalt nicht wirklich entziehen (ja ´, Oropax, ich weiß, sehr witzig !). Es ist Vergewaltigung. Die himmlischen Heerscharen braucht man als Argument gegen ein rücksichtsloses und pöpelndes Verhalten nicht zu bemühen und was eine Frau Herrmann da antreibt, ist mir eigentlich ziemlich egal.
gez. Braunes Hartz.

Anonym 29. Juli 2010 um 20:03  

Lieber Roberto,

nun hinterlasse ich dir nach längerem stillem Mitlesen auch mal einen Kommentar.
Dies ist imho der am schönsten zu lesende Artikel, der Bezug auf Eva Herrmann (sic! nur um sie zu ärgern) und die Love Parade nimmt.
Bin immer wieder beeindruckt, wie du dir ein Thema scheinbar aus der Luft greifst und dann im Verlauf des Artikels zu einem aktuellen Geschehen Bezug nimmst und so beides in einen Zusammenhang setzt, der nicht mehr aus der Luft gegriffen wirkt, sondern bei dem man sich fragt, warum man vorher nicht selbst darauf gekommen ist, oder ihn nicht zumindest schon an anderer Stelle gelesen hat. Das hebt dich in meinen Augen deutlich wiedererkennbar von anderen (ebenfalls großartigen) deutschen (politischen) Blogautoren ab.
Macht sehr viel Spaß hier zu lesen, auch wenn man sich oft wünscht, über einige Dinge müsste nicht geschrieben werden...

Vielen Dank!

Amike

P.S.: Klingt irgendwie etwas schulmeisterlich, ist aber ein ernstgemeintes Lob, ich hoffe einfach, dass der Adressat mit sowas mehr anfangen kann als mit "Alles supi hier!" ;-)

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