De dicto

Sonntag, 20. Juli 2008

"Die Gewalt ist dramatisch gefallen, Tausende Al-Qaida-Terroristen wurden getötet. Die irakische Armee übernimmt vermehrt die Kampfeinsätze, die Regierung handelt entschlossener denn je. Normalität kehrt vielerorts ein. Und die deutschen Medien schweigen!
[...]

Die Chancen stehen gut, dass der zerbrechliche Irak sich stabilisiert und statt Terror, Verfall und Unterdrückung Freiheit und Demokratie Einzug halten. Dem amerikanischen Präsidenten sei Dank."
- Joachim Steinhöfel in seinem BILD-Video vom 18. Juli 2008 -
Zum Gesagten sei angemerkt: Mag sein, dass die deutschen Medien - die sicherlich kein Aushängeschild journalistischer Aufrichtigkeit sind - nicht immer objektiv aus dem Irak berichten. Das tun sie ja auch in keinem anderen Bereich des täglichen Wahnsinns; allen voran Steinhöfels Auftraggeber - die BILD-Zeitung. Dies dürfte die einzige Ehrlichkeit sein, die sich die einstige Werbefigur - für den Media Markt - geleistet hat. Kritik an der imperialen Politik der Vereinigten Staaten ist freilich aus dem Hause Springer nicht zu erwarten. Steinhöfel, dieser personifizierte BILD-Kodex, betet nur herunter, was jeder BILD-Mitarbeiter als Zusatzvereinbarung in seinem Arbeitsvertrag zu unterzeichnen hat - die Treue zu den Leitlinien Axel Springers.

Und was er da erzählt, dieser wortgewandte Meinungsmacher: Es sähe nach heiler Welt im Irak aus, nur wissen wir das nicht, weil die deutschen Medien hartnäckig schweigen - warum sie dies tun, kann er nicht erklären. Freilich, wie erwähnt, wird es mit der Objektivität nicht weit her sein und das wahre Kriegsmotiv hat man ja in den Tagen der beginnenden Invasion auch nicht laut ausgesprochen - journalistische Feigheit dominierte die Medien weltweit! Verschwiegenheit ist eine Eigenschaft aller Medien, sie berichten nur, was sie an Neuigkeiten an den Konsumenten weiterleiten wollen. Die Frage ist nur, ob sie die Bombenanschläge erfinden, die manchmal Hunderte Menschen in den Tod reißen? Und die US-amerikanischen Scharfschützen, die in Notstandssituationen auf alles schießen, was sich bewegt - eben auch auf Zivilisten? Die Toten hüben wie drüben, getötet durch Waffen von hüben und drüben, nur eine Erfindung? Sind die US-amerikanischen "Allherrlichkeiten im Namen der Demokratie" und die Bomben gegen die Besatzer nur Produkte von phantasievollen "Drehbuchautoren"? Wer bringt denn Zaid zum Töten?
Die Brutalität der US-amerikanischen Besatzungstruppen entspricht der Frontier-Mentalität, die in den USA einen historischen Platz einnimmt und noch immer bemüht wird. An der Grenze, in den sogenannten territories, herrschten raue Sitten, war es mit der Gesetzlichkeit nicht weit her. Rudimentäre Justizmechanismen konnten dort das Recht des Stärkeren nicht beseitigen. Mit dem Verschwinden des Frontier-Status, indem die Grenze weiter gen Westen zog, verschwand nach und nach auch die Brutalität, zog die Staatlichkeit und damit eine Rechtsgrundlage ein. Irgendwann war die final frontier erreicht, im Westen nur noch der Pazifik vorzufinden und die Frontier-Mentalität wurde in den US-amerikanischen Imperialismus importiert (siehe bei Robert Jungk) - und somit auch die damit verwobene Brutalität und Gesetzlosigkeit. Die new frontiers wurden Kuba, die Philippinen, Puerto Rico. Später Korea und Vietnam und allerlei Staaten der Dritten Welt. Heute kommt diese "US-amerikanische Tradition" im Irak und in Afghanistan zu neuen Ehren.

Man weiß nicht, woher Steinhöfel seinen Optimismus bezieht. Ob es Blindheit, Unwissenheit oder dreiste Lüge seinerseits ist. Dass er von der US-amerikanischen Frontier-Mentalität offenbar nichts weiß, liegt auf der Hand. Dies bestätigt nebenher sein primitives Welt- und Amerikabild, läßt uns über sein stupides Gut/schlecht-Kategorisieren lächeln. Wenn man seinen Ausführungen folgt, in denen George W. Bush zum Friedensengel und Erlöser verklärt wird, dann fällt es einem aber schwer, ihm eine ordentliche Portion Dummheit zu attestieren, die seine Äußerungen entschuldigen könnte. Der widerliche Zynismus, der aus seinen Sätzen trieft, tropft jegliche ernstzunehmende Analyse voll und macht sie unkenntlich und unmöglich. Der Aufklärer als verdeckter Giftmischer!

1 Kommentare:

Christian Soeder 20. Juli 2008 um 11:18  

Man weiß nicht, woher Steinhöfel seinen Optimismus bezieht.
Ich formuliere mal vorsichtig: er ist nicht gerade intelligent.

Gestern Abend habe ich mich mit einem Amerikaner unterhalten, der gerade hier ein Auslandssemester gemacht hat - er meinte, er könnte gar nicht mehr ausdrücken, wie sehr er George W. Bush verachtet. So dürfte es vielen Amerikanern gehen. Und irgendein Rechtsverdreher aus Deutschland glaubt, er wüsste es besser.

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