Das Privileg der Unterdrückten, drastische Worte zu finden

Montag, 24. August 2009

Im Rahmen eines 3sat-Thementages luden Elke Heidenreich und Dietmar Schönherr zu einem Rückblick in die 1970er-Jahre ein. Die Sendung war zwar aufgezeichnet, scheinbar schon ein Paar Jahre alt, passte aber dennoch vortrefflich ins Themenkonzept. Retrospektiv wurde das zu behandelnde Jahrzehnt mit Einspielern unterlegt, dazwischen hatten die beiden Moderatoren mal mehr mal weniger zu kommentieren. Auftritt der jungen Alice Schwarzer. Auf einem Podium sitzend rechtfertigt sie den oft rüden und drastischen Ton der Frauenbewegung. Unterdrückte, so argumentiert sie, hätten das Recht, ihrer Empörung mit drastischen Worten Nachdruck zu verleihen. Man dürfe dies Unterdrückten nicht streitig machen, denn der Schrei der Unterdrückten zeugt von selbsterteilter Würde. Rücksprung zum Moderatorenpaar. Schönherr mokiert sich. So könne man das nicht machen, das sei nicht korrekt. Er wisse, was Unterdrückung heiße, er habe es in Südamerika mit eigenen Augen gesehen, haben dort erfahren, wie sich wirkliche Unterdrückung abzeichnet. Man könne für Rechte kämpfen, auch für Emanzipation, aber nicht mit diesen Mitteln. Die junge Alice Schwarzer konnte ihm nichts entgegensetzen, sie konnte ja nicht in die Zukunft hineinwettern.

Möglicherweise bedarf es eines kurzen Exkurses. Alice Schwarzer. Sie erntete schon damals Kritik, weil sie den Befreiungskampf der Frauen vom Klassenkampf abtrennte. Aus ihrer Warte, mit Blick auf den real existierenden Sozialismus, bedacht auf die dortige Klassenkampf-Rhetorik vorallem, mag das sinnvoll gewesen sein. Im Osten schien zwar die Frau vom Manne emanzipiert, aber dem Staat war die Frau dennoch nur Arbeits- und Gebärmaschine. Doch darum ging es Schwarzer nie, sie hätte nichts dagegen gehabt, wenn Frauen den Männerweg gegangen wären, einen Weg der gesellschaftlichen Anpassung, des Karrierismus, der Ellenbogenmentalität. Die Frau sollte sich nur vom Mann, nicht aber von staatlicher Allmacht emanzipieren. Und genau das war der Vorwurf vieler Linken an Schwarzer und die Ihren. Heute ist sie von diesen Vorwürfen erlöst; heute weiß man, dass Schwarzer zum Establishment dieses Landes gehört, relativ unkritisch geworden ist, eine banale Randerscheinung emanzipatorischer Wirkkraft darstellt. Für sie war es 2005 ausreichend, dass der neue Kanzlerkandidat der Union eine Gebärmutter besaß, eben eine Kandidatin kein Kandidat war. An Geschlechtsmerkmalen glaubte sie eine Veränderung in der bundesdeutschen Politik wahrzunehmen. Politische Inhalte - was soviel heißt wie: politische Inhaltslosigkeiten - der besagten Kandidatin waren ihr zweitrangig. So betrachtet war es jene unstreitbare Koryphäe der Frauenpower, die die Frau auf Gebärmutter reduzierte, ihre möglichen intellektuelle Fähigkeiten aber am Rande liegen ließ. Wenn man im Staatsapparat angekommen ist, wenn die Rolle der Aufrührerin zum Markenzeichen wurde, wenn man vom revoltierenden Ruf lebt und ihn kultiviert, hegt und pflegt, dort gießt, da düngt, dann wandelt sich die einstige Passion zum schauspielerischen Akt. Wie weit es mit dem "Befreiungskampf" gekommen ist, war vor einigen Jahren zu sehen, als eine Unterorganisation der Emma Prekärbeschäftigte suchte - die Vision der Befreiung wurde zur Realität der Unterdrückung anderer Gesellschaftsgruppen. Der Klassenkampf der gealterten Diven fand nun von Oben statt, aus den Unterdrückten wurden Unterdrücker.

Dennoch hatte Schwarzer natürlich recht, als sie klarstellte, dass es das Privileg der Unterdrückten sei, zu drastischen Worten der Empörung zu greifen. Raubt man ihnen diese Möglichkeit, raubt man ihnen die Menschenwürde. In John Steinbecks "Früchte des Zorns" wird den Entrechteten und Unterdrückten dieses Privileg geraubt. Sie dürfen Kritik an ihrer Lage nicht einmal im Ansatz verkünden, denn dann werden sie zu Roten erklärt, die sofort einzusperren sind. Und es gärt natürlich, es reifen Früchte des Zorns, es wird denen, die mundtot gemacht werden sichtbar, dass sie nicht wie Menschen behandelt werden, sondern wie Vieh. Nicht alleine, weil sie für Hungerlöhne arbeiten müssen, sondern weil sie ihre Lage nicht einmal beklagen dürfen.

Und dann tritt Dietmar Schönherr auf, unverdächtig irgendwo im konservativen Sumpf zu stecken, und macht sich zum Apologeten der political correctness, ärgert sich sichtlich über den Umstand, dass Schwarzer die Frau für unterdrückt hielt und dies auch noch offen zur Sprache brachte. Nicht nur das, er bringt Beispiele für sogenannte wirkliche Unterdrückung, spricht also denen, die sich damals (und heute) unterdrückt fühlen, aber von der Masse nicht als unterdrückt wahrgenommen werden, das Recht ab, sich als Unterdrückte begreifen zu dürfen. Wer unterdrückt ist, das gibt er vor, gibt die Gesellschaft vor, die Politik - und wenn es keine Vorgaben gibt, wer als unterdrückt zu gelten habe, dann gibt es letztlich kurz und gut keine Unterdrückung. Schönherr erinnert in fataler Weise an jene Herren im feinen Zwirn, die sich hierzulande hinstellen und davon predigen, es gäbe bei uns keine Armut. Armut gäbe es nur im Sudan, in Burundi und im Kongo. Die Armen dieser Gesellschaft dürfen nicht thematisieren, dass sie sich arm fühlen, sonst erklärt man sie für selbstgerecht und verblendet. Weil sie nicht in Pappkartonhütten leben und keine aufgedunsenen Blähbäuche aufgrund schlechter Wasserqualität haben, sollen sie still schweigen, sollen sie zufrieden sein. Wenn es mal so weit wäre, wenn sie mal im Pappkarton hausen, dann dürften sie vielleicht, aber auch nur vielleicht, über ihre Armut reden. Solange keiner verhungert, und zwar so verhungert, dass es die Öffentlichkeit auch mitbekommt (denn im Stillen verhungern dann und wann schon Menschen auch hierzulande), reden wir nicht von Armut. Und wenn doch welche öffentlich verhungern, dann schieben wir es auf ihre Unfähigkeit und Faulheit, dann wollten sie eben nicht arbeiten, haben es vorgezogen langsam zu verhungern. Sie waren damit ja gar nicht arm, sie waren höchstens arm im Geiste, weil sie keine Selbstinitiative gezeigt haben.

Wenn Menschen, denen das Leben wohlgesonnen war, sich öffentlich hinstellen und Vorgaben machen wollen, wo man wie und warum über Themen zu reden hat, dann vollzieht sich ein anti-aufklärerischer Akt. Dietmar Schönherr ist jemand, dem das Leben freundlich begegnet ist, was er auch selbst in der besagten Sendung zugegeben hat. Und er steht als Österreicher den österreichischen Sozialisten nahe - früher unter Kreisky wohl mehr als heute. Von einer sozialen Nähe ist aber wenig zu spüren, wenn er Gesellschaftsgruppen aufoktroyieren möchte, wie sie sich darzustellen haben. Oder vielleicht ist es gerade doch zu spüren, weil sich herausstellt, dass die Eindimensionalität durch alle parteilichen Gruppen, durch alle NGOs, durch das Denken engagierter Menschen zieht. Alle sind in der political correctness vereint, tun so, als liefen sie auf ein gemeinsames Ziel zu. Der sozial engagierte Schauspieler und Künstler genauso wie der Kanzler mit Gebärmutter; die Emanze ebenso wie irgendwelche sozialen Gruppen. Schönherr hat das wunderbar verdeutlicht, er hat den gemeinsamen Kosmos dieser neuen, harmlosen Sachlichkeit widergespiegelt, in dem Konservatismus und Aufklärung Zwillinge geworden sind. Immer sachlich bleiben, nicht drastisch werden, nicht zu konkret, immer Argumente liefern - und vorallem: alle Zähne verlieren, die man zum Beißen benötigt hätte.

Schönherr glaubt, und er steht hier nur für die Masse an privilegierten Menschen, dass Unterdrückte und Arme in der westlichen Gesellschaft nur befreit werden können, wenn sie sich sachlich in der Reihe anstellen und warten, bis man sie zu Wort kommen läßt. Wobei man gar nicht von Befreiung sprechen darf, denn auch das wäre ein Frevel an der Korrektheit, am korrekten Benehmen, am politischen Knigge. Denn wer ist hier schon so gefangen, als dass er befreit werden müßte? Wenn man als Schüler seinen Protest lauthals vorruft, ohne den Finger zu heben, dann wird man gehört. Meldet man sich, wartet darauf aufgerufen zu werden, weiß der Lehrer außerdem, dass wohl Protest ins Haus steht, ignoriert er den Schüler und läßt den Protestierer hebenden Armes verhungern. Wenn sich unterdrückt Fühlende nicht mehr als Unterdrückte artikulieren dürfen: wie weit ist es dann noch zur totalitären Gesellschaft? Der Faschismus der Sachlichkeit untergräbt den freien Menschen, er darf nur frei sein im vorgestecktem Rahmen, hat sich dort sachlich und ordentlich zu benehmen. Aber Befreiung von Mißständen wird so nicht bewirkt...

19 Kommentare:

chriwi 24. August 2009 um 15:02  

Sehr schöner Artikel. Du triffst es auf den Punkt. In manchen Aussagen benehmen sich unsere "Eliten" wie Kinder. Was ich nicht sehe ist nicht da. Es ist ja richtig, dass es den armen in Deutschland deutlich besser geht als den armen in Afrika. Allerdings trifft das auf die reichen und den Reichtum des Landes auch zu.
Bringt man dies zur Sprache wird von Neid geredet. Neidisch sind aber meist nur die, die schon sehr viel haben. Neidisch darauf, dass der der nichts hat keine Steuern zahlen muss. Das er nichts hat wird dabei gerne vergessen.

karuna 24. August 2009 um 15:05  

hallo Roberto,

wieder so ein kunstwerk!

"der faschismus der sachlichkeit" ja das ist es, aber es ist noch mehr, es ist nicht reine sachlichkeit-es ist MORAL!

dort wo moral wohnt, ist WAHRHEIT nicht zu hause...

es haben mich schon immer diese worte zutiefst entzürnt: so kannst (darfst) du das aber nicht sagen, grrrrrr

noch etwas zum großen irrtum der frauenbewegung: wir alle müssen genau hinsehen, was wirklich unterdrückt ist: WEIBLICHKEIT!
mir sind all diese alibifrauen suspekt, denen in den meisten fällen die wirklich weiblichen eigenschaften völlig abhanden gekommen sind!

Anonym 24. August 2009 um 18:52  

Lieber Roberto,

leider ist es wirklich so, dass die Unterdrückten keine eigene Stimme haben.
Woher sollten sie gelernt haben, sich und ihre menschlichen Rechte zu verteidigen. Vielleicht, wenn man Glück hatte, im Elternhaus.
Ich selbst bin Jahrgang 1952 und habe Volksschulabschluss. Wenn man das schon sagt, wird man schon nicht für voll genommen. Ich habe nicht viel in der Schule gelernt, außer meinen mir zugewiesenen Platz einzunehmen und der war in der Arbeiterschaft. Damals gab es noch die SPD und ich fühlte mich zuhause und vertreten. In den 70ern konnten auch Arbeiterkinder mit erheblichen Mühen auf dem 2. Bildungsweg noch ihrem Arbeitsleben eine Wende geben. Die humanistische Bildung(siehe Schröder)blieb leider auf der Strecke, alles zielte auf die berufliche Karriere ab.
Was will ich damit sagen?
Heute habe ich Mitgefühl mit den Kindern, die die Hauptschule besuchen müssen und damit schon ausgegrenzt sind. Ich hoffe, dass das Schulsystem geändert wird und alle Kinder ernst genommen werden. Fächer wie Ethik, Philosophie, Lyrik und Kunst den gleichen Stellenwert bekommen wie die sogenannten Hauptfächer. Nur so, kann man dann auch seine Stimme erheben und dann können die Unterdrückten nicht nur durch Deine Stimme sprechen, lieber Roberto, sondern ihre e i g e n e Stimme erheben.

Liebe Grüße

Elke B.

Seismograph 24. August 2009 um 19:51  

Sehr schön, Roberto
das schöne, sehr deutsche "das tut man nicht/das sagt man nicht"
ist zukünftig, angesichts der unaussprechlichen Schweinereien, die in diesem Lande abgehen, zu ignorieren!

zu den Frauen:

Die Frauen, vor allem die deutschen, haben sich niemals emanzipiert, aus welcher unterdrückten Rolle auch immer.
Das was wir hier erleben ist, zumindest in den allermeisten Fällen, nichts anderes als der zwanghafte, ja schon fast pathologische Willen, sich in einen Mann verwandeln zu wollen!Schade

Anonym 24. August 2009 um 20:16  

Hallo Roberto,

danke für den Text, der kommt gerade richtig heute, wo dank Report Mainz klar wird in was für einer Bananenrepublik wir neuerdings wirklich leben - Jeden Tag eine neue Überraschung. Heute - Ackermann läßt sich seinen 60. Geburtstag mit Steuergeldern im Kanzleramt ausrichten....

Kein Wunder, dass die Deutsche Banke das Rettungspaket für über 500 MRD Euro erhält....

...ich dachte in jedem anderen Land, außer Deutschland, hätten wir schon längst eine Revolte - bei derart frechen "Eliten".....

...aber Deutschland....

...vergeßt es....

...die muß man zur Revolution tragen hier....

...das weiß Angie und deswegen ist die so dreist....

Wolfgang Buck 24. August 2009 um 20:36  

Ein sehr schönes Bild, das Sie hier für den Begriff political correctness malen: „alle Zähne verlieren, die man zum Beißen braucht“.

Als Mitglied von amnesty international habe ich nach der Kohlschen Asylrechtsreform 1992 brav meine Fortbildungen auf Basis der neuen Gesetzeslage gemacht und versucht Asylsuchenden weiterhin auf längst verlorenem Posten zu helfen. Innerlich kochte ich, angesichts der klaren Linie, die von den furchtbaren Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen über die Antwort des damaligen Innenministers Seiters, das Asylrecht müsse endlich reformiert werden um Missbrauch zu beenden, bis hin zum „Asylrechtskompromiss“ zwischen CDU/CSU/FDP Regierung und SPD führte. Aber öffentlich aufbegehrt habe ich nicht angesichts dieser Ungeheuerlichkeit. Freilich mal ein Stand in der Fußgängerzone, oder ein Leserbrief in der Zeitung. Aber selbst eine der größten Demonstrationen in Bonn gegen die Kohl-Regierung, an der ich teilnahm verpuffte wirkungslos.

Wen interessiert es heute noch wenn 100.000 Menschen auf die Straße gehen? Mittelfristig niemanden. Da ist es besser in eine der üblichen Talk-Runden eingeladen zu werden und die Gelegenheit am Schopfe zu packen und den Herrn von der FDP mit ausgestrecktem Arm und „Heil Westerwelle“ zu begrüßen. Freilich würde gleich das ganze Feuilleton aufschreien, da Herr Westerwelle doch wohl nie mit den unsäglichen braunen Faschisten zu vergleichen wäre und er eben einer Bevölkerungsgruppe angehöre die doch unsägliches erlitten hätte … aber immerhin, das Thema wäre im Raum! Leider hocken bei Will, Illner und Co immer die gleichen „systemischen Nasen“. Und die haben viel zu viel zu verlieren. Und ab und zu werden „nicht ausreichend angepasste Nasen“, wie Oskar Lafontain oder Andrea Ypsilanti an eben selben Nasenring durch die Manege getrieben. Auf das die Störenfriede zur Persona non grata, ja mehr noch zu Aussätzigen gestempelt werden.

Der größte Verlust für unsere Demokratie ist denn der Verlust eines freien, investigativen Journalismus. Zwischen Dschungelcamp und der zur Schau Stellung Gysis Gehirns durch die BILD bleibt leider kein Platz dafür. Tittytaiment halt. Orwell und Huxley lassen grüßen.

antiferengi 24. August 2009 um 22:09  

Irgendwann vor ca. 25 Jahren, in der Ära Kohl begann man die Begriffe Politik und Diplomatie gleichzuschalten.
Es gab sogar, (man glaubt es nicht), mal einen Bericht im Spiegel darüber. Seit dieser Zeit hat sich "political correctness" als Grundanforderung an den modernen gesellschaftsfähigen Menschen etabliert. Besonders in den New-Economy Unternehmungen während des Internet-Hypes wurde dieser Begriff neben neuen Verwaltungsbezeichnungen, wie z.b. Human Resources zum alltäglichen Sprachrepertoire.

Alle sind in der political correctness vereint, tun so, als liefen sie auf ein gemeinsames Ziel zu

Das ist es, was ich befürchte wo wir tatsächlich geendet sind. Eine gesellschaftsweite Horde von Ich-Ag's mit ausnahmslos ökonomisch inspirierten Denkmustern, - effizient bis zum Abwinken, - und dem Verhalten von Diplomaten.

(Wie heißt es so schön. Politiker vertreten das Volk, - Diplomaten kalkulieren das Volk.)

Frank Benedikt 24. August 2009 um 23:11  

Wieder ein sehr schöner Text, wieder gut reflektierte Gedanken, wieder in's Schwarze getroffen!
Ja! Den Armen und Unterdrückten bleibt doch gar keine andere Möglichkeit (Gewalt ist keine Option!), als auch mal laut aufzuschreien, wenn sie denn nicht in dumpfer Resignation und schweigend ihr Schicksal ertragen wollen. Da ist es imo recht und billig, die Klappe aufzureissen und deutlich vernehmbar zu rufen: "Ich bin auch noch da!"

Beste Grüße
Frank

P.s.: Verlinkt wird gleich ... ;-)

Tim 25. August 2009 um 04:09  

"noch etwas zum großen irrtum der frauenbewegung: wir alle müssen genau hinsehen, was wirklich unterdrückt ist: WEIBLICHKEIT!
mir sind all diese alibifrauen suspekt, denen in den meisten fällen die wirklich weiblichen eigenschaften völlig abhanden gekommen sind!"

Sehr wichtiger Hinweis!

Anonym 25. August 2009 um 10:20  

Zu "sozial engagierte Schauspieler/ Künstler":
Wenn jeder vor der eigenen Haustür fegt, ist und bleibt die Welt sauber!

Leider sind viele von uns Dreckschweine im und vor’m eigenen Haus(, das meistens noch nicht mal abbezahlt ist).

Die sog. caritative Hilfe in ärmeren Ländern ist ein Rumdoktern an Symptomen, um an die Ursachen hier nicht heranzumüssen. Damit wird der Status Quo hie wie dort aufrechterhalten.

Den BürgerInnen sog. ärmerer Länder wird es durch die frühere Kolonialisierung und heute durch die sog. caritative Hilfe verwehrt, aus eigener Kraft eigene Wege und zu ihrem Wesen und ihrer Kultur passende Lösungen und Möglichkeiten der Weiterentwicklung zu finden. Aber der Westen kann ja nicht akzeptieren, dass andere Länder sich evtl. anders entwickeln als er, deshalb muss er ja immer anderen reinreden und sie „bekehren“, ihnen „unsere“ Technik überstülpen (– und G7 starten, um die Uno umgehen zu können). Sie hätten –wenn man sie gelassen hätte, ihre eigene Technik bzw. Wege entwickelt, die ihrem Wesen gemäß sind und nur dadurch Maß hat und behält.
Und dann wundert sich so manch konservative konservierende Westler, dass wirtschaftliche Flüchtlinge bei uns an die Tür klopfen, EBEN weil sie seine Werte übernommen haben. In den Spiegel schauen ist nicht immer schön. Was „wir“ aber in anderen Ländern überhaupt zu suchen haben (Flucht-/Kompensation-Urlaub, caritative Hilfe, Handel, Rohstoffausbeutung, usw.), das fragt er sich nicht.

Auch ist die caritative Hilfe nicht uneigennützig, z. B.:

•Steigerung des eigenen Bekanntheitsgrades

•Netzwerken mit Personen aus dem Schauspielberuf, der Politik und den Medien

•Entsprechender Statusgewinn, wenigsten im Fernsehen oder auf gemeinsamen IllustriertenFotos mit sog. wichtigen Personen

•Absetzbarkeit von der Steuer

•Möglichkeit der Fernreisen, die absetzbar sind oder von Sponsoren finanziert werden

•Suggestion einer Bedeutung, die in Wirklichkeit nur Popularität ist

•Sog. Preise und Orden kassieren

•Vermeidung bzw. Vorbeugung von eigener Erwerbsarbeitslosigkeit .

Kassandra 25. August 2009 um 10:21  

ZU: andere Länder/ Menschen sind ärmer als wir:
Es werden Äpfel mit Birnen verglichen, um sich überhaupt auf der Lebensbühne anderer, vermeintlicher ärmerer Menschen aufspielen zu können, wenigstens dort oder auch dort schauspielern zu können. Die caritativen TäterInnen sehen andere Länder mit dem westlichen Auge bzw. „unseren“ Wertmaßstäben, da können diese nur als ärmer angesehen werden. Und erst durch diese Brille scheint caritative „Hilfe“ dann notwendig bzw. möglich bzw. auch, weil wir nicht wie gesagt vor der eigenen Tür kehren (siehe z. B. Klimaveränderungen, unser Waffenexport („womit schießen die denn dort?!“).
Was würde mit einem solchen sog. Künstler hier in Deutschland geschehen, wenn er sich öffentlich und lautstark für die angeblich „relativ“ armen Menschen hier und speziell für Erwachsene Arme und Schwache in Deutschland (z. B. Hartz-IV-ler, arme RentnerInnen) einsetzen würde und eben mal nicht für Kinder. Er nähme doch den Deutschen ihre Sündenböcke und ihre emotionale Werthierarchie und müsste Angst haben, nicht mehr für Rollen besetzt zu werden. Er/ sie würde seinen eigenen Popo riskieren. Zudem haben viele von diesen caritativen TäterInnen in Deutschland längst schon resigniert. Futter für ihre scheinbar lebensnotwendige Hoffnung finden sie („…ohne Grenzen“, also maßlos) nur in anderen, speziell auserwählten Ländern. Und die dort Beholfenen? Die müssen sich dann im eigenen Land z. B. deutsche Gitarrenlieder anhören, weil sie hier immer weniger gehört werden und die CD-Verkäufe stagnieren.

Kassandra 25. August 2009 um 10:25  

Zu „2005 nur eine Gebärmutter gewählt“:

Sicher, stimmt.
Jedoch wäre eine echte Frau, ein Wesen, das seine Weiblichkeit lebt, in diesen Zeiten NIEMALS so weit gekommen, gar in dieses Amt gekommen. Traurig, aber wahr. Viele Männer befürchten im sachlichen Gespräch mit einer solchen Frau, nicht mehr rational handeln und die Kontrolle behalten zu können, wenn ihnen dabei gleichzeitig und ständig droht, „einer abzugehen“.
Als Kind habe ich es kaum für möglich gehalten, eine Frau als Kanzlerin zu meinen Lebzeiten zu erleben.
Die ‚Kanzlerin mit Gebärmutter‘ zeigt, dass sie es genauso schlecht oder gut macht wie ihre männlichen KollegInnen. Das galt es leider zunächst einmal zu beweisen. Ist das erst einmal in den Köpfen und Herzen drin, wird irgendwann auch einmal ein echt weibliches Wesen in ein solches Amt gelangen … und auch in der Wirtschaft mehr Vorstandposten bekleiden können (, sofern es dann noch echt weibliche Wesen gibt.)
Es ist hoffentlich nur ein Übergangsstadium. Wie lange dieses dauert, liegt auch an den Männern und ChefInnen, die sich vor starken Frauen und BESONDERS vor starken und gleichzeitig weiblichen Frauen fürchten und deren Stärke leider oftmals verkehrterweise mit Dominanz verwechseln – ähnlich wie Feinfühligkeit bei Frau und Mann immer noch mit Labilität verwechselt und deshalb gefürchtet und abgewertet wird.
Und die Frauen, die gleichzeitig stark, weiblich, humorvoll und auch noch klug sind – die haben heutzutage immer noch die A…karte und erst recht, wenn sie mehr Gehalt bekommen als ihr Mann, sofern sie denn einen gefunden haben … sowohl einen Mann wie auch eine gut dotierte Anstellung.

Wir wünschen uns immer, dass die Dinge bzw. Menschen immer gleich so sind wie wir sie haben wollen. Das Aushalten ist sicher sehr schwer, das Hungern oder die Praxisgebühr nicht bezahlen können auch. Manches braucht (leider) seine Zeit und Entwicklung. Wir sind eine Fußnote in der Geschichte. Und viele Fußnoten der Geschichte sind in deren Ablauf elendig verreckt. Wie sich das gemeinschaftlich bzw. mit einem guten und (aus)haltbaren Ende für alle lösen läßt? Keine Ahnung. Auf jeden Fall nicht mit dem bei uns bisher üblichen Schubladendenken.

Anonym 25. August 2009 um 10:32  

Hmmm, da ist was dran. Aber: Ist es auch zielführend? Bringt eine drastische Ausdrucksweise, oder sagen wir mal, eine Fäkalsprache unter der Gürtellinie, die Untersdrückten weiter? Oder liefert das nicht die dringend benötigte Legitimation für die Herrschenden, um noch effizienter zu unterdrücken?

Ich weiss, das Ganze ist ziemlich zweischneidig.

Geheimrätin 25. August 2009 um 11:34  

Hier ist es wohl so, dass die Herren und Damen Schönherr, Heidenreich und Schwarzer keinerlei Berühungspunkte zu sozial ausgegrenzeten Menschen im eigenen Land haben. Wie sonst könnte eine Frau Schwarzer das Elterngeld loben, das durch eine Umschichtung von unten nach oben finanziert wurde?

Ich erlebe es tagtäglich weil ich selbst in solchen Kreise aufgewachsen bin. Sie haben schlicht keine Ahnung und kennen Hartz IV Familien lediglich via Sat 1 und Pro 7. (auch wenn sie das ja gar nie gucken...)

Mir wurde mal eine Spende von 500 € übergeben, von einem entfernteren Verwandten. Der hielt mir dann ebenfalls gratis noch einen Vortrag, wie ich mittels Haferflocken, Pellkartoffeln usw. gut über die Runden kommen könnte. Grad so als müsste ich mir mal den Schampus und den Hummer abgewöhnen, dann käme schon alles wieder ins Lot. Im Gegensatz zu ihm sind wir uns hier in meiner Familie durchaus des Luxus einer funktionierenden Wasserleitung bewusst, es ging lediglich darum, die Wasserrechnung auch bezahlten zu können!

Aber da reichte die Phantasie des Gönners leider nicht aus. Wir erhielten zu der Zeit, nachdem ich mein Geschäft aufgeben musste, eine monatliche Überweisung von sage und schreibe 6 Euro Hartz IV, der Rest ging direkt an den Vermieter, aus dessen überteuerter Wohnung wir mangels Alternativangeboten 1,5 Jahre nicht ausziehen konnten. Das bleibende Kindergeld ging dann überwiegend für die Nebenkosten etc drauf, sodass die Kinder nicht mehr ausreichend ernährt werden konnten. Das war Ende 2005-2007. Familienleben in Deutschland, nach der Hartz Reform.

otti 25. August 2009 um 11:44  

Wenn selbst zwischen Unterdrückten ("Pack") keine Solidarität besteht, ändert sich an den herrschenden Zuständen gewiss nichts.
Die Machthaber teilen und herrschen, die (Auf-)Spaltung der Bevölkerung ist ihnen gelungen.
http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=bl&dig=2009%2F08%2F17%2Fa0106&cHash=335845ae3f/&type=98

ad sinistram 25. August 2009 um 13:04  

"Aber: Ist es auch zielführend? Bringt eine drastische Ausdrucksweise, oder sagen wir mal, eine Fäkalsprache unter der Gürtellinie, die Untersdrückten weiter?"

Wenn man Scheiße nicht mehr Scheiße nennen darf, weil man in aller Sachlichkeit auf Sachlichkeit pocht...

klaus baum 25. August 2009 um 13:04  

wie man unliebsame wahrnehmungen herabsetzt, dafür liefern die nachdenkseiten heute ein beispiel:

FU-Politologe Klaus >>Schroeder hat unlängst gegenüber ZEIT online behauptet, dass Berichte über steigende Armut in Deutschland vor allem daran liegen, dass „sich Armutsforscher wichtigtun wollen, indem sie ihr Thema überbetonen.<<

http://www.nachdenkseiten.de/?p=4148#h10

Es ist in der Tat so, dass man Menschen von oben herab nicht nur Tritte versetzt, sondern ihnen auch noch einredet, dass sie sich glücklich schätzen müssen, dass ein Herrenstiefel sie eines Trittes für würdig erachtet.

Anonym 25. August 2009 um 18:34  

Dazu möchte ich eine Ergänzung machen. Ein Gedanke, der mir die letzten Wochen kam und dieselbe Sache von einer etwas anderen Perspektive beleuchtet.

Ich stellte mir die Frage, wieso diese Gesellschaft einerseits auf Gewalt beruht, aber Gewalt verpönt ist. Wieso Mobbing und Psychoterror erlaubt ist, wieso durch legale PR Kampagnen mit Hilfe verlogener Werbeversprechen und geschürter Angst Bürger mißhandelt werden dürfen, wieso Arbeitslose psychisch dermaßen gegängelt werden können und am Ende soll der im besten Fall entnervte und im schlimmsten Fall lebensbedrohlich angegriffene einfach so mir nichts dir nichts auf Gewalt verzichten?
Wieso ist die Aggression als Ausdruck des Mißfallens über eine benachteiligende Behandlung so dermaßen verboten? Wieso darf die geplagte Seele jahrelang drangsaliert werden, sich aber körperlich nicht verteidigen?
Was ist das für ein Verständniss von Gewalt, wenn jede Form der Gewalt erlaubt ist, ausser der körperlichen direkten Gewalt?
Was ist vor allem mit jenen, die nur über ihre Fäuste und nicht über ausgefeilte Sprache verfügen um sich damit zur Wehr zu setzen? Was ist mit jenen, die eben tagtäglich die Ungemach ertragen und die Schnauze voll haben Unterdrückt zu werden? Wieso spricht man ihnen systematisch die Gewalt ab?
Jaja, die Folgen sind drastisch. Aber im Ernst: Einigen Tätern unter den Mobbern täte ein paar Schläge aufs Maul und das Bewußtsein das dies jederzeit überall immer passieren könnte, sicherlich gut. Denn wer brutale Unterdrückung hintenrum platziert darf sich nicht einfach hinter den Gesetzen verstecken können. Einige der Mobbingtechniken rangieren unter psychischer Folter. Darf ich meinen Folterknecht nicht mit aller Gewalt an seiner Arbeit zu meiner persönlichen Sicherheit schützen?
Am Ende schneidet man damit dem einfachen Menschen der Straße, denen die kaum das System verstehen und durchschauen die Eier ab. Sie sind dadurch oft wehr- und hilflos einem Unterdrückungsterror ausgesetzt.

romano 26. August 2009 um 09:23  

Den Nagel mehrmals auf den Kopf getroffen, lieber Roberto!

Ad Feminismus: Im Feminismus ist vor allem die Frage von Klasse und Geschlecht unter gegangen. Findet man in der Literatur aus den 70ern und 80ern nach eine Rege Diskussion dazu, verschwindet diese Ende der 90er fast gänzlich. Mein Eindruck ist, dass es in der Tat viele Frauen gelungen ist, sich aus den Fesseln bürgerlicher Haushalte zu befreien und sich in eine Ich-Ag zu verwandeln. Damit schwand aber das Interesse, Geschlecht weiterhin mit Klasse zusammen zu denken. Just in dem Moment, wo diese Emanzipation zur Freiheit im Ansatz griff und real wurde, intensivierten sich die konservativen Narrative und brachten klassentheoretische Überlegungen zum Schweigen. Wer gut da stand, folgte den internationalen scientific trends, arbeitete zunehmends positiv empiristisch, betrachtete seinen eigenen Standpunkt unter dem Vorzeichen individueller Leistung und ging und geht von einer Gesellschaft einer emanzipatorischen Flatrate aus. Kritische Überlegungen sollten vor allem positiv wissenschaftlich sein, Hintergrund bildete die eintönige Übereinkunft, dass die Emanzipation sich in den Freiheiten des Marktes vollendet hat. Was hier noch an Differenzen übrig geblieben ist, ist Sachzwang, Naturgesetz, lächerlich macht sich, wer da noch dagegen andenkt. Man soll zufrieden sein. Die Postmodernen Gedanken verflüssigten, d.h. verfestigten das alles noch mehr, Geschlecht ist der Diskurs darüber und nicht mehr. Ändere deine Gedanken und du wirst frei, der Rahmen ist endlich da: die freie Marktwirtschaft.
Wenn ich nur an die Forderung der Betroffenheit im Feminismus denke, ist es schauerlich, wie die vormalige Praxistheorie teilweise völlig den Bezug zu den verschiedensten Realitäten von Frauen verloren hat, reine Theorie blieb übrig, die sich zu schämen begann, wenn der Zeigefinger der positiven Wissenschaft erhoben wurde beim Disputieren über Kapitalismus und Geschlecht. Man denke nur an die Forderung, reproduktive Tätigkeiten zu entlohnen. Heute ist das Tabu. Mascha Madörin ist eine von sehr weniger, die das immer noch fordert und volkswirtschaftlich immer wieder auf die gigantische Größe unbezahlter Reproduktionstätigkeiten hinweist. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass als Hintergrundannahme gilt, dass man in der Regel über genug Einkommen verfügt, um sich Babysitter und Putzfrau zu leisten. Diesen Horizont zu transzendieren, scheint in seltenen Fällen möglich.
Der Knackpunkt scheint meiner Meinung in der Verschiebung und intensiven Zentrierung öffentlicher Narrative auf ein egologisches Gefüge zu sein. Ruckartig verschob sich die Sprache auf individuumzentrierte Elemente. Soziale Verhältnisse erklärten immer weniger und bald nichts mehr. Sie waren nur noch Ausreden: die Wahrheit ist das Ich und sein Leistungspegel.
Man reiht sich heute gerne in die politisch Korrektheit ein. Alles ist gut, sachlich denken ohnehin alle, nett und freundlich zu jeder Zeit. Der Ernst der Not vieler Menschen mache das alles nur noch notwendiger.
"....auf ein gemeinsames Ziel zu...". Ja, so scheint es in der Tat. Rätselhaft ist es, wie sich die Ideologen und ihre Anhänger in ideologischer Kameradschaft und Verbundenheit intuitiv gegenseitig verstärken. Als stünde am Himmel die Wahrheit und der Großteil der Menschen habe noch nicht bemerkt, dass er hinauf schauen müßte.

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