Benehmen macht benommen!

Samstag, 9. Januar 2010

Der Aygün, der im Stockwerk unter mir lebt, erzählt eine Überachtzigerin ihrer Altersgenossin an der Supermarktkasse, dieser Türk' da, der müsse wohl schon wieder arbeitslos sein; seit Wochen verließe er nicht mehr das Haus. Zurückschicken!, verkündet die andere Alte ihren Richtspruch. Zurückschicken sollte man die Bande! Worauf sich unversehens ein bisher stiller Zuhörer einmischt und höflich feststellt, dass der adrette Herr Adolf H. den Damen seinerzeit höchstwahrscheinlich die Köpfe unwiderruflich verdreht habe. Über diesen ersten Verehrer seien sie wohl nie hinweggekommen.

Frechheit!, sagen sie. Das geht zu weit!, schimpfen sie. Wo bleibt da der Respekt vor dem Alter?, fragen sie. Sie: das sind nicht die lustig plaudernden Damen, es sind diejenigen, denen man später, am Abend, in trauter Runde womöglich gar, von der Intervention berichtet und die oberlehrerhaft verkünden, man sei zu weit gegangen, habe sich da einen unverzeihlichen Lapsus erlaubt.

Wie neulich auch schon, als man zwei Herren in den besten Jahren, derb über das Mundwerk fuhr, nur weil sie sich für Zwangsarbeit für Asoziale aussprachen. Nur, weil sie von den faulen Gesocks berichteten, dass sie täglich am Sozialamt lungern sehen. Nur, weil sie laut davon sprachen, sich dabei heftig gegenseitig zustimmend, dass man einmal den Bodensatz aufwühlen müsse, indem man ihn schuften und schwitzen läßt. Und lediglich deshalb hat man diese beiden Kavaliere frech und spitz danach gefragt, ob sie denn die Armbinde mit Runenstickerei ihrer Großväter auch sorgfältig aufgehoben hätten.

Spinnst du?, ermitteln sie. Bist du noch ganz bei Trost?, löchern sie. Irgendwo ist eine Grenze erreicht, die man nicht übertreten darf!, erklären sie.

Oder damals, als man der Staatsdienerin unfein die Meinung geigte, bloß aufgrund ihrer Ansichten zu Erwerbslosen, die angeblich allerlei Unfug im Kopf haben, nur nicht die Arbeitssuche. Bloß weil diese Dame erläuterte, wie sie sich in der Marktwirtschaft feilbieten würde, wenn sie müßte. Bloß weil sie die verlotterte Arbeitsmoral und das Anspruchsdenken ihrer Kundschaft verurteilte. Bis man zur Bestform auflief, dem Frauenzimmer bissig erwiderte, dass es eine egomanische Sauerei sei, dass Menschen, die mit ihrem massigen Arsch in auf ewig gemachten Nestern hocken, Menschen, die nie der Unbill der Marktwirtschaft ausgesetzt sein werden, sich keck hinstellen und den Opfern der Marktwirtschaft hirnrissige Minderwertigkeitskomplexe ins Gemüt quasseln.

Hör doch auf!, schreien sie. Dieser Einwand hat doch an dieser Stelle nichts zu suchen gehabt!, belehren sie. Nicht persönlich werden!, empfehlen sie.

Oh, ihr Kleingeister! Ihr, die ihr die anschaulichen und drastischen Worte des Moralisten rüffelt und verurteilt, die ihr aber die drastischen Floskeln der alltäglich Hasserfüllten duldet und ertragt. Die ungestüme Beleidigung im Namen eines letzten Restes an Humanität verdammt ihr! Nur die Beleidigung an Vernunft und Würde, laßt ihr unkommentiert widerhallen.
Oh, ihr verdrehten, närrischen Benimmlehrer! Lehrt dem Moralisten Anstand und Knigge, wo man fröhlich zunickt, wo man still zuhört und Widerworte der Verdauung überstellt, wie man selbst dem liederlichsten Schwein noch zuvorkommend seine Schweinerei verzeiht und ihm brüderlich zuprostet. Ihr lehrt demjenigen, der sich dank einer letzten Neige an Courage, dem hassgetränkten Irrsinn entgegenwirft, wie er seinen Schneid bändigt und langsam völlig abstreift.
Oh, ihr feinen Damen und Herren mit noch feineren Attitüden! Ihr und eure hinterwäldlerische Moralauffassung! Dem Hass ebnet ihr sublime Konversationswege, während ihr der Beherztheit im Namen der Menschlichkeit, der Vernunft, der Gerechtigkeit alle Wege verbaut. In vornehme Riten bettet ihr die wohlfeilen Aussagen der Kleinbürgerbrigaden, und dem Couragierten lest ihr obendrein rituell die Leviten. Lieber aufrichtig verlogen, redet ihr euch ein, als schmerzhaft ehrlich.

Weil ihr die Konfrontation scheut, versteckt hinter falscher Freundlichkeit und dem abverlangt höflichen Auftreten, wird es der Dummheit so leicht gemacht. Ihr macht der Dummheit den Hof, seid höflich, behandelt sie wie eine einflussreiche und bei Laune zu haltende Hofschranze. Allein weil ihr sklavisch den Riten der höfischen Herrenmoral folgt, gute Miene zum kriminellen Spiel macht, erleichtert ihr es dem totalitären Fußvolk ungemein, die Schäbigkeit und die Hundsgemeinheit walten zu lassen. Zu lächeln, wenn jemand gegen das faule Gesindel mit Zwangslager aufläuft, zeugt nicht von Benehmen - es beweist nur den fehlenden Anstand. Den Vollidioten als solchen zu entlarven: das ist anständig! Ihn hinter mimischen Mummenschanz zu verbergen: unanständiger geht es kaum noch! Seid unanständig anständig, indem ihr mit unanständiger Intervention dem Anstand zur Ehre verhelft!
Der Anstand der Unanständigen ist die parfümierteste Variante der Ignoranz. Wer falschem Harmoniebedürfnis geschuldet ist, wird selbst zum Rädchen des Hassmechanismus, zum anständig dreinblickenden Benimmsoldaten mit totalitärer Tendenz. Zuviel falsches Benehmen macht die Gesellschaft benommen...

26 Kommentare:

Anonym 9. Januar 2010 um 03:22  

Man sollte die hier geforderte Konfrontation nie scheuen.

Aber Zivilcourage ist unteilbar.

Der Beitrag thematisiert allerdings nur die Zivilcourage gegen den "rechten Stammtisch" (ich muß das mal unzureichend verkürzt so ausdrücken).

Echtes Benehmen aber scheut auch die Konfrontation mit dem "linken Stammtisch" nicht und bekommt dann Sänge von "links".

Was wäre ein Beispiel für den "linken Stammtisch". Es gäbe viele, aber ich will nur zwei nennen:

Wenn man meint, das ein ausländischer Mitbürger (u. a. aus Respekt vor seinem Gastland) die deutsche Sprache zu erlernen habe und sich mit der Kultur seines Gastlandes bekannt machen solle, so wird dies u. U. als "Zwangsgermanisierung" bezeichnet.

Wenn man meint, das nicht das Gastland sich den Gebräuchen desjenigen anzupassen habe der als Gast hier lebt, sondern eher umgekehrt, so kann man in einer Diskussionsrunde allein deswegen schief angesehen werden.

Gegen diese Art "linker Stammtisch" ist ebenfalls entschieden zivilcouragiertes Benehmen erforderlich, für das man aber auch schnell eins auf die Mütze bekommt.

Ein Psychologieprofessor in Marburg meinte 1978 mir gegenüber zu dieser allgemeinen Problematik mal "Aber man darfs einfach nicht sagen"

Aber man muß es sagen.

cienfuegos 9. Januar 2010 um 10:16  

Tun Sie nicht so, als dürfe man das nicht sagen. Man darf es und man tut es. Man schämt sich dabei nicht mal.
Der linke Stammtisch zeigt Respekt, der rechte Stammtisch Verachtung

Anonym 9. Januar 2010 um 10:40  

@anonym:
"Wenn man meint, das ein ausländischer Mitbürger (u. a. aus Respekt vor seinem Gastland) die deutsche Sprache zu erlernen habe und sich mit der Kultur seines Gastlandes bekannt machen solle, so wird dies u. U. als "Zwangsgermanisierung" bezeichnet."

Ja was denn jetzt ? Mitbürger oder Gast ?

Ich würde doch z. B. nie den auf Zeit in Deutschland anwesenden Mitarbeiter einer x-beliebigen ausländischen Firma als Mitbürger bezeichnen sondern immer nur als Gast. Und wenn denn jemand Mitbürger ist, so sollte doch die Auswahl seiner Sprache ihm überlassen sein.

Als Westdeutscher fast ohne jeden Dialekt bin auch noch nie auf den Gedanken gekommen plattdeutsch oder schwäbisch sprechende Menschen aufzufordern, Hochdeutsch zu sprechen. Und seien Sie versichert, wenn ein Ur-Bayer loslegt verstehe ich kein Wort.

erz 9. Januar 2010 um 11:27  

Schön, wie gleich einem Mem manche Topoi in verschiedenen Diskursen zeitnah zueinander finden. Kaum mache ich mir selbst Gedanken, wie ich den wissenschaftlichen Diskurs um "othering" und Diskriminierung einem unbedarften aber wohlwollenden Leser nahebringen kann, stoße ich dank der Querverweise der Netzwelt auf mehrere aktuelle Betrachtungen von Rassismus.

Da möchte ich nicht hintenanstehen und Freunden der feinen Klinge die Betrachtungen des Alltagsrassismus aus Riesa empfehlen: Thomas Trappe Stets neue Geschichten, die der hier erzählten einen passenden Rahmen geben.

Anonym 9. Januar 2010 um 11:51  

Eine Anmerkung zum ersten Kommentar

"Aber Zivilcourage ist unteilbar." ...schon dieser schräge Satz hat mich ahnen lassen, dass jetzt wieder einmal so ein pseudointellektueller Einwurf folgen würde, der nichts anderes im Sinn hat, als hier irrationale Verunsicherung zu streuen und die Diskussion in die Irre zu führen. Offenbaren tun sich diese "Störbeiträge" immer auch darin, dass sie das hohe Niveau des Ausgangsbeitrags in geradezu schreiender und beleidigender Weise unterschreiten.

Ein Glück, dass die Leserschaft hier in aller Regel aber zu intelligent ist, um sich von solchen dümmlichen Versuchen in die Irre führen zu lassen...

vunkenvlug 9. Januar 2010 um 12:08  

der stammtisch ist ein alkoholnebelgeschützter raum der narrenfreiheit, in dem die leute gerne mal, die sau rauslassend, ihrem affen zucker geben. der hort der uneigentlichen rede, die alles anders meint als sie sagt, nämlich so wie die anderen meinen oder wenigstens sagen.
am stammtisch verbrüdert oder vergeschwistert sich die nation mit sich selbst und entdeckt dabei ihr eigentlich uneigentliches Ich, das früher Werner Höfer hieß.

das funktioniert auf links nicht anders als auf rechts und das fazit lautet immer gleich: rübe ab!

maguscarolus 9. Januar 2010 um 12:24  

Wer muss sich an wen anpassen?

Übliche Auffassung: Die Wenigen an die Vielen!

Allein schon der Machtverhältnisse wegen.

Nun gibt es sicher Migranten, die einfach zu beschränkt sind, um einzusehen, dass man als "Gast" in einem "Gastland" anders leben sollte, als zu Hause, wo man her kommt.

Es zeugt von wenig Einsicht in die (ganz einfachen) Mechanismen menschlichen Verhaltens, immer gleich Watschen nach allen Seiten auszuteilen, wo doch Verständnis und Freundlichkeit im Alltag meist mehr wert sind als alle Richtersprüche, allerdings auch viel viel schwerer zu realisieren!

Jutta Rydzewski 9. Januar 2010 um 12:27  

@ zu Anonym 9. Januar 2010 03:22

Sie scheinen den Beitrag lediglich unter der "Maßgabe" linker Stammtisch, rechter Stammtisch, verstanden zu haben bzw. verstehen zu wollen. Damit, so meine ich, werden Sie den inhaltlichen Ausführungen jedoch nicht gerecht. Es geht nicht um links, rechts, oben, unten oder mittig, sondern vorrangig um einen vernünftigen menschlichen Umgang, ohne Diffamierung, Diskriminierung und Hetze, ohne Kultur- und Sozialrassismus. Alle diese Widerlichkeiten sind aktuell, im Eiltempo, auf dem Vormarsch, wobei den entsprechenden "Zeitgeist- und Lei(d)kulturverkündern" leider auch die medialen Plattformen, offenbar sogar gerne, zur Verfügung gestellt werden. Ganz spontan fallen mir Sarrazin, Clement, Baring, Broder, Bösbach, v.Dohnany ein. Diese Spezies scheint sich fast täglich zu vermehren, sogar Philosophen krakelen schon mit im Chor dieser armselig Beladenen.

Aber nun zu Ihren Beispielen:

"Wenn man meint, das ein ausländischer Mitbürger (u. a. aus Respekt vor seinem Gastland) die deutsche Sprache zu erlernen habe und sich mit der Kultur seines Gastlandes bekannt machen solle, so wird dies u. U. als "Zwangsgermanisierung" bezeichnet."

Zunächst einmal weiß ich nicht wer oder was man ist. Doch davon mal abgesehen, wenn ein ausländischer Mitbürger die Sprache des Landes erlernt, in dem er auf Dauer bleiben möchte, so hat das nichts mit Respekt zu tun, sondern es liegt im ureigenen Interesse des "ausländischen Mitbürgers" selbst. Exakt das wissen auch die "ausländischen Mitbürger", und sprechen deshalb in aller Regel auch deutsch, teilweise sogar ausgezeichnetes deutsch, manchmal sogar besser deutsch als die Deutschen selbst.;-)

Ihr zweites man-Beispiel:

"Wenn man meint, das nicht das Gastland sich den Gebräuchen desjenigen anzupassen habe der als Gast hier lebt, sondern eher umgekehrt, so kann man in einer Diskussionsrunde allein deswegen schief angesehen werden.

Gegen diese Art "linker Stammtisch" ist ebenfalls entschieden zivilcouragiertes Benehmen erforderlich, für das man aber auch schnell eins auf die Mütze bekommt."

Ich weiß zwar nicht an welchen Stammtischen Sie teilnehmen, aber an Gebräuchen, wie Sie das nennen, hat sich weder der Gast noch umgekehrt jemand anzupassen. JEDER in diesem Lande, egal ob In- oder Ausländer, muss sich an das Grundgesetz und die bestehende Rechtsordnung halten, darüberhinaus muss keiner etwas müssen, auch Sie nicht. Sollten Sie zukünftig, wenn Sie diese Auffassung konsequent vertreten, immer noch schief angesehen werden, oder gar etwas auf die Mütze bekommen, sagen Sie mir bitte sofort Bescheid.;-))

"Ein Psychologieprofessor in Marburg meinte 1978 mir gegenüber zu dieser allgemeinen Problematik mal "Aber man darfs einfach nicht sagen".

Fast scheint es mir, dass Sie immer noch im Jahre 1978 leben. Zwischenzeitlich sind über dreißig Jahre auch ins (deutsche) Land gegangen. Die Republik ist zwar, nach meinem Verständnis, immer noch ziemlich vermieft und vermufft, aber ein kleines Stückchen weiter sind wir doch, obwohl seit einiger Zeit auf vielen Gebieten brutal der Rückwärtsgang eingelegt worden ist. Zumindest wird jedoch, sogar von den Schwarzen, Pechschwarzen und sonstigen Zurückgebliebenen, seit einiger Zeit, wenn auch unter größten innerlichen und äußerlichen "Qualen", eingeräumt, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Immerhin.;-)

mfg
Jutta Rydzewski

Peinhard 9. Januar 2010 um 14:25  

Nicht persönlich werden und vor allem auch nichts persönlich nehmen. Entpersönlichung, Entkernung bzw Reduktion auf einen unpersönlichen, 'allgemeinen' Kern. Das passt nun mal zu einem System entpersonifizierter, 'abstrakter' Herrschaft...

Anonym 9. Januar 2010 um 14:44  

Unbequemer:

Humanismus - das fehlt Weltweit.

Jeder Mensch sollte Zwangsweise einmal zum Mond geschossen werden, für ein paar Tage. Von dort würde er dann erkennen, wie klein die Erde ist und auch, dass wir alle gemeinsam auf ihr leben MÜSSEN. Das geht eben nur zusammen - nicht gegeneinander.

Wer das nicht erkennt, der darf dann auf dem Mond bleiben.

lupo cattivo 9. Januar 2010 um 15:43  

nee, nee, nee - nicht Alte Nazis oder "stockkonservative" sind das Problem

Pathokratie - Wir leben in einem von Psychopathen geschaffenen System
http://lupo-cattivo.blogspot.com/2010/01/pathokratie-wir-leben-in-einem-von.html

vunkenvlug 9. Januar 2010 um 19:32  

"pathokratie":
wer die ursachen zu sehen sich weigert, erfindet die merkwürdigsten konstrukte, die als erklärungsmodelle herhalten sollen.
abwegigkeit erscheint als keine gefahr und so wird munter drauflosschwadroniert:

Psychopathen fehlt ein genetischer Sinn für Reue oder Einfühlungsvermögen, und dieses Defizit lässt sich durch einen Gehirn-Scan (Hirnszintigraphie)nachweisen!

kreieren wir doch gleich eine neue rasse!

Anonym 9. Januar 2010 um 21:50  

@Roberto J. de Lapuente

Stimme - wie immer - völlig zu.

Jedoch was rätst du jemandem, der in seinem eigenen Geschwisterkreis folgenden Satz hört:

"Ich könnte dieses feine Essen bis zur Vergasung genießen"

So meine eigene Schwester, eine Erzieherin, mit der ich - aus anderen Gründen - kein Wort mehr rede, aber bei Familienfeiern zusammenkomme.

Meine herzkranke Mutter saß mit am Tisch also hielt ich den Mund - Eigentlich war es mir sowieso zu dämlich ihr ihren Alltagsrassismus um die Ohren zu hauen.

Vielleicht hätte ich sagen können:

Und? Schon einmal eine Vergasung überlebt? Weißt du was das heißt?

Sie ist übrigens auch der Auffassung, dass "Jedem das Seine" gehöre - weiß, nach eigenen Angaben nichts über die Herkunft dieses Spruches - , und der seltsamen Auffassung, dass Nazis Arbeitervertreter waren - Ergo dasselbe wie Kommunisten/Sozialisten.

Vielleicht ist die einfach nur dumm?

Ich auf jeden Fall habe mich entschieden, wie bereits erwähnt, die - aus anderen Gründen - zu ignorieren.

Ich warte einmal auf den Tag wo die jemand anders über oben erwähnte Begriffe aufklärt.

Jedoch? Ob der je kommt?

Fraglich.

Die erwähnte Schwester ist übrigens eigenen Angaben nach unpolitisch, geht wählen (verrät aber nicht was)und Jahrgang 1975.

Man sieht - auch mit 35 Jahren - soll es nicht einfach sein Kants Motto vom selber denken durchzusetzen.

Ich weiß, ich bin ein Feigling, andernfalls hätte ich meine Schwester zurechtgewießen, wie oben erwähnt.

Obwohl? Ihre oberste Dienstvorgesetzte ist ja von ähnlicher Denkweise - die neue Familienministerin namens Köhler.

Vielleicht liegen wir ja mit unserer Kritik am neuen Alltagsrassismus falsch, und ansonsten sind wir - ich zitiere die neue Ministerin -"deutschenfeindlich".

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

landbewohner 9. Januar 2010 um 23:30  

stimmt lupo. die alt- und neonazis finden kaum oder nur wenig offene anerkennung und zustimmung. die sarazzins, buschkowskis, merkels, westerwelles und so weiter, die erzählen das gleiche - nur oft - die beiden ersten ausgenommen - nicht so plump und platt: und die finden breite zustimmung dank täglicher hetzpropaganda unserer freien medien.

maguscarolus 10. Januar 2010 um 10:34  

"Pathokratie"

Man sollte nie pauschal verurteilen. Wäre die Alternative zu vertikalen Herrschaftsstrukturen doch Anarchie, die niemand wirklich wollen kann.

Und vertikale Herrschaftsstrukturen, auch die einer parlamentarischen Demokratie, setzen nun mal voraus, dass sich Leute um die Spitzenämter bewerben (oder prügeln).

Natürlich spült dieser Selektionsprozess auch krankhafte Persönlichkeiten in Spitzenämter und ich weiß auch keine Lösung, wie das verhindert werden könnte.

Ich weiß aber, dass es das Schlimmste wäre, was uns allen passieren könnte, wenn "Philosophen an der Macht" wären. Unvorstellbar!

Anonym 10. Januar 2010 um 12:28  

landbewohner hat gesagt...

Was wären denn unsere Sarazzins, Buschkowskis, Westerwelles, Merkels, Clements, Schröders, "Joschkas", Hundts, Kannegießers, Henkels. Stoibers, Glos, Seehofers und, und , und... und... ohne diese NPD?
Sie brauchen diese NPD als Vogelscheuche, um, hinter dieser sich versteckend, die Interessen des Großkapitals, d.h. den ganz gewöhnlichen modernen neoliberalen Wirtschaftsfaschismus um so ungestörter praktizieren zu können.
Wer regt sich über diese Politik noch auf, organisiert dagegen Demos oder Lichterketten, wenn doch die NPD mal wieder "aufmarschiert" und/oder "Ausländer raus" skandiert?
Dann kommen die "Sternstunden" obiger Typen und sie warnen wegen unserer "Exporte"....., den schlechten Eindrücken im Ausland...
- und hegen und pflegen weiter den hiesigen gesellschaftlichen Sumpf, der solche Sumpfblüten" wie diese NPD erst entstehen und Gedeihen läßt.
Unsere "Gemeinsamkeit aller Demokraten" braucht diese NPD genauso sehr wie Sauerstoff zum Atmen!

Anonym 10. Januar 2010 um 14:22  

@landbewohner, all

Dringende Lektüre-Empfehlung "Die Anatomie des Faschismus" des US-Historikers Robert O. Paxton.

Wirklich lesenswert - Vor allen Dingen der Punkt wo Mr. Paxton bis auf den kleinsten Punkt nachweist wie nahe sich Konservatismus (in Deutschland eben FDP, CSU und CDU) und Faschismus (hier die NPD, DVU, REP & Co.) in Wahrheit stehen.

Fazit:

Wir können von Glück reden, dass Angela Merkel (noch) regiert - Bei einem konservativen Kanzler männlichen Ursprungs wären wir wohl schon längst im Vierten Reich angekommen.

Übrigens, seit Robert O. Paxton ist mir auch klar warum ich nie ein Fan der Konservativen war, sondern schon immer eher in die politisch linke Richtung tendiert habe - Ich hatte schon immer etwas gegen Faschisten, egal wo die Politik machen. Robert O. Paxton bringt es für uns alle auf den Punkt in "Anatomie des Faschismus", der seiner Ansicht nach keineswegs gebannt ist, die Gefahr besteht weltweit auch im 21. Jahrhundert immer noch, dass irgendwo auf der Welt ein faschistischer Diktator, der nicht unbedingt identisch mit den Großvätern Mussolini und Hitler sein müßte, in den Startlöchern steht.

Er zählt auch die Länder auf wo die Gefahr sehr groß ist, dass ein neuer faschistischer Diktator regiert - die USA und Deutschland gehören (noch) nicht dazu. Zum Glück, und hoffentlich bleibt es so.

Gruß
Nachdenkseiten-Lesre

maguscarolus 10. Januar 2010 um 17:08  

Faschistische Muster im Denken und in gesellschaftlichen Gruppen sind gar nicht an eine Diktatur gebunden. Ich würde nicht mal explizit ideologischen Rassismus voraussetzen.

Alle Systeme, die tendenziell expansiv sind müssen ihre Feinde und deren Denken konkret bekämpfen bis zur Vernichtung und bedienen sich dazu desselben Instrumentariums (Denunziation, Rufmord, Bespitzelung, Unterschieben falscher Beweise usw. bis hin zum Auftragsmord) wie faschistische Diktaturen, nur eben ohne deren nach außen sichtbare militärische Präsenz.
Große international tätige Konzerne und ihre Korruptionsgeflechte sind dafür ein gutes Beispiel.

Anonym 10. Januar 2010 um 17:35  

@maguscarlos

Du schreibst:

"[...]Man sollte nie pauschal verurteilen. Wäre die Alternative zu vertikalen Herrschaftsstrukturen doch Anarchie, die niemand wirklich wollen kann[...]"

Hinweis:

Wir leben bereits in einer Anarchie - Der der Marktgläubigkeit der FDPler.

Der Neoliberalismus ist, so las ich es einmal irgendwo, nichts anderes als der reinste Wirtschaftsanarchismus.

Soll heißen:

Freiheit für alle ab einem gewissen Einkommen von Steuerabgaben, Gesetzen & sonstiger staatlicher Knebelung bei Arbeitnehmerrechten, und sonstigen "Gängelungen", durch die Staaten

Was ist das anderes als Anarchie (=Abwesenheit von staatlicher Bevormundung)?

Für alle, die über das oben erwähnte "gewisse Einkommen" nicht verfügen hat der Staat eine totalitäre Wirtschaftsdiktatur auf Lager - Insofern hat der Neoliberalismus sogar eine schizophrene Seite.

Nix für ungut, aber ich sehe es - als Opfer der "Reformen" und Ex-BWL-Student - eben so.

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

PS: Das krasseste Beispiel für die neoliberale Anarchie sind doch auch die Privatarmeen im Irak und in Afghanistan - Blackwater, oder wie die Firma auch sonst heißen mag.....die Anarchie der Privatisierung des Krieges eben....

Anonym 10. Januar 2010 um 17:39  

@maguscarlos

Hier einmal ein Hinweis aus dem Netz dazu:

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/4/4221/1.html

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

Anonym 10. Januar 2010 um 17:55  

@maguscarlos

Gebe dir recht, den Opfern kann es egal sein, ob es von einem konservativen oder faschistischen Verbrecher ermordet wird - tot ist tot...

Der US-Amerikaner Robert O. Paxton bringt es auf den Punkt, was ein dt. Historiker Wolfgang Wippermann ähnlich beschreibt, der sogar zwischen Bonarpartismus und Faschismus unterscheidet.

Nicht jeder Mörder an der Staatsspitze ist gleich ein zweiter Hitler oder Mussolini.

Wie bereits erwähnt, den unterdrückten Völkern ist es relativ egal, ob der Dikator eine faschistische oder "nur" eine konservative Fratze trägt.

So sehen es beide - oben erwähnte -Quellen....

Es ist tragisch, aber es sollte sich rumsprechen, nachdem das Thema Stalin & Konsorten ausgekaut wurde - es gibt auch konservative Diktatoren und Massenmörder, nicht allein faschistische vom Schlage eines Hitler oder Mussolini.

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

Anonym 10. Januar 2010 um 18:46  

Vielleicht sollten wir uns auch an den israelischen Historiker halten, dessen Namen mir leider entfallen ist, der aber ein Buch mit dem Titel "Hitler besiegen" geschrieben haben soll wo es darum ginge, dass man beim Thema Israel immer wieder bei der Shoa landet.
Wir kennen das Phänomen in Deutschland ja auch, denn beim Thema Faschismus landen wir immer wieder bei Hitler und der Shoa, die von Deutschland ausging.

Ich bin jetzt bald 40 Jahre alt, und das Thema wurde nun ja wirklich ausgekaut - von Guido Knopp & Konsorten.

Damit man mich nicht falsch versteht, ich halte es schon für richtig über die dt. Verbrechen im II. Weltkrieg aufzuklären, aber was ich bemängele ich die knoppsche Dauerberieselung zum Thema, wobei der heutige Neo-Faschismus viel zu kurz kommt.

Aufklärung darüber, und über den konservativen Alltagsrassismus in Deutschland, bekommt man im TV kaum zu sehen - vom Kino ganz zu schweigen. Wann lief dort der letzte Film über (Neo-)Nazis, und die Gefahr, die immer noch von denen ausgeht?

Oder auch nur über den Alltagsrassismus bei "ganz normalen" Deutschen im 21. Jahrhundert?

Ich kann mich wirklich nicht erinnern in den letzten 25 Jahren so etwas im TV gesehen zu haben - Evtl. kurz nach der Wiedervereinigung DDR und BRD, aber seither Stille und Schweigen zur Thematik.

Ich halte dieses Beschweigen der Thematik in konservativen Medien für gewollt - Man will nicht, dass die Nähe zwischen Konservatismus und Faschismus immer mehr Menschen in Deutschland bewußt wird.

Dazu kommt noch, dass Hitler auch aus anderen Gründen nie ausstirbt - Sosehr man es sich wünschen würde.

Für manchen Neonazi ist der Mythos der "Schwarzen Sonne" und der Heiland Hitler höchst existent....

Der Hitlerismus als Religion für Nazis....Nein, nicht damals von 1933 - 1945 sondern höchst real im 21. Jahrhundert.

Gäbe es nicht Literatur zum Thema, wüßte ich nichts davon, und gerade deswegen bin ich für Guido Knopps Verdienerei mit dem Hitlerismus alter Tage abzuschaffen, und durch Aufklärung 2.0 für das 21. Jahrhundert über heutige Tendenzen in dieselbe Richtung zu ersetzen.

Ich weiß zwar nicht, ob dies je geschehen wird, da ja Konservative auch bestimmen was alltäglich im TV läuft, aber man darf ja noch hoffen.....

Anonym 10. Januar 2010 um 22:09  

"Pathokratie - Wir leben in einem von Psychopathen geschaffenen System."

Seit ca. 2002 frage ich mich, wie es möglich ist, das unsere Politiker ihren Mitmenschen das antun können, was sie Ihnen antun und wieso 66% der Bevölkerung in gewissen Umfragen zustimmen. Ich meinte immer es sei doch ein Thema für die Psychopathologie. Ein gesunder Mensch, so meine Ansicht, kann z. B. Hartz IV weder ausdenken, noch ausführen.

Eine weitere Einsicht wsr das Politker rein formal in einer Branche tätig sind, in der z. B. auch Hitler und Stalin tätig waren.

Nun waren mir keine psychopathologischen Untersuchungen bekannt. Das erklärte ich damit, das die Psychologie vermutlich auch gleichgeschaltet ist und von daher nicht auf die Idee kommt, das System das sie dann ja "bejaht" pathologisch zu untersuchen. Zwar dachte ich, das Einzelne doch abweichen könnten, aber wie gesagt mir war keine Untersuchung bekannt.

Nun weiß ich zumindest, das es Erklärungsversuche gibt. Ich selber konnte mich nie zu einer Erklärung durchringen, man kennt die Leute ja nicht persönlich. Ich schwankte immer zwischen der Annahme, das die Leute irgendwie krank sind oder die neoliberale Ideologie dem Durchschnittsmenschen "angeboren" ist und sie ansonsten ganz normale Menschen sind. Aber ich verstand einfach nicht ihre Lügen und ihre Verlogenheit, die ja offensichtlich sind.
Einige zentrale Lügen, die ja Hartz IV zugrunde liegen (z. B., das der Sozialstaat Schuld ist, das die Leute lieber arbeitslos sind) versuchte ich nicht allgemein pathologisch, sondern themenspezifisch zu erklären.

Wie gesagt man kennt die Leute nicht und denkt gar nicht daran, das z. B ein Rüttgers im Büro gegenüber den Untergebenen ein Choleriker sein soll. Das ist ja schon mal gar nicht so schön. Auch Fritz Pleitgen (ein Beispiel aus dem Medien-Bereich) soll dazu geneigt haben!

Aber was ist mit Mutti? Welche Krankheit hat Mutti?

Aber der Psychopathen-Ansatz ist interessant vor allem auch, weil er zeigt, das es doch Psychologen gibt, die die Krankheit der Politik untersuchen.

Anonym 11. Januar 2010 um 01:15  

"[...]Aber was ist mit Mutti? Welche Krankheit hat Mutti?
[...]"

Zunächst einmal ich habe eine Mutti, die heißt aber nicht Angela Merkel.

Zweitens "Mutter der Nation" - so sieht die korrekte Bezeichnung von "Mutti" aus.

Wo hörte ich die schon einmal?

Hier auf dem Blog hat Roberto J. De Lapuente sehr treffliches dazu geschrieben:

http://ad-sinistram.blogspot.com/2009/11/mutter-courage-und-ihre-tochter.html

Vielleicht ist das eine Antwort?

Übrigens, es soll ein Buch von Manfred Lütz geben, die Normalen sind die wahren Irren.

Ob der Autor da an PolitikerInnen gedacht hat?

Anonym 11. Januar 2010 um 19:34  

@ Roberto:
Fantastischer Beitrag darüber, dass man die Beachtung der (Anstands)Form nicht mit Haltung verwechseln sollte!
@ Jutta R.:
Sie haben einerseits völlig recht, wenn Sie schreiben, dass man davon ausgehen sollte, dass jeder der hier leben und arbeiten will schon aus Eigeninteresse auch die hier übliche Sprache erlernt. Das Problem ist nur: dem ist nicht immer so!
Ich kann hier nur von meiner persönlichen Erfahrung berichten – die darüber hinaus auch noch 13 Jahre zurückliegt und insofern mit Vorsicht zu betrachten ist.
In meiner Ausbildung habe ich u.a. ein Praktikum beim Jugend- und Gesundheitsamt in Berlin-Kreuzberg gemacht. Damals liefen gerade die jährlichen Einschulungsuntersuchungen, mit denen ermittelt wird, ob die zukünftigen Erstklässler schulfähig sind. Das schließt eine Reihe körperlicher Untersuchungen (Hörtest, Sehtest, etc.)mit ein, aber natürlich sind auch Sprachfähigkeit und selbstverständlich auch Sprachkenntnisse wichtig. Dabei habe ich festgestellt, dass etliche Kinder aus der zweiten bzw. dritten Migrantengeneration, die zur Untersuchung kamen, kein Wort deutsch sprechen konnten.
Der Grund dafür scheint zu sein, dass etliche männliche türkische Migranten mit den hier aufgewachsenen „emanzipierten türkischen Weibern“ nichts anfangen können und sich ihre Ehefrauen unter der sehr konservativen türkischen Landbevölkerung suchen. Da diese Kinder zu Hause nur türkisch gesprochen haben, konnten sie natürlich kein Deutsch. Das bedeutet aber, dass sie die Schulsprache nicht verstanden und daher vom ersten Tag in der Schule eigentlich immer nur „hinterherhinken“, aller Wahrscheinlichkeit schlechtere Abschlüsse (als möglich wäre) bekommen und im Ergebnis sehr viel geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, was ja hierzulande auch immer gleichzeitig eine schlechtere gesellschaftliche Integration bedeutet.
Die Lösung des Problems wäre natürlich z.B. der verpflichtende Besuch einer speziellen Vorschulklasse oder eines Kindergartens, in dem deutsch unterrichtet wird. Aber dafür war schon damals kein Geld da. (Bzw.: schon damals wollte kein zuständiger Politiker dafür Geld locker machen...) Der springende Punkt aber ist, dass sich dieses Problem nicht angehen lässt, wenn man es für nicht existent erklärt.

Ajax 25. Januar 2010 um 22:07  

Der "rechte" und der "linke" Stammtisch unterscheiden sich tatsächlich völlig.

Der rechte Stammtisch quillt über von Vorurteilen und Bösartigkeiten.

Die "Linken" vertreten und fordern das Gute aber tabuisieren Probleme, die das "Objekt des Guten" "an sich hat". Ich bekomme Letzteres im Moment nicht richtig auf den Begriff.

Den Ausdruck linker Stammmtisch "erfand" ich spontan, ich weiß gar nicht ob man das so nennen kann. Auch das der Beitrag vom "rechten Stammtisch" redet ist verkürzt.
Vergessen wir diese Begriffsbildungen.

Aber es existiert eine "linke" "Parallele" zu den rechten Stereotypen die der Beitrag schildert.

Nochmal:

Die Rechten fordern offen das Böse oder sind offen böse.

Die Linken fordern das Gute (ja! und ich sympathisiere mit den meisten Forderungen) Von links werden dabei aber Probleme tabuisiert. Man darf sie nicht benennen (benennt sie nicht).

Natürlich ist Toleranz gegen Muslime gut. Das darf aber nicht dazu führen Probleme mit dem Islam zu tabuisieren. Und genau das passiert. Natürlich ist es gut, Asyl zu gewähren. Aber wenn damit unter bestimmten Bedingungen die Leistungsfähigkeit der Gesllschaft überstrapaziert wird darf (sollte) man das nicht tabuisieren. Es gibt viele weitere Beispiele. Vieleicht waren das jetzt nicht mal die besten.

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