Es gibt keine Patentrezepte

Montag, 8. März 2010

Ein Interview von Reinhard Jellen.

Roberto De Lapuente ist Betreiber des Polit-Blogs ad sinistram und hat unlängst eine Auswahl seiner "Polemiken, Skizzen & Grotesken" unter dem Titel Unzugehörig in Buchform veröffentlicht. Telepolis sprach mit ihm über Netzkultur, literarisches Neuland und die Zustände in Deutschland.

Herr De Lapuente, Sie betreiben das Blog "ad sinistram". Nun veröffentlichen eine Auswahl ihrer "Skizzen, Polemiken & Grotesken" in Buchform. Können Sie uns mitteilen, welche Aufgabe Sie ihrem Blog zugedacht haben und warum Sie nun einige ihrer Beiträge in Buchform wiederveröffentlicht haben und von einem "neuen" auf ein "altes" Medium umgestiegen sind?
Roberto De Lapuente: Aufgabe ist ein hohes Wort. Ich versuche mich in der Auseinandersetzung mit einem öffentlichen Alltag, der mir immer mehr verloren geht, der sich mir schnellen Schrittes entfremdet hat - mir und vielen anderen Menschen auch, wie ich immer wieder feststellen darf. Ein Alltag, der von PR-Gewäsch und Kampagnenjournalismus ebenso geprägt ist, wie von diversen Brettern vor allerlei Köpfen und natürlich von den Quasireligionen wie Flexibilität und Mobilität und Eigenverantwortung - letztere so gut wie immer zulasten von Lebensqualität.

"Blogs kein Ersatz für Papier"

Der Versuch, die Zustände nachzuzeichnen, zu beschreiben, auf die Spitze zu treiben, nicht selten polemisch und bissig, dieser Versuch ist das, was man als "meine Aufgabe" bezeichnen könnte. Das, was ich schreibe, ist nicht das, was man üblicherweise unter der Bezeichnung "Blog" subsumiert. Ich versuche mich ja nicht nur im Abbilden des Alltags, ich baue meine Gedanken in Skizzen, Polemiken und Grotesken - das schien einer Reihe von Leuten druckreif. Ich hätte mir diese Reife jedoch niemals selbst attestiert.
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3 Kommentare:

Systemfrager 8. März 2010 um 20:31  

Lieber Roberto,

ich weiß, dass ich beim Lesen deiner Texte Schwächeanfälle erleiden kann, aber dies war für mich eine richtige kalte Dusche.

Spanien hat sich, meiner Meinung nach, gravierender verändert. ... Abends der paseo, von Kneipe zu Kneipe, quer durch den Stadtteil quasi, immer auf der Jagd nach Konversation, nach Plausch. Alle hatten die Ruhe weg, tranken und lachten nach dem Tagwerk. Das ist heute weitestgehend verschwunden. Ebenso die siesta, die heute nicht mehr umsetzbar ist. Große Unternehmen haben allerorten das Dreischichtsystem eingeführt, dass in den Achtzigerjahren durchaus noch nicht gängig war. ... Das Leben dort hat sich entritualisiert.

Auch wenn mich dies persönlich nicht betrifft, will ich hoffen, dass du jetzt einfach übertreibst.

Die Katze aus dem Sack 8. März 2010 um 23:23  

Wie, es gibt keine Patentrezepte? Um 'was' mit diesen Rezepten für 'wem' zu tun?

Das niemand mehr hungert? Das niemand mehr durstet? Das niemand mehr friert? Das niemand mehr, in Leid und Pein sich schmerzlich krümmt? Das niemand durch Krieg und Terror darniedergestreckt wird?

Das ist es aber nicht, was passiert, oder? Es ist ein Traum, von Träumenden erträumt. Still herbeigesehnt, währenddessen ein Tollhaus betrieben wird. Hunger, Durst, Mord, Quälereien, Krieg, vermeidbare Krankheiten - sind keine unbeabsichtigten Randerscheinungen. Kein nanu, hoppala, huch oder ups. Es scheint geradezu der Sinn und Zweck der gesamten Übung zu sein, Kulturen und deren Menschen nach diesen Charakteristika auszurichten. Abzurichten? Wozu das Ganze? Für mit Blutgeld erkaufte Lebensqualität und (Geld-)Scheinwohlstand?

Ich habe wirklich keine Ahnung, was von mir erwartet wird, dabei zu tun. Soll ich dieses Treiben verteufeln, oder anhimmeln? "Muss jeder selber wissen?" - Danke, für diese Antwort, und 'tschuldigung, für diese Frage.

Anonym 9. März 2010 um 21:34  

Mit der Macht des Wortes Macht machtlos machen.

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