De dicto

Samstag, 6. Februar 2010

"Aber Studien zeigen, dass sie nicht nur Hilfe, sondern manchmal auch Druck brauchen.
Druck,
auch einen unbequemen Job anzunehmen. Druck, früh aufzustehen. Oder auch Druck, in eine andere Stadt zu ziehen."
- Stephanie Jungholt, BILD-Zeitung vom 6. Februar 2010 -
Zum Gesagten sei angemerkt: Druck! Das ist der gesamte Inhalt der modernen Alltagsanthropologie - treffender: die vollumfängliche Inhaltsleere. Der Mensch als Bündel aus dargebotenen Zwängen, aufgenötigten Impulsen und zu vermittelnden Anreizen. Ein Menschenbild, in dem kein Platz ist für freien Willen, in dem der Determinismus in abscheulichstem Materialismus verendet, in dem nur getan und gearbeitet wird, wenn Nötigungen, Drohungen und Einengungen aufgetischt werden. In so einem plumpen Ideal wird der Mensch zum Sanktionsobjekt, zu einer Sache des gezielten Antriebs, zur Maschine, die nur arbeitet, wenn die Schmiernippel regelmäßig mit Gleitmittel wie Drohung und Druck versorgt werden.

Dieses drückende Gleitmittel, welches man "der arbeitenden Bevölkerung schuldig" sei, ist für solche Anthropologen per se auch gar nicht verwerflich. Im Gegenteil, man erachtet es als natürlich, schreibt es quasi der Evolution zu, implantiert es in die menschliche Natur, die in jenem modernen Menschenbild eine Mischung aus Nichtstuer, Schmarotzer und Phlegmatiker darstellt; die eine menschliche Natur ist, die nur mit Druck und Anreizen gebändigt werden kann. Nur wer innerhalb dieses Menschenideals denkt, lebt und schreibt, kann seine planlosen Texte mit einem überheblichen "Druck kann auch Hilfe sein" übertiteln. Aus Druck, Stress, der Furcht, wie beispielsweise jener, sein Lebensumfeld, seine Geburts- oder Heimatstadt verlassen zu müssen, aus dieser Anreihung verhindernswerten Unwohlseins und unerträglichen Seelenlagen, wird dann eine Hilfsmaßnahme. Man will dem Erwerbslosen nichts Böses, man ist doch auf seiner Seite, drückt und presst bloß, weil es der menschlichen Natur entspricht - man ist nicht mehr unmenschlich, wenn man Druck ausübt, ganz im Gegenteil, man ist menschlich. Allzumenschlich nur! Der Drücker verhält sich nicht inhuman dem Erdrückten gegenüber - vielmehr ist er ganz Mensch, greift nur die Facetten menschlicher Art auf, um dem Erwerbslosen erdrückend zum Glück zu verhelfen.

Vielleicht sollte man das, was hier in unnachahmlicher Herablassung als Hilfe verkauft wird, nämlich Herzbeschwerden, Angstzustände, Sozialpsychosen, Nervenzusammenbrüche und viele weitere charmante Nöte als Folge von Stress und Druck mehr, ja vielleicht sollte man sich dieses erbarmungslose Menschenbild zueigen machen. Druck dort ausüben, wo wir "manchmal auch Druck brauchen". Druck, damit unqualifizierte Journalistinnen ausgesondert werden. Druck, damit Menschenwürde bewahrt bleibt. Oder auch Druck, um Hetzer und Verbalschlächter hinter Gitter ziehen zu lassen. Druck, auf solche, die ihren gut gepolsterten Steiß auf besser gepolsterten Kissen platzieren, dabei über jene lästernd und motzend, denen das Glück gepolsterter Kissen versagt blieb. Druck auf Ahnungslose und Besserwisser, auf Aufwiegler und Scharfmacher, auf Freunde unmenschlicher Lebenszustände; Lebenszustände, in denen diese Freundchen nie landen werden, in denen sie nie die Folgen des Drucks am eigenen Leib aushalten müssen.

Druck zu fordern, so zu tun, als sei nun das Fördern ausreichend vollbracht, womit man weiterschreiten könne zum Fordern, ist wahrlich keine umwerfende Neuigkeit. Es gehört zum Standardrepertoire heutiger Eliten und ihrer journalistischen Speichelleckerjunta, sich in dieser Weise zu äußern. Den Druck aber auch noch aufzuwerten, ihn quasi zur ethischen Notwendigkeit zu krönen, übertrifft die kühnsten Vorstellungen. Jungholt entblödet sich nicht, Scheiße zu Gold zu schreiben - sie entblödet sich nicht, aus ihrer gefühlskalten Druck- und Anreizrhetorik, die Barmherzigkeit sprechen zu lassen. Wie eine Mutter Teresa ihres anthropologischen Laiennaturalismus betritt sie die Bühne ihre Hauspostille und will vermutlich Dank dafür ernten, dass sie nur im Sinne von Hilfsbereitschaft Druck ausüben, nur aus reinster Mitmenschlichkeit drücken würde. Sie und ihre Klientel lieben die Menschen so sehr, dass sie sie am liebsten erdrücken würden...

25 Kommentare:

klaus baum 6. Februar 2010 um 14:12  

merkwürdig: obwohl ich mich oft bemüht habe, erschienen meine texte, erschien meine arbeit niemals im druck.
das ist der druck, den ich bräuchte. :--))

Anonym 6. Februar 2010 um 15:35  

Leider habe ich nicht heraus gefunden, wie man diese Karikatur eines journalistischen Kommentars (okay, Bild-Zeitungs-Journalismus ist eine Art "contradictio in adjecto") mit einem Leserbrief kommentieren kann.

Sonst hätte ich Stephanie Jungholt gefragt, ob sie die Fähigkeit besitzt, mit Zahlen größer als ihr Monatseinkommen zu rechnen.

Wer auch nur die geschönten, offiziellen Zahlen nimmt, wird erkennen, dass die Zahl der Arbeitslosen ein Vielfaches der Zahl der offenen Stellen beträgt. Selbst wenn alle Arbeitslosen ohne Rücksicht auf ihre Qualifikation und die Qualifikationsanforderung, ohne Rücksicht auf ihre Alter und den von den Unternehmen gewünschten Lebensjahren eine Arbeit zugewiesen werden könnte, wären immer noch mehrere Millionen Menschen Hartz-IV-Bezieher - und es gäbe gar keine offenen Stellen mehr.

Wenn es Druck braucht, dann auf die Politik und die Unternehmen (und leider auch Gewerkschaften), die vorhandene Arbeit auf alle Menschen zu verteilen. Es braucht Druck auf die Besitzenden, ihre Renditeforderungen der Realität anzupassen. Und es braucht Druck auf die Journallie dieser Republik sich mit offenbar geistloser Verbal-Diarrhoe dieser Art zurück zu halten.

Druck auf die Opfer einer verfehlten Wirtschaftspolitik zu fordern, ist pure Polemik.

Leider konnte ich das in der Blöd-Zeitung nirgendwo unterbringen... Aber es musste raus.


Schönes Wochenende
Omnibus56

carlo 6. Februar 2010 um 16:16  

Stephanie Jungholt hat sich im Klassenkampf von Oben gegen die unbewußte Unterschicht gut eingerichtet und lebt wohl auch leidlich gut, wie jede Prostuierte im Medienbereich, davon. Warum gibt sie so eine Werbevorstellunmg für einen Herren Bürgermeister der alle Grundsätze seiner eigenen Partei verraten hat? Derselbe traut sich zur Zeit nicht HH zu brüllen, obwohl dessen geistiges Agens ihn längst durchdrungen hat, aber der edle Herr hofft auf seine gesicherte hohe Pension. Es wäre für ihn nicht opportun.
Er will Gewalt, er fordert sie und er fühlt sich sicher.
Generalstreik jetzt! So kann das nicht weitergehen!

retlaw 6. Februar 2010 um 16:22  

Druck erzeugt Stress. und dauerhafter Stress ist für eine Vielzahl der sogenannten Zivilisationskrankheiten verantwortlich. Ist doch wieder gut für die "Gesundheits"industrie

Heiko 6. Februar 2010 um 18:46  

"...Der Nächste. Zur Kreuzigung? Ja. Gut. Durch die Tür hinaus, zur linken Reihe, jeder nur ein Kreuz..."


Es wird hoffentlich eine Zeit kommen wo jeder einzelne zur Rechenschaft gezogen wird.

Anonym 6. Februar 2010 um 18:48  

Hm, behandele andere so wie du in derselben Situation behandelt werden wollen würdest.

Können und werden sie bald haben. Wirtschaft und Politik machen es möglich.

Markus 6. Februar 2010 um 20:21  

Ich sehe das auch so:
ein Menschenbild, dass Menschen zwingen will, unangenehme Arbeiten ausführen zu müssen, indem es ihnen das Leben sonst noch unerträglicher macht, und das auch nicht aus einer Not heraus, sondern weil es die Ideologie dieses Menschenbildes ist, wo jeder beständig unter dem Druck der nackten Existenzangst lebt und auch leben soll, in dem der Kampf jeder gegen jeden verewigt und glorifiziert wird, wo man, wenn man keine Härte, keine Kälte, keine Unmenschlichkeit zeigt, untergeht, dieses ist ein pervertiertes Menschenbild: http://guardianoftheblind.wordpress.com/2010/01/16/das-menschenbild-der-neokonservativen/

Ajax 6. Februar 2010 um 20:29  

Über die Ungeheuerlichkeit des Menschenbildes das hinter der Druck-Forderung steht müssen wir und hier nicht unterhalten.

Auch mir fiel daher zunächst kein Kommentar ein. Aber ich wills doch versuchen, weil ich meine, das diese Kreaturen irgendwann durch die Realität widerlegt werden. Sie werden sich die Realität nicht völlig nach ihrem Menschenbild und ihrer Ideologie zurechtschnitzen können(?)

Sachlich betrachtet sehe ich wegen Mangel an Arbeitsplätzen eigentlich nicht wie Druck dazu führen soll die Langzeitarbeitslosen in Arbeit zu bringen, ohne das reguläre Stellen verdrängt werden und die Besetzten "prekär" sind.

Durch die skrupellose Verdrängung regulärer Stellen wird zusätzliche Erwerbslosigkeit entstehen die wieder in den Verdrängungs"wettbewerb" tritt.

Arbeitslosigkeit könnte also formal so nur vermindert oder beseitigt werden, indem immer mehr prekäre Stellen entstehen und überhaupt hinreichend "Arbeitsstellen" vorhanden sind. Letzteres glaube ich nicht. Auch eine Teilung prekärer Stellen wird es nicht geben, das wäre zu teuer.

Deshalb wird der Prozeß irgendwann endgültig scheitern. Bis dahin wird die Statistik frisiert und die meisten Langzeit-Erwerbslosen werden hin- und hergeschoben.

Ob dann die Zahl der Erwerbslosen gesunken ist, ist ebenfalls fraglich.

Anonym 6. Februar 2010 um 20:33  

Kein moderenes Menschenbild; manch Philosoph hatte schon vor 2300 Jahren ein besseres Bild vom Menschen.

Es ist der Mief der nicht überwundenen Vergangenheit, der aus dem faschistoiden Gefasel der Fr Jungholt spricht. Aber die Apparatschiks wissen ja, was gut fürs Volk ist. Sie haben die Weisheit mit Löffeln gefressen.

Gruß
Bernd

Robert Reich 6. Februar 2010 um 21:11  

Das Menschenbild solcher Fakäl-Journalisten ist wirklich ein sehr merkwürdiges. Schwafeln und Dummschschwätzen von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten, die aber offensichtlich solche Karikaturen von "Journalisten" nur für sich in Anspruch nehmen. Gibt es denn im deutschen Recht keine Möglichkeit, Leute die Volksverhetzung betreiben, strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen? Die offene Jagd auf Arbeitslose und wenn sie zur Zeit NOCH! nur von der Ober-Sudel-Postille und einer Menge Nachahmern betrieben wird, wird für die Betroffenen/Opfer immer unerträglicher. Und die Bildung scheint bei derartigen "JournalistenInnen" auch nicht sonderlich ausgeprägt zu sein, sonst würde man ja wenigstens den Artikel 12 GG kennen:
"Artikel 12

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig."

Aber vielleicht wollen diese armen Journalien-Kreaturen auch nur ordentlich Kohle machen...

Seismograph 6. Februar 2010 um 21:18  

Dieser menschenverachtende Bildzeitungs"druck", verstanden im doppelten Sinne des Wortes, dieser Druck, sollte er eines scheinbar nicht mehr allzu fernen Tages nicht mehr ausreichen, wird sich wandeln in Transporte, in Menschentransporte, gezwängt in Viehwagone der Reichsbahn, mit Bestimmungsort Umerziehungslager
( Achtung:Euphemismus),dort wird man den Arbeitsverweigerern, den Faulenzern schon beibringen, dem goldenen Kalb zu huldigen, ansonsten...

klaus baum 6. Februar 2010 um 22:50  

mache ich mich strafbar, wenn ich schreibe, man muss ordentlich druck auf die bild-redaktion ausüben?

Ralf-zwei.null 7. Februar 2010 um 09:16  

Die Botschaft ist:

"Zittert, Ihr Noch-Nicht-Arbeitslosen! Denn ein böses Ungemach wird über Euch kommen, so Ihr Euren Arbeitsplatz verliert! Man wird Euch knebeln, beschimpfen, erniedrigen und schließlich aus der Stadt jagen wie einen räudigen Hund. Dann werdet Ihr Aussätzige, Rechtlose und Vogelfreie sein!
Es sei denn, Ihr fügt Euch in Euer Schicksal und gelobet ewige Treue Euerm Arbeitgeber, koste es, was es wolle!"

Ich denke, es geht schon lange nicht mehr um die Arbeitslosen. Sie sind nur Mittel zum Zweck.
Spätestens seit Schröder die Parole ausgegeben hat, man müsse nicht mehr die Arbeitslosigkeit bekämpfen, sondern die Arbeitslosen, ist Faschismus wieder gesellschaftsfähig.

Ajax 7. Februar 2010 um 09:44  

Also grundsätzlich, müßte es möglich sein wegen Volksverhetzung zu klagen. Aber wer soll es tun?
Die Gewerkschaften interessieren sic nur für zahlende Mitglieder.

Es gilt:

Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1. zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Natürlich wirds juristisch haarig mit der Störung des öffentlichen Friedens.
Ich persönlich weiß nicht, ob der Paragraph sinnvoll ist (andere Länder haben das so nicht, er soll ja grundsätzlich gegen die Haßpropaganda der Neonazis gerichtet sein), aber da er existiert könnte er zur Anwendung kommen. Egal wie es ausgehen würde, es wäre interessant zu erfahren wie das Gericht die Willkürmaßnahmen gegen Erwerbslose einordnen würde.

Ich meine auch, das die quasi zwangsweise Verpflichtung zu bestimmten Tätigkeiten gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt worauf man bereits die Regierung Kohl mal hingewiesen hat. (War mal ein Leserbrief in der FAZ um 2002)

Anonym 7. Februar 2010 um 10:22  

unbequemer:

http://www.youtube.com/watch?v=PEosKqYhYIY

Problem erkannt - aber keiner ändert etwas daran.

http://de.wikipedia.org/wiki/Homo_homini_lupus

Ein Wolf ist der Mensch dem Menschen, nicht ein Mensch, wenn man sich nicht kennt.

Und die meisten Menschen heulen eben mit diesen Wölfen um die Wette. Aus Angst, selber Opfer der Wölfe zu werden.

So werden sie dann Bundeskanzler oder Aussenminister oder sonstwas. Und langsam (oder auch schneller) werden sie auch zu Wölfen.

Wer ist der natürliche Feind des Wolfes? Doch wohl nur der MENSCH. Dummerweise, siehe Link 1, werden Menschen meistens nicht zu Menschen erzogen.

Und wie sagte schon Nietsche in Also sprch Zarathustra:

Der Mensch ist ein Seil, geknüpft zwischen Tier und Übermensch - ein Seil über einem Abgrunde.

Was groß ist am Menschen, das ist, daß er eine Brücke und kein Zweck ist.

Leider sind viele Menschen eben auf dem Weg zurück zum Tier. Humanismus wird nicht mehr (oder kaum noch) gelehrt oder gelebt.

(also sprach der Unbequeme)

pillo 7. Februar 2010 um 11:49  

Dieser Blöd-Kommentar ist nur ein weiteres Beispiel dafür, wie weit der pseudowissenschaftlich unterfütterte Wirtschaftsfaschismus schon in die Köpfe und Herzen vieler Menschen vorgedrungen ist.

Da wird schon wieder in Wertvolle ("Leistungsträger") und Unwerte (Schmarotzer, Minderleister, etc.) selektiert. Wie dereinst werden auch heute den verschiedenen Gruppen entsprechende Eigenschaften zugeordnet, die diese scheinbar von Geburt an besitzen.
Dynamisch, flexibel, clever und aktiv die Einen - faul, phlegmatisch, verfressen und dumm die Anderen.
Letztere hindern allein schon durch ihre bloße Existenz Erstere daran, sich so frei entfalten zu können, wie diese es bräuchten. Und, was macht man mit Hemmschuhen und Klötzen am Bein? Richtig, man entledigt sich ihrer!
Mit Worten fängt es an!!

Anonym 7. Februar 2010 um 12:56  

Ich hätte auch gern einen Kommentar an diesen "Kommentar" angehangen:

AU AU UND NOCHMAL AU!

Frau JungHohl,

eine kurze Suchanfrage bei einschlägigen Seiten hätte Ihnen geholfen, die in meinen Augen schon mehr als erschreckende Anzahl sowie die Zunahme von sogenannten "Sanktionen" in unserem Land zu überblicken. Nein noch schlimmer!
Ein kurzer Blick in das Archiv Ihres eigenen Schundblattes hätte gereicht!
Bereits am 31.03.09 konnte man dort unter der Überschrift
"Drastisch mehr Sanktionen gegen Arbeitslose" lesen:
"Die Arbeitsagenturen nehmen Arbeitslose immer härter an die Kandare: In 741.115 Fällen wurde 2008 der Bezug des Arbeitslosengelds zumindest zeitweise gesperrt. Das waren 16 Prozent mehr als 2007 und der höchste Stand bisher überhaupt.
....
Im vergangenen Jahr (2008) wurden in 507.144 und damit den allermeisten Fällen eine Woche lang kein Arbeitslosengeld bezahlt. In fast einem Viertel der Fälle (171.491 oder rund 23 Prozent) galt eine Zwölf-Wochen-Sperre. Für 6.625 Arbeitslose erlöschte der Anspruch auf Arbeitslosengeld."

Und NATÜRLICH - wie könnte es auch anders sein - schließt der Artikel mit der Frage an die Leser:
Reichen die Sanktionen der Arbeitsagentur aus?

Da fehlen einem Worte. Es schmerzt einfach nur noch, dabei würde ich mir wünschen, solche Art wie das Denken von Menschen Ihrer Rasse...verzeihung Couleur täte Schmerzen verursachen! Aber selbst dann würden Sie wohl eher abhängig von Scherztabletten werden, als Ihren Kampagnenjournalismus aufzugeben.

reneè 7. Februar 2010 um 13:53  

Angesichts der Tatsache, dass die Anzahl der Arbeitslosen die Menge der freien Stellen um ein Vielfaches übersteigt, können wir getrost davon ausgehen, dass der beschriebene "Druck" und das "Fordern" vor allem mit der Absicht einer Veränderung des Lebensgefühls ins Feld geführt wurden und werden. Es entstand/entsteht eine Stimmung der Angst (Sorge), der Aussichtslosigkeit und führt unter Betroffenen und Mitleidenden zu Lethargie und Apathie.

Das ist gewollt. Es ist im Interesse der Kapitalisten, die ihr Bottom-Race ungestört fortführen können. So entsteht ein Teufelskreis, dessen Ende nicht absehbar ist, aber zunächst -und wie gesagt, darum gehts- den Shareholder-Value steigen lässt. Denn der steigende Wettbewerb unter den Arbeitslosen reißt auch die Arbeitnehmer in einen solchen, so dass die Löhne gesenkt werden können. In diesem Zusammenhang macht auch die Rente mit 67 Sinn, das 8jährige Abitur, die Reduzierung der Studienzeiten auf ein absolutes Minimum und die unselige sich weiter ausweitende Praktikanteninflation. Fatal an der Geschichte ist, dass durch die real sinkenden Löhne die Kaufkraft schwindet, was aber von den Entscheidern in unseren Unternehmen zunächst gar nicht als Problem gesehen wird, da sie ja exportieren, also die Kaufkraft im Ausland stimmen muss. Sie übersehen aber häufig, dass die Produkte ausländischer Firmen, die Maschinen in Deutschland kaufen ja für ihre Produkte einen Markt unter anderem in Deutschland vorfinden müssen, der natürlich eine gewisse Kaufkraft voraussetzt.
Gut, mit dieser Erkenntnis kommen wir noch nicht weit.
 Deshalb zurück zur Stimmung im Lande: Lethargie und Apathie dienen den Kapitalisten, da sie von Gewerkschaften, Demonstrationen oder sonstigem Aufbegehren des Fußvolks ungestört ihre Politik des immer weniger Lohn, immer weniger Mitbestimmung, immer weniger Steuern, immer weniger Staat, immer weniger Kontrolle realisieren können. Das ist also Kalkül! Die Frage, die noch bleibt ist, wann wir was dagegen unternehmen?.

Es grüßt Euer Blognachbar Reneè [http://rxrenee.wordpress.com/2010/01/15/fordern-fordern/]

Frank Benedikt 7. Februar 2010 um 18:41  

@ klaus baum, #1:

"obwohl ich mich oft bemüht habe, erschienen meine texte, erschien meine arbeit niemals im druck."

Du sprichst mit den falschen Leuten ;-)

"das ist der druck, den ich bräuchte. :--))"

Ich werde Dich daran erinnern :-D

LG
Frank

Anonym 7. Februar 2010 um 18:54  

Hallo Leute, was regt ihr euch alle über BILD und derartige Kommentare so auf?

Aus "gut unterrichteten Kreisen" habe ich heute erfahren, dass auf Grund sinkender Verkaufszahlen das Image von BILD moderinisiert werden soll, was sogar eine Namensänderung beinhalten soll:

" S T Ü R M E R 2010"

Nun freut euch alle ordentlich!

IM Friede

Bernd Kudanek 8. Februar 2010 um 00:06  

Lieber IM Friede,

dreimal DANKE für Deine Enthüllung!!! Endlich bekennt sich die BLÖD-Reda zu ihren Wurzeln. Da freu ich mich doch gleich ein Loch in den Allerwertesten :-)))

Anonym 8. Februar 2010 um 14:20  

Es ist möglich, diesen unsäglichen Kommentar zu kritisieren.
Kommentar aufrufen und dann unten über Kontakt. Hier kann sogar Leserbrief gewählt werden. BITTE macht davon Gebrauch, erzeugt ein bißchen Gegenwind!

flavo 8. Februar 2010 um 15:06  

Das ist die Kerbe, in die zu schlagen es gilt.

Das ist das pochende Herz jener engäugigen Wesen, die sich schmiegsam in den kollektiven Geißelschlag jener einfinden, deren Leben sich in einer Balance aus Ansporn zu intrumentellem Handeln samt günstiger materieller Bedingungen bei erträglicher Sublimierung ihrer Selbstanteile hervorgetrieben wurde, das ihnen zur Anweisung wurde, die Sprösse ihre Hände als die Produkte einer in sich gesammelten Persönlichkeit zu verzerren. Wie soll es auch anders sein. Der Mensch der Tat. Bewegt den Finger und 100 Euro springen heraus, fährt in mit dem Auto und sitzt vor dem PC, 350 Euro springen raus. Am morgen jeden Tages kommt der Impuls zur einbringlichen Tat, bis am Abend. Das ist konkret. Wie anders soll es sein. Das gute Gemüt eröffnet noch die Milde der Förderung bei all jenen, die zu dieser Tat sich nicht erheben. Die Angst vor dem Universum der Deillusion, vor dem Versagen und dem Gewissen, vor dem flottierenden Liebesbedürfnis schwingt aber bald höher und erscheint als garstiges Fordern, das die Wahrheit des eigenen Lebens an anderen erzwingen können soll.

Saperaud 8. Februar 2010 um 20:28  

Wir leben ja nun nicht in einer Lévi-Strauss Kultur und nur dort sind Dinge wie Druck und Zwang ziemliche Fremdwörter. Bei uns gehören sie und ganz wesentlich auch Angst zu den Stützen der Gesellschaft. Symptome dessen sind dann grassierende Feigheit und jene selbstgerechte Verlogenheit, die jeder Generation aufs Neue übel aufstößt, bis der Wunsch nach Bequemlichkeit und die Verantwortung gegenüber den Kindern dann obsiegen. Klingt nach Untergang, ist aber das seit Jahrhunderten in die ganze Welt exportierte Erfolgsmodell einer starken Gesellschaft. Aus ihren inneren Widersprüchen heraus war es aber auch genau jene Gesellschaft, die die Menschenrechte aufschrieb und für sich selbst das Elend von Kindersterblichkeit und Hunger begrenzte. Ein Kuchen aus Scheiße mit Sahnehäubchen.

Dabei auch aber nicht nur nach Georg Kreislers Lied "meine Freiheit, deine Freiheit". Selbst "da oben" ist ein zwar bequemer aber noch lange nicht schöner Raum. Sklavenhalter sind selten glücklich. Egalität hat dann einen verlockenden Reiz, nur eben nicht auf Kosten der Bonität. Da ist der Mensch Gewohnheitstier und die Mittel begrenzt.

Was die "Zwang ist gut" Schreibe in der Presse betrifft: der unter seinen Zwängen zunehmlich unglückliche Arbeitsplatzleaser ließ sich schon immer gut gegen die Müßiggänger aufstacheln. Was soll das? Geteiltes Leid ist doppeltes Leid, doch nur wenn alle sichtbaren Menschen von ihren Zwängen genauso geknechtet werden wie ich selbst (erstrecht wenn ich die noch bezahle!), habe ich den Eindruck in einer gerechten Welt zu leben. Florida Rolf eben.

Was wir da gerade erleben erbärmlicht sich getreu dem Motto: "Auch noch eine Finanzkrise in der Systemkrise? Na da werden die Zeitungen wohl bald umso mehr gegen die Müßiggänger hetzen müssen". Das ist keine Prophezeiung sondern §5 im "Grundgesetz zum Leben in Deutschland". Erprobt bis zur Abstumpfung. Da stimmt das Prinzip "teile und herrsche" einen gemeinsamen Chor an mit der traurigen Beobachtung, dass für den Knecht die einzig auf Erden denkbare Gerechtigkeit eine Welt ist, die nur aus Knechten besteht. Gegen diese Zustände aufbegehren hieße sich mit dem Prinzip irdischer Gerechtigkeit anlegen. Dieser Gegner ist "too big to fall".

Dabei: Wir haben noch keine Not in Deutschland, das ist noch nichts im Vergleich zu dem was Anfang der 30er Jahre abging. Je schlimmer es wird desto mehr wird der Platz der Arbeitslosen in der Deutschland WG eine Verhandlungsmasse. Die Erbärmlichkeit seiner Lebensumstände jedenfalls fast schon der öffentlichkeitswirksame Teil des Volkswillens. Wenn auch das Volk zu guten Teilen eben arbeitslos ist, der glückliche Rest kriegt mehr oder weniger direkt vermittelt in Anbetracht der Lage seinem Chef für dessen Milde für jeden Tag in Lohn und Brot ein Dankgedicht zu schreiben. Heute sind wir da aber auch moderner, statt solcher Bütteleien nehmen die Chefs heute viel lieber eine freiwillig erbrachte Überstunde an, ohne deren Erbringung man aber auch nicht die nötige Motivation für den Job aufzeigt und sich verdächtig macht, weniger als 150% zu geben (an ihrer Mathematik sollt ihr sie erkennen). Ganz egal ob man geschunden wird oder sich gar ohne Aufpasser selbst schindet: der Arbeitslose der meint er könne von dem was ihm gegeben wird nicht leben, werde malträtiert und würdelos behandelt, er erscheint solchen Augen fast zwangsläufig als Jammerlappen, der sich gefälligst mal anstrengen, seine Würde schlucken und den Gürtel enger schnallen soll. Man selbst tut ja schließlich auch seine Pflicht. Deswegen sind die so eingelebten Arbeitslosen wohl auch oft eingeschüchterte Bittstellerseelen, die sich irgendwann für jede vertilgte Brotkrume der Gesellschaft gegenüber schuldig fühlen. In bürgerlichen Kreisen gilt so ein Krüppel als würdevoller Arbeitsloser, der gegenüber den dreisten 24/7 Blöd-TV Schauern in der Minderzahl ist. Gegen die müsste man ja eigentlich auch polizeilich vorgehen, wenn nur all diese Gesetze nicht wären, um diese Schmarotzer auch noch zu schützen.

Anonym 9. Februar 2010 um 02:38  

Willkommen im 21. Jahrhundert. Die Sprüche der Sozialarbeiter haben selbige zwar überlebt, deren libertäre Einstellung allerdings nicht. Stattdessen werden eben genau die zu den Vorboten einer neuen, dynamisch-flexiblen Demagogie:

"Der braucht Druck".

Coole Sache, was?

Manche muss man halt zu ihrem Glück zwingen. Manche können sich halt nicht alleine helfen, richtig?

Bleibt nur noch die (soziologisch motivierte) Frage, welche Art von Machtideologie sich in der Aussage jener BILD-Frau äussert:

Handelt es sich noch um eine Form jener "sozialen Sanktionsmacht", ist es schon "Disziplinierungsmacht", oder gar eine fruchtbare Mischung aus beidem?

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