Aus dem Drama lernen

Dienstag, 13. April 2010

Was für ein Nekrolog! Er liest sich wie ein Who is Who der polnischen Gesellschaft. Da regnete es Händevoll Politiker vom Himmel, Ökonomen und Theologen, Militärs und Journalisten, Funktionäre sowieso. Selten schäumte eine Totenliste vor soviel Prominenz über. Das gefallene Gefolge des polnischen Präsidenten Kaczynski, es raubt einem ganzen Land die Führungsebene.

Verantwortungslos! Das britische Königshaus, liest man hie und da, schicke seine beiden jüngsten Sprosse in zweierlei Maschinen um den Globus, damit bei einem möglichen Absturz, zumindest einer im Leben zurückbleibt und die Thronfolge gesichert ist. Das ist der überlebensnotwendige Pessimismus des Hauses Windsor. Kaczynski war Optimist. Der Nekrolog etikettiert diese Zuversicht und dieses Zutrauen. Aus dem roten Teppich polnischer Hautevolee wurde ein schwarzer, wurde ein Schaulaufen berühmter Erscheinungen, die nicht mehr in Erscheinung treten werden. Man lerne daher von Königshäusern!

Es gibt da einen, der zwar immer eifrig ist, stets mit der Beflissenheit des Strebers auftritt, der aber noch dringlich vom Königshaus lernen sollte. Nicht nur den Windsorknoten! Er verreist auch liebend gerne mit Sack und Pack, umrundet die Erdkugel nicht gerne alleine. Und auch er reist elitär, weniger breit, weniger ressortübergreifend gefächert zwar, hat nicht Eliten aus allen Bereichen der Gesellschaft an Bord - aber dennoch. Er sollte dringlich zum fieberhaft gelehrigen Schüler britischen Pessimismusses werden! Stürzt er jemals ab, japsen die Konsumenten und Verbraucher dieses Landes schwerfällig nach Luft.

Denn fällt die Maschine des amtierenden Außenministers vom Himmel, so entnähme man der Berufsspalte jener Totenliste eine zwar begrenztere, doch ebenso tragische Auswahl. Man läse: deutscher Unternehmer, deutscher Geschäftsmann, deutscher Händler, deutscher Banker, deutscher Firmeninhaber, deutscher Manager, deutsche Führungskraft, deutscher Hotelier, deutscher Speiseeisfabrikant. Wenn Westerwelle doch nur aus dem polnischen Drama lernen würde! Wenn er seinen Flieger nicht ständig mit ehrenwerter Gesellschaft überfrachten würde! Denn geschieht eines Tages das, was den Polen nun widerfahren ist: bei wem sollen wir dann noch einkaufen? Und bei wem kauft der ramponierte Westerwelle sich dann seine Portionen Schneid, die er sich als Endverbraucher, nicht als Zwischenhändler, nicht mehr abkaufen lassen will?

10 Kommentare:

landbewohner 13. April 2010 um 07:20  

ach roberto, diemal bin ich der meinung du irrst!! ich glaube nicht, daß erstklassige banker, industriemagnaten, hoteliers, ja nocht einmal schauspieler oder eventmanager mit einem eher 3. klassigen spitzenpolitiker um die welt fliegen.
also, wenn mal das bundesaussenfluggerät vom himmelfallen sollte, müssten wir höchstens die 3. oder 4. garde abschreiben. kein verlust also.

gerdos 13. April 2010 um 08:11  

Die Satirezeitung "Titanic"hat eine gute Karrikatur auf ihrer Startseite dazu veröffentlicht.

Anonym 13. April 2010 um 09:30  

Na, da kann ja die abgestürzte polninsche "Elite" die getöteten Polen von Katyn, die sie gerade ehren wollten, direkt treffen, ebenso wie so manche Afghanen, die sie in jüngster Zeit ins Jenseits geschossen haben

Margareth Gorges 13. April 2010 um 09:57  

passt :

http://www.duckhome.de/tb/archives/7864-Bevor-es-mich-vor-Lachen-zerreisst.html

Anton Chigurh 13. April 2010 um 12:45  

Herrlicher Gedanke !
Wenn tatsächlich einmal unser Außenmondgesicht in eine solche Lage käme, täte es mir zwar leid um das Flugzeug und deren Besatzung, aber ein Trauerfall um das verreiste Gesindel wäre dies mitnichten !
Ein ähnliches Glücksgefühl würde mich durchfluten wie das in der 93. Minute des CL-Finales 1999....

Anonym 13. April 2010 um 13:12  

Der Absturz der polnischen Regierungsmaschine war ein tragisches Unglück, weshalb auch alle Hinterbliebenen unser Mitgefühl haben sollten.
Alles andere, was da drum herum in den Medien zelebriert wird ist eine widerliche verlogene Medien-Orgie, eine höchst willkommene Ablenkung der Menschen von den wirklich wichtigen Fragen unserer Zeit.
Der Rummel um den ebenfalls tragischen Tod DIANAS erlebt ein Revival.

mfg Bakunin

killroy 13. April 2010 um 19:51  

Ich persönlich finde, die Polen sollten nicht zu sehr trauern. Unter den Toten sind garantiert genug Ganoven, die wie auch hier in Deutschland, in die eigene Tasche bzw. als Lobbyist in andere Taschen wirtschaften.
Könnte die Merkel nicht mal ihr ganzes Kabinett, weite Teile der CDU und SPD, die ganze FDP und teilweise Grüne zu einen Rundflug einladen. Nicht zu vergessen den großen Teil unserer Wirtschaftselite, solch fähige Leute dürfen nicht fehlen.

Raze 13. April 2010 um 21:26  

Gestern von einem Mitmenschen gehört:
"Warum kann sowas nicht mal in Deutschland passieren?"

Scheint die gängige Volksmeinung zu sein.

Anonym 14. April 2010 um 10:21  

@ killroy + Raze:

Negativ, wird nicht passieren. Gerade wurden für die Flugbereitschaft des Kabinetts neue Flugzeuge angeschafft. (Wir erinnern uns: Als Steinmeier sich mal in 8000 m Höhe befand, sprang eine Flugzeugtür ab. Für den anderen Herrn S. schien es eine Zumutung zu sein "auf den klapprigen Holzstühlen der Bahn platzzunehmen").

Wo kommt eigentlich das Geld für diese Maschinen her, wo doch überall gespart werden muss.

Anonym 14. April 2010 um 11:01  

Warum das nicht hier passiert?

Weil der Himmel (oder so) gerecht ist:

In Polen haben die Leute schon selber den Hintern hochbekommen (siehe z. B. Solidarnocz, oder sie jobben als Tagelöhner, Pflegekräfte usw. in Deutschland usw.).

Bei uns lebt der deutsche Michel dagegen immer mehr in Leiharbeit und lässt sich von dankbar boomenden Wohlfahrtsverbänden füttern.

Wir haben immer die Regierung, die wir verdienen und die uns entspricht.

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