Wenn rauskommt, wie was reinkommt

Freitag, 22. Januar 2010

Ein Gastbeitrag von Lutz Hausstein.

Vom früheren SPD-Schatzmeister Friedrich Halstenberg wird ein Ausspruch kolportiert, nach dem er einmal folgendes gesagt haben soll:

„Wenn rauskommt, wie was reinkommt, komme ich wo rein, wo ich nicht mehr rauskomme.“

Hierbei bezieht er sich auf die Praxis der illegalen Parteispenden. Öffentliche Beachtung müssen allerdings nicht nur illegale Parteispenden in all ihren Facetten, sondern auch die, nach aktueller Rechtslage, legalen Spenden mit ihren Auswirkungen auf die Politik finden. Korrekterweise müsste die gesamte Parteienfinanzierung (staatliche Mittel – früher Wahlkampfkostenerstattung, Parteispenden, Parteistiftungen, „Parteisteuern“ – „freiwillige“ Beiträge von Mandatsträgern, Abgeordnetendiäten) einer kritischen demokratischen Überprüfung unterzogen werden. Und zwar nicht durch die Parteien selbst, wie aktuell, oder durch Parteienvertreter, sondern durch völlig unabhängige Vertreter ohne irgendwie geartete Interessensverstrickungen. Dass eine Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes für solche Belange nur der Regierung und den Parteien vorbehalten bleibt, ist ein weiterer pikanter Punkt dieser Schieflage. Selbst namhafte Verfassungsrechtler wie Hans Herbert von Arnim kritisieren seit Jahren diese Punkte, wurden jedoch nur marginal wahrgenommen. Stattdessen kam es zu noch weiteren Aufweichungen der Begrenzung der Parteienfinanzierung.

Illegale Spenden haben eine Vielzahl von verheerenden Auswirkungen für das Gemeinwohl, welche auch jenseits der Wahrnehmung der Bevölkerung liegen. Neben der Einflussnahme auf politische Entscheidungen, bei denen sich aufgrund der Nichtbekanntgabe von Spenden kein erkennbarer Zusammenhang herstellen lässt, spielt dabei auch der weniger bekannte Gesichtspunkt der staatlichen Begünstigung von Parteispenden eine entscheidende Rolle, bei denen beide Seiten auch finanziell zusätzlich profitieren. Kann vom Spender auf der einen Seite eine Parteispende bis 3.300 Euro (6.600 Euro für gemeinsam veranlagte Ehepaare) steuerlich abgesetzt werden und trägt somit der Steuerzahler nicht unerheblich dessen Spende mit, so erhält der Spendennehmer bei Spenden bis 3.300 Euro zusätzlich noch einen staatlichen Zuschuss auf diesen Betrag von 38 Prozent. So kommt es dann auch, dass größere Spendenbeträge gern nichtlegal gestückelt werden, um diese Vorteile in Anspruch zu nehmen. Dass vertrauliche Absprachen über Stückelungen nur äußerst selten das Licht der Welt erblicken, liegt dabei in der Natur der Sache.

In Zeiten sich immer weiter verstärkender Lobbyarbeit sind selbstverständlich auch legale Parteispenden eine Spielart der Einflussnahme. Wenn dies nun auch wieder einmal auf die FDP zutrifft, ist dies wenig verwunderlich. Nachdem monatelang von allen Seiten gerätselt wurde, welche Wachstumsbremse die FDP durch eine Mehrwertsteuer-Reduzierung für Hotels lösen wollte, dürfte das Geheimnis um ihre Beharrlichkeit nun endgültig gelöst sein. Schon direkt nach Bekanntgabe dieses Vorhabens erhob sich ein Sturm der Entrüstung über eine solche Klientelpolitik, die ihre Begründung in der Nichtwirksamkeit einer solchen Steuererleichterung fand. Die inzwischen vorhandenen Erkenntnisse, dass die reduzierte Steuer sich nicht in verringerten Übernachtungspreisen niederschlägt, wie propagiert, bestätigt dies. Stattdessen wurden dadurch die Einnahmen der Kommunen weiter ausgedünnt, die in immer größere Finanzierungsschwierigkeiten ihrer öffentlichen Aufgaben geraten.

Wenn nun der FDP-Vorsitzende Westerwelle schein-entrüstet vor die Presse tritt und jeglichen Zusammenhang leugnet, dokumentiert er letztlich nur, weshalb sich in der Bevölkerung eine immer größere Politikverdrossenheit breit macht. Denn wieder einmal sitzen sie zwar in der ersten Reihe, müssen allerdings miterleben, wie Politiker und Parteien sie für blöd verkaufen wollen. Einfachste logische Schlüsse werden abgestritten und die Bevölkerung steht hilflos dabei, da ihr keine demokratischen Rechte zustehen, dies zu verhindern.

Doch selbst beim gerichtsverwertbaren Nachweis illegaler Praktiken halten sich viele Politiker beinahe schadlos. Exemplarisch sei hierbei der Fall des „Ehrenwort“-Ex-Bundeskanzlers Kohl genannt, der vom Gericht für sein Schweigen mit einer, für seine Verhältnisse, unerheblichen Geldstrafe von 300.000 DM und keiner weiteren Bestrafung belegt wurde und anschließend wieder öffentlich als „Kanzler der Einheit“ gefeiert und mit öffentlichen Preisen überhäuft wurde. Es gab die „Vergesslichkeit“ des CDU-Fraktions-Vorsitzenden Schäuble, der an eine Spende des derzeit vor Gericht stehenden Waffenhändlers Schreiber mühsam „erinnert“ werden musste, dennoch kurz darauf wieder als Bundesinnenminister und nun als Bundesfinanzminister an der Spitze der Politik sowie des Staates in leitenden Positionen auftauchte. Die CDU-Spendenaffäre in Hessen überstand der Ministerpräsident Koch völlig unbeschädigt, da der damalige Staatskanzleichef Jung seinen Dienstherrn schützte, als Bauernopfer fungierte und zurücktrat. Dessen „Strafe“ bestand darin, 2005 als Bundesverteidigungsminister ins Kabinett Merkel berufen zu werden. Die wegen der Einlösung eines vom Kunden vergessenen Pfandbons entlassene Supermarktkassiererin hingegen wird gesichert nie wieder an einer Kasse arbeiten dürfen. Es steht sogar zu befürchten, dass sie aufgrund ihres Arbeitszeugnisses gar keinen Job mehr erhalten wird. So bleibt zu konstatieren, dass das Vertrauensverhältnis des Unternehmens zu ihr dadurch so stark zerrüttet ist, dass eine Weiterbeschäftigung für dieses unmöglich wird. Das Vertrauensverhältnis des angeblichen Souveräns gegenüber dem Politiker hingegen ist nicht zu zerstören. Weil es wohl nie bestand.

Es ist unübersehbar, dass Parteienspenden, legal oder illegal, einer Ausrichtung der Politik auf das im Grundgesetz verankerte Gemeinwohl entgegenstehen. Selbst der Korruption überführte Politiker können sich, mehr oder minder, aufgrund ihrer Machtposition in ihren Parteien und deren Einflussnahmemöglichkeiten auf verschiedenste Institutionen, beinahe vollständig schadlos halten. Mögliche Strafen laufen in der Regel auf Geldstrafen hinaus, bei denen die Herkunft dieser Gelder nicht einmal gesichert ist, sodass es möglich sein könnte, dass sie aus weiteren "Hilfsfonds" des Spendengebers stammen. Es ist an der Zeit, dieser Aushöhlung der Demokratie einen Riegel vorzuschieben. Das aktuelle Beispiel der FDP-Spende, nur wenige Wochen nach der Bekanntgabe ihrer „Strafe“ für die letzte bekannt gewordene Spendenaffäre, noch unter dem früheren FDP-Vorsitzenden Möllemann, und ihrer eilends eingelegten Intervention dazu, zeigt überdeutlich, dass es sich dabei um systematische Vorgänge handelt, welche keinesfalls auf einzelnen Verfehlungen basieren.

14 Kommentare:

Ralf-zwei.null 22. Januar 2010 um 09:25  

[Zitat:]
Es ist an der Zeit, dieser Aushöhlung der Demokratie einen Riegel vorzuschieben.
[Zitat Ende]

Dieser Meinung bin ich ja auch, mich plagen nur ungeheure Zweifel an der praktischen Umsetzbarkeit, denn...

[Zitat:]
...wieder einmal sitzen sie zwar in der ersten Reihe, müssen allerdings miterleben, wie Politiker und Parteien sie für blöd verkaufen wollen. Einfachste logische Schlüsse werden abgestritten und die Bevölkerung steht hilflos dabei, da ihr keine demokratischen Rechte zustehen, dies zu verhindern.
[Zitat Ende]

Was also tun? Wählen? Was soll denn bei der Nationalen Einheitsfront aus CDU/CSU, Mövenpick-Partei, SPD und den Olivgrünen bitteschön anders werden?

Dieser Beitrag ist eine exzellente Zustandsbeschreibung unserer deutschen "Demokratur".
Was also ist angesichts des fast völligen Totalausfalls der Einheitsmedien als so genannte "Vierte Gewalt" denn überhaupt noch drin fürs Volk? Ich sehe da überhaupt keine Möglichkeiten, mit legalen Mitteln irgendeine Änderung herbeizuführen.

Ich würde Scheiße werfen statt Eiern oder Tomaten... ;-)

Schönes Wochenende!

P.S: Gibt es eigentlich eine Untergrenze bei der Wahlbeteiligung, ab der eine Wahl ungültig erklärt werden muss? Nee? Das wär' mal 'ne Sache, so ein Aufruf zum Boykott...

Peinhard 22. Januar 2010 um 10:13  

Der Staat ist der 'ideelle Gesamtkapitalist'. Punkt. Natürlich soll man solche Praktiken in's Licht der medial verseuchten Öffentlichkeit zerren, und selbstverständlich kann man auch versuchen, dem 'einen Riegel vorzuschieben'. Trotzdem wird die erste Sorge des Staates stets der erfolgreichen Kapitalakkumulation gelten, und wenn dann noch was zu verteilen übrigbleibt - dann kann man damit auch mal bisschen das Gemeinwohl beschenken. Nur ist das ganz offensichtlich immer weniger der Fall, wenn selbst die Akkumulation schon nur noch auf Pump läuft...

Wenig Illusionen über die 'Spendenpraxis' macht sich hier auch LobbyControl...

klaus baum 22. Januar 2010 um 12:23  

diese ehrenmänner mit schlips und anzug werden immer dreister, und die sie begleitende dame nennt das ganze auch noch neues denken. wir betrügen das volk zugunsten einiger weniger, wir lassen uns von diesen wenigen bezahlen und erklären das alles für ganz normal, üblich, selbstverständlich. wenn man durch propaganda das moralische empfinden der menschen ruiniert hat, lebt man gänzlich ungeniert sein kriminellen energien aus.
in diesem sinne ist auch die kampagne kochs gegen die arbeitslosen zu verstehen. damit wird die aufmerksamkeit auf die opfer gelenkt, während die täter ihre schandtaten öffentlich weiter betreiben.

Anonym 22. Januar 2010 um 14:44  

"Doch selbst beim gerichtsverwertbaren Nachweis illegaler Praktiken halten sich viele Politiker beinahe schadlos."

Solche und die anderen Erkenntnisse könnte priinzipiell auch der 100000 bis 600000 Euro Journalismus liefern. Z.B. könnte My Britt das eigentlich leicht zum Thema machen und Westerwelle logisch überführen. Es gibt vielleicht auf WDR5 (sicher sogar) solche eine Überführung, aber höchstens als Kommentar und der "Überführer" verdient nach Tarif. Es scheint ein kausaler Zusammenhang zu bestehen, zwischen der Höhe des Gehaltes und des trotz mancher "scharfen" Frage nicht nachfragenden Journalismus. Aber nur dafür bekommt man den Marietta Slomka Award.

Aber mal was ganz anderes. Ich ertappe mich auch immer wieder dabei, das ich den Politikern das irgendwie "nachsehe". Von welcher Warte aus soll ich den Spendensumpf beurteilen?

1. Weiß ich nie was überhaupt passiert ist. Was hat Schäuble wirklich getan? Hat er etwas verbrochen?
2. Wenn die Gerichte das abhandeln, dann ist es ja abgehandelt. Oder ist es ein Justizirrtum?

Ist das juristisch einwandfrei abgeurteilt dann müßte man schärfere, andere Gesetze haben.

Ich kann mir nicht helfen. Ich
bin unnachsichtig gegen die Lügen und die geistige Verkommenheit der Politik, aber hier stehe ich immer irgendwie daneben. Soll man den Niederländer hochschätzen für seine Frage an Merkel bezüglich Schäuble oder war es nur Querulantentum. Ich kann das gegen den, den das überhaupt nicht juckt, nicht argumentieren. Ich hab keinen 100% Ansatzpunkt. Sonst bin ich nicht zimperlich. Woran liegt das?

Schily stellte im Bundestag vor vielen Jahren mal den Fall eines Jugendlichen dar, der einen 20 Euro Diebstahl begangen hatte und eine ungeheure Härte des Gesetzes spürte, die sein Leben eigentlich vernichtete.

Kohl und Konsorten bekommen ein Staatsbegräbnis und ich habe keine wirkliche Wut auf ihre Spendendelikte. Ich dachte mal, man muß die nicht einsperren, die haben gutes Resozialisierungspotential.
Aber das kanns ja auch nicht sein.

Vielleicht ists die Machtlosigkeit, daß ich es den Gerichten überlasse.

klaus baum 22. Januar 2010 um 15:57  

zum kleinen einmal eins der aufrichtigkeit gehört es, von leuten, die man kritisieren müsste, kein geld anzunehmen. wer so handelt wie die FDP liefert die Gesetze, die der bestechende spender haben will. da der kapitalist nur da geld ausgibt, wo ihm dafür noch mehr geld zufließt, ist die spende an die FDP keine, sondern das geld dient dem kauf von gesetzen, die noch mehr geld einbringen.

im sine der gewaltenteilung dürfte es keine spenden geben,

Anonym 22. Januar 2010 um 17:54  

Unbequemer:

Auch das nur die Abgeordneten selbst sich auf den Artikel 38 (1) Grundgesetz berufen dürfen, halte ich für ein Problem.

Der Wähler sieht den Fraktionszwang, einige Abgeordnete geben es auch zu, aber es wird eben nichts dagegen getan.

Also Demokratie ist das doch wirklich nicht mehr, in diesem unserem Lande. Und Spielgeld genug sich ein Parlament zu kaufen ist ja im Umlauf, dank der Steuerzahler.

Mit dem Geld werden dann auch die gewünschten Gesetze gekauft.

Es lebe die Dummheit der Wähler! Ich fürchte, auch nach der NRW Wahl wird sich die Dummheit der Massen bestätigen.

michael 22. Januar 2010 um 21:52  

Es lebe die Dummheit der Wähler!
Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich angesichts der Alternativen, als Dumm bezichtigen muss: Es ist einfach eine Tatsache, dass mein Haken nichts verändern kann, egal wo ich ihn auf Wahlzetteln setzen würde.
Es ist die Errungenschaft der anderen Seite im niemals aufhörenden Klassenkampf. Die Folgen dieser unaufhörlichen Spiele werden sich früh genug zeigen und es werden keine schöne Zeiten sein, denn es im Augenblick wird mit Ästen und Kreissägen gespielt...

Ralf-zwei.null 23. Januar 2010 um 10:05  

Selbst wenn die Wähler auf einmal den Pfad der Erleuchtung beschritten, was wäre das Ergebnis? Welche Alternativen gibt es denn? Was würde sich ändern? Nichts.

Nichts!

Entberg 23. Januar 2010 um 11:19  

In diesem Zusammenhang ist
auf die Demokratielieder in www.demokratielieder.de
hinzuweisen.

Anonym 23. Januar 2010 um 12:09  

[Zitat:]
Einfachste logische Schlüsse werden abgestritten und die Bevölkerung steht hilflos dabei, da ihr keine demokratischen Rechte zustehen, dies zu verhindern.
[Zitat Ende]

Nicht richtig.
Dieses deutsche Volk hat alle vier Jahre die Gelegenheit zu wählen. Diejenigen abzuwählen, die diesen Sozialstaat an die Wand fahren. Und diejenigen zu (er)wählen, die dafür sorgen daß vieles - im Sinne des Artikels 1 GG - wieder besser wird.

So einfach ist bzw. wäre das.

Da wir es so wollen wie es seit Jahren ist, hat das sicherlich seine Richtigkeit mit der aktuellen Politik. Wir wollen ja schließlich auch morgen noch billig einkaufen im Blöd-Markt, die Blöd-Zeitung kaufen und uns abends von RammelnTötenLallen sedieren lassen.

Manchmal wünscht ich mir, es gäbe wieder Krieg, wo all die Blödköppe losziehen um es dem Feind zu zeigen - und dabei ihrer eigenen Hohlköpfe verlustig gehen.

Dann wäre die Welt - wenigstens für kurze Zeit - wieder etwas weniger stark von geistig Zurückgebliebenen durchsetzt.

Es grüßt

Graf Gallenstein

Ralf-zwei.null 23. Januar 2010 um 16:05  

Na gut, dann eben plump und billig:

Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten!

:-P

Ihr habts ja so gewollt... *grins*

Anonym 26. Januar 2010 um 12:17  

Kurz angedacht:

E-Petitionen? Sind diese in diesem Fall hilfreich?

Meines Erachtens MUSS hier dringend etwas unternommen werden.

Ich wäre also bei einer jedweden Aktion dabei :-)

Bernhard 5. Februar 2010 um 14:25  

Neues Wort: Vegetierbeihilfe. Das beschreibt die Niveaulosigkeit der zurzeit real existierenden Eckregelsätze.

Alles nur passend, damit einige noch mehr raffen können.

Bernhard 5. Februar 2010 um 14:28  

Zu ePetitionen:
ePetitionen - Sinn oder Unsinn?.

:::> Nur sehr begrenzt sinnvoll einsetzbar !

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